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Auerthal-Zeitung : 19.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189703197
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18970319
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18970319
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-19
-
Monat
1897-03
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 19.03.1897
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»Efchr K»dfch«ir. »«ttschl«». *Der Kaiser wohnte am Dienstag der feierlichen Uebergabe der dem 2. Garde-Dra- goner-Regiment von der Zarin geschenkten Mernen Keffelpauken bei. (Die Zarm ist Lhef de» Regiment».) «lieberda» Eutlafsung»gesuch, da» der Marine-StaatSsekretär Sollmann wegen der Streichungen der Budgetkommisfion ein gereicht haben soll, war bl» Dienst« noch nichts entschieden, wenigstens war die Entschei dung des Kaisers nicht bekannt geworden. «Auch Graf Laprivi hat die Einladung zur Hundertjahrfeier mit Rücksicht auf sein Befinden ablehnen müssen. «Ein Auslieferungs-Vertrag zwischen dem Deutschen Reiche und den Nieder landen ist dem Reichstage zugegangen. Bis her waren solche AuSlieferunaSverträge nur ab- geschloffen zwischen den Niederlanden und einzelnen deutschen Staaten. Der preußische Vertrag datierte von 1850 nebst Zusätzen von 1867. Der neue Vertrag zählt die gemeinen Strafthaten auf, derentwegen die Auslieserung stattfinden soll. Ausdrücklich ist die Verfolgung wegen politischer Strafthaten und die Auslieferung wegen anderer als der angeführten gemeinen strafbaren Handlungm ausgeschlossen. « ES hat den Anschein, als wenn man, trotz aller möglichen Zwischenfälle, doch mit einem längeren Zusammensein deS Reichstags rechnet, und der Schluß der Session nicht vor Pfingsten zu erwarten steht. Die Handwerkervorlage wird nicht uner ledigt bleiben können und jedenfalls viel Zeit in Anspruch nehmen, obwohl eS mehr ÄS fraglich bleibt, ob der Entwurf auch Gesetz wird. Außer dem wird in offiziöser Form ausdrücklich be tont, daß die Reichsregierung auf die baldige Durchberatung der Vorlage über Erhöhung von Beamtenbesoldungen besonderen Wert lege, die Verabschiedung noch in dieser Session zu stände gebracht zu sehen wünsche und daß „an maß gebender Stelle von einer Rückstellung der Be ratung bis zum Herbst" nichts bekannt sei. * Die ,Nordd. Allg. Ztg.' hat die Hoffnung, daß der Reichstag bezüglich derMarine - forderungen günstiger als die Budgetkom- misfion stimmen wird, noch nicht aufgeqeben. Das Blatt schreibt: „Die Finanzlage ist doch gerade jetzt so günstig, daß erwartet werden darf, der Reichstag werde die finanziellen Be denken der Kommissionsmehrheit nicht teilen, wozu ihn schon der Umstand bewegen sollte, daß während der ganzen AmtSdauer deS jetzigen Reichskanzlers von Steuererhöhungen irgend welcher Art nicht die Rede gewesen ist und auch die für die Marine geforderten Beträge ohne be sondere finanzielle Maßnahmen bereitgestellt werden können." «Die Handwerkervorlage ist dem Reichstag nunmehr zugegangen. Danach ist durch die höhere Verwaltungsbehörde auf Antrag Beteiligter anzuordnen, daß innerhalb eines be stimmten Bezirks sämtliche Gewerbetreibende, welche daS gleiche Handwerk oder verwandte Handwerke ausüben, einer neu zu errichtenden Innung lZwangsinnung) als Mitglieder anzu gehören haben, wenn: 1) die Mehrheit der be teiligten Gewerbetreibenden der Einführung des Beitrittszwanges zustimmt, 2) der Bezirk der Innung so abgegrenzt ist, daß kein Mitglied durch die Entfernung seines Wohnort? vom Sitze der Innung behindert wird, am Genossenschafts leben teilzunehmen und die Jnnungseinrichtungen zu benutzen, und 3) die Zahl der im Bezirke vorhandenen beteiligten Handwerker zur Bildung einer leistungsfähigen Innung ausreicht. * Zu der Errichtung einer thüringischen Lotterie hat der sachsen-weimarische Landtag in einer geheimen Sitzung seine Zustimmung mit allen gegen 3 Stimmen ge geben. Wie verlautet, find jedoch nicht alle thüringischen Staaten bei der neuen Staats lotterie beteiligt, doch dürften sie im Laufe der Zeit fich sämtlich anschließen, auch Anhalt sich vielleicht beteiligen. Oesterreich-Ungarn. «Für den österreichischen Reichs rat haben die Wahlen auf Grund des all ¬ gemeinen Stimmrechte» bisher eiAeben die Wahl von 12 Sozialdemokraten, 11 Jung tschechen, V Chrtftlich-Sozialen, S Deutsch-Kleri- kalen, S Polen, 3 Slowenen, 3 Ruthenen, zwei Deutsch-Liberalen, 2 Italienisch-Liberalen, zwei Kroaten, 2 Polnisch-Radikalen, und je emem Deutsch - Bolkltchen, Schönerianer, polnischen VolkSpartetler, Anhänger Stojalowski», Jung- Rumänen und Italienisch-Klerikalen. Frankreich, «DiePatrtotenligasoll laut Beschluß von Ausschuß und Direktion unter dem alten Namen („Ligue des PatrioteS") Wied« zu neuem Leben erstehen. Holl «ad. «Die Transvaal-Republik hat einen schmerzlichen Verlust erlitten. D« auch in Berlin beglaubigte Gesandte in den Nieder landen, BeelaertS van Blockland, wurde am Sonntag im Haag während deS Gottesdienstes von emem Schlaganfalle bettoffen, dem « noch im Laufe des TageS «legen ist. «pauiea. «Die Königin - Regentin weigerte fich, die Abberufung de» Generals Polavieja von den Philippinen zu unterzeichnen. ES gehen Gerüchte über eine KrisrS. Die Re gierung telegraphierte dem General Polavieja, « dürfe angesichts seines Gesundheitszustandes zurücktreten. Der General antwortete soeben, er werde unverzüglich üb« seinen Gesundheits zustand berichten. Man glaubt, daß die Lage »es Kabinetts CanovaS del Castillo gefährdet sei. valkauttaatea. «Die Proklamierung d« Autonomie für Kreta, eine gemeinsame Okku pation d« Insel durch verstärkte Truppen- detachementS der Mächte, die strenge Blockade aller kretischen H äsen steht unmittelbar bevor, falls die griechischen Streit kräfte aus der Insel nicht sofort zurück gezogen werden. Eine effektive Blockade gegen Häfen deS Königreichs würde, falls nötig, von den Admiralen verhängt wer den: das find die Beschlüsse Europas, wie sie am Montag in der französischen Deputierten kammer mitgeteilt wurden, und die Deputierten kammer HÄ das Kabinett ermächtigt, diese Be schlüsse mit durchführen zu helfen. ES scheint, daß die vorläufige Aufschiebung d« Blockade des Piräus ein Zugeständnis an englische Wünsche gewesen ist. «EinschrecklicherUnglückSfall be gleitete den Anfang der ernsten Maßregeln gegen Griechenland. Auf dem russischen Panzer schiff „Sessoj Weliki" erfolgte Montag nach mittag 2 Uhr, zwischen Retimo und der Suda- bai, bei ein« Schießübung eine furchtbare Explosion. Der letzte Schuß sollte abge geben werden; daS Geschoß wurde in das Ge schütz des Panzerturms eingesetzt; in demselben Augenblick erfolgte die Explosion und die Be dachung des Panzerturms im Gewicht von 6000 Kilogramm flog in die Luft. Die eine Hälfte fiel ins Meer, die andere flog über die Laufbrücke hinweg auf die Kommandobrücke. Es wurden von der Besatzung 1 Offizier und 13 Mann getötet sowie 1 Offizier und 16 Mann verwundet. «Die Lage auf Kreta ist allerdings schlimm und wirr : sie schreit nach Abhilfe. Im Westen und im Osten wird gekämpft; gemordet und geplündert wird fast unter den Augen der europäischen Streitkräfte. Es liegen zahlreiche kleine Einzelberichte vor, die — je nach ihrer Quelle — bald die Türken, bald die Christen als die Bedrängten hinstellen. «Antürkischen Streitkräften find bisher 72 Bataillone Infanterie, 6 Regimenter Kavallerie und 20 Batterien an der griechisch - türkischen Grenze zusammengezogen. Eine große Menge von Pferden wird täglich von Salonichi an die Grenze gesandt. «In den slawischen Teilen der Balkanhalb insel soll die Aufregung im Wachsen begriffen i sein. Nach Berichten, die der serbischen Regie- I Ar» de« Reichstage. Der Reichstag hielt am Montag eine nur halb stündige Sitzung ab. Debattelos wurde in dritter Lesung die Vorlage betr. die Verwendung über schüssiger Einnahmen de» Jahres 1897/98 ange nommen und dann ohne jede Erörterung eine An zahl Petitionen erledigt. Am 16. d. steht zunächst zur Beratung die erste Lesung des Auslieferungs-Verträge« zwischen dem DeutschenReich und den Niederlanden. Abg. Svahn (Zentr.) erklärt, daß sein« Partei eine Kommissionsberatung für überflüssig hält, und bittet um Genehmigung de« Vertrage« sofort im Plenum. Abg. v. Marquardsen (nat.-lib.) begrüßt e« mit Freuden, daß der Vertrag in deutscher und holländischer Sprache abgefaßt ist, während sonst die französische Sprache bei solchen Verträgen üblich sei. Dies sei ein erfreuliches Zeichen der Stammes- gemeinschaft. Auch er empfehle von Kommissions beratung abzuschen. Abg. ». Buchka (kons.) schließt fich den Aus führungen deS Abg. Spahn an. Hiermit ist die erste Beratung beendet. — Die zweite Lesung findet sofort im Plenum statt. Der Vertrag wird ohne Debatte auch in zweiter Lesung angenommen. ES folgt dir erste Beratung de« AuS- wanderungSgesetzeS. Direktor im Auswärtigen Amte Geheimrat Reichardt verweist auf die ausführliche Be gründung, welche der Vorlage beigegeben, und bittet nm Annahme derselben. Sie richte fich nicht gegen die Auswanderung alS solche, sondern gegen die Mißbräuche, die für den Staat und seine Ange hörigen aus der Verleitung zur Auswanderung ent stehen könnten. Sie lehne sich also an die sozial politische Gesetzgebung an. Eine Richtung gegen jene Mißbräuche solle dadurch geboten werden, daß die Betreibung der Auswanderung von einer Kon zession abhängig gemacht wird, deren Erteilung an bestimmte Voraussetzungen geknüpft wird. ES wird ferner eine Zentralstelle für daS AuSwanderungs- wesen geschaffen, durch welche die Handhabung des Gesetzes wesentlich gefördert werden solle. Es solle staat liche Fürsorge für verläßliche Auskunftserteilung an SluSwanderungSlustige getroffen werden. Die Wünsche auf Hinlenkung der Auswanderung nach den Schutz gebieten hätten eine eingehende Prüfung erfahren, aber es sei nicht anzunehmen, daß die Schutzgebiete in naher Zukunft ein geeignete» Terrain für eine Auswanderung in größerem Maßstabe werden könnten. Abg. Hasse (nat.-lib.) beantragt die Verweisung des Entwurfs an eine Kommission von 21 Mit gliedern. Die Vorlage werde allerdings viele Ent täuschungen bereiten, aber sie trage doch den ge gebenen Verhältnissen Rechnung. Vor allem begrüße er eS, daß der Entwurf der alldeutschen Bewegung Rechnung trage, daß das Interesse des Reiches für den ReichSbüracr nicht anfhören solle, wenn er die Grenzen des Reiches verlasse. Er sei aber auch er freut, daß man die Kolonialbewegung ebenfalls be rücksichtigt habe. Zur Förderung dieser hätte es sicher beigetragen, wenn wir bereits seither ein Aus- wanderungsgesetz gehabt hätten. Nach allen Er fahrungen, die man mit den, Auswanderungswesen gemacht habe, müsse er eS für durchaus berechtigt erklären, daß die Vermittelung der Auswanderung an eine Konzession geknüpft werde. Er hätte aber auch gewünscht, daß nach anderer Seite die Vorlage weiter gegangen wäre, daß sie auch die Regelung der Rechte und Pflichten derjenigen Personen um faßt hätte, welche auSgewandert sind, den Verlust der Reichsangehörigkeit, die Erleichterung der Ab leistung der Wehrpflicht. Nicht weit genug scheine ihm auch die Fürsorge für die Auswanderer in den AuSwanderungSgebieten selbst zu gehen. Abg. Svahn (Zentr.) erklärt sich mit der Ver weisung an eine Kommission von 21 Mitgliedern einverstanden, weist aber darauf hin, daß im AuS- > rung au» Sltserbien zuaeganaen find, plünderten Arnautenbandrn fünf Dorf«, ein «lost« und äscherten zwei Dörfer ein. Afrika. «Deräusammenschlllß derTrau»« vaalrepublik mit dem Oranje-Frei staat kommt- der englischen Politik wenig ge legen. Da» zeigt fich in einer Meldung de» offiziösen ,Reut. Bür/. Danach wäre in den Verhandlungen wegen eine» engeren Zusammen schluffe» zwffchen der südafrikanischen Republik und dem Oranje-Freistaat vollständige Stockung eingctreten, weil die Delegierten de» letzt«en die Forderungen der südafrikanischen Republik für übertrieben halten. (Der Wunsch scheint hi« der Bat« deS Gedankens zu sein.) lande vielfach Gesetz« «schaffen worden find, welche der deutschen Auswanderung Hindernisse bereiten. Abg. v. Buchka (konfi) begrüßt die Vorlage al» einen Fortschritt, da sie Verbesserungen gegen- über dm gesetzlichen Vorschriften der Einzelstaaten enchalte, schließt fich ab« de« Antrag auf kom missarisch« Beratung an. ' Abg. Frese (fr. Bgg.) bemängelt vor alle» di« Beftimamngen üb« die KonzesfionSerteilung. Die Bestimmung, daß die Konzession jeder Zeit wider rufen werdm könne, sei zu hart. Vielfach laufe der Entwurf auf eine Erschwerung der Auswanderung hinaus, waS zugleich eine Beschränkung der Frei- zügigkeit bedeute. Abg. B arth lfr. Bgg.): Dm größte» Fehl« de» Entwurf» müsse er darin sehen, daß aarnicht gesagt werde, w« al» Auswanderer an,«sehen ist. Man könne al» solchen doch nicht jeden betrachten, der eine Reise in» Ausland antritt. ES trete hier derselbe Mangel hervor, wie beim Börsmgesetz, wo e» auch an ttner Definition für dm Begriff Börse gefehlt habe. Abg. Först er-Neustettin (Antis.) begrüßt namm» seiner Freunde die Einbringung de» Ent wurf» und bedauert nur, daß er so spät vorgclegt worden sei. Die Bedenken der Vorredner seien nicht schwerwiegend. Wer als Auswanderer anzusehen, könne die Kommission leicht festsetzm. Daß die Auswan derung nach bestimmten Gebieten von der Zentral stelle empfohlen würde, halte er für durchaus be rechtigt. Man müsse die deutsche Auswanderung gerade immer mehr von Nordamerika wegleiten, denn dort gehe unseren Landsleute» da« Deutschtum leider sehr bald verloren, währmd e« in Südbrafilien er halten bleib«, namentlich gerade dann, wenn ein größerer Strom von Deutschen dorthin geleitet würde Mit der Verweisung der Vorlage an eine Kommission sei er einverstanden. Direktor im Auswärtigen Amt Geh. - Rat Reichardt behält sich nähere« Eingehen aus die gegen dm Entwurf gemachten Einwände für die KommissionSbcratung vor, stellt aber heute bereits fest, daß die ausländischen Gesellschaften durch den Entwurf garnicht ausgeschlossen nnd ebensowenig ein Monopol der deutschen SchiffSgesellschastcn an gestrebt werden solle. Damit schließt die Diskussion. — Die Vorlage geht an eine Kommission von 21 Mitglied««. Am Montag «ledigte da» Abgeordnetenhaus dm Etat der Eisenbahnverwaltung m zweit« Lesung. ES wurden nur lokale Wünsche üb« neue Bahn- hosSanlagen, Anlage neu« Eisenbahnlinim re. vor getragen. Weitere Beschwerden betrafen die Heran ziehung d« Interessenten zu Beiträgen für die An lage neu« Haltestellen. Minister Thielen erklärte, an d« Praxis seines AmtSvorgängerS sesthaltcn zu müssen, die Interessenten stet» zu Beiträgen heran zuziehen. Im Abgeordnetenhaus« begann am Dienstag die Beratung de« Etats des Handelsministeriums. Bein, Ausgabetitel „Ministergehalt" wiederholte Abg. Gras Schwerin-Löwitz seine Anklagen gegen die Stettiner Börse. Abg. Brömel entgegnete, daß die Eingabe d« Pommerschen LandwirtschaftSkammer eine direkte Beleidigung d« Stettin« Kaufmannschaft enthalte. Gras Kanitz verlangte ein schärft» Vorgehen de» Ministers gegen die „wilden Börsen". Minister Brefeltz «klärte, die Berichte d« Oberpräfidentm seien noch nicht eingegangen. Im übrigen empfahl er den Weg der Verständigung. D-« Mich «Ad Fer». Kiel. Im Kaiser Wilhelmkanal ereignete fich wieder ein SchiffSunfall. Das auf der Fahrt von Hamburg nach Faaborg in Däne- mark befindliche Schiff „Anna", welches mit Mais beladen war, sprang im Kanal leck und begann zu finken. Es gelang, das lecke Schiff auS dem Fahrwasser zu bringen, worauf es in dem anliegenden Mekelsee versank. Die Kanal passage erleidet demnach keine Störung. Bremen. Der „Norddeutsche Lloyd" er höhte die Zwischendecksfahrpreise nach New Bork für Schnelldampfer auf 160 Mk., für Post dampf« auf 150 Mk. Die Preisfestsetzung tritt am 18. März in Kraft. Stettin. Den drei infolge deS Unfalls auf d« „Brandenburg" im vorigen Jahre verurteilten Beamten des „Vulkan" in Stettin, Schubert, Nicolai und Freyberg, ist auf dem Gnadenwege die Gefängnisstrafe in Festungshaft umgewan- delt worden. Elberfeld. Gegen den deS Meineids ver dächtigen Bürgermeister Hüsgen zu Radevorm wald ist ein Haftbefehl erlassen worden. Der Bürgermeister befindet fich gegenwärtig „auf Reisen". Leidenschaft und Liebe. l Sj Roman von E. Belm ar. eSorisk,un«.> „Jetzt haben Sie einen unserer ersten Violinkünstler gesehen," sagte lächelnd der Pro fessor zu ihr; „Herr Cornaro ist ein ehemaliger Schüler uns«« Anstalt. Er hat eine Tournee durch Frankreich und Italien gemacht und ge denk jetzt fich einige Zeit hier in seiner Vater stadt aufzuhalten. Wollen Sie ihn spielen hören? Er gibt heute ein Konzert; ich habe gerade noch zwei Karten übrig; wollen Sie die selben ?" „O Herr Professor!" sagte sie und faltete bittend die Hände. Der Professor lachte. „Sie sollen die Karten haben. Doch nun anS Studieren!" Sie wußte selbst nicht, wie eS kam, sie hatte heute besser wie sonst gespielt und doch war sie eine Zett sehr nachlässig in ihren Studien ge wesen, sie nahm fich aber nun fest vor, mit eisernem Fleiße zu lernen und zu üben, um recht bald eine Künstlerin zu werden. Sie wollte ihm gleich stehen, sie wollte ihm in ihr« Kunst ebenbürtig werden, « sollte nicht auf sie hcrabsehen können! Sie ließ die Hände vom Gesicht finken und begann ihre Toilette. Noch nie hatte sie so viele Sorgfalt auf ihre äußere Erscheinung ver wendet al» gerade heute, und auch die Doktorin meinte, Melma sähe „brillant" auS. Das junge Mädchen lächelte trübe bei diesen Worten. „Ich bin nicht schön," sagte sie leise für fich, „und er? — wie vielen schönen Frauen wird er schon begegnet sein?" Sie sah ihn im Konzertsaal wieder. Seine hohe, geschmeidige Gestalt «schien sogar im schwarzen Fracke schön, das hellbraune Haar legte sich in schweren Wellen auf die weiße, scharf gemeißelte Stirn; die dunklen Angen blitzten in wahrhaft dämonischer Glut. „Eine für Frauen sehr gefährliche ManneS- schönheit," hörte Melitta hinter fich einen alten Herrn zu sein« Nachbarin sagen, eine dunkle Röte flog beim Anhören dieser Worte über ihr Gesicht, sie warf einen flüchtigen Blick nach rückwärts. Hinter ihr saß Minna Hellbronn, die jetzige Baronin von Königsegg. Das junge Mädchen wandte sofort den Blick ab. Im selben Moment setzte Cornaro den Bogen an. Voll und klar drang dn süße Ton deS Instruments durch den Saal; eine einfache Melodie war eS, die da von Meisterhand ge spielt wurde und dann mit sanften, traurigen Moll-Akkorden schloß, die fich mit einem Male in kühne, glänzende Passagen und Läufe auf lösten, auS deren wildem Chao» heraus immer wird« die sanfte Melodie erklang — mit einem kurzen, scharfen Akkord, gleich einem Schmerzens schrei, schloß der Künstler. Einige Sekunden lang blieb alle» unbeweg lich. Dann brach ein wahr« Beifallssturm los. Melitta saß betäubt da; in ihren Augen perlten Thränen — so schön, so meisterhaft hatte sie noch nie spielen gehört! „Ein doppelt gefährlich« Mann," sagte d« schwatzhafte alte Herr hint« Melitta zu sein« Nachbarin. „Er fesselt Äug' und Ohr mit un widerstehlich« Gewalt." Minna lachte. „Sie, Frau Baronin, besitzen kein Herz, die Liebe kann Ihnen nichts anhaben." Mnna klappte ihren kostbaren Fächer etwas hastig zu. „Ich will nicht sagen, daß ick kein Her besitze," versetzte sie langsam, „es liegt nur er starrt im Winterschlaf und wird wohl nie wieder -um Leben erweckt werden." Der alte Graf stieß einen affektierten Seufzer aus. „Wenn ich noch um einige Jahrzehnte jünger wäre!" „Genug, genug davon," sagte die Baronin abwehrend, „Sie find mir als Freund lieb und wert „Und damit gut," lachte d« Graf. „Sie find grausam, Baronin, — ab« ich möchte mir dennoch gerne einen freundlichen Blick auS Ihren schönen Augen vndienen, soll ich Ihnen den Künstler vorstellen?" „Sie kennen den jungen Mann?" fragte Mnna nachlässig. „Genug, um ibn in Ihren Salon einführen zu können, da» heißt, wenn Sie mir Ihre Er laubnis dazu geben." „Bringen Sie ihn immerhin. Ein Künstler bleibt stets eine interessant« Persönlichkeit," meinte die Baronin leichthin. „Doch nun heißt'S genug geplaudert, wir haben dabei fast die ganze Arie überhört." Dieses Gespräch wurde geführt, während eine junge Dame eine Arie auS dem „Troubadour" mit eben so viel Gefühl al» tremolierend« Stimme vorttug. Melitta verlor kein Wort von dem Gespräche hinter sich. Wie beneidete sie Minna in diesem Augenblicke! Sie konnte Cornaro in ihrem Hause empfangen, ihn sehen, ihn sprechen, viel leicht täglich mit ihm Verkehren — „und ich, ich wewe ihn wohl nie Wiedersehen," flüsterte sie fast lautlos vor fich hin. „Fehlt Ihnen etwas, lieber Kind?" fragte die Doktorin besorgt, „Sie sind plötzlich so bleich geworden." „O nein, eS ist nichts," antwortete Melitta hastig, „finden Sie nicht auch, daß Cornaro wunderschön spielt?" Die Doktorin nickte stumm, denn eben trat d« Künstler wieder vor das Auditorium. Von neuem schwelgte Melitta in dem zauberhaften Spiel dieses ManneS; sie war der Wirklichkeit ganz entrückt, e» war ihr, ÄS befinde fich in dem weiten Raum kein and«« Mensch ÄS er, sie sah nur ihn, sie hörte nur ihn; mit jubeln dem Entzücken flog ihm ihre Seele zu, Konrad, Onkel OSkar, alle waren vergefsen, für sie gab eS nur einen und dies« eine war der Künstler Comaro. Mit fliegenden Pulsen und pochendem Herren ging sie nach beendetem Konzerte mit d« Dokorin heim; die süßen Melodien, die « ge spielt, klangen unaufhörlich in ihrer Seele nach und ihre bebenden Lippen wiederholten die Worte: „Ich will ihm gleichftehen, « soll nicht auf mich herabblicken können." Seit dieser Zeit lernte Melitta mit dem ange strengtesten Fleiße; sie gönnte fich weder Rast noch Ruhe und überholte alle anderen. Trotz de» außerordentlichen Erfolge» seine»
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