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Auerthal-Zeitung : 04.04.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-04-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189704045
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18970404
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18970404
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-04
- Tag 1897-04-04
-
Monat
1897-04
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 04.04.1897
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V»lMfche Kundscha«. 2>e>tfchla>d» »Der Kaiser stattete am Mittwoch dem Reichskanzler Fürsten Hohenlohe einen Gratulationsbesuch ab. * Fürst BiSmarck feierte am Donnerstag seine« 82. Geburtstag. Der Zustand d«S Fürsten «achte eS zur Pflicht, di« Feier im engsten Familienkreise ftattfinden zu lasten; Deputattonen wurden nicht empfangen, der von Hamburg aus in Aussicht genommene Fackelzug ist verschoben worden. »Der -Kaiser hat dem Fürsten BiS « arck zu desten Geburtstag ein in herr lichen Worten abgefaßteS Glückwunsch telegramm gesandt. * Admiral Hollmann hat einen län geren Urlaub nachgesucht und erhallen. Natürlich werden nun die Gerüchte, die sich mit seinem möglichen Rücktritt beschäftigen, wieder mit verstärkter Sicherheit auftreten. Eine for melle Entscheidung deS Gesuchs soll noch nicht erfolgt sein. Wie eS heißt, ist der Kontre-Ad- miral Tirpitz zur Vertretung deS Staatssekretärs in Aussicht genommen. * Nach den endgültigen Beschlüssen des Reichstags in dritter Lesung stellt sich der Reichshaushalt für 1897/98 in Einnahme und Ausgabe auf 13V7 57k 039 Mk. Von den Ausgaben entfallen 1 1K8 210 5K2 Pik. auf di« fortdauernden, 91 905 543 MI. auf die ein maligen Ausgaben deS ordentlichen und und 47 459 934 Mk. auf die einmaligen Aus gaben des außerordentlichen Etats. * Im Reichstage find die GeschästS- diSpofitionen für die Zeit bis zu den Osterferien dahin getroffen worden, daß nach Beendigung der ersten Lesung des Ent wurfs betreffend daS Jnvaiidenver- sicherungsgesetz der Bericht der Kom mission zur Vorberatung der Anträge auf Er lassung eines Margarinegesetzes und der Entwurf zum neuen Handelsgesetz buch zur zweiten und dritten Beratung im Plenum gestellt werden sollen. * Trotz der Fülle von Material, daS noch der Erledigung durch den Reichstag harrt, wer den diesem dem,Hamb. Korr' zufolge nach der Osterpause, das ist Ende dieses Monats, noch zwei kolonialpolitische Vorlagen zugehen. Die eine ist bereits seit längerer Zeit angekündigt und betrifft die Ucbcrnahme des Neu- Guinea-Schutzgebietes, die andere die Ueberuahme der Usambara-Eisen- bahn auf dqs Reich. . »Die Stichwahl in Torgau- Liebenwerda zwischen Bnssciiins und Knörcke findet am Donnerstag, 8. April, statt. »Auf Befehl des Herzogs Alfred ist die vom Koburger Landtag angefochtene Mini- sterialinstrnktion aufgehoben worden. Da mit ist der Koburger Verfassungskon- flikt beendet. Oesterreich-Ungar«. »In einem Schreiben an den Wiener Gemeinderat teilt Bürgermeister Strobach mit, daß er sein Amt als Bürgermeister der Stadt Wien niederlege. Natürlich wird nun Dr. Lueger wiedergewählt und diesmal auch vom Kaiser bestätigt. Frankreich. »Zum Panama-Skandal wird ge meldet: Während der verhaftete Deputierte Boyer wieder aus der Haft entlassen ist, bleibt der Deputierte Henri Maret zur Disposition des Richters. — Von mehreren Setten wird gemeldet, der Untersuchungsrichter habe eine sehr genaue Abschrift der Papiere des Barons Cottu erlangt, durch welche 17 Mitglieder der Rechten kompromittiert seien. Im Laufe des Mittwoch sollen zahlreiche neue Haus suchungen vorgenommen worden sein. Die Verhaftung eines sehr bekannten ehemaligen doulangistischen Deputierten sei bevor stehend. Gerüchtweise verlautet, der Unter suchungsrichter habe Vorladungen an dreizehn von Arton angegebene frühere Parlamentarier erlassen. " Das Telegramm, das der ins Ausland entflohene Senator Naquet an den Präsi ¬ denten der AuSliefernngS - Kom mission gerichtet, hat folgenden Wortlaut: ,Zu leidend, um zurückzukehren. Ich protestiere energisch gegen die Anklage, deren Gegenstand ich bin. Die Zahl 150 000 Frank, mit der ich in ArtonS Buch eingetragen wäre, ist falsch. Ich »erde in dieser Beziehung alle Erläute rungen und Rechtfertigungen geben, die «eine Ehre sichersten«»." velgie». »Das .Journal de Bruxelles erklärt die Nachrichten, daß an fremde Staatsober häupter Einladungen ergangen seien, im Laufe deS Sommers nach Brüssel zu kom men, für unrichtig. (ES handelt sich um eine angeblich geplante Begegnung deS Kaisers Wilhelm mit Faure.) Gtzmete». »In Regierungskreisen wird der Gefangen nahme des cubanischen Insurgenten- führerS Rivera, des Nachfolgers Maceos, ganz besondere Bedeutung beigemessen. Zu gleich wird angekündigt, daß das Kolonial ministerium bereits alle Vorbereitungen getroffen habe, um die cubanischen Reformen noch vor Ende April ins Werk zu setzen, falls der Verlauf der militärischen Operationen ferner hin sich so günstig, wie in der jüngsten Zett, gestalten sollte. Der Oberbefehlshaber der spanischen Expeditionstruppen auf Cuba, sowie die dortige konstitutionelle Bereinigung stimmen dieser raschen Einführung der Reformen zu. »Zu der Einnahme von JmuS auf den Philippinen gibt ein Telegramm des Generals Polavieja weitere Einzelheiten. Die Svanier fanden in dem eroberten Platze viele Waffen und Dynamit. Die Befestigungswerke, Gräben, Basteien rc. waren stark und vorzüg lich ausgeführt. Die Spanier fanden auch Remington- und Mausergewehre, Kanonen, Puloeroorräte und gut eingerichtete Waffen fabriken. Die Spanier hatten zum Angriff 14 000 Mann mit 38 Kanonen zur Verfügung. Die Aufständischen haben jetzt nur noch Cavite Viejo und Nooeleta besetzt. General Polavieja glaubt, er werde auch diese Orte bis zum 15. April erobern, auf welchen Tag seine Ab reise festgesetzt ist. Er hat den Aufständi - schen Amnestie versprochen, wenn sie sich bis zum Ostersonntag unterwerfen. Balkanstaaten. * Die Lage auf Kreta ist im wesent lichen unverändert; doch machen die Insurgenten den Türken gegenüber einige Fortschritte. So nahmen sie am Mittwoch das Blockhaus bei Spinalonga, aus dem sich die Türken in eine andere befestigte Stellung zurückzogen. — Der Kronprinz von Griechenland zeigt in einem Tagesbefehl an, daß ihm das Ober kommando übertragen sei und ermahnt die Truppen zu Treue, Gehorsam und Disziplin. — Die Großmächte beraten noch weiter; über die Forderung an Griechenland und an die Türkei, daß beide ihre Truppen von der Grenze zurückziehen sollen, hat man sich nicht einigen können. Eine solche Forderung sei zur Zeit unthunlich. * Bei der Pforte haben die Botschafter Schritte unternommen, wegen Entfernung der in den kretischen Häfen angesammelten moham medanischen Auswanderer. Darauf wurde seitens der Pforte auf die Schwierig keiten hingewiesen, welchen die Unterhaltung dieser Massen und die Ansiedelung gänzlich mittelloser Personen im Vilajet Smyrna und an anderen Orten, wo freie Ländereien fehlen, be gegnen würde. »Die Beziehungen zwischen Bulgarien und der Pforte find vorerst und wenigstens äußerlich sehr gute. Bei der Audienz des bul garischen Agenten Markow kündigte der Sultan demselben die Begnadigung von 64 auf Rhodus internierten bulgarischen Sträflingen an. Afrika. »Nach Meldungen aus Melilla (Marokko) fanden vom 18. bis 20. März nur wenige Kilo meter von der Grenze des spanischen Gebiets entfernt blutigeKämpfe zwischen den! Kabylenstämmen von Benificar und dem Gouverneur des KabylenaebietS von Traiana und Mazur« statt- 3n Melilla sieht man diese Vorgänge als die Einleitung feindlicher Unter nehmung gegen daS spanische Gebiet an. Aste». »Die Kaiserin von China und die chinesische Negierung haben, wie ,D.»B. H/ meldet, einen Spezialgesandten mit Geschenken für die Königin Viktoria und für den Präsidenten Faure nach Europa gesandt, um sich für die dem Vizekönig Li-Hung- Tschang erwiesenen Aufmerksamkeiten erkennt lich zu zeigen. Unstralien. »Auf Samoa geben der .Post' zufolge nach Nachrichten auS dem Jnnem größere Unruhen der Eingeborenen den Konsuln zu der Besorgnis Anlaß, daß infolge der erbitterten Eifersucht unter den Parteien ein allgemeiner Anfstand herbeigeführt werden könnte. Zum Schutz ist ein zweites amerikanisches Kriegs schiff erbeten worden. A«, dem Keichstage. Der Reichstag setzte am Mittwoch die erste Be ratung der Handwerkervorlage fort. Abg. IacobSkötter ikoni.) erklärte sich namens seiner Partei mit der Vorlage im großen und ganzen einverstanden. Abg. Bassermann (nat.-lib.) legte daS Hauptgewicht auf das Zustandekommen der Handwerkskammern, er klärte aber, dast bei seinen Freunden schwere Be denken gegen die fakultativen ZwangSinnungen benschten. Den ablehnenden Standpunkt der frei sinnigen Volkspartei motivierte in längerer Rede Abg. Schneider. Abg. Kamp (fteikons.) trat für die Vorlage ein, während Abg. Grillenberger (soz.) aiiS- sührte, daß dem kleinen Handwerk gegen die Kon kurrenz deS großen Kapitals ohnehin nicht mehr zu Helsen sei. Am 1. d. wird die erste Beratung der G e - werbeordnungS-Novelle betr. die Organi sation des Handwerks fortgesetzt. Abg. Pachnicke (ft. Vp): Könnte man das Interesse für die Vorlage nach dem Besuch deS Hauses bemessen, so müßte man zu einem recht be trübenden Resultat kemmcn. Tue Handwerker, die einer gewissen Einladung Folge geleistet haben sollten, werden eine arge Enttäuschung erleben, wenn sie von der Tribüne herab beobachten müssen, Ivie gering die Zahl Derer vertreten ist, die sich immer als besondere Freunde des Handwerks auSgcben. Die Vorlage an sich scheint allerdings mehr Glück bei den Parteien ge-'unden zu baden, als die Ne gierung jemals hätte hoffen dürfen, nachdem in der Presse des Zentrums und der Konservativen immer die Notwendigkeit betont worden war, daß an dem Berlepschen Entwürfe sestgehalten werden müsse. Einverstanden sind wir mit Herrn Hitze in der Er richtung von Handwerkcrkammern. Hätte sich die Verlage aus sie beschränkt, so würden auch wir ihr zuslimmcn können. Wir würden allerdings eine Acndernng des WahlinoduS fordern müssen. Die Vorschriften über das Lchrlingswesen bringen manche Verbesserungen gegenüber dem heutigen Zu stande. Indessen bringt der Abschnitt auch manches Unerfreuliche. So sind vor allem die Befugnisse des Lchrherrn und der unteren Verwaltungsbehörden gegenüber den Lehrlingen zu weitgehend. Was die eigentliche Organisation betrifft, so muß ich betonen, daß wir durchaus nicht Gegner der Innungen sind. Aber wir waren immer und werden auch weiterhin immer sein gegen die Zwangsinnungen in jeder Form, auch in der hier vorgejchlagenen. Man sollte mehr für Förderung des FortbilduugsschulwcsenS von StaatSwegcn thun, damit würde man dem Hand werk mehr nützen, wie durch eine solche Vorlage. Ein Glück ist es für das Handwerk, daß die Regie rung zur Zeit die Einführung des Befähigungsnach weises abgclehnt hat. Dasselbe würde nur zu un geheuren Ehikanen führen. Preuß. Handelsminister Brefeld: Die Regie rungen haben alle Veranlassung, dem Hause für die Ausnahme dankbar zu sein, welche die Vorlage gefunden hat. ES ist ja bekannt, daß dieselbe das Ergebnis eines Kompromisses ist, daß eS langer Vorarbeiten und eingehender Beratungen bedurft hat, um dasselbe zu stände zu bringen. Um so dringender müssen wir wünschen, daß die Vorlage noch in diesem Jahre zu stände komme. Dem Handwerk würde das sicher großen Nutzen bringen. Wir glauben, allen be rechtigten Wünschen damit entgcgengekommen zu sein, daß wir die Zwangsinnung nur da eintrcten lassen, wo die Mehrheit der Beteiligten sie will und eine Innung nach Ansicht der Verwaltungsbehörde lebensfähig sein kann. Die Mehrheit der Beteiligten soll auf Grund einer Liste ermittelt werden, die entweder allen Beteiligten zugeht oder öffentlich auS- gelegt wird. Ein Zweifel darüber, ob jemand zu den Beteiligten gehört, kann danach gamicht Platz «eisen. Wir haben nnö bet der Feststellung der Beteiligten auch keineswegs an die Innungen ge- halten, sondern die Gewerbevereine als gleichberechtigt angesehen. Wir wollen also weder die freien Innungen, noch die GewerhevereinS-Inuungcu zer stören. Die Wirkung der obligatorischen Zwangs innungen darf inan nicht überschätzen. Sie würde» nach den Grundsätzen der ursprünglichen preußischen Vorlage immer nur etwa ein Drittel des deutschen Handwerks umfassen können. Verständigen Ab- SnderuugSvorschlägeii gegenüber wird sich die Re gierung nicht durchaus ablehnend verhalten. Die Vorlage soll nur einen Rahinen geben, innerhalb dessen sich mehr zur Hebung deS Handwerk» thun läßt, für das Handwerk, das von jeher der Hort der Zucht und Ordnung gewesen ist. Abg. Euler (Zcntr. : Ich danke als Hand werker dem HaudelLminister für seine wohlwollenden Ausführungen. Auch ich stehe der Vorlage im ganzen svmpathisch gegenüber. Die freiwilligen Zwangs innungen kann ich aber von meinem Standpunkt al« Handwerker au» nicht gutheißen. In vielen Fällen wird eine Mehrheit nicht zu erzielen sein, in andern wird sie von vornherein gegeben sein, nur vereinzelt« Handwerker werden gegen die Zwangsinnung >cin. Nur von der obligatorischen Zwangsinnung kann ich mir Abhilfe versprechen. Meinen Beifall findet die Vorlage vor allem in den Abschnitten über die Handwerkerkammern, di« JnnungSausschüsse und das Lehrlingswesen. Die Einführung der Handwerker kammern und die Bestimmungen über daS LehrlingS- tvesen sind für mich von so großer Bedeutung, daß ich auch trotz der fehlenden Zwangsinnungen die Vorlage nicht zum Scheitern bringen kann. Ich stimme für sie aber, ohne auf die weitergehcndcu' Forderungen der Zwang? innungen und des Befähi gungsnachweises zu verzichten. Abg. Vielhabcn (Äntis.) bedauert ebenfalls, daß das Haus bei einer der wichtigsten wirtschaft lichen Fragen so schwach besetzt sei, um so mehr, als der Reichstag in seiner Zusammensetzung der draußen herrschenden Strömung nicht entspreche. Unter Hin weis aus die letzte Berussstatistik sucht darin Redner nachzuweisen, daß der Mittel- und insbesondere der Handwerkerstand im Rückgang begriffen sei und seit 1882, der ersten Berussstatistik, etwa eine halbe Million selbständige Handwerker „weggcwischt" er schienen. Da sei eS Aufgabe der Gesetzgebung, «in- zuschreiten. Abg. Benoit (ft. Vgg.l warnt davor, zu große Hoffnungen auf die Organisation zu setzen. Das Handwerk müsse sich selbst Helsen, und man könne höchstens seine Bestrebungen auf bessere Ausbil dung, aus Verbesserung der Technik, aus Nutzbar machung von Maschinen auch für den kleinen Hand- werlsbetrieb unterstützen. Damit nütze mau dem Handwerk niehr als mit dem Jnnungszwang und dem Befähigungsnachweis. Abg. Beckh (ft. Vp.) ist mit der Errichtung von Haudwerkerkammern jetzt einverstanden, nach dem er sich früher gegen dieselben erklärt. Auch mit den Bestimmungen über das LehrliugSwesen sei er iui wesentlichen einverstanden, erkläre sich aber.gegen Zwangsinnungen. Abg. ReißhauS (soz.) behauptet, die große Mehrzahl der deutschen Handwerker sei von der Vor lage nicht im geringsten erbaut. In der Zwangs organisation sehe mau nur ein Mittel der Neuküon, um die Handwerker gefügiger zu mache». Tie I üreaukratiiche Organisation der Innungen, die AussichlSdefugnisse der Verwaltungsbehörden könnten dieselben den Handwerkern nicht schmackhafter machen, vor allem würden die Gesellen in jeder Weise be vormundet werden. Auch für ihre Fortbildung solle möglichst wenig geschehen, denn man hoffe dann, in den Gesellen gefügigere Werkzeuge zu haben. Seine Freunde könnten für eine solche Vorlage nicht stimmen. Nach weiterer unwesentlicher Debatte wird die Diskussion geschlossen und die Vorlage an die mit der Vorberatung des Handwerkerkammergesetzes be traute Kommission verwiesm. tztreutzlschkr xanvlag. In Fortsetzung der zweiten Etatsberatung erledigte das Abgeordnetenhaus am Mittwoch die Besoldungs- verbesserungsvorlagc ganz »ach den Beschlüssen der Kommission unter Ablehnung aller Abänderungs anträge. Eine längere Debatte entstand noch über die Gehaltsaufbesserung der Lehrer an höheren Schulen, wobei Abg. Wetekamp eine allgemeine Regulierung der Gehälter empfahl. Auch die von ' der Kommission vorgeschlagenen Resolutionen wurden angenommen. Am Donnerstag kamen im Abgeordnetenhaus« bei der fortgesetzten zweiten Etatsberatung zunächst die Etats der Staatsarchive und der Zentralgenossen- schastskasse zur Erledigung. Im zweiten Teile der Sitzung wurden sodann in zweiter Lesung die ersten 14 Paragraphen der neuen Städte-Ordnung für die Provinz Hessen-Nassau erledigt. Leidenschaft und Liebe. 16) Roman von C- Belmar. IFonsesung.I Als Konrad Melitta so dafitzen sah an der Seite ihres Mannes mit sanftgeröteten Wangen, ein seliges Lächeln auf den Lippen, gedachte er un willkürlich jener Szene im Walde, da sie ihn mit heißem Flehen bestürmt, sie vom Lindenhofe fortzubringen; fort, wie hatte fie sich von der Heimat weggcschnt, und doch hatte fie nun dort ihr höchstes Glück gefunden! Nachdem man genug geplaudert, ging eS zum Professor; der alte Herr und seine Frau hatten große Freude, Melitta wiederzusehen. „Freilich mit der Künstlerin ist's nun aus," meinte der Professor mit einem halb unter drückten Seufzer — „schade, schade, Sie hätten es weit gebracht! Nun, den besten Teil haben Sie doch erwählt, ein glückliches Familienleben wiegt allen Beifall der Welt auf. Über morgen müssen die Herrschaften zu unS kommen; ich gebe eine kleine musikalische Soiree, lauter Kapazitäten. — Sie werden mir eine Freude durch keine abschlägige Antwort verderben wollen?" Melitta sah ihren Gatten bittend an; dieser beeilte sich zuzusagen, und auch Konrad versprach zu kommen — arme Melitta, fie ahnte nicht, welch' unwillkommene Ueberraschung ihrer am nächsten Abend harrte! — Zur festgesetzten Stunde fand sich das Volk- mannsche Ehepaar mit Konrad pünktlich ein; eS waren schon fast alle Gäste versammel«, eine ge wählte Gesellschaft, einige Musikliebhaber und ausübende Künstler, welche sich des besten Rufes erstellten. Melitta war heiter und voll Leben ; fie fühlte sich glücklich an der Seite ihres Gatten, und dieses Glück leuchtete aus ihren Blicken, die ! sie mit unverhohlener Zärtlichkeit auf Volkmann ruhen ließ. In den Produkttonen war eine kleine Pause eingetreten. Melitta stand an Konrads Seite in der Mitte des Salons und blickte lächelnd nach ihrem Gatten hinüber, welcher der Frau des Hauses einige Artigkeiten sagte, als die Thür plötzlich geöffnet wurde und an der Hand des Professors — Cornaro hereintrat. „Eine angenehme Ueberraschung," rief fröh lich der alte Herr — „eine ebenso angenehme, als unerwartete Ueberraschung," wiederholte er, während sich die Bekannten deS Künstlers zu diesem drängten, um ihm die Hand zu schütteln und zu fragen, waS er denn so lange in Paris getrieben. Cornaro gab lächelnd Antwort, verbeugte sich, erwiderte die Händedrücke und ließ seine Blicke forschend umherschweifen. Mit Mühe unterdrückte er einen Ausdruck des Erstaunens auf seinen Lippen. Wachte er, träumte er, oder stand die „Kleine" wirklich da vor ihm in ihrer holden Anmut und Lieblichkeit, die glänzendsten Pariser Damen übertreffend? Wie hatte ein kurzes Jahr daS Kind so zu verändern ver mocht? Melitta trug ein blaßgelbeS Kleid aus feinem duftigen Stoffe. Die halbweiten Aermel ließen den schön geförmten Arm sehen, in dem reichen, goldbraunen Haar barg sich ein Strauß dunkel roter Nelken, während einige dieser Blüten den Busen schmückten. Kein Schmuck, keine Ueber- ladung von Spitzen und Falbeln und doch sah fie so schön, so vornehm aus in dieser reizenden Einfachheit, die so gut zu ihrer Jugend, zu ihrer Lieblichkeit paßte. Melitta hatte das Eintreten der beiden Herren kaum beachtet; erst die Ausrufungen und lebhaften Begrüßungen ließen fie ihre Blicke dem Eingetretenen zuwenden; das Wort erstarb auf ihren Lippen, eine Totenblässe überzog ihr Ant litz, als fie Cornaro erblickte. Mt krampfhafter Hast faßte fie Konrads Arm. „Bring' mich weg von hier," keuchte fie mühsam. Wellendorf sah fie bestürzt an. „Melitta, was fehlt dir?" „Nichts, nichts, ich möchte fort." ES war zu spät. „Der Künstler war direkt auf Melitta zugcgangen, um ihr mit einer tiefen Verbeugung zu sagen, wie sehr er sich freue, sie wiederzusehen. Am ganzen Körper bebend, hörte ihn die junge Frau an; fie hielt KonrabS Arm fest um klammert, als wollte fie Schutz und Hilfe bei ihm suchen vor dem Manne mit den trüge rischen Worten und dem falschen Herzen. Eine unbeschreibliche Angst erfüllte ihr Inneres. Ihr Gatte, der Mann, zu dem fie mit der innigsten Verehrung cmporsah, und dieser treulose Mensch miteinander im selben Raume, dieselbe Lust atmend, vielleicht im nächsten Moment einander die Hand drückend, eS war zu viel, zu viel. „Hat Sie die Ueberraschung stumm gemacht?" fragte lachend der Professor. „Haben Sie allein kein freundlich Wort für unscrn Künstler?" Melitta raffte sich gewaltsam aus ihrer Er starrung empor, mit halblauter Stimme mur melte fie einige Worte, deren Sinn fie selbst kaum verstand. Cornaro hörte ihr lächelnd zu, während seine Augen bewundernd auf der reizenden Gestalt ruhten — ja, fie war schön geworden, wirklich schön geworden, die kindische Kleine, die ihm bei ihrer letzten Zusammenkunft so viel vorgeweint. Er machte ihr eine tiefe Verneigung und schritt weiter. „Der Roman ist noch nicht zu Ende," dachte er bei sich. Auch Volkmann hatte den Künstler bemerkt. „Cornaro, einer der besten Violinspieler," ver setzte die Professorin auf seine Frage. „Ihre Frau Gemahlin kennt ihn auch, fie hat mit ihm zusammen gespielt bei ihrem ersten Konzerte. Beide haben damals Triumphe gefeiert." VolkmannS Stirn umdüstcrte sich. ES war ihm peinlich, den Namen eines ManneS mit demjenigen seiner Frau in Verbindung zu hören. Melitta war seine erste- einzige Liebe; von Natur aus ernsten Sinnes, hat er sich immer nur mit seinen Studien und Arbeiten beschäftigt und Damengesellschaft, wenn, auch nicht gerade gemieden, so doch auch nie gesucht. Ruhig und kalten Herzens war er seinetBahn gewandelt, bis ihm die liebliche MSdchen»scheinung in den Weg trat. Wie ein Blitzstrahl vom Himmel kam der zündende Funke in Volkmanntz Herz, Melitta sehen und lieben war fast «im — und diese Liebe wurde täglich stärker, täglich inniger, er hätte die größten Opfer bringen mögen, nm sich
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