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Ltlfit. vor 30 Jahren hielt ein 26jähriger wohlhabender BefitzerSsohn um die Hand einer hier wohnhaften, armen Mädchens an. Das selbe nahm den Antrag mit Freuden an; ihre Mutier fürchtete jedoch, der Bräutigam würde ihrer Tochter später ihre Armut vorwerfen, und willigte nicht in die The. Der junge Mann , blieb unverheiratet, seine Geliebte reichte aber auf Geheiß ihrer Muller einem andern unge liebten Manne die Hand. Endlich wurde sie Witwe, und da ihre Mutter inzwischen gestorben war, so hinderte die beiden so lange Getrennten jetzt nichts mehr, als alles Brautpaar sich -um Standesamt zu begeben. Budapest. Im Bergwerk Reschitza (Komi- lat Krasso-Szvreny), das der österreichisch-unga rischen Staatseisenbahn gehört, ist eine Explo sion schlagender Welter erfolgt. Bis jetzt find sechs Tote und mehrere Verwundete geborgen. Man nimmt an, daß damit die Zahl der Ver- unglückten erschöpft sei. Weitere Gefahr scheint nicht vorhanden, da die Grube nicht brennt. Bafel. Eine Anzahl Damen der Stadt Aarau hat ein Pronunciamento erlassen, worin die Vertreterinnen deS schönen Geschlechts feier lich ihren Entschluß erklären, zehn Jahre lang gar keinen Feder- oder Vogelaufputz zu kaufen und zu tragen, und ihre Geschlechtsgenosfinnen auffordern, sich ihnen anzuschließen. Brüssel. In der Kohlengrube „Gute Hoff nung- in dem Hennegauschen Jndustrieorte WaSmeS hat sich am 22. d. ein schrecklicher Unfall ereignet. Die Arbeiter der TageSschicht hatten ihre Arbeit beendet und rüsteten sich, aufzufahren. Siebzehn Bergarbeiter, meist Familienväter, hatten den Förderkorb bestiegen, als plötzlich das Hanfkabel riß und der Korb aus einer Höhe von 350 Meter in die Tiefe geschleudert wurde. In der Tiefe der Grube steht daS Wasser 10 Meter hoch; der Förder korb und die 17 Bergarbeiter wurden zer schmettert und versanken im Wasser. In der Grube entstand eine unbeschreibliche Panik; die noch daselbst beschäftigten 320 Arbeiter eilten durch Nebenschachte und mit Hilfe von Leitern Nach der Oberfläche der Grube. An eine Rettung war nicht zu denken; als ein Ingenieur und zwei Bergarbeiter durch die Zeche Marceaux unter großen Fährnissen an die Unglücksstelle gelangten, war nichts mehr zu sehen; Korb und ' Arbeiter waren im Wasser verschwunden, und nur ein Holzschuh ragte hervor. Die Zeche wurde, da die Angehörigen mit Gewalt in diese «indringen wollten, sofort geschlossen. Die Ur sache des Unfalles ist noch unaufgeklärt. Gent. Ein an der hiesigen Universität studierender junger Spanier, der seine Zeit mehr dem Genter Bier und den Genter Schönen als dem Besuch der Vorlesungen gewidmet, war in einer Fachprüfung durchgefallen. Zur Beschwichtigung seiner Eltern ließ er bei einem hiesigen Drucker 100 Stück Zeugnisformulare anfertigen, von denen «eines zu seinen Gunsten ausfüllte. Eine Freundin setzte darunter die erfundenen Namen einer Reihe von Universitäts professoren, wie Dikkebuyck, Van Pit, Van Coppernolle, Masse, Maro u. s. w., und der gerettete Studio sandte das Zeugnis nach Hause. Letzter Tage kam der UniverfitätSkasfierer zufällig mit einem Freunde der Eltern deS Studenten ins Gespräch und «fuhr dabei zu seinem Er staunen, daß der junge Mann die Prüfung be standen habe. Man ließ das Zeugnis auS Spanien kommen und die Fälschung war be- . stätigt. Der leichtsinnige Student wurde vor den 35köpfigen akademischen Rat beschicken und unter Zubilligung mildernder Umstände auf drei Monate von den Vorlesungen ausge schlossen. Chicago. Der seltsamste, kostbarste und zugleich unvergänglichste Liebesbrief, den je eine umschwärmte Schöne in Empfang nehmen durste, ist vor einiger Zeit in die Hände einer der reizendsten und begehrtesten Damen der „Windy City" gelangt. Ein jung« Millionär, der dem verwöhnten Mädchen schon lange ohne Aussicht auf Erfolg den Hof gemacht hatte, kam in seiner Verzweiflung auf einen orginellen Gedanken. Er kaufte einen großen, schönen Diamanten, schrieb eine kurze, aber leidenschaft liche Liebeserklärung und ließ von dieser ein Faksimile in Miniatur anfertigen. Diese mit bloßen Augen nicht erkennbare Schrift wurde von einem geschickten Juwelier an d« glatten Unterseite der kostbaren Gemme befestigt und der ganze Stein in Dukatengold gefaßt. Ein zierliches, an feinem Kettchen hängendes, juwelen» besetztes Mikroskop ermöglichte das Entziffern dn Buchstaben, die klar und deutlich durch den Diamanten zu lesen sind. Dieser sin eine so einzigartige Form gefaßte Liebesbrief eroberte endlich da» Herz d« kühlen Schönen. Bombay. An der Pest find am 24. d. hi« 12S Personen «krankt und 131 gestorben. Am gleichen Tage deS V rjahreS betrug die Zahl der Ertränkungen 62 und der Todes fälle 55. In den Spitälern liegen gegenwärtig insgesamt 717 Pestkranke. Die Mädchenschule in Krnnn- schnreig, in der die eigentümlichen Krankheitserscheinungen vorkommen, ist am 22. d. für die Dauer von 8 Tagen geschlossen worden. Die Krankheits fälle mehrten fich derart, daß in einzelnen Klassen Dutzende von Kindern befallen wurden. Sobald eines den Anfang gemacht hatte, folgten andere sofort nach. Was die Ursache der Er krankungen anlangt, so hat Dr. v. Holwede, welcher die erkrankten Kinder besucht hat, in einem Gutachten die geäußerte Vermutung, daß es fich dabei um psychische Ansteckung, eine Art von nervösem Nachahmungstrieb handle, be- Et« Feld für deutschen Fleiß. Dem,Hamb. Fremdenbl.' wird auS seinem Leserkreise geschrieben: Ich bin lange Jahre in Australien, Neu-Seeland, Ostindien und West indien und Amerika gewesen und hielt mich u. a. 2'/r Jahre in Australien (Melbourne, Sydney) und in Neu-Seeland (Auckland, Dunedin rc.) auf, und ich bin deshalb wohl in der Lage, ein Urteil über Australien uud seine Erwerbszweige zu fällen. D« größte Fehler, den der Deutsche begeht, wenn er „rüber kommt, ist, deutsches Wesen und deutschen Ver kehr von fich zu weisen, « will mit einem Male ganz und gar Engländer werden, und die natürliche Folge ist, daß die Deutschen wenig zusammenhalten und infolgedessen auch wenig erreichen können. Würden sie fich zusammen schließen und fich gegenseitig unterstützen, so wäre die erste Grundlage zu einer größeren Entwickelung des Deutschtums und mit diesem deS deutschen Erfolges gelegt. Ist es mir doch persönlich passiert, daß, als ich in Sidney war und eines Rates bedurfte, mich an einen mir empfohlenen Deutschen wandte und eingangs des Gesprächs fragte: ?ou are Kerman, 8ir? (Sie sind Deutscher, mein Herr?) die Antwort erhielt: No. 8ir, hier bin ich Engländer! Das sagt genug. Eine deutsche Bank mit Filialen in Melbourne, Sidney, Adelaide und ferner in den größeren Städten Neu-Seelands wäre allerdings sehr wünschenswert, nur müßten fich dieselben der Geschäftsmethode der englischen Banken ««schließen und die kleinlichen Prin zipien, welche noch vielfach selbst unfern größten Banken anhasten, fahren lassen. Das englische Kapital fitzt, wenn es etwas gilt, ziemlich lose, das deutsche Kapital kommt gewöhnlich schwer- fällig nachgehumpelt, natürlich «st wenn John Bull daS Fett abgeschöpst hat. Aufgabe d« deutschen Banken wäre es also vor allen Dingen, die guten Elemente in den Kolonien zu unterstützen, auch dann, wenn es keine Roth schilds find, der Engländer macht es auch so, und ein Verlust ist dort schon 'mal leicht« zu ertragen, es wird auch besser verdient. Aller dings, der Wollhandel geht meistens über London und Paris, und eS ist saft unglaub- lich, wie sich die deutschen Kapitalisten die fettesten Bissen von den Franzosen und Eng ländern wegschnappen lassen. In Neu-Seeland wird ein ungeheueres Geschäft in Kaninchen- Fellen gemacht (etwa 7 Mill. Pfund pro Jahr), aber noch ist es keinem Deutschen, eingefallen, sich an dem Geschäft zu beteiligen; alles muß über London gehen, und der Engländer steckt schmunzelnd den schönen Verdienst ein. Die Papier-Jndustrie würde sowohl in Australien als auch in Neu-Seeland einen ungeahnten Aufschwung nehmen können, um so mehr, da diese Industrie in Deutschland viel, viel weiter vorgeschritten ist, als in England und Frank reich. Australien und speziell Neu-Seeland bieten alle Vorbedingungen, reichlich Mass«, Holz und Gefälle, der Absatz würde massen haft zu «reichen sein, denn John Bull kennt GerichtshaUe- Düsseldorf. Der Redakteur Otto hatte im .Artist' Aufführungen nach Art der Barrison in den Variötötheatern als Unzucht bezeichnet. Er war deshalb von neuem angeklagt worden. Der gegnerische Anwalt beantragte 1000 Mk. Geldbuße und strenge Bestrafung. In der Sitzung deS Schöffengerichts wurde Otto frei gesprochen. In der Urteilsbegründung heißt eS: Die Enkleidungsszene gehöre in kein Variötö; deshalb müßten, um die wahren Artisten, die heute recht schwer zu kämpfen hätten, zu schützen, die unlauter« Elemente von den Bühnen ver- drängt werden. Otto habe ein gutes Werk ge- than und nicht nur den Artisten, sondern auch allen anständigen Leuten genützt. Die Kosten fallen der Privatklägerin zur Last. Dortmund. Das Zeugniszwangsverfahren wurde von der hiesigen Strafkammer gegen eine polnische Arbeiterfrau angewendet. Sie war als Zeugin geladen und hatte vor der Verhandlung auf dem Flur noch mit anderen Zeugen deutsch gesprochen. In der Verhandlung gab sie nur die Antwort als: „Nix daitsch l" Da sie bei ihr« ersten Vernehmung in dem Verfahren dem UntersuchungSrickter gegenüber deutsch auSge- sagt hatte, worüber ein drei Seiten umfassendes Protokoll vorliegt, beschloß das Gericht, die Frau zu 20 Mk. Geldstrafe zu verurteilen und sie zur Erzwingung des Zeugnisses sofort in Hast zu nehmen. Der in der Sache Angeklagte, ebenfalls ein Pole, wollte auch kein Deutsch verstehen, obschon er drei Jahre lang beim Militär gedient hat und jetzt schon ein Jahr in Dortmund wohnt. New Uork. Zu den vielen Körper verletzungen, die die Erfindung der Röntgen- Strahlen bereits auf dem Gewissen hat, ist nun gar auch noch ein Mord getreten, wenn ein Richterspruch des Gerichtshofes von Elmira im Staate New Jork zu Recht ergangen ist. Im letzten Dezember wurde dort ein Mann, d« des Totschlags angeklagt war, freige sprochen. Der Angeklagte hatte auf eine Person geschaffen, die fich einen Monat nach der Ver letzung bereits auf dem Wege der Besserung befand, als man zu den Röntgen-Strahlen griff, um den genauen Sitz der Kugel im Schädel zu ermitteln. Darauf starb der Verletzte, und die Verteidigung machte geltend, daß der Tod infolge d« Wirkung der Röntgen-Strahlen ein getreten wäre und daß der Mann sicher am Leben geblieben wäre, wenn die Bestrahlung unterlassen worden wäre. D« Gerichtshof schloß fich dieser Ansicht an und gelangte daher zu dem freisprechenden Urteil. Preise. Als ich zuerst nach Sidney kam, hafte ich Appetit auf em gutes GlaS Bi«, ich ging in eine deutsche Wmschaft und forderte eine Flasche. Man setzte mir ein Bi« vor, die Flasche zu 1,« Schilling (etwa 1,50 Mk.), da» Getränk war nicht zu genießen, warm, unklar, das reinste Spülwasser. Auch in der ganzen Zeit, da ich in den Kolonien war, habe ich kein einigermaßen guter GlaS Bi« bekommen können, und eS wäre somit für eine Brauerei, die etwas riskieren will und kann, ein großes Geschäft zu machen. Nur tüchtig -ugefaßt und John Bull 'mal die Zähne gezeigt, die Geschichte geht. Australien ist ein solch' immens reiches Land, die polftischen Verhältnisse find die devkbar besten, so daß eS deutschem Fleiß wirklich nicht am Erfolge fehlen würde. Annies Allerlei. Die Zahl der SchiffSunfälle an der deutschen Küste betrug während deS Jahre» 1896 464, und zwar strandeten 114, kenterten 14, sanken 20 Schiffe; 219 Schiffe «litten einen Zusammenstoß, 97 andere Unfälle. D« Total verlust von Schiffen betrug 51, Personen kamen 43 um» Leben. Von den Schiffen, die einen Unfall erlitten, waren 316 deutsche, 9 russische, 19 schwedische, 18 norwegische, 24 dänische, 64 englische, 11 niederländische und je ein belgisches und französische» Schiff und 1 Schiff unbekannter Flagge. — Der Totalverlust deutsch« Seeschiffe betrug im Jahre 1896 79 mit einem Nettoraumgehalt von 28 550 Tonnen. Der Gefangene der Teufels - Insel. Der Bem« .Bund' veröffentlicht folgendes Gedicht: Ob schuldig oder nicht — daß er nicht weiß, Wie über ihn der Streit entbrannt so heiß! Daß ihm nicht kündet fernen Sturmes Heulen, Wie sich zur Schlacht um ihn die Geister teilen! Daß in des Westens Wolkenwand, der grauen, Die Augen er nicht sieht, die nach ihm schäum, Die Stimmen nicht, die um ihn hadern, hört, Wenn Wogenschwall den Ozean empört! Von Wandervögeln rauschen weiße Schwingen, Doch keine Botschaft können sie ihm bringen. In Millionen Herzen wildes Zittern; Europa bebt durch ihn in Ungewittern. Und er auf seinem Eiland weiß von nichts, Lebt Tag und Nacht im Wechsel nur des LichtS. Und Sonn' und Mondstrahl mögen ihn erreichen, Doch nicht der Liebe, nicht des Hasses Zeichen. Noch lebend, schon ein abgcschied'ner Geist! Um den sich zürnend eine Welt zerreißt! Ein Landstreicher wird vom Vorsitzenden vemommen. Vorfitzend«: „Sind Sie schon vorbestraft?" — Angeklagter: „Ja, eenmal wegen eenes kleenen Beimchens." — Vor- itzender: „Was soll da» heißen? Sie find wohl wegen Forstdiebsiahls vorbestraft?" — Angeklagter: „Ich nicht, aber mein Schwager. Ich war Sie bloß Zeige und habe gesagt, daß «'s nicht genommen hätte." — Vorfitzend«: „Ach so; also find Sie wegen Meineids be straft. Wieviel Strafe haben Sie denn be kommen?" — Angeklagt«: „Vier Jahr Zucht- Haus." Enttäuschung. Junge Frau: „Ach, He« Assessor, wie reizend, daß gnade Sie mich zu Tisch führen. (Assessor ist sehr geschmeichelt.) Sie find der einzige Herr in der Gesellschaft, auf den meinlMann nicht eifersüchtig ist." »-,u» stätiat. Charakteristisch in dies« Hinsicht ist «in Vorfall, d« fich SamStag früh in der Schule absptelte. Bet einem d« älteren Mädchen traten die KrankheftSerschetnungen auf, und je mehr der Lehr« das Kind bedauerte, desto heftig« wur den die Krämpfe, so daß man schließlich wird« den Sanitätswagen bestellte. Inzwischen ließ fich ab« d« Schulinspektor Form« daS Kind vorführen und machte den Versuch, durch etwa» energisches Einreden auf da» Kind zu wirken. D« Erfolg war derartig günstig, daß daS Kind, welches angeblich vorh« keinen Schritt hatte thun können, allein nach Hause zu gehen ver mochte. Auch betreff» de» Verlauf» der Krank heft hat fich bestätigt, daß die Erkrankungen ohne bedenkliche Folgen bleiben. In fast allen Fällen find die Kind«, sobald sie nach Hause kommen, nach kurz« Zeit wieder munter und gesund. Um nun ab« die Kind« für einige Zeit Wied« der schädlichen gegenseitigen Be einflussung zu entziehen, hat man fich zu der Schließung der Schule genötigt gesehen. Gleich zeitig ist auch die Knabenabteilung geschlossen worden, da auch hier fich Anfänge der Er scheinungen schon zu zeigen begannen. GEeknniitztge«. Ameise« i« Mistbeete« sollen sich dadurch vertreiben lassen, daß man einige Samen d« LiebeSapfelpflanz« miteinftreitt und die Pflanze im Mistbeete groß werden läßt. Fässer« de« Holzgeschmack zu «ehme«. Man fülle dieselben mit Kalkwasser an, dem man je nach d« Größe deS FafseS eine Quantität Pottasche, auf den Eim« etwa 20 Gramm zusetzt und lasse das Ganze 6 bi» 8 Tage darin stehen, worauf man daS Faß mit frechem Mass« auswäscht. Die einmal benutzte Flüssigkeit kann wird« gebraucht werden, be sonders wenn man derselben bei jedem Fasse etwa» Kalk und Pottasche beimischt. Scheinbar kümmerten sie fich nicht viel umein ander, und doch, wenn Erika in d« Meinung, « sei weit von ihr, fich nach ihm umsah, war « plötzlich wied« dicht an ihr« Sette und lugte nach ihren Augen, aus denen der Wider- »schein der Heidesonne glühte. Und umgekehrt: wenn « glaubte, sie ganz verloren zu haben, tauchte sie, schelmisch lachend, hinter einer Hecke oder einem Föhrenbusch auf. Schon nach wenigen Tagen gestand er eS fich selbst, daß « zum Sterben verliebt in die schöne Heiderose sei. Wenn sie sang, durchschauerte eS ihn ganz und gar: mit dieser wunderbaren Stimme hatte sie sich ja vom ersten Tage an in sein Herz hineingesungen. Aber daneben quälte ihn der Zweifel: „Wird . sie mich wird« lieben? Kann fie lieben?" Als fie eines Abends heimkehrten, fanden sie auf d« Veranda bei den Eltern einen Gast, «inen starken, breitschultrigen, braunbärtigen Mann, dn mit dn Miene eines in sein« Haut fich sehr wohl fühlenden Menschen im Stuhl lag, > rauchte und trank. „Onkel Bernhard!- rief Erika und sprang rasch die Stufen binan. Im nächsten Augenblick < sah Erwin fie in den Armen de« Fremden, d« fie küßte. An wilde» Eifersuchtsgefühl lohte in ihm auf. Ohne daS sonderbare Gesicht, daS süß saure Lächeln, mit dem Christoph Haidegger die Gruppe betrachtete, zu sehen, ohne den besorgten teilnehmenden Blick zu gewahren, den Ertkaö Mutt« auf ihn selbst warf, kehrte « fich auf dem Absatz herum und stürmte fort. „Ich will ?nicht stören — hi« bin ich überflüssig !" Gallenbiüere Erkenntnis I Er schlug den Weg in die Felder ein, aber schon nach wenigen Schritten kehrte er um und schlich sich in eine dunkle Tannenlaube hinter dem Hause. Ihm war todkrank zu Sinn. Verloren? Erika verloren? Dann lieb« gleich sterben! Gne Kugel? An kalter Stahl? Sie gar nicht mehr scheu? Abreisen auf d« Stelle? Ja, fort, und gleich ein Ende machen — Mitten in seine stürmenden Gedanken hinein tönte sein Name, sie rief ihn, Erika. Sein Hnz stand still, « horchte und antwortete nicht. Da leuchtete ihr Kleid vor ihm, fie spähte in die Laube. „Wo find Sie denn, Erwin?" fragte fie mit ihr« weichsten Stimme. „Wir alle wundern uns. Kommen Sie schnell zum Effen." Er sprang auf. Gleich einem Ball wurden seine enegten Gefühle in daS andere Extrem geschleudert. „Erika! Sie haben mich gesucht? Sie kom men mich zu holen? Warum, ach, warum thun Sie das?" Hungrig wartete er auf ihre Antwort, aber fie lachte nur, urck die Dunkelheft verschlang ihr Erröten. „Schnell I Sie Watten," wiederholte fie, schon im Gehen. Er haschte nach ihr« Hand und preßte fie. „Und — Onkel Bernhard?" „Was ist mft ihm?" fragte fie halb ab- weisend, halb belustigt. „Werden Sw ihn lieben Sie ihn, Erika?" Sie wandte fich verletzt ab und erreichte vor ihm die Tafel. Die Vorstellung zwischen ihm und Onkel Bernhard verlief kall und förmlich. Der Alte war grimmig, weil er hatte Watten müssen. — Erwin schaute gleichgültig dazu. Erikas Mutt« schien bedrückt, ihre guten Augen wanderten scheu und umuhig zwischen der Tochter und den beiden Gästen hin und her. Zwischen dem Mädchen und Erwin lag auch eine Beklommenheit — Gewitterschwüle überall. Zum ersten Male hörte Erwin heut von den Gutssorgen reden. Onkel Bernhard sprach laut und ungeniert davon, und Christoph Haidegger fluchte dazu. In seiner Gattin und Tochter Antlitz schlugen Flammen der Scham. Erika klemmte stolz die Thränen, die ihr zornig ins Auge drangen, zwischen den Lidem fest, aber fie wagte nicht, ihren Nachbar anzusehen. Erwin richtete ja auch seine schärfste Aufmettsamkeft auf daS Ge spräch, kein Wort deS räsonnierenden Alten ent ging ihm. „Nun gib dich zufrieden," unterbrach Bem- Hard di« Klagen und Verwünschungen seines Vetters. „Du hast ja jetzt Aussicht auf Besser- werden. — Nicht Mäuschen?" Er neigte sich zu Erika mft süßer Miene und kniff fie vertraulich in die Wange, wobei « mft mißtrauischem Blick Erwin streifte. Die aufmerksame Beobachtung de» Gelehrten schien ihm unbequem. „Wenn du erst ein Bühnenstern ersten Ranges bist." Er brach ab und lachte, denn Erika, in einer Empfindung der Empömng und des Erstickens, st.md plötzlich auf und ging hinaus. „WaS soll daS nun Wied«!" polterte Christoph. „Warum läuft fie fort? Sie soll bleiben l" „Na, laß fie, laß!" beschwichtigte Bernhard behaglich. „Mädchenlaunen!" Es wurde noch heiß«; die wilden Rosen blühten in großer Menge, ab« Erwin suchte nicht mehr so eifrig, wie anfangs. Er war eben auS dem Gleichgewicht; seine heitere Natur, seine ArbettSfreudigkett, sein zufriedener Forscherfinn hatten einen argen Stoß «haften. Ungeduldig wartete « auf Onkel Bernhards Mreise, denn dessen Gegenwatt wurde ihm je läng«, je unerträglicher, und sobald « ihn nur sah, schwoll ihm die Galle. Der Gehaßte hegte die nämlichen Gefühle gegen dm „aufdringlichen Federfuchser", in dem er einen Nebenbuhler ahnte. WaS hatte er hi« zu suchen? Hinaus mit ihm! so dachte Onk« Bernhard und zeigte wenig Ale, Schloß Haidegg zu verlassen. Die Frauen waren am übelsten daran in diesem Höhepunkt der Stimmungsschwüle, die jeden Augenblick in einen Gewittersturm auS- brechen konnte zwischen den drei Männern, die in dem matten Kampfe um daS Weib heim lich ihre Waffen schmiedeten. . Christoph, d« Alte, war in seiner gefährlichsten Laune, die Ungewißheit der Lage reizte ihn, Gewallthat lag auf sein« Stirn, Hohn mft Furcht gemischt in seinen Reden. „Hat fich schon gefuttech d« Stubenhocker, WaS?" fragte « mft eingemiffenen Augen und Lippen. „Bildet fich auch wohl manches ein, soll sich aber hüten, der Habenichts!" R3 -i ' (Fortsesmig soiL!->