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Auerthal-Zeitung : 13.10.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-10-13
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189710137
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18971013
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18971013
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-10
- Tag 1897-10-13
-
Monat
1897-10
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 13.10.1897
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der letzten Serbien bei seinem Ueberschwemmungen, der Avion auf Kreta und für die Auswanderung und trotz der durch die gute Ernte veranlaßten geringeren Zolletnnahme der Staatshaushalt nicht allein im Gleichgewicht ist, sondern noch ein Ueberschuß von 3 Millionen Lira verbleibt, der für die Srtegtzmarine verwendet werden soll. Gvanien. »Da» Ministerium Gagasta hat den General Weyler von Cuba abberufen. Marschall Blanco ist zum Gouverneur der Insel ernannt worden. * Laut halbamtlicher Madrider Meldung ent» behren die Kundgebungen für Weyler in H av an a der Bedeutung, da fie nm von solchen Kaufleuten veranstaltet worden wären, die bet den Lieferungen für das Heer be teiligt seien. »Der Berichterstatter des ,Diarto de Barce lona^ berechnet den Verlust des spani schen HeereS auf Cuba an Toten, Inva liden und Kranken, die entweder noch in den kubanischen Lazaretten liegen oder schon als Todeskandidaten nach Spanien zurückgesandt sind, auf 65- bis 70060 Männl Da ist jeder Kom mentar überflüssig. Stnstland. * Me man aus Petersburg schreibt, hat der Zar angeordnet, daß in den Gouvernements Cherson und JekaterinoSlaw von dem enormen staatlichen Grundkomplexe Ländereien an Israeliten zu geringen Pachtzinsen vergeben werden, um dem Notstand, in dem sich die arme Mische Bevölkerung im Süden deS Reiches be findet, abzuhelfen. * Die Flitterwochen -wischen Russen und Polen, die mit dem Zaren besuch in Warschau anhoben, scheinen nicht lange dauern zu sollen. Oesterreichischen Polenblättern wird aus Warschau gemeldet: Der Erlaß deS General- Gouverneurs Fürsten JmeretinSky, wo- nach den Behörden verboten wird, sowohl unter einander als auch im Verkehr mit Parteien sich der polnischen Sprache zu bedienen, wurde auch den Gemeindevorstehern deS Weichselgebietes, und zwar mit dem Bemerken zur Kenntnis ge bracht, daß fie fortan ebenfalls sich nach An ordnungen deS General-GouverneurS zu richten haben. Von den Gemeindevorstehern deS Weichsel gebietes find siebzig Prozent der russischen Sprache gar nicht mächtig. Balkanftaaten. * Der Sultan hat infolge der Depeschen der mohammedanischen Kreter über die traurige Lage angesichts deS nahenden Winters der Pforte befohlen, eine Note an die Mächte zu richten, in welcher dringend die baldige Rege lung der Kretäfrage verlangt wird. Die Forderung ist nicht unbillig! * Der Sultan hat sich wieder einmal einen Jvngtürken gekauft. Dem Bauten- Ministerium wurde der Befehl etteift. dem Her- ausgeber des jungtürkischen in London er- scheinenden Blattes,Huriei' (Freiheit), FahriS Effendi, die Konzession der Wasserleitung von Beirut zu erteilen, wogegen letzterer sich ver pflichtete, das Erscheinen seines Blattes einzu stellen. — Und so einer bringt es zum Führer einer Partei! Amerika. »Die brasilianische Regierung hat endlich nach mehrmals mißglückten Versuchen die Ueberwältigung deS lästigen, religiös ge färbten Aufstandes erreicht, der im Innern der Provinz Bahia seinen Sitz hatte und bei noch längerer Dauer leicht zu einer Gefahr für die Republik werden konnte, da er anscheinend auch mit den monarchistischen Bestrebungen im Zusammenhang stand. Die RcgierungStruppen haben CanudoS, den Hauptfitz der Fanatiker, eingenommen, bei welcher Gelegenheft Conseil- hero, der Führer der Aufständischen, seinen Tod fand. »JnCostarica (Mittelamerika) ist wegen der bevorstehenden Präsidentenwahl auf zwei Monate der Belagerungszustand proklamiert worden. * Nach einer Meldung ms Havana ist das mehrerwähnte Fräulein CisneroS, die Nichte des „Präsidenten der Republik Cuba", welche beschuldigt war, an einer Verschwörung gegen Psttttfche Tentfchlanv. »Da» Kaiserpaar hat am Sonntag sn Liebenthal, das zwei Meile« von Hubertus» stock am Rande der Schorfhetde idyllisch gelegen ist, der Einweihung einer neuen Kirche betgewohnt. »Der Kaiser hat seiner Schwester, der Kronprinzessin von Griechenland, den Luisen»Orden mit der Jahreszahl 1813 —14 und dem Roten Kreuz verliehen. * Exotischer Besuch steht der deutschen ReichS- hauptstadt bevor: eine Gesandtschaft deSNeguS von Abessinien wird Berlin besuchen und dort dem Kaiser Geschenke übeneichen. »lieber die Einberufung deS Reichs- tags ist bisher eine Entscheidung noch nicht getroffen worden. Alle bezüglichen Angaben — er wurde einmal sogar ein bestimmter Termin genannt — find gmz grundlos. Soviel ist indessen wohl sicher, daß der Reichstag, wie herkömmlich, in der -weiten Hälfte des Novem ber zusammentreten wird. Weiter hört man im Gegensatz zu anderen Angaben, daß es sich noch nicht übersehen läßt, ob das neue preuß. Land- tagsgebäude nicht vielleicht doch schon bis zum SesfionSbeginn, also bis Mitte Januar, fertig gestellt werden kann. Im Büreau deS Abgeord netenhauses hat man die Hoffnung noch nicht aufgegeben. * Der neue TirpitzscheFlottenplan hat dem preuß. Staatsministerium vorgelegen, das die preuß. Bundesbevollmächtigten in zu stimmendem Sinne instruiert hat. Die Vorlage enthält thatsächlich einen JnstandhaltungS- und FlottenvermehrungSplan für die nächsten sieben Jahre, der einen Kostenaufwand von rund 410 Millionen Mk. beansprucht. »Auf Veranlassung des Reichskanzlers tritt am Montag eine internationale Konferenz der hervorragendsten Fachgelehrten im Reichs- gesundheitSamte zusammen, um über Maßregeln zur nachdrücklichen und gemeinsamen Bekämpfung der Lepra-Krankheit zu beraten. Fürst Hohenlohe und der Staats sekretär Graf Posadowsky werden zu Ehren dieser Konferenz größere Festlichkeiten veran stalten, ebenso wird die Berliner Dermatologische Gesellschaft die zur Lepra-Konferenz abgeordneten Vertreter der einzelnen Staaten in einer be sonderen Festlichkeit begrüßen. » Eine Aenderung des Landtagswahl- verfahrens streben die bayrischen Sozialdemokraten an. Sie brachten «inen Antrag ein auf direkte Abgeordnetcnwahl und Berechnung der auf die Wahlkreise treffenden Bevölkerungsziffern jeweils nach Volkszählung. Arankreich. »König Alexander von ist in Paris ««gekommen und Vater, der augenblicklich im Hotel du Rhin Wohnung genommen hat, abgestiegen. Der Pariser Aufenthalt des Königs ist auf eine Woche berechnet. Schweiz. »Die Stellung Frankreichs zur Schweiz ward im Nationalrate anläßlich der Erörterung über die Eisenbahnverstaat- lichung in bemerkenswerter Weise gestreift. So erklärte Favon (Genf), der Genfer Bahn hof dürfte nicht länger im Besitze einer fran zösischen Gesellschaft sein. In Genf seien schon die dortigen 25 000 Franzosen eine Gefahr für die Schweiz. Und Wunderly (Zürich) warnte davor, zur Finanzierung der Eisenbahn-Ver staatlichung französischen Kredit in Anspruch zu nehmen. Wenn die Schweiz Frankreich fünf hundert Millionen schuldete, könnte Frankreich die Schweiz durch die Börse zu Grunde richten, ohne einen einzigen Soldaten gegen die Schw eiz ins Feld zu stellen. Darum sollte die Schweiz sich mit englischen Finanzkreiien in Verbindung setzen, da England für die Schweiz politisch un gefährlich sei. Italien. »AuS den endgültigen Rechnungen deS Schatzministeriums Der daSStaatshauS- haltsjahr 1896 97 ergibt sich, daß, wie der Schayminister Luzratti in der Kammer erklärt hatte, trotz der erhöhten Ausgaben infolge der den Gouverneur der Insel PinoS flUgenommeu «» haben, au» dem Gefängnis entflohen. Die EtsenftW« ihrer Zelle waren durchgesägt. Zwei ihrer Gefängnisaufseher find verhaftet worden, sei e» wegen sträflicher Nachlässigkeit, sei e» gar wegen Begünstigung der Flucht. Afrtk«. »Di« Ankündigung, daß Italien Sassala an England adtreten will, hat gewiss« Politiker in Frankreich und Rußland veranlaßt, zu versuchen, deuNeguSMenelik von Abessinien zu bestimmen, in Konstantinopel, Petersburg und Parts dagegen Protest zu er heben und die drei Regierungen zu ersuchen, die Grenzen Abessiniens endgültig festzustellen und anzuerkennen. Menelik wird eine Gesandt schaft nach Konstantinopel schicken, welche dem Sultan sagen soll, daß Abessinien dessen Ober hoheit über Aegypten anerkennt. »Ein direktes europäisches Vorgehen gegen die Riffptraten von der Seesette her er scheint fast aussichtslos. Mit maritimen Demon strationen gegen die räuberischen Riffioten kommt man nicht vom Flecke, daS hatten Italien und Portugal jetzt wiederum erfahren. Nach einem Telegramm auS Tanger hat, wie die ita lienische „Lombardia" auch das portugiesische Panzerschiff „Adamastor" von den Riffpiraten die Freilassung der Gefangenen nicht erlangen können und ist nach Tanger zurückgekehtt, um „neue Instruktionen einzuholen". Aus Madrid. LuiS Taboada verspottet im »Jmparcial' die Stellenjager, von denen wir letzthin an anderer Stelle gesprochen haben: Me viele werden jetzt den berühmten Führer der Liberalen beneiden, der beauftragt iß, das Ministerium zu bilden, und daher über Titel, Ehren und Münden verfügt. Aber ach ! Wenn die Neider deS Herrn Sagasta bei ihm htneinsehen könnten, würden fie sich überzeugen, daß sein Amt viele Unannehmlichkeiten hat. Don Praxedes (Sagasta) wird jetzt daS Opferlamm von der ganzen Welt: von den hohen, mittleren und bescheidenen Staatsmännern. DeS Morgens sehr früh stürzen ihm ins Schlafzimmer die Vertrauten und lassen ihn nicht eher zufrieden, bis er ihnen deutlich sagt: „Bei der heiligen Jungfrau! Lassen Sie mich, bitte, allein, ich will mir ein anderes Hemd anziehen." — „Gut," antwortet einer, „wenn etwas vorfällt, rufen Siel Ich warte dort hinter der Thür immer zur Verfügung meiner Partei." — „Ich gehe auch nicht weg," fügt ein anderer hinzu. „Wenn Sie mich zu etwas nötig haben, brauchen Sie nur zu rufen. Ich bin auf dem Flur." — „Aber haben Sie denn nichts zu Hause zu thun?" erwidert der Führer. — „Wieso? Ganz und gar nicht. Ich habe schon gefrühstückt und zu Mittag gegessen." — „Nun, ich habe meine Frau schwer krank zurückgelassen, aber fie wird sich schon helfen. Bor allem die politische Krisis." — Don Praxedes ruht nm aus, wenn er um 11 Uhr nachts sich in sein Schlafzimmer zurückzieht. Ehe er sich schlafen legt, sieht er unter das Bett, ob sich dort nicht ein Bewerber um die Stelle eines Generaldirektors versteckt hat. Dann stellt er den Nachttisch vor die Thür für den Fall, daß das Schloß erbrochen werden sollte und läßt sich zuletzt auf daS Bett finken, indem er murmelt: „Endlich! Gott sei Dank, ich bin allein!" Unter denen, die ihm inS Haus laufen, find auch Personen von gutem Glauben, die nur nach der Ehre streben mit ihm zu sprechen, um alsbald im Klub sagen zu können: „Ich habe soeben mit Don Praxedes ganz allein gesprochen." — „Nun was, hat er das Kabinett schon fettig?" fragen auf einmal acht oder zehn Neugierige und stecken ihre Nase unter seinen Rockkragen. — „Ich darf es nicht sagen." — „Ach waS, Don Sisenando! Sagen Sie eS unS l" ant worten alle. — „Uebernmmt Telderete die Finanzen? Bekommt Bergamota das Innere? Weiß man, was man mit Gorgojo machen wird?" — Und Don Sisenando, der nichts weiß von dem, waS der Führer den», läßt seine unschuldigen Freunde glauben, daß er den Schlüssel zu allem hat, aber eS nicht sagen darf, bis eS Ihre Majestät erfährt, um fie nicht dieses Vorrecht- zu berauben. — Ein Mann lebt ge wissermaßen i« Hause de» Don PraMeS, denn außer den Stunden de» Schlafe» bringt er alle übrigen dort zu, auf einem Stuhl fitzend, ohne seine Augen von denen de» Präsidenten ab,u- wenden, und sobald er eine Gelegenheit findet, sagt er leise zu ihm: „Sie wissen schon, ich nach Oviedo, wenn e» möglich ist." Da er ein vorsichtiger Mmn ist, trägt er in der Hosen tasche em Weißbrvtchen und etwa» Wurst, und wenn e» ihm um den Magen schwach wird, stellt er sich, al» ob er sich bückt und tteht etwa» von seinen Eßvorräten vor. Wenn Don Praxedes schlafen geht, begleitet ihn der Mann mit dem Brötchen bi» -um Schlafzimmer, und ehe er nach Hause geht, drückt er die Lippen ans Schlüsselloch und sagt mit zärtlicher Stimme: .Gute Nacht, schlafen Sie wohl — Sie wissen schon, ich nach Oviedo, wenn e» möglich ist." — Der Führer der liberalen Pattei sieht jetzt viele Gesichter, die er nicht kennt, darunter eines von einer Person, die zu ihm sagte: „Ich stimme in Vertretung meine» Schwager» Burlete, der die Bräune hat. Da er weiß, daß Sie sich mtt der Kabinettsbildung beschäftigen, will er, daß Sie ihn nicht vergessen. Er würde gern Minister der öffentlichen Arbeiten werden, und wenn Sie ihm dies Amt nicht geben können, will er sehen, ob Sie ihm nicht einen Tabaks laden in einer guten Straße überweisen können." Pa« Uah ««» Fern. Bochum. Gelegentlich einer Jubiläums feier de» Bochumer Vereins, die hier vor einigen Tagen abgehalten wurde, machte der General direktor deS Werke«, Friedrich Baare, ein Sohn de» verstorbenen Geheimrats Baare, die Mü- teilung, daß eS die andauernd günstige Ge schäftslage gestatte, der bereits unter dem Namen „Baare-Gedächtnis-Stistung" bestehenden Unter- stützungSkasse für die Arbeiter eine weitere Zu wendung von 300 000 Mk. zu machen. Damit steigt der Fonds auf 1 Million Mark. Kuxhave«. In der Nacht zum Freitag kollidierte beim ersten Feuerschiff die dänische Bark „Waterqueen" mtt dem seewärts gehenden Dampfer „Sparta" und sank daselbst. Von der Besatzung wurden der Lotse und vier Mann durch der Lotsendampfer, Kapitän Karpsanger, gerettet. Der Rest ist ertrunken. Der Zusammen stoß ist auf schlechte Steuerung der „Waterqueen" zurückzuführen. Leipzig. Aus Leipzig kommt die Kunde von dem Heimgang des Humoristen Gustav Schumann, deS Verfassers der Bliemcheu- Humoresken. In dem „Bardikularisten Bliem- chen" hat Schumann den TypuS des „gemüt lichen" Sachsen, der nm „ganz wiedig auf die Breißen" ist, in die Lftteratur eingeführt, ohne Zweifel mit großem Glück. Schumann, der im besten ManneSalter dahinging, war selbst Sachse; aber sein Wetter Blick erkannte die Komik, die in dem Gebaren derjenigen seiner Landsleute lag. die sich mit dem neuen Deutschland nicht versöhnen konnten. Wernigerode. Im Eichholz zu Ilsenburg feuerte ein arbeitsloser Bäckergeselle namens Müller Ms Thale zwei Revolverschüsfe auf ein fürstliche» Gefährt ab, in welchem die Fürstin- Witwe zu Stolberg-Wernigerode sowie die Prinzessin Matte sich befanden. Müller, welcher entfloh und später verhaftet wmde, trug einen sechsläufigen Revolver sowie ein starkes Dolch messer bei sich. Er wM nm „zum Spaß" ge schossen haben. Blankenburg. Waren daS Staunen und die Auflegung Hierselbst schon groß, als der be tagte Gemeinde-Einnehmer Brendel in Heim burg kürzlich abends von zwei vermummten Kerlen, während er neben dem offenen Geld schrank bei der Arbeit saß, überfallen und um 10 000 Mk. (3 Tausendern, 50 Hundettern und 2000 Mk. in Goldstücken) beraubt worden zu sein behauptete, so wuchs die allgemeine Ver wunderung seit Montag noch beträchtlich. Die Kreisdirektion hat nämlich eine Bücher- und Kassenrevifion btt dem Einnehmer am Montag vorgenommen und alles in bester Ott nung, also auch den nötigen vollen Betrag, von dem doch 10000 M. gestohlen sein sollten, vor gefunden. Vorläufig ist nun die angeordnetc gettchtSsettige Untersuchung abzuwarten, > Walf Warnekorv. 83) Eine mecklenburgisch« Erzählung v. A. v. d. Osten. «Schluß Die Mittagsglocke läutete vom Turm der kleinen Kirche mtt feierlichem Klang: da legten die Männer die Gefundene auf rasch am Ufer auSgebreitete Decken. Hüte nnd Mützen glitten von den Köpfen, viele Hände falteten sich. DaS Wasser hatte der Toten noch nicht» von ihrer Schönheit genommen, fie flat vielmehr über wältigend hervor. Die Arme übereinander ge legt, ÄS wolle fie so da» heiße Klopfen in Mer Brust zur Ruhe bringen, lag Wendel da, um ihre blühenden Glieder schmiegte sich da» nasse Gewand. Die schwarzen Haare umrahmten daS bläulich-blasse feine Gesicht, und unter den halbaeschloffenen Lidern schien noch daS Feuer des Lebens hervor zu glühen, daS ihr Verderben geworden war. Nun war e» auSgelöscht, fried lich war daS junge Antlitz, selbst ein Lächeln schien darüber hinzuziehen, wie der Helle Schein einer schwindenden Abendröte. Gestorben war im Todesftteden alle Qual, alles Häßliche, aller Irrtum, der dieses Herz belastet hatte, ver schlungen der Tod in den Sieg und in da« Er barmen Gotte». Kein Auge blieb trocken, die Frauen schluchzten laut, wer eben noch ein hatte» Urteil ausge sprochen hatte, nahm e» zurück. „Ne, ne, so süht kein ul, de wat ap'n Ge wissen hett. Sei hett doch woll nik» Unrecht» dhan, wer will dat ok seggen. Keiner kann den anern int Hart sehen, un möt woll fihr Unglück- lich west sie«. Arme Diem l" DaS Rollen eines Wagens unterbrach diese traurigen Betrachtungen und eine Bewegung ging durch die Menge. „Dat sükft> seil" hieß eS. „Un wat sei woll seggen warden! Augenblicklich überwog wieder gespannte Neugier die Wehmut und alle Augen richteten sich den Ankommenden entgegen. Matten hatte schon von weitem den Menschen auflauf beobachtet und mü dem Peitschenstiel darauf hingewiesen. „Dor möt wat los fin," sagte er lakonisch und ließ die Pferde einen tüchtigen Hieb kosten. „Vorwärts, Jüh l" Ralf sprang vom Wagen, noch ehe er still stand. Eine böse Ahnung hatte ihn erfaßt. Die Leute wichen zurück uud machten ihm Platz, als habe er daS nächste Anrecht an die Tote. Da lag fie vor ihm, ein SchmerzenSruf entrang sich seiner Brust und er beugte sich tief über fie. Als er sich wieder erhob, war er fast ebenso bleich wie sie. „Lüd," sagte «, sich mtt Anstrengung zum lauten Sprechen zwingend, damit fie ihn ver stehen könnten, „ick heww't annerS wullt. Ji all sätt dat wetten und lud will ick't seggen: sei sull min Fru warden. Uns'Herrgott wett allein, worüm hei dit taulaten hett, äwer mi deiht dat Hart weh üm ehr. So a» sei wir, sei kknn dor ook nickS för, un sei wk ümmer beter wor den. Ick kann mi denken, wo dit taugahn i». Sei hett Hütt, wat gescheihn was, un hett glöwt, ick würd «ich wedderkamen, dat hett chr in den Dod drewen." Er schwieg, um seiner Beweguna Herr »u werden, und e» war so feierlich still wie tu einem Gotteshause. „Uem eint will ick jug bidden," fuhr Ralf fort, „Helpt mi, ehr ihrlich un mit Ihren tau begrawen. Wat ji ok gegen ehr seggen wagt, in de Letzt wa» sei brav — und sei hadd Leiw, flue deipeLeiw, undat iS doch dat beste von allem." Eine Anzahl derber Hände streckten sich Ralf entgegen, und treuherzige Versicherungen wurden von allen Setten laut. Er hatte die Herzen der Leute im Sturm gewonnen durch seine Treue gegen daS arme Mädchen auS ihrer Mitte, und so erfüllten fie seine Bitte mtt Eifer und Freude. Wendel wurde, wenn auch nahe der Mauer, mit einem zahlreichen Ehrengelette, mit Blumen und Kränzen zu Grabe geflogen, und der Doktor sprach Worte de» Friedens und der Versühnung am Sarge. Einen Geistlichen hatte mm nicht ansprechen wollen, well eS bei den herrschenden kirchlichen Grundsätzen doch ver gebens gewesen sein würde. MS der Mnter das Grab in eine weiße Schneedecke einhüllte, fand man zuweilen frische grüne Tannenzweige darauf, die gar freundlich von dem blendenden Weiß abstachen. Niemand vermutete den wahren Spender, keiner kümmert« sich auch viel darum, und am wenigsten hatte mm Marten zuaeflaut, daß er in dieser -atten Weise dem einst geliebten Mädchen nachrufen wolle, daß auch er mit ihrem Andenken ausge- söhnt sei, und wohl wenige nur knüpften an das unvergängliche Grün die Betrachtung, daß e» ein Symbol sei für die Auferstehung und Un sterblichkeit auch der inenden und mf Erden heimatlos gewesenen Meuschenseele. Ein Jahr war vergangen. Wieder lag über der Fischerinsel der goldene Sonnenstrahl eines klaren, milden Herbsttages. Die glänzend weißen Sommerfäden zogen durch di« Lust, hingen sich an die Pappeln am See und schwebten dort spielend und glitzernd wie Libellen über der spiegelblanken Fläche. Man hätte glauben können, eS sei Frühling, wären nicht die Kranich züge gewesen, die hoch oben im Aether vorüber zogen, fort nach dem Lande der ewigen Wärme. Eggert Barnekow stand vor seiner Hausthür und neben ihm der Doktor. Sie schienen beide auf etwas zu Watten und -war mußte eS etwas Gutes sein, dem flohen Ausdruck ihrer Gesichter nach. Besonders Eggert sah heute fast um zehn Jahre jünger auS, als im vergangenen Herbst, straff und aufrecht stand er da und wurde nicht müde, immer wieder mit seinem Gefährten über denselben Gegenstand zu reden. Wetter nach dem See hinab versammelten sich allmählich alle seine Fischer in Men Sonntags kleidern und auSnahmweise blanken Wasserstiefeln. ES mußte heute etwas Besonderes los sein, denn jetzt kam auch Herr MagnuS mtt seiner niedlichen Frau, und eigenhändig trugen fie eine lange, au» BuchSbaum und leuchtenden Georginen ge wundene Suklande, die sie mtt Matten« Hufe über EggertS HauSthür befestigten. „Magnussens känen dat doch ehr Dag nich laten," bemerkte der Alle -um Doktor. „So'n Spennang üm den Jung!^ Dabei strahlte aber sein ganzes Gesicht vor Befriedigung über die Ehre, die dem „Jung" angethm wurde. „Eie thun es ja au» herzlicher Lieb« für
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