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Auerthal-Zeitung : 29.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-29
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189710293
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18971029
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18971029
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-29
-
Monat
1897-10
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 29.10.1897
- Autor
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Wefel. Si« Gefreiter de» hiesigen 189. Jnf-^tette-Regiment» erschoß sich auf de« Fort Blücher mit seinem Dienstgewehr. Al» Motiv wird Furcht vor Strafe angegeben. München. Der wegen Diebstahl» einer Goldauast« im KönigSschloß Herrenchimsee »u 14tägtger Gefängnisstrafe verurteilte Engländer erzielte in der Berufungsinstanz eine Herab minderung auf sechs Tage und Aufhebung de» Haftbefehls. Pari». In Cherbourg explodierten aur Montqg nachmittag mehrere Tonnen Pulver, die in einem Schiffe in der Nähe der großen Mole eingelagert waren, unter heftigem Knall. Die Erschütterung wurde in der ganzen Stadt verspürt und erregte eine lebhafte Panik. Bern. Zu dem Stempel auf den neuen goldenen schweizerischen 20 Frank-Stücken hat ein Verner Oberländer Mädchen, Anneti Stader in vrienz, Modell gestanden. Nun schreibt die .Schweizer numismatische Zeitschrift' in einer neuerlichen Kritik: Zu loben sei höchstens die Wahl eines nationalen Modell» für den weib lichen Kopf. Dagegen sei eS total verfehlt, ein junges Mädchen zur Helvetia zu wählen. Viel besser als ein so unerfahrene» Ding hätte eine wackere Frau und Mutter auf die Münze gepaßt; an stattlichen, ja schönen Gestalten in der Vollkraft > der reiferen Alters fehle e» ja in der Schweiz nicht. Noch verkehrter sei der Ausdruck im Gesicht; eS sei, als ob da» Schweizer Mädchen voll Sehnsucht nach dem Schatz ausblicke. Solche Schwärmereien gehören nicht auf die Münze! Rom. Die Prinzessin Elvira von Bourbon hat ihren Vater Don Karlo» auf sofortige Herausgabe de» vierten Telle» der 32 500 Gulden verklagt, die ihm fett dem Tode ihrer Mutter vom österreichischen Hofe gezahlt wurden. Außerdem verlangt sie, Don Karlo» solle be weisen, daß er, wie er in seinem Ehekontrakt versprochen, jährlich 12 500 Pfund für sein Haus ausgegeben habe. Die Prinzessin hat ihren Bruder und Schwester al» Zeugen auf rufen lassen. Don Karlos lehnte jeden Vergleich ab und erklärte, daß eine Wiederanerkennung seiner Tochter für ihn nur möglich sei, wenn sie in ein Kloster ginge. Mailand. Ueber eine Million hatte der Kassierer Macolini der hiesigen städtischen Spar kasse unterschlagen, als er vor einem Jahre flüchtete. Er konnte nicht aufgefunden werden. Am Sonntag hat man ihn endlich in Faenza verhaftet. Brüssel. In einem Hause, das an der durch den Wald von Villars bei Namur führenden Straße steht, fand man am Sonn tag einen 86 Jahre alten Greis, dessen ver witwete 50 Jahre alte Tochter und die vier undzwanzigjährige Tochter der letzteren ermordet. Es liegt Raubmord vor. Moskau. Den Unglücklichen, die sich bei TereSpol so beeilten, ihre Seelen vor dem Anti christ zu retten, daß sie lebend in die Grube stiegen oder sich kunstgerecht einmauern ließen, reihen sich die Würger von Kasan auf nicht viel niedrigerer Stufe der Sektiererei an. Nur diejenigen, das ist ein Glaubenssatz der Würger, find würdig in das Himmelreich einzugehen, die gleich dem Erlöser einen Märtyrettod sterben. Allein der Tod soll nicht ein vorzeitiger sein. ES werden also nur die Sterbenden dazu aus ersehen. Sobald man glaubt, daß ein Mitglied der Sekte dem Tode nahe ist, erscheinen seine Verwandten und Freunde. Ein jeder trägt versteckt ein Sandsäckchen. Dem mit dem Tode Ringenden werden nun unter frommen Gebeten die Säckchen auf den » Mund, auf daS Gesicht, den Kopf und die Brust gelegt, bis der arme Dulder ausgelitten hat. Dann trägt man ihn heimlich hinaus und ver scharrt ihn, ohne eine Spur des Grabes zu hinterlassen. So wurde neulich gegen einen Bauern die Anklage wegen Ermordung seiner Mutter anhängig gemacht, und obschon manche Anzeichen darauf hindeuteten, daß sie auch den Märtyrertod der Würger gestorben war, er folgte doch Freisprechung wegen Mangel» an Beweisen. 9ic" Uork. Der Expreßzug von Buffalo nach New Jork stürzte am Sonntag früh in den Hudson. Der Dam», der die Schienen trägt, ist wahrscheinlich vom Wasser untersM gewesen und hat nachgegeben; die Geleise sind dann mit der Maschine und sieben Wagen in den Fluß gerutscht. Die Zahl der getöteten Personen wird auf 28 geschätzt. Einige Reisende wurden dadurch gerettet, daß «an von Böten au» die Wagendächer etnschlug und die Per sonen herauSzog. Gerichtstzalle. Berli«. Nach 13tägiger Verhandlung endeten vor der Strafkammer de» Landgerichts die Ver handlungen gegen den Bankier August Stern berg und Genossen wegen Vergehens gegen daS Aktiengesetz. Die Anklage richtete sich gegen fünf Personen, die seiner Zett Vorstand»- und Aufsichtsratsmitglieder der Lereinsbank waren und nun beschuldigt werden, nach dem 4. De- zember 1884 absichtlich zum Nachtelle dieser Gesellschaft gehandelt und sich dadurch eine» Vergehens gegen Art. 24V de» Handelsgesetz buches schuldig gemacht zu haben. Diese» Ver gehen sollte in der Repartierung von Aktien der Vereinsbank zu Gunsten Sternberg» durch die Lereinsbank und in der in dem Jahre 1885 durch Rückkauf von Aktien erfolgten Herab setzung des Aktienkapital» der Vereinsbank be stehen, wozu dann noch eine Bilanzverschleierung von der Anklagebehörde behauptet wurde. Die Angeklagten haben dagegen in sehr umfang reichen, dem Drucke übergebenen Schriftsätzen nachzuweisen gesucht, daß sie im besten Glauben gehandelt haben, daß die fraglichen Geschäfte lediglich zur Förderung der Vereinsbatlk vorge nommen und der letztem ausschließlich zum Nutzen gewesen seien. Die in dieser Angelegen heit entstandenen Akten waren zu ganzen Bergen angewachsen. Wie weitschichtig das Material ist, das der Prüfung deS Gerichts hofes unterbreitet war, ergibt sich auS der That- sache, daß die Angeklagten ihrerseits in dreizehn Druckhesten alle in Frage stehenden Verhältnisse dem Gerichtshof unterbreiteten. Dazu gehören auch eingehende Gutachten de» Prof. Dr. Wach in Leipzig, de» Geh. Justizrats Prof. Dr. v. Liszt und der Rechtsanwälte Dr. Hermann Staub l, Dr. Sello, Dr. Koffka und Dr. Heine mann, die sich auf die VerjährungSfrage be ziehen. Für die Allgemeinheit boten die schier endlosen Verhandlungen kein Interesse. Die Staatsanwaltschaft vertraten zwei Staats anwälte, und vier Rechtsanwälte standen den Angeklagten zur Seite. Der Prozeß endete mit der Freisprechung aller Angeklagten. In dem Erkenntnis heißt es: Die dem Angeklagten vor geworfene Untreue soll in dem Reportgeschäft und der Reduktion des Aktienkapitals bestehen. Was die Repartierung betrifft, so bestimmt 8 215 des Handelsgesetzbuches in der Fassung vom 18. Juli 1884, daß eine Aktiengesellschaft eigene Aktien weder zu erwerben noch zu be leihen habe. Da daS Reportgeschäft ein Kauf geschäft ist, so fällt es unter die Bestimmung des 8 215. Diese Bestimmung ist aber nur instruk- tioneller Natur, eine solche Repartierung ist nur strafbar, wenn zugleich die Voraussetzung deS 8 249 vorliegt. Eine Feststellung nach dieser Rich tung konnte auf Grund der Verhandlung nicht ge troffen werden. Zu den wesentlichen That- bestandsmerkmalen deS 8 249 gehört in erster Linie die Absicht, eine Benachteiligung herbei zuführen. In beiden Beziehungen war das Ergebnis der Verhandlung ein negatives. In den von dem Angeklagten Sternberg mit der Vereinsbank vorgenommenen Transaktionen, die für die letztere gewinnbringend waren, kann eine Gefährdung der Gesellschaft nicht erblickt werden, da das Vermögen Sternbergs sich auf mehrere Millionen beziffert nnd die Vereinsbank eine völlig ausreichende Sicherheit hatte. Allerdings betrafen die Reportgeschäfte sehr hohe Summen, die Thätigkeit der Gesellschaft wurde aber keines wegs dadurch lahm gelegt. Nach Ansicht des Gerichts ist erwiesen, daß Sternberg die Absicht einer Schädigung nicht gehabt hat. Was die Reduktion des Aktienkapitals betrifft, so kann darin der Thatbestand des 8 249 nicht gefun den werden. Auch hat der Gerichtshof keinerlei Zweifel daran, daß die Bilanz richtig war. Alle diese thatsächlichen Erwägungen mußten Ker eine» Wirte, wunderrmild. Vor etwa 14 Tagen nahm Graf Nikolaus Murawiew, ein Verwandter deS russischen Mini sters der auswärtigen Angelegenheiten, mit seiner Gemahlin im Hotel Margherita zu Castellamare Quartier. Das Hotel ist jetzt von Fremden nahezu verlassen, und das gräfliche Paar stellte sich deshalb mit der Familie des Hotelbesitzers auf freundschaftlichen Fuß, ins besondere die Tochter des Hauses, Elvira, die vortrefflich Mandoline spielt, verbrachte fast jeden Abend mit dem gräflichen Paar und musizierte mit der Gräfin. Im Laufe der Zeit fand das junge Mädchen Gelegenheit, den reichen Schmuck der Gräfin zu sehen. Wie es scheint, hat sie davon ihrem Vater erzählt und dieser beschloß, die wertvollsten Schmuckstücke der Gräfin zu stehlen. Er setzte sich mit einem Juwelier in Einvernehmen, zeigte diesem, wäh rend die russischen Gäste einen Ausflug zum Vesuv machten, den Schmuck der Gräfin und einige Tage später, bei einem neuen Ausflug des Grafen und seiner Gemahlin, wurden die schon a« sich zur Freisprechung führe«. Dazu kommt aber noch, daß der Einwand der Ver jährung durchgreift. Nach Ansicht de» Gerichts höfe» ist die Verjährung nicht unterbrochen. Au- allen diesen Gründen ist eine Freisprechung der sämtlichen Angeklagten erfolgt. Tie Kosten wurden der Staatskasse auferlegt. Da» Ver fahren bat vier Jahre unendlich viel Arbeits kraft erfordert und etwa 100000 Mk. ver schlungen. Charlottenberg. Ist ein Kutz, den ein Chef seiner Angefteltten gibt, strafbar? Diese Nage wurde kürzlich vom Charlottenburger Schöffengericht in verneinendem Sinne ent schieden. Wegen thätlicher Beleidigung der Buchhalterin Katharina Kopsch hatte sich der Kaufmann Rudolf Rosenberg zu verantworten. Er hatte der Zeugin Kopsch einen Kuß gegeben und sie „Puttchen* genannt. Darüber war Fräulein Kopsch derartig erregt, daß sie nicht wieder in das Geschäft ging. Auf die Weige rung der Gehaltszahlung folgte dann eine Anklage wegen Beleidigung gegen Rosenberg. Der Ver treter der Anklagebehörde hielt die Schuld deS Angeklagten für erwiesen und beantragte eine Gefängnisstrafe von drei Monat. Da» Gericht schloß sich aber den Ausführungen deS Ver teidigers an und erkannte auf Freisprechung. (Sonderbar, höchst sonderbar!) Da«zig. DaS Schöffengericht sprach den Reichstagsabgeordneten Meyer - Rottmannsdorf frei, der in einer Versammlung deS Bundes der Landwirte die Dirschauer Wahlmänner, die bei den letzten Landtagswahlen für den Polen stimmten, al» „vaterlandslose Gesellen* bezeichnet hatte und deshalb wegen Beleidigung verklagt worden war. Naumburg. Die hiesige Strafkammer hatte kurz nacheinander drei Fälle von Doppelehe ab zuurteilen. Ein Müller Köhler aus Älumenau im Schwarzathalc hatte sich in Wiehe mit einem jungen Mädchen verheiratet, diese» aber bald darauf im Stich gelassen, so daß die junge Frau sich gezwungen sah, sich an ihren Schwiegervater zu wenden. Von diesem erfuhr sie dann zu ihrem Schrecken, daß ihr Mann schon fett fünf Jahren mit einer anderen verheiratet war. Köhler erhielt 14 Monat Gefängnis. — Ein Jahr Gefängnis war dann die Strafe für die Doppelehe deS Schlossers Wille aus Berlin, der sich in Weißenfels 1896 verheiratet hatte, ob schon er bereit» seit 1889 eine Frau hatte, die allerdings im Zuchthaus saß. — Die dritte Doppelehe betraf eine Frau Ende au» Teuchern, die seit 1878 verheiratet, dann aber ihren Mann verlassen und in Halle 1886 mit einem Arbeiter Löschte eine neue Ehe geschlossen hat. Sie wurde dafür mit 6 Monat Gefängnis bestraft; auch Löschte hat Strafe zu gewärtrgen, da er gewußt, daß die Frau schon einen Mann hatte. Thorn. Die Bestätigung des Kaisers hat ein kriegsgerichtliches Urteil erhalten, durch welches der Musketier Franke von der 1. Kom panie Jnfanterie-Regiments Nr. 49 zu Thorn wegen Sittlichkeitsverbrechens unter Ausstoßung au» dem Heere mit 4 Jahr Zuchthaus und fünf jährigem Ehrverlust bestraft wurde. wertvollsten Steine durch falsche ersetzt. Die Gauner brachten dadurch Edelsteine im Werte von 80000 Frank an sich. Die Gräfin merkte «erst von dem Diebstahl nicht»; erst Freitag abend, al» sie zum Must,irren eine Diamant brosche anstecken wollte, fiel ihr auf, daß der Diamant kein Feuer habe. Sie überzeugte sich alkbald, daß der Diamant durch ein Stück ge schliffenen Glase» ersetzt worden war, und schlug Lärm. Die Polizei verhaftete da» gesamte Hotelpersonal, erfuhr aber rasch, daß die Haupt schuldigen der Hotelbesitzer Antonio Janelli und seine Tochter Elvira seien. Auch der Juwelier, der die echten Steine durch falsche ersetzt hatte, wurde ausfindig gemacht und verhaftet. Er ge stand den Gaunerstreich ein. Der gestohlenen Diamanten konnte man noch nicht wieder hab haft werden. DaS Grand Hotel Margherita ist etwa 20 Minuten entfernt von der Stadt herr lich auf einer Anhöhe gelegen und war zur Bourbonenzett ein königliches Schloß. Gemeinnützige«. Gegen de« Wurmstich bei Aepfeln oder Birnen ist reiner Spiritus von 90 Grad ein gutes Mittel. Kostbare Obstsorten, die an Spa irren gezogen werden, find vom Wurmfraß zu retten, wenn man nur ein paar Tropfen Spiritus auf die Stelle bringt, wo die Schale angebohrt erscheint. Der eindringende Sviritu» tötet die Raupe, die Wunde vernarbt, heilt aus und die Frucht wird vollkommen, wie eine nicht verletzte. Spiegel zu putze«. Mm putze mit ganz feiner Druckmakulatur den Spiegel, nachdem man ihn vorher mit Kornbranntwein und einem leinenen Tuche abgewaschen hat. Um dem Glase den höchsten Glan, zu geben, nehme man ein scharfes Messer, schabe ganz fein von einer Gänsefeder ab, lege die» Geschabsel auf ein Stückchen Handschuhleder und reibe den Spiegel damit; e» nimmt allen Staub und Schmutztcile vom Glase ab, wenn sie auch noch so fein find. Durch das Anhauchen mit dem Munde wirkt dieses Abreiben um so eher. Kimtes Allerlei. Aur Bekämpfung der Weinfälschungen hat bas preußische Ministerium angeordnet, daß eine möglichst scharfe Kontrolle der Weine, namentlich aus solchen Geschäften kommend, stattfinden solle, welche zu Schleuderpreisen ver kaufen oder welche deS Ankaufs von Trestern, Rosinen und ähnlichen Artikeln in größerer Menge verdächtig erscheinen. In gleicher Weise sollen alle Weinschenken, sowie die zur Ausfuhr bestimu ten Weine beaufsichtigt werden. Durch die Polizei sollen zu diesem Zweck von Zett zu Zeit Proben den genannten Stellen entnommen werden, um dadurch feftzustellen, ob die Weine den gesetzlichen Anforderungen entsprechen oder nicht. Die Karteubriefe sollen, wie die Reichs postbehörde angeordnet hat, von den Orts und Landbricfträgern zum Verkauf für -Las Publikum vom 1. November ab mitgeführt werden. Das Zuspätkommen der Angestellten wird in vielen Geschäften laut Geschäftsordnung durch Geldstrafen geahndet, die bei der Gehalts zahlung in Abzug gebracht werden. Nach einem gerichtlichen Urteil können aber auS einer solchen Geschäftsordnung nur dann Rechte gegen die Angestellten hergeleitet werden, wenn letztere diese Geschäftsordnung durch Unterschrift aner kannt haben. Ein ausgedehntes Mittagsschläfchen. Von einer merkwürdigen Schlafsucht ist die Frau des Bauern Gröger in Maßen bei Finsterwalde in der Mark befallen worden. Sie schläft seit Donnerstag mittag ununterbrochen. Aerztliche Bemühungen waren bis jetzt umsonst. Die „goldene" Hochzeit. Zwei Freunde, die sich lange nicht gesehen haben, treffen sich. — „Weißt du schon, daß X. seine goldene Hoch zeit gefeiert hat ..." — „Aber wie? er hat sich doch erst vor acht Tagen verheiratet!" — „Aber seine Frau bringt ihm eine Million mit, mein Lieber!" Der kleine Herr schob sehr bedächtig seine Brille schweigend in ein Futteral, dann sah er mich an, und in dem gutmütigsten, herzlichsten Tone sagte er: „Brauchen nicht zu erschrecken, eS ist mir sogar sehr angenehm, daß Sie der Russen wegen kommen, lieber Kolleg', ich überlasse Ihnen die Hallunken; Sie möchten gern so ein kleines Andenken für die Reise nach Wien haben,* er ttpvte leise lachend dabei auf mein Knopfloch. „Nun, wie geht's in Berlin? Haben'» da auch noch viel mit den Nachwehen der ReichStagS- wahlen zu thun?* Mich mußte die Frage überraschen; statt über die Fälscher weiter mit mir zu reden, fing mein Herr Kollege ein Thema an. wofür ich in diesem Augenblick sehr begreiflich wenig Sinn hatte. „Nun, e» ist bet un» wohl ebenso wie hier," gab ich hastig zurück. „Die Aufregung, wenn auch anfangs noch so groß, weicht schließlich wieder der normalen Stimmung. — Aber wollen wir un» nicht der Ruffen versichern?" fragte ich. „Seien » ohneSorg', lieber Kolleg', die kommen uit mehr ohne unsere Begleitung hier au» dem Hause. — Wann find'» au» Berlin abgereist?" fragte der Kommissar eifrig, al» wäre ihm die Beantwortung dieser Frage von der größten Wichtigkeit. Im Theater wurde applaudiert; der Akt mußte sein Ende erreicht haben. „Kommen'», e» ist Zett," sagte der alte Herr, gemächlich den Korridor nach der anderen Sette de» Hause» htnschreitend, „bleiben'» nur immer in meiner unmittelbaren Nähe." Wir hatten den Korridor erreicht, an welchem die Logen liegen mußten, in der sich die Russen befanden. Auf dem Gange standen und gingen ! etwa acht Herren auf und ab. Die Thür der > Loge, in der der Vikomte und Herr van Haber meister sich befanden, wurde von dem Logen schließer zuerst geöffnet, während er sichtlich zögerte, die anderen Thuren anfzuschließen. Die vön mir so sehnlichst Erwarteten traten heraus, kaum hatten sie zehn Schritte zu uns hin gemacht, alr die schon erwähnten Herren sie wie absichtslos umstanden und ihr Wcttergehen unmöglich machten; im nächsten Augenblick stand mein Kollege vor dem Russen, und in der freund lichsten, höflichsten Weise sagte er: „Wisfen's, meine Herren, ich bin Kriminal beamter und hab' mit Ihnen einige Worte zu sprechen, bitte, folgen'S mir recht schnell, ohne alle wetteren Umstände, damtt's nicht ein Auf sehen gibt; ich lieb' da» nit, sieht halt schlecht auS." Nicht die geringste Veränderung war auf dem Gesicht des Henn Vikomte und de» Henn von Habermeister wahrzunehmen. Auch der Kommissar mochte die» bemerkt haben; denn al» die Herren ruhig stehen blieben, al» hätten sie gar nicht begriffen, um wa» eS sich handelte, setzte mein Kollege hinzu und seine Stimme hatte eine eigentümliche Hätte: „Sie sprechen deutsch, ich weiß e» genau, Sie haben mich ver standen, also kommen Sie gefälligst." Er schritt einer kleinen, nahegelegenen Thür zu, und der Vikomte und Habermeister folgte«, oder mußten folgen, sehr geschickt von den Unter beamten dirigiert, von denen drei mit in» Zim mer eftttraten. Ich war zurückgeblieben; instinktiv hatte ich mir gesagt, daß mein Kollege ebensowenig von der Anwesenheit der Dame und des Herrn, die sich in der anderen Loge befanden, eine Ahnung habe, wie er wisse, daß diese Personen mit den eben in Sicherheit Gebrachten im engsten Ver kehr ständen, sonst hätte er jedenfalls Vorkehrungen getroffen, dieselben beobachten zu lassen, eventuell sich derselben zu versichern. Dies alles erwägend war ich nicht gefolgt. Vier der Herren, die bei dem Vorgänge thätig gewesen, standen in meiner unmittelbaren Nähe; ich trat an dieselben heran. „Ich bin Kriminal-Kommissariu» und der Leute da drinnen wegen Hierher gekommen," sagte ich. „Ich konnt's halt denken, daß Sie Beamter su.'t " erhielt ich von dem einen zurück. „Haben Sie noch einen Auftrag hier auSzu- richten?" fragte ich. „Nein, unS ist nix gesagt worden," bekam ich zur Antwort. „Gut, ich werde Sie gleich noch mit einer Sache betrauen, in einem Augenblick bin ich wieder hier." Der Logenschließer stand am Ende deS Korridor», ich eilte zu ihm hin. „In einer der Logen befindet sich ein Herr und eine große blonde Dame, die —" Ich weiß, Nummer sechzehn, die Loge ist weiter nicht besetzt," unterbrach der Mann. Ich ging zu den Beamten zurück. „In Loge Nummer sechzehn befindet sich ein Herr und eine Dame," sagte ich. „Sollten dieselben einzeln oder zusammen au» der Loge kommen, so klopfen Sie zunächst an die Thür des Zimmers, in dem sich Ihr Vorgesetzter be- , findet, und sorgen Sie dafür, daß die Ihnen bezeichneten Personen den Korndor nicht' ver lassen." Als ich in das Zimmer trat, rief mir der Kommissar entgegen: „Nun, lieber Kollege, wo stecken'» denn? Ich denke, Sie hätten mit den Herren zu sprechen?" „Wollen Sic die» nicht lieber selbst thun? Es wäre mir angenehm," erwiderte ich. Der alte Herr sah mich scharf an; ihm mochte e» wohl nicht ganz in der Ordnung er scheinen, wie ich disponierte; er wollte fichcr in Rücksicht darauf, was wir im Augenblicke unserer ersten Begegnung gesprochen hatten, mir vollständig die Ehre lassen, die Russen abgesagt zu haben. So sehr ich diesen guten Willen anerkannte, so durste ich doch hierauf nicht ein gehen; ich mußte für den Fall, daß ich das verabredete Zeichen hörte, sofort das Zimmer verl i > können. „Nun, darf ich wohl um Angabe Ihre» , Namens, Standes rc. bitten?" sagte mein Kollege zu dem Herrn mit dem Ordensbande. „Vikomte de Rochat," war di« mit unverkenn barem Selbstbewußtsein gegebene Antwort — „Ritter der Ehrenlegion," setzte er nach einer kleinen Pause hinzu. Al» er wobl bemerkte, daß der Kommissar noch immer seinen Blick ruhig auf ihn gerichtet hielt, fragte er gereizt: „Genügen Ihnen diese Angaben nicht?" . (Fortsetzung folgt.)
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