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Auerthal-Zeitung : 30.01.1898
- Erscheinungsdatum
- 1898-01-30
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189801306
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18980130
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18980130
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1898
-
Monat
1898-01
- Tag 1898-01-30
-
Monat
1898-01
-
Jahr
1898
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 30.01.1898
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Politische Kund schau. Deutschla«». * Am Geburtstage des Kaiser« ist eine größere Anzahl Veränderungen und Beförde rungen in den höheren Kommandoftellen der Armee erfolgt. "Die Schwierigleiten zwischen Deutsch» land und China find, wie aus Peking ge meldet wird, endgültig gehoben. *Der Dampfer „Darmstadt" mit den Be- satzungStruppen an Bord ist am Mittwoch in Kiaotschau eingetroffen. * Leider ist in Kiaotschau wiederum seitens de« chinesischen Pöbels eine Mord- that vorgelommen. Der Matrose Schulz vom Kreuzer „Adler", der in Tfimo auf Posten stand, wurde in der Nacht zum Montag über fallen und getötet. »Das Befinden des Fürsten Bis marck läßt zur Zeit wenig zu wünschen übrig. Die Folgen des letzten akuten Anfalls find be hoben. Professor Schwentnger ist seit Neujahr nicht in Friedrichsruh gewesen, gewiß ein gutes Zeichen. »Dem Reichstag ist der am 28. April 1897 in Berlin unterzeichnete Freundschaft«- und Handelsvertrag zwischen dem Reich und dem Oranje-Freistaat nach er folgter Zustimmung des Bundesrats zur ver- fassungsmüßigen Beschlußnahme zugegangen. Der Vorlage ist eine erläuternde Denkschrift bei gefügt. *Zur Aachener Landesverrats angelegenheit erfährt das ,Leip. Tgbl.', daß vom Reichsgericht nur das Verfahren gegen einen in Haft befindlichen Wirt in VervierS, der in Aachen fortgesetzte Militärpersonen zum Verrat militärischer Geheimnisse veranlaßt haben soll, eingeleitet worden ist. Die übrigen in die Sache verwickelten Personen gehören dem Militär stande an und unterstehen somit dem Militär gericht. Wie das »Leipz. Tgbl.' ferner mitteilt, ist die vor kurzem aus Braunschweig gemeldete Landesverrats-Sache garnicht an das Reichs gericht gekommen. Deshalb ist anzunehmen, daß es sich hierbei nur um einen Diebstahl handelt. * Am 1. Januar 1897 belief sich die Zahl der deutschenSeeschiffeauf 3678 (gegen 3592 am 1. Januar 1896) mit 1487 577 (1 502 044) Tonnen Nettoraumgehalt. Darunter befanden sich 2552 (2524) Segelschiffe mit 597 617 (622105) Tonnen und 1126 (1068) Dampfschiffe mit 889 960) 879 939) Tonnen. Auf das Ostseegebiet entfielen 898 Schiffe mit 1 750 606 Tonnen. Der Anteil Preußens um faßte 2055 Schiffe mit 255 443 Tonnen. »Wie bestimmt verlautet, wird die Regie rung auS Rücksicht auf den für das nächste Jahr in Aussicht genommenen Ausgleich in der Besoldung der Unterbeamten eS ablehnen, den Beschlüssen der Budgetkommisfion des Reichs tages Folge zu geben, die eine Erhöhung des AnfangsgehaltS der Postunterbeamten von 800 auf 900 Mk. und des Endgehalts der Landbriesträger von 900 auf 1000 Mark ver langen. Dagegen soll die Amtsstellung der Untcrbeamten dadurch eine Verbessemng erfahren, daß die bis jetzt 12 jährige Frist zwischen der etatsmäßigen kündbaren Anstellung und der An stellung auf Lebenszeit bei den Postunter beamten auf 8 Jahre ermäßigt und daß die Kündigungsfrist der noch nicht auf Lebenszeit angestellten Postunterbeamten von vier Wochen auf drei Monate erweitert wird. * In den nächsten Tagen tritt der,Nat.-Ztg/ zufolge in Berlin eine Konferenz zu sammen, die über die wettere Förderung der kaufmännischen Unterrichtsan- stalten beraten soll. An die Teilnehmer ist eine Ueberficht über die kaufmännischen Unter lichtsanstalten verteilt worden. »In Graudenz ist nunmehr endgültig die Errichtung einer Handelskammer, der zweiten im Regierungsbezirk Marienwerder, in Aussicht genommen, und zwar unter Einbe ziehung der benachbarten Kreise. »Die endgültige Feststellung der Grenze Deutsch-OstafrikaS nach dem Kongo staate hin, nördlich von Tanganjika, wird voraussichtlich noch in diesem Jahre zu Verhandlungen füdren. Von Reichs wegen ist die Absendung einer Kommission in Aussicht genommen, die im Frühjahr an Ort und Stelle die vorbereitenden Arbeiten übernehmen soll. Zum Letter der Kommission ist Kompanieführer Herrmann von der ostafrikanischen Schutztruppe bestimmt worden. Ihm wird der Premier- Leutnant Glauning, der seit November in der selben Schutztruppe dient, beigegeben werden. Oesterreich-Ungar«. »Nach offiziösen Versicherungen erwartet die österreichische Regierung in wenigen Wochen eine Klärung der Lage. Sie hofft, daß der größte Teil der deutschen Abgeordneten nach Erlaß der geändertenSprachen-Ver- ordnungander Obstruktion nicht mehr fest halten wird. Auch die Sozialdemokraten würden die wettere Obstruktion aufaeben- *Jn Prag herrsch, Ruhe — bis zum Freitag im LandtagSsaal, die Ruhe der Ver lassenheit in den Lehrsälen der deutschen Uni versität und der deutschen technischen Hochschule, und wenn das Militär scharf patrouilliert und die Polizei wachsam auf dem Posten ist, viel leicht auch interimistisch Ruhe auf den Straßen. Auf Zwischenfälle wird man aber immer gefaßt bleiben müssen. Frankreich. *Jn der Deputiertenkammer ist ein Antrag eingebracht worden, die Zuckerprämien von dem Tage an aufzuheben, den die internationale Konferenz für deren Beseitigung in den übrigen Ländern festsetzen werde. *,Jn der Dreyfusangelegenheit sollen von seiten Englands, Oesterreichs und Italiens ähnliche Verwahrungen, wie die deutsche, bevorstehen. (Ob auch von rus sischer Seite?) »Auf den Vorwurf, daß er Zola nur wegen eines Punktes vor die Geschworenen geladen habe, erwiderte Ministerpräsident Meline in der Kammer, er habe die Ehre der Generalität nicht unter das Votum der Geschworenen bringen wollen! Schweiz. »Die Initiative für die Wahl des Bundesrates durch das Volk, be- kanntlich ein sehnlicher Wunsch der Sozialdemo kraten, soll nach Beschluß der „Arbeiter - Union Bern" jetzt sofort ins Werk gesetzt werden, da der jetzige Zeitpunkt der geeignetste sei. Wenn die Angelegenheit von den Volkswahlfreunden nicht binnen kürzester Frist in die Hand ge nommen werde, so kündigt die Arbeiter-Union an, von sich aus mit einer Initiative vorzu gehen. Holland. »Die Krönung der Königin Wil- Hel m i n e von Holland in Amsterdam ist auf den 6. September d. festgesetzt worden. ES bewahr heitet sich nicht, daß für den deutschen Kaiser durch die deutsche Gesandtschaft bereits ein PalaiS oder Hotel gemietet ist. Das Fest soll vielmehr auf Wunsch der beiden Königinnen (Königin Wilhelmine und Königin Emma) in derselben Weise wie die Krönung weiland Wil helms m. vor sich gehen und als Familienfest mit dem niederländischen Volke begangen wer den. Ein diesbezügliches vertrauliches Zirkular ist vor kurzem durch das Ministerium des Aeußern im Haag an die europäischen Höfe ver sandt worden, durch Indiskretion ist jedoch der Inhalt desselben in die niederländische Presse gelangt. Amerika. »Trotz der offiziösen Washingtoner Erklä rung, daß die Entsendung eines amerika- nischenKriegSschiffesnach Havana gar nichts zu bedeuten habe, erhält sich die An ficht, daß sich etwas Ernstes vorbereitet. Der ,New Uork World' wird aus Washington ge meldet, daß dort unter Vorsitz der Präsidenten Mac Kinley ein KabinettSrat stattgefunden habe, der durch wichtige vom amerikanischen Generalkonsul Lee aus Havana eingetroffene Depeschen veranlaßt worden sei. * Bezüglich des Verhältnisses zwischen Chile und Argentinien kommen von chilemscher Seite noch immer beruhigend klingende Aeußerungen. Doch kann man sich einiger Be sorgnisse nicht erwehren, eS könnte im Hinter gründe der gegenwärtigen Lage ein Konflikt schlummern. In Santiago fand eine patriotische Massenversammlung statt, an der etwa 15 000 Personen teilnahmen. Bei dem Empfange einer Abordnung dieser Versammlung erklärte Prä sident Errazurttz, es bestehe kein Grund zu Be sorgnissen, da die Verträge mit Chile geachtet würden, und di« Bettreter Chiles und Argen tiniens bei der Durchführung der Vertragsbe stimmungen bisher nicht auf irgend welche Hin dernisse gestoßen wären. Der Präsident fügte indessen hinzu, die chilenische Regierung erwarte mit vollkommenem Vertrauen, daß da- Volk, wenn eS erforderlich sein sollte, in Uebereinstimmung mit seinen ruhmreichen Tradi tionen seine Pflicht thun würde. Deutscher Reichstag. Am 26. d. stehen auf der Tagesordnung die An träge der Abgg. v. Plötz und Paasche betr. Ein führung einerFabrikatsteuer bezw. einer Verbrauchsabgabe auf Saccharin und cineS Zolles auf Saccharin. Nach dem Antrag Paasche soll die Verbrauchs abgabe und der Zoll 80 Mk. pro Kilogramm betragen. Abg. v. Plöy (kons.l: Der Zuckerindustrie und dem Rübenbau müsse geholfen werden, wenn auch der kleine Rübenbauer in Zukunft bestehen solle. Die Besteuerung des Saccharins würde ein kleines Mittel sein, die großen Mittel wären die Auf hebung der Exportprämie und die Abschaffung der Konsumsteuer. Bei der hohm Besteuerung des Zuckers tca. 100 Millionen jährlich) dürfte seine Konkurrenz, das Saccharin, nicht völlig zoll- und steuerfrei bleiben. Bisher hatte man in Deutschland nur 2 Saccharinfabriken, jetzt sind es schon 4, im Ausland 4 und in England seien Riesenunter nehmungen geplant. Die Fabriken erzeugen große Mengen von Saccharin und verkaufen sie mit hohem Gewinn. Jetzt sei es an der Zeit, die Besteuerung einzuführen, ehe die Industrie sich noch mehr auS- wachse und unsere Zuckerindustrie ruiniere. In einigen Ländern sei das Saccharin ganz verboten, »veil gesundheitsschädlich; ein Nahrungsmittel wie Zucker sei es nicht. Zu den festen Zahlen des Abg. Paaschc wolle er heute noch keine Stellung nehmen, vielleicht seien sie noch zu niedrig. Abg. Hermes (frcis. Vp.): Auch er glaube, daß die Steuer auf Saccharin die Zuckerindustrie nicht fördern werde, ferner, daß die Exportprämien und die Konsumsteuer abzuschaffen seien. Er be streite aber, daß der Zuckeriudustrie im Saccharin ein gefährlicher Feind erwachse, jedenfalls sei eS jetzt ein« ganz ungeeignete Zeit, die Klinke der Gesetz gebung in die Hand zu nehmen, da eine allgemeine Reform der Zuckerbesteucrung in Aussicht stehe. Saccharin mache nur einen ganz kleinen Teil der Zuckerproduktion aus. Abg. Paasche (natl.): Das eigentliche raffinierte Saccharin mit 500 facher Süßkraft des Zuckers kostet heute 50 Mk. Ein Zoll- und Steuersatz von 80 Mk. würde also durchaus angemessen sein. Die berechtigte Verwendung des Saccharins, namentlich zu Heilzwecken, würde durch eine solche Steuer gar nicht eingeschränkt werden. Das Saccharin werde vielfach bereits in der Industrie, und zwar nament lich in der Nahrungsmittclbranche, gebraucht. Es wäre das beste, beide Anträge einer Kommission zu überweisen. Rcichsschatzsekretär Frhr. v. Thielmann:. Die verbündeten Regierungen haben zu den Anträgen noch keine Stellung genommen. Der Kreis der Süßstoffe erweitert sich fortwährend, und jeder Tag kann uns eine Reihe neuer Stoffe bringen. Die steuertechnische Durchführung der verlangten Maß nahmen würde also schwierig sein. Vielleicht wäre cs richtiger, dem von anderen Staaten eingeschlage nen Wege zu folgen und Verkehrsbeschränkungen für das Saccharin einzuführen. Bezüglich der Zucker konferenz in Brüssel herrscht zwischen Oesterreich- Ungarn und dem Deutschen Reiche vollkommenes Einverständnis über die Vorschläge, die dort zu machen sind. Abg. Schwarze (Zentr.) beantragt Ver weisung der Anträge an eine Kommission von 14 Mitgliedern. Abg. Wurm (soz.) hält die Einführung einer Steuer und eines Zolles für unzweckmäßig. DaS beste Mittel, die Verbreitung des Surrogats einzu schränken, würde die Verbilligung des Zuckers selbst sein. Damit schließt die Diskussion. — Der Antrag Paasche wird an eine Kommission von 14 Mit gliedern verwiesen. Die Abstimmung über den An trag Plötz wird ausgesetzt. Es folgt die erste Beratung des von den So zialdemokraten (Abgg. Auer u. Gen.) eingebrachten Gesetzentwurfes zur Sicherung des Ver» sammlungS-, Vereinigung-- und Koa litionsrechts. Abg. Geyer (soz.) begründet den Antrag mit dem Hmweis auf die vielen Verdächtigungen gerade der Arbeiter-Organisation durch die Polizei. Des halb müsse der Reichstag entschieden Stellung nehmen gegen solche Verkümmerung de» Koalitions rechts. Auf dem Gebiete des VereinSrcchtS fei das Versprechen des Reichskanzlers noch immer nicht eingelöst. DaS Notvereinsgesetz vom vorigen Jahre lieg« noch immer unerledigt im Bundesrat. Die Folgt sei, daß da» VereinSrecht in Sachsen nach wie vor parteiisch gehandhabt werde. Sächsischer Ministerialdirektor Fischer ver wahrt seine Regierung gegen den Vorwurf, daß sie da» Gesetz parteiisch handhabe. ES handle sich um ein Gesetz, das auf dem Boden der sächsischen Ver fassung stehe. Beschwerden gegen seine Ausführung seien also im sächsischen Landtage vorzubringen. Abg. Frhr. v. Stumm (sreikons.) meint, der Antrag sei formell und materiell überflüssig. Einmal lägen bereits andere Anträge zur Sicherung des Koalitionsrechts vor, dann aber gehe der sozial demokratische Antrag, der volle Vereins- und Ver sammlungsfreiheit ohne Polizeiaufsicht fordere, viel zu weit und könne nicht Annahme finden. Die Regierung könne die Machtmittel nicht entbehren, die sie habe. Eher müßten dieselben gestärkt werden. Den Antrag bittet er einfach abzulehncn. Abg. Lenz mann (fr. Vp.) erklärt, seine Freunde ständen dem Anträge sympathisch gegenüber und beantragten, denselben einer Kommission von 14 Mitgliedern zu überweisen. Auf keinem Gebiete würden die Volks- und Parlamrntsrechte so miß achtet, wie auf dem des KoalitiouSrechtc». DaS Reich habe verfassungsmäßig das Recht und deshalb auch die Pflicht, das Vereinsrecht reichSgcsetzlich zu regeln. Nach scharfen Auseinandersetzungen zwischen den Abgg. Frhr. v. Stumm und Lenzmann wird ein Vertagungsantrag angenommen. Nächste Sitzung Freitag. »r»uytrch,r Land«»,. DaS Abgeordnetenhaus nahm am Mittwoch das Gesetz über die Aufhebung der Verpflichtung zur Bestellung von Amtskautioncn in dritter Lesung an. ES folgte dann die erste Lesung des von dem Abg. Fuchs u. Gen. (Zentr.) beantragten Gesetzentwurfs auf Abänderung des Kommunalwahlrechts. Minister Frhr. v. d. Necke empfahl dem Hause, den Antrag nicht anzunehmcn oder ihn höchstens der Regierung als Material zu überweisen. Abg. v. Eynern (nat.- lib.l bekämpfte gleichfalls den Antrag, der augen scheinlich nur agitatorische Zwecke im Hinblick auf die Neuwahlen verfolge. Der Antrag wurde an eine Kommission verwiesen. Don Uah nnd Fern. Hamburg. Die Kammersängerin Frau Schumann-Heink hat einen zehnjährigen Kon trakt mit der Berliner Hofoper gegen eine Jahres gage von 24 000 Mk. abgeschlossen, trotzdem die Direktion des Hamburger Stadt-Theaters ihr eine Gage von 26 000 Mk. angeboten hatte. Ihr Gatte, Paul Schumann, ist als Regisseur und Schauspieler für die gleiche Kontraktsdauer an das königl. Schauspielhaus in Berlin en gagiert worden. Frau Schumann-Heink tritt ihr neues Engagement bereits mit dem 1. August d. an und erhält während der ersten Jahre einen fiebenmonatigen Urlaub, um ihren amerikanischen Verpflichtungen nachzukommen. Soest. Die Gründung der Kornverkaufs genossenschaft scheint bei vielen Landwitten nicht den ermatteten Anklang zu finden. Der Grund soll sein, daß die Genossen angehalten find, den ganzen Getreideertrag, den sie abgeben können, der Genossenschaft zur Verfügung zu stellen, waS vielen Landwirten als eine zu harte Be stimmung erscheint. Aus den Kreisen der Land- Witte wird deshalb vorgeschlagen, die Genossen- fchaftssatzungen dahin zu ändern, daß nur die Hälfte des Ernteertrages i>on der Genossenschaft eingefordett werden kann. Die andere Hälfte wollen sich die Landwirte für den eigenen frei händigen Verkauf sichern. Magdeburg. Der mennonitische Grenadier Thröner vom Kaiser Alexander Gardegrenadier- Regiment Str. 1 ist vor kurzem, nach Verbüßung seiner letzten Strafe der Arbeiter-Abteilung in Magdeburg überwiesen worden, wo er nicht in die Lage kommt, ein Gewehr handhaben zu müssen. Zu einer Arbeiter-Abteilung kommen diejenigen bestraften Mannschaften, an denen alle Disziplinarmittel ohne Erfolg zur Anwen dung gebracht worden find. Mosa KpinoWma. 2j Ein Heide-Idyll von A. v. d. Osten. «Aoillrtzung.) Die Gattin lief hinaus, und ein Imbiß wurde aufgetragen. „Wo ist das Mädel?" fragte der Alte chon wieder grimmig, und seine Gattin beeilte ich zu antworten, daß Erika spazieren gegangen ein werde. Erwin sah auf, „Erika? Die kleine Erika ?" „Ja, sie ist jetzt hier," erwiderte die Mutter. „Ich hörte fingen in der Heide," sagte er wieder, ahnend, zweifelnd. „Das ist sie gewesen," kollerte Haidegger, „fie jodelt wie ein Tiroler. Aber nehmen Sie sich nur vor der in acht, Herr Doktor, sehen Sie fie nicht etwa für Ihre Rose an — wie heißt fie doch? Sie hat Stacheln, die Blitz dime, läßt sich nicht pflücken." „Ich glaubte," erwiderte Erwin lächelnd und betteten, „eS seien die Geister der Heide ge wesen." Christof Haidegger antwortete darauf mit seinem derben, boshaften Lachen. DaS Mittagessen war vorüber. Christoph Haidegger und sein Weib hatten sich zu einem Schläfchen zurückgezogen: Erika und Erwin saßen auf der Veranda sich gegenüber mit der halben reizvollen Scheu der ersten Bekannt schaft. Verstohlen ruhte sein Blick immer wieder auf dem schlanken Mädchen im Hellen Kleide, mit den schwarzen Feueraugen, den schwarzen Kausen Haaren und dem lieblichsten roten Munde, mit der Gestalt so biegsam wie ein junger Rosenstock, mit den Wangengrübchen voll hundert Schalkgeistern darin. „Also Sie find eS gewesen!" sagte er. „Sie haben mich also geneckt?" „Mit Ihrer Erlaubnis, gelehrter Herr Vetter. Sie hätten das übrigens leicht entdecken können, wenn Sie das Föhrenwäldchen genauer unter sucht hätten." „Sie waren aber doch bald hier, bald da, wie ein Kobold!" „Mit Nichten," rief Enka lachend, „ich war immer hinter Ihnen. — Gefiel es Ihnen?" setzte fie etwas kokett hinzu. „Ich habe nie etwas so Schönes gehört," versicherte er ehrlich. „Schade, daß —" „Nun?" „DaS Sie nicht ausgebildet werden." „Aber das werde ich ja! Sie hätten daS doch wohl an meinem Gesänge hören können," rief Erika verletzt. „Wie?" fragte er, fie groß ansehend. Ich werde ausgebildet, bei den ersten Meistem Berlins, zur Sängerin, mein Herr." „Zur Sängerin? Doch nicht Bühnen sängerin ?" „Entweder das oder Konzertsängerin. — ES ist jetzt gerade ein Jahr her, daß ich entdeckt wurde." „Entdeckt?" „Ja, mit Gunst! Verstehen Sie daS auch nicht?" fragte Erika, gar spöttisch den Mund verziehend, daß eS ihm wie ein kalter Hauch über daS Herz zog. „Ein Vetter von Papa hat mich entdeckt und nahm mich sofort mit, um mich ausbilden zu lassen." „Das thut mir leid," antwortete er leise. „Sie scheinen nicht zu wissen, was Sie wollen, Herr Doktor! Zuerst fanden Sie es schade, daß ich nicht ausgebildet würde, und jetzt thut Ihnen das Gegenteil leid." Erwin schwieg. „Ich aber will eine berühmte Sängerin werden," fuhr Erika mit roten Wangen und blitzenden Augen fort, „daS ist das schönste, was es gibt." „Das hat man Ihnen vorgeredet," er widerte er etwas weise. „Ueberlegen Sie es sich nur selbst einmal. Wenn ich Ihnen raten dürfte -" „Ich brauche keinen andem Rat als den meiner Eltern, und sie find beide damit ein verstanden. Onkel Bemhard kommt auch in vierzehn Tagen." DaS war deutlich, auf diese Argumente hatte Erwin keine Antwort mehr. „Wollen wir ein wenig promenieren?" schlug er nach einer Welle vor, „es ist unerträglich heiß hier." Erika willigte ein. Sie gingen durch den Gatten in die Heide, bis beinahe an den Wald rand. Die Luft zitterte vor Wärme. „Ist es Ihnen nicht zu heiß?" fragte Ewin besorgt. „Ich bin ein Heidekind, aber Ihnen versengt unsere Sonne gewiß die zarte Haut. Wünschen Sie meinen Schutzhut?" „Ich danke," antwortete er mit Würde, „ein Naturforscher «trägt die Temperatur der steten Lust in allen Graden." „Sie kamen an einen sumpfigen Bach, über dem ein Steg lag. Erwin wollte Enka die Hand reichen. „Ich danke," antwortete fie nun und setzte in leichtem Sprung hinüber, ohne den Steg zu benutzen. Er staunte bewundernd ihre Anmut, ihre Kraft an. Im Wettergehen fragte Erika: „Zu welchem Zweck find Sie eigentlich hier? Wollen Sie sich hier erholen?" Er errötete leicht. „Nein, ich suche etwas, eine Rosenatt, Rosa Spinofisstma, und Ihre lieben Eltern haben mir Gastfreundschaft ge währt." ' Tiefe Röte stieg in Erikas Wangen. Wie rücksichtslos von ihr gegen einen Gast! Um ihre Verlegenheit zu verbergen, fragte fie hastig: „Me heißt das? Rosa Spi " „Spinofisstma, d. i. vielstachelige Rose, auch Frauenrose genannt — und ich glaube, ich habe fie schon gefunden." Betteten, mit mißtrauischem Blick sah sie zu ihm auf: aber er ging rasch zu einem wilden Rosenstrauch am Wege und untersuchte ihn ruf merksam. Erika folgte ihm, und plötzlich fühlte er eine kleine weiche Hand auf der seinen. „Ich wollte Sie nicht verletzen," sagte fie und sah ihm bittend in die Augen. Er lächelte glücklich und drückte sanft ihre Hand. Dann bog er einen blühenden Zweig nieder und sagte doppelsinnig: „Ich kann fie noch nicht erkennen, fie hat der Blüten und Dornen gleich viele." Erika und Erwin gingen jeden Tag zu sammen in die Heide. Er suchte seine Rose, und fie inte umher, pflückte Blumen und sckng.
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