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Auerthal-Zeitung : 14.03.1897
- Erscheinungsdatum
- 1897-03-14
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189703145
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18970314
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18970314
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1897
-
Monat
1897-03
- Tag 1897-03-14
-
Monat
1897-03
-
Jahr
1897
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 14.03.1897
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Dslttischr Umlvfch«. Le«tschl«». ^Berliner Blätter wissen Ml melden, daß d« Marine»Staatssekretär v. Hollmann am vergangenen Freitag sein Entlassungs gesuch eingereicht habe, da» indessen vom Kaiser abgelehnt worden sei. "Zur Kreta-Frage erhält die ,Nordd. Allg. Ztg.' aus Men von gut informierter Seite die Nachricht, daß die Admirale der bei Kreta versammelten Schiffe der Großmächte zur Zwangsaktion gegen Griechenland bereit find, sobald die entsprechende Instruktion der Mächte an sie erfolgt, was in kurzem erwartet wird. Vorerst dürfte wahrscheinlich eine Flotten- demonstration erfolgen. Falls wider Er warte diese vergeblich sein sollte, würden die weiteren bekannten ZwangSmaßregeln eintreten und die griechische Flottille nach dem Hasen von MiloS bugsiert werden, wo wenige Torpedo boote der Großmächte genügen würden, um sie in Schach zu halten. * Der Prinz-Regent von Bayern begibt sich am 20. d. von München nach Berlin zur Teilnahme an der Hundertjahrfeier. *DaS Befinden des Staatssekretärs Dr. v. Stephan gibt zur Zeit nicht der Hoffnung Raum, daß eine baldige Genesung bevorstchc. ES hat sich bei dem Kranken Schlaf osigkeit eingestellt, womit eine Kräfte- Abnahme verbunden ist, zu deren Hebung einige Zeit vergehen dürfte. *Die zwcise Lesung deS neuen Han delsgesetzbuchs in der Kommission deS Reichstags ist auf den 18. d. anlcraumt worden. * Die Handwerker-Vorlage wird voraussichtlich in wenigen Tagen an den Reichstag gelangen. Auch die Answande- rungsvorlage stand am Donnerstag auf der Tagesordnung der Bundcsratsfitzung, jedoch erwartet man ihre Verabschiedung durch die ver bündeten Regierungen nicht vor dem 18. d. * Bekanntlich wird im Reichs-VerficherungS- amt eine Statistik über die Ursachen der Invalidität bet denjenigen Personen, die in den Genuß der Invalidenrente eingetreten find, angefertigt. Man hatte gehofft, sie schon im letztvergangenen Jahre feriigzustellen. Wegen deS UmfangeS des vorliegenden Materials hat die Statistik indessen noch nicht zu Ende ge führt werden können. Jedoch ist sie soweit ge fördert, daß mit den Hauptzusammenstellungen begonnen werden konnte. *Als Beweis, wie sehr die Errichtung der preuß. Zentralkasse für Genossen schaften einem Bedürfnis entspreche, und wie sehr fie ihren Zweck, die genossenschaftliche Ent wickelung zu heben und zu fördern, erfülle, wird offiziös die Thatsache angeführt, daß die Kasse nach nicht voll anderthalbjährigem Bestehen bereits einen Jahresumsatz von 2 Milliarden Mark erreicht hat. Oesterreich-Ungar«. *Jn Wien find die sozialdemokra tischen Kandidaten sämtlich mit zu sammen 88 000 Stimmen unterlegen. Die gewählten 5 Antisemiten, darunter Vize bürgermeister Lueger, haben 115 000 Stimmen erhalten, die deutsch-fortschrittlichen Kandidaten dagegen nur 7000. Gewählt find am Mittwoch S Christlich soziale, 9 Deutjchnalionale, :r Sozial demokraten, 4 Tschechen, 1 Katholisch-Konser vativer ; außerdem ist eine Stichwahl in Brünn erforderlich. In den vier Wahlkreisen Nicdcr- Oesterreichs drangen ausschließlich die Christlich sozialen durch. Frankreich. * Frankreich will auch schon wieder seine Ri arinc vermehren. Im Senat erklärte der Marineminister Besnard, der Stand der Flotte sei gegenwärtig gut, oic Flotte brauche aber Verstärkungen, besonders im Norden. In anbetracht der Vermehrungen der fremden Flotten müsse das Programm von 1894 revi diert und erweitert werden. Die Regierung werde die nötigen Kredite beantragen, die Schiffsbau-Gesellschaften seien heute vollständig Transvaal und dem Oranje«Frei st aat zu verhandeln. gerüstet. General Laroque erklärte ferner die Umwandlung der Marine-Geschütze alten Modells in Schnellfeuer-Geschütze führe zu ausgezeichneten Ergebnissen. Mit diesen Ge schützen könnten mindestens fieben Schuß in der Minute abgegeben werden. Außerdem werde die Marine nächsten- über Geschütze starken Kaliber- verfügen, mit denen viermal so schnell gefeuert werden könne, al» mit den jetzt in Gebrauch befindlichen. Alle gegenwärtig be nutzten Geschütze seien ausgezeichnet. Nach seiner Uebcrzeugung seien die französischen Geschütze denen de» Auslandes überlegen. "SS scheint sich zu bestätigen, daß Alton dem Untersuchungsrichter Angaben über die Ver teilung von Panama-Geld an Parla mentarier gemacht hat. Wie verlautet, wird der Richter zunächst die Enthüllungen durch Ein ficht in die Geschäftsbücher der Banken, die nach ArtonS Mitteilungen mit der Auszahlung der Gelder beauftragt waren, nachprüfen, und dann soll von der Staatsanwaltschaft der An trag auf Genehmigung der gerichtlichen Verfolgung der beschuldigten Parlamentarier bei der Kammer und dem Senat eingebracht werden. Man glaubt, daß der wiederbelebte Panama-Skandal einen gewaltigen Umfang an nehmen wird. Schweiz. * In der Schweiz wird die Einführung der obligatorischen Kranken- und Unfall versicherung unter finanzieller Beihilfe deS Staates vorbereitet. Gvemim. "Was Cuba den Spaniern an Geld und Truppen noch daheim gelassen hat, verschlingt nun je länger, je mehr der Aufstand auf den Philippinen. ES ist dasselbe trostlose Schauspiel hier, wie dort. Martinez Campos und Weyler, Älernco und Polavieja — der Kehrreim ist bei allen: Mehr Truppen! Jetzt verlangt der letztere nach einer in Madrid ein gelaufenen Depesche aus Manila 20 Bataillone Verstärkung. Balkanstaaten. "Der europäisch-griechische Kon flikt befindet sich noch auf dem alten Punkte. Die Verhandlungen zwischen den Mächten über die Zwangsmaßregeln haben bisher zu keinem Ergebnis geführt. Aus Paris verlautet, man verhandle freundlich mit Griechenland und suche gewisse Mächte zu bestimmen, daß sic einen englisch-französischen Vorschlag annehmen, einen Teil der griechischen Truppen unter Oberst Vassos mit den Seesoldaten der Mächte an der Beruhigung Kretas Mitwirken zu lassen, wenn Griechenland die übrigen Truppen zurückziehe. Ein solcher Vorschlag würde aber auch keine Aussicht auf Annahme haben. — Die von den Aufständischen in Kandano belagerten Türken find von den Truppen der Großmächte ohne Kampf befreit worden, nachdem fie von den Aufständischen zuvor entwaffnet worden waren. »Trotz des Auftretens der Griechen wird von den leitenden Militärkrcisen der Türkei erklärt, daß einAngriffgegenGriechen- land nicht geplant werde. Der Ober befehlshaber an der Grenze, Edhem Pascha, habe den Befehl erhalten, fich streng in Ver teidigungsstellung zu halten, um keine Grenzverletzungen zu dulden. * Die gesamte Reserve Serbiens und beide Milizaufgebote find abteilungs weise zu je achttägigen Uebungen im Mär, und April einberufcn. Amerika »Der fünfte Weltpostkongreß wird in Washington am 5. Mai zusammentreten. Seit dem ersten, der 1874 in Bern zusammen trat, find 23 Jahre verflossen. Von den da maligen Chefs der Postverwaltungen, die den Weltpostverein ins Leben gerufen haben, find die meisten tot und nur noch ein einziger, der deutsche Generalpostmeister Staatssekretär von Stephan im Ami. Dieser hofft auch an den Washingtoner Beratungen teilnehmen zu können. Afrika. »Der Transvaalpräfident Krüger hat fich A«s dr« Keichstage. Im Reichstage wurde am Mittwoch der Antrag de» Aba. Grafen Schwerin-Löw tz (kons.) auf Beseiti gung der Zollkredite für Getreide und Mühlen fabrikate beraten und schließlich gegen die Stimmen der Freisinnigen und der Sozialdemokraten ange nommen. Der Antragsteller wir mehrere andere Freunde de» Anträge» setzten auseinander, daß die Zollkredite eine ungerechtfertigte Bevorzugung der Getreideimporteure und namentlich der Großmüller und eine Schädigung der Landwirtschaft und der Kleinmüller darstellten, wa» von freisinniger Seite bestritten wurde. Uebrigen» handelte e» sich in der Debatte hauptsächlich um einen Streit über die Prak tiken der Berliner Großmüller. Am 11. d. steht zur Beratung der nachstehende Antrag der Abgg. Auer u. Gen. (soz.): „Die verbündeten Negierungen zu ersuchen, dem Reichs tage bi» zur nächsten Session einen Gesetzentwurf vorzulegen, wodurch sämtliche landeSgesetzlichen Sonderbeftimmungen über die Rechtsverhältnisse der land- und forstwirtschaftlichen Arbeiter und de» Gesindes zu ihren Arbeitgebern brzw. zu ihrer Dienstherrschaft aufgehoben werden und an deren Stelle die Bestimmungen der Reich»-Gew«rveordnung treten." Abg. Lenzmann (fr. Vptt beantragt statt dessen die folgende Resolution: „Die verbündeten Regierungen zu ersuchen, dem Reichstage baldigst einen Gesetzentwurf vorzulegen, wodurch die Rechts verhältnisse zwischen den land- und forstwirtschaft lichen Arbeitern sowie dem Gesinde einerseits und deren Arbeitgebern anderseits reichsgesetzlich geregelt werden." Abg. Stadthagen (soz.) begründet den An- trag Auer mit dem Hinweis auf die vielfachen Bemühungen seiner Partei auf Beseitigung de» Ausnahmerecht», das jetzt noch für landwirtschaft liche Arbeiter und für da» Gesinde gilt; Be mühungen, die leider selbst beim bürgerlichen Gesetzbuch einen Erfolg nicht hätten erzielen können. Der heutige Gesindevertrag sei allerdings schon ein Fortschritt gegen früher, aber die persönliche und wirtschaftliche Unabhängigkeit de» Gesinde» sei doch leider noch immer eine sehr geringe. In verschie denen LandeStcilen führe diese» Rechtsverhältnis zu ganz unerträglichen Verhältnissen. Minister von Bötticher habe früher selbst zugegeben, daß e» in Ostelbien Herrschaften gebe, die ihren Arbeitern an den Sonntagen nicht» zu essen gäben, weil sie nicht arbeiteten. Im lieben deutschen Vaterlande herrsche die größte Mannigfaltigkeit. Nicht einmal bei schweren körperlichen Mißhandlungen habe da» Ge sinde z. B. das Recht, den Dienst zu verlassen, denn das preußische Oberverwaltungsgericht habe ja der Herrschaft ein gewisse» Züchiigungsrccht zugesprochen. Sogar ein Peitschenhieb sei von diesem Gesichts punkte aus nicht als ungewöhnlich harte Mißhand lung anzusehen. Besonder» schlimm seien die Zu stände in Mecklenburg, aber auch anderwärts überall, wo der Großgrundbesitz vorherrsche. Die Menschen rechte schienen nirgends für das Gesinde vorhanden. Er bitte um Annahme des Antrages Auer und um Ablehnung de» abgeschwächten Antrages Lenzmann. Mecklenburgischer Bevollmächtiger Geheimrat Langfeldt stellt fest, daß ein Züchtigungsrecht über Dienstboten in Mecklenburg gesetzlich ausge schlossen sei, ein mecklenburgisches Gericht könne daher auch nicht ausgesprochen haben, daß ein Peitschenhieb keine ungewöhnlich harte Mißhandlung sei. Kindern gegenüber, die noch in erziehungs pflichtigem Alter ständen, stehe allerding» der Dienst herrschaft da» Znchtrecht zu, das ihnen nach An- nähme de» obersten mecklenburgischen Gericht» von den Eltern übertragen fei. Abg. Lenzmann (ft. Vp.) begründet den von seiner Fraktion ausgehenden Antrag, welcher sich darauf beschränke, die reichsgesetzliche Regelung de» Verhältnisse» zwischen den land- und forstwirtschaft lichen Arbeiten, sowie dem Gesinde einerseits und der Dienstherrschaft anderseits zu fordern. Redner betont, man könne in diesen Dingen nicht schablonen mäßig vorgehen, und weist nach, daß die Ueber- tragung der Bestimmungen der Gewerbeordnung auf die Dienstboten diesen höchsten» zum Nachteil ge reichen könnte. Die Regelung der Verhältnisse de» Gesinde» müsse durch Spezialgesetzgcbung im Reiche erfolgen. Abg. Schall (kons.) bezeichnet sowohl den sozial demokratischen Antrag wie den Antrag Lenzmann al» unannehmbar. Die Ordnung des Gesindewesen» sei den Einzelftaaten Vorbehalten, zu reichsgesetzlicher Regelung liege weder Berechtigung noch Bedürfnis vor. Der Abg. Stadthagen habe in seiner Dar stellung der Behandlung des Gesinde» durch die —. Dienstherrschaften arg übertrieben. Die letzteren nach Bloemfontein begeben, um über die Frage hätte» weit mehr durch schlechte, unbotmäßige Dienst, eines engeren Zusammenschlusses zwischen i boten zu leiden, als umgekehrt. Da» alte patriarcha ¬ lisch« Verhältnis »wischen Dimstbotr» und Herr schaft schwind« leid« »ehr und «ehr. Redner pro testiert dann gegen eine von dem Abg. Stadthagen unt« Anspielung auf di« Jahrhundertfeier gegen den Kaiser Wichel« '. grrichtete Au»lassung iw« die angeblich« Nichterfüllung d« im Jahre 18S« ge gebenen Zusage bezüglich da Koalitionsfreiheit b« Abg. Bachem (Zentr.) spricht sich ebenfalls gegen den sozialdemokratischen, jedoch für den An trag Lenzmann au». Die Geflndeordnung bedürft einer Reform, und mit der Annahme de» Antrages Lenzmann werde nur eine Resolution bekräftigt, oft da Reichstag schon beim Bürgerlichen Gesetzbuch beschlossen hat. Abg. v. Marguardsen (nat.»lib.) «hebt so wohl gegen den Abg. Stadthagen Vie gegm de» Abg. Schall den Vorwurf da Übertreibung. Da sozialdemokratische Vorschlag, die Gewerbeordnung ohne weitae» auch aus da» Gesinde anzuwenden, sei absolut undurchführbar; « wnde für den An trag Lenzmann stimmen, weil « eine reich-gesetz liche Regelung da Angelegeuheit für notwendig «achte. In dem gleichen Sinne spricht fich Abg. Rickert (frs. Vgg.) au». Abg. Stadthagen weist den Vorwurf zurück, daß a die Gefühle von Mitgliedern de» Hause» durch Anführung de» Kaiser« Wilhelm >. »«letzt habe. Er habe nur ausgeführt, daß da» von demselben verheißene Koalitionsrecht den Arbeitern nicht va- liehen ivordm sei. Er verstehe aber die Entrüstung des Abg. Schall nicht über eine Verletzung de» An denkens de» von ihm angeblich so hock verehrten Kaisers Wilhelm. (Vizepräsident Schmidt sieht in letzterer Aeußeruna eine Anzweiflung da wahren Gesinnung eine» Mitgliedes de» Hauses und ruft den Redna zur Ordnung.) Redner bittet sodann nochmals um Annahme de» Antrag» Aua. Abg. Frhr. v. Stumm sfteikons.) hält e» für parlamentarisch ganz unahört, daß die Antragsteller mit einem Anträge kämm, da in der laufenden Session bereit» einmal dem Sinne nach angenommen worden sei, und bitte de»halb den heutigen Antrag jedenfalls abzulehnm. Abg. Spahn (Zentr.) spricht fich im selben Sinne au», hätte e» aba für richtig« gehalten, daß Abg. Lenzmann seinen Antrag zurückzieh«. Abg. Schall bemerkt, sein patriotisches Gefühl sei verletzt worden durch die Aenßernng, daß ein Versprechen de» verstorbenen Kaisers nicht gehalten worden sei, zumal er die Aenßnung de» Abg. Stadt hagen mit dem Borwurf der schamlosen brutalen Ausbeutung und des Wucher« in Zusammenhang habe bringen müssen. Gegen solche Vorwürfe sträube sich das Gefühl seiner Freunde ebenso wie gegen eine Verherrlichung de» Jahre» 1848, zumal in diesen Tagen. Abg. Lenzmann kann da Aufforderung de» Abg. Schall, seinen Antrag zmückznziehen, nicht Folge geben. Dem Abg. Schall gegenüber stelle a fest, daß er ein Christ im andern Smne sei, al» a. Sein Christentum vabiete ihm jedenfalls, von andern Leuten deshalb schlecht zu denken, weil fie zufällig nicht Christen, auch nicht Griechen, sondern Juden oder Judengruossen find. Damit schließt die Diskussion. Nach dem Schlußwort des Abg. Molkenbuhr (so») wird da Antrag Auer abgelchnt, der Antrag Lenz mann mit schwacher Majorität angenommen. Das Abgeordnetenhaus setzte am Mittwoch die Beratung deS Eisenbahnetat» fort. E» wurde längere Zett über Kleinbahnen debattiert, wobei namentlich Beschwerden über Verzögerung von Kon zessionen geführt winden. Minister Thielen er widerte, der Staat dürfe nicht jedem Privatmann Thor und Thür öffnen, da sich einen Vorteil durch Anlage von Kleinbahnen verschaffen wolle. Das Abgeordnetenhaus setzte am Donnerstag die Beratung de» Eisenbahnetat» bei der Petition der Bergischen Handelskammer zu Lennep um Ein führung von Kiloineterhesten auf den Staatsbahnen fort. Cisenbahnminista Thielen führte au», daß durch die Einführung von Kilometerhefteu da Schalterdienst erheblich erschwert würde und daß diese Einrichtung auch wesentliche finanzielle Ausfälle zur Folge haben würde. Auch in Baden hätten die Kilometerheste sich nicht bewährt. Man könne in Preußin in da vierten Wageuklaffe noch billiger reisen al» in Baden mit den Kilometerheften. Da» Haus ging schließlich über di« Petition zur Tages ordnung Uber. Ko« Uoh »nd Ferm. Frankfurt a. O. Der praktische SA Dr. Max Brinner entdeckte hier einen Leprafall. Geheimrat Neißer auS Breslau wmde behufs eingehender Untersuchung hierher berufen. Leidenschaft und Liebe. 7j Roman von C. Belm ar. «Fortsetzung „Melitta, das ist ein thörichter Wunsch, du weißt nicht, was du willst," sagte Konrad. „Doch; hier wird mich niemand vermissen, ich bin entbehrlich. Ich habe lange und viel darüber nachgedacht; dieser Wunsch ist keines wegs das Resultat einiger flüchtiger Minuten, er ist nicht thöricht, wie du ihn nennst, er ist überlegt und wohl erwogen." „Was willst du beginnen?" „Ich habe mancherlei Talente, die hier brach liegen, ohne weiter ausgebildet zu werden. Onkel Oskar hat mich in Musik und Sprachen unter richtet, ich habe für beides Verständnis und Talent gezeigt; vor zwei Jahren hat er den Unterricht abgebrochen, seit dieser Zeit bin ich allein auf mich angewiesen. Mir fehlt es an guten Büchern, um mich weiter zu üben, ich hatte bis her den Mut nicht, den Onkel darum zu bitten. Wenn du mir in der Residenz Unterkunft bei einer Familie verschaffen könntest, vielleicht wäre ich jetzt schon dn stände, mir soviel zu verdienen, als ich für meinen unterhalt brauche. Nebenbei könnte ich meine Studien fortsetzen, um meine Kenntnisse zu vervollkommnen. Mein sehnlichster Wunsch wäre, mich in der Musik unter Anleitung guter Lehrer weiterzubilden, ich möchte so gern Künstlerin werden l Wider sprich mir nicht, ich weiß, wa» du sagen willst; du zweifelst an meinem Können — sei unbe sorgt, ich fühle den göttlichen Funken de» Talents in mir, und ich habe die Kraft dazu, mein vorgestecktes Ziel zu erreichen — hilf mir, Konrad, hilf mir, ich werde dir keine Schande machen." Konrad konnte den flehenden Worten deS jungen Mädchens nicht länger wiederstehen. „Wohlan, es sei," sagte er nach kurzem Nachdenken. „Ich will dir helfen und deinen Wunsch erfüllen. Bedenke aber, der Weg zur Kunst ist lang und steil, es werden deiner Ent täuschungen harren; du mußt mit unermüdlicher Ausdauer vorwärts streben, um dein Ziel zu erreichen. Fühlst dn dich stark genug dazu, dann will ich dir behilflich sein, soviel in meinen Kräften steht." „O Konrad, habe Dank, Dank!" Sie hing fich lachend und weinend an seinen Hals. Nun war fie wieder das echte Kind, so daß er kaum seinen Augen traute, ob es wirk lich dasselbe Wesen sei, das soeben noch so ernst, so überlegt gesprochen. Bange Zweifel kamen nun wieder über ihn; wenn Melitta doch nicht die Kraft, die Ausdauer besäße, wenn fie in jugendlichem Uebermut eine verfehlte Laufbahn einschlug? „Melitta überlege eS dir nochmals," sagte er warnend, „der Kampf umS Dasein ist hart und schwer." Sie schüttelte daS Haupt. „Ich fühle die Kraft in mir, mein Vorhaben auszuführen," sagte fie einfach. „Gut, so komm, ich will noch heute mit Onkel OSkar darüber sprechen, er wird dich schwer von fich lassen." „Du irrst," entgegnete fie bitter, „er wird meine Abwesenheit kaum fühlen." Schweigend schlugen sie den Rückweg ein. Am Mend benutzte Konrad eine günstige Ge legenheit, um mit Onkel Oskar über Melitta zu sprechen. Wider Erwarten fand er keinen Wider stand von dieser Seite. „Melitta hat Talent," sagte der Onkel, „wenn fie fleißig ist, kann fie es zu etwas bringen." Konrad sah ihn erstaunt an; diese Gleich gültigkeit gegen MelittaS Schicksal berührte ihn peinlich. Armes Mädchen, fie hatte recht ge habt! Kein Mensch kümmerte fich um fie. „Noch eins, Onkel," sagte er zögernd; „durch die Konnexionen des Präsidenten wird eS mir leicht sein, für Melitta einen Freiplatz am Konservatorium auszuwirken — für das übrige laß mich sorgen, ich möchte gerne auch etwas thun: ich kenne eine Familie, bei welcher sie gut aufgehoben sein wird." Ueber das wettergebräunte Gesicht Onkel OSkarS flog eine dunkle Röte. „Du willst für MelittaS Unterhalt Sorge tragen?" sagte er unsicher; „daS kann ich nicht zugeben, so viel kann ich noch für fie thun, wenn auch in letzter Zett" — er steach ab. „Nein, nein, Onkel, gewähre mir meine Bitte; ich habe mehr als ich brauche, und Melitta ist mir lieb, gleich einer Schwester; laß mich nur für fie sorgen/ Wellendorf seufze tief auf. „Ich kann daS nicht annehmen, eS ist unmöglich!" Konrad sah die Erregung des ManneS. „Lassen wir das vorläufig," sagte er, „ich werde alles arrangieren, wir werden schon einig werden." Damit war das Gespräch über diesen Punkt erledigt. Konrad schrieb sofort in die Residenz, um alles zu Melittas Aufnahme vorzubereiten. Wenige Wochen später reiste er mit ihr ab, von Onkel OSkarS besten Wünschen begleitet, die Großmama war kalt wie immer geblieben. Melitta mußte fich in der Residenz einer Aufnahmeprüfung unterziehen; dieselbe fiel glän zend ms. Das junge Mädchen kannte fich nicht vor Freude, endlich, endlich stand sie am Ziel ihrer Wünsche! Ihre Dankbarkeit gegen Konrad kannte keine Grenzen, fie bat ihn, ihr nur noch Lektionen zu verschaffen, damit fie nicht voll ständig auf Onkel OSkarS Güte angewiesen sei; fie wollte durchaus selbst für ihren Unterhalt sorgen. „Davon werden wir später sprechen," sagte Konrad lächelnd, „die ersten Jahre heißt eS fleißig sein und nur ms Lernen denken, die Kosten find so gering, daß Onkel Oskar sich dieserhalb keine Entbehrungen wird auflegen müssen. Jetzt sei still davon, Kleine, und widersprich nicht länger, sonst mußt du wieder zurück." 4. Konrad hatte Melitta bei der Mutter eine» ehemaligen Schulkameraden, einer DoktorSwitwe untergebracht; er traf mit Frm Walther eine Vereinbarung, daß fie von Onkel Oskar einen äußerst geringen Preis für die Pension Melitta» forderte, denn der Onkel hatte eS fich durchaus nicht nehmen lassen, selbst für seine Nichte zu
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