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P-lMfch- »mdsch«. *D« Kaiser, der gänzlich wiederher» Gestellt ist, traf am Freitag wieder in Berlin « und nahm an dem Festesten der branden» turgischen Provinziallandtage» teil. * Die .Münch. Allg. Ztg.' veröffentlicht einen Erlaß des Prinz»Regenten an das StaatSminifterium, in dem er den Wunsch aus» spricht, daß sich die staatlichen, kirchlichen und Militärbehörden in entsprechender Weise an der Jahrhundertfeier des Geburtstage» Kaiser Wilhelms I. beteiligen. -Unter den Mächten ist abermals Einigkeit erzielt worden und zwar darüber, daß die Botschafter in Konstantinopel der Pforte offiziell anzeigen werden, die Mächte seien entschlossen, namens der Pforte die Insel Kreta zu pacifizieren (in FriedenSzustand zurückversetzen). Das gleiche soll in Athen bekannt gegeben werden mit der zusätzlichen Forderung, sofort die Insel zu räumen. Alle Mächte find entschlossen, diese Forderung nötigenfalls durch die kräftigen Zwangsmaßregeln zu unterstützen. AuS Athen verlautet, daß Griechenland der Forderung keine Folge (eben wird; König und Regie» rung würden in ihrem Widerstand von der ge samten Bevölkerung unterstützt. -Dem vom Zentrum im Reichstag einge brachten Antrag auf Aufhebung deS Jesuitengesetzes ist folgende Betrachtung beigegeben: Am 20. Fehruar 1895 beschloß der Reichstag, daß daS Jesuiten-Ausweisungs- gesetz vom 4. Juli 1872 aufzuheben sei. Am 17. Juni 1896 erklärte der Herr Reichskanzler, daß die Erwägungen, ob oder unter welchen Modalitäten der BundeSrat dem obigen Beschluß des Reichstags entsprechen könne, nicht abge schlossen seien. Bis zum 22. Februar 1897 ist dem Reichstag eine Entscheidung deS Bundes rats nicht zugekommen. Aus dieser Verzögerung glauben die Unterzeichneten entnehmen zu müssen, daß der BundeSrat eine Entscheidung in betreff des Reichstagsbeschlusses vom 20. Februar 1895 überhaupt nicht treffen werde. Es erübrigt daher den Unterzeichnern nur, ihren früheren Antrag zu wiederholen und denselben dem Reichstage zur nochmaligen Beschlußfassung zu unterbreiten. -Offiziös wird zur Berichtigung von Preß nachrichten mitgeteilt, daß der Plan einer Ent festigung von Mainz undKöln bei den Militärbehörden nicht besteht. Frankreich. -Der ,Jour' fordert die Kammer auf, das Kabinett zu stürzen, um Hanotaux durch den Botschafter Cambon zu ersetzen, der in Kon stantinopel Beweise seiner Energie gegeben habe. Die ganze Opposition klammen sich jetzt an den Namen Cambons. -Nachdem die französische Regierung von der spanischen darauf aufmerksam gemacht worden ist, daß in Paris ein mit reichlichen Geldmitteln versehener Karlistenausschuß wirkt, der Waffen kauft und militärische Organisationen vorbereitet, hat sie dem Ausschuß unter An drohung der Ausweisung bedeutet, daß er seine Thätigkeit einstellen müsse. Die Karlisten bereiten daraufhin ihre Ueberfiedelung nach Belgien vor, wo sie ihre Waffenkäufe fort zusetzen gedenken. -Der bekannte Arton, der wegen der Panama - Bestechungs - Affäre am Donnerstag vor den Geschworenen stand, ist sreigesprochen worden. Er will nun 104 hervorragende Persönlichkeiten namhaft machen, die Bestechungsgelder angenommen haben. England. * DieKönigin will eine besondere Ge sandtschaft an den Negus Menelik von Abessinien entsenden. Rennell Roll, Sekretär der englischen diplomatischen Vertretung in Kairo, soll an der Spitze stehen. Dänemark. -Von der Militärpartei wird nach Voll endung der Kopenhagener Landbefestigung jetzt wieder die Befestigung des Großen BelteS angeregt. An der Südwestspitze See Leidenschaft und Liebe. 1j Roman von C. Belm ar.-) 1. „Darf ich?" fragte eine Helle Mädchenstimme, und ein rosiges Gesichtchen schaute durch die halbgeöffnete Thür in ein mäßig großes Studier zimmer; an dem Schreibüsche saß ein junger Mann, so eifrig mit seiner Arbeit beschäftigt, daß er die Frage gänzlich überhörte und halb laut vor sich hinsprechend, emsig weiter schrieb. „Darf ich, Konrad, oder darf ich nicht?" wiederholte daS Mädchen lauter seine Frage. Der junge Mann wandte sich zur Thür. „Du bist'», kleine Hexe?" sagte er halb lachend, halb verdrießlich ob der Störung, „nun komm nur herein, ein halber Stündchen hättest du mir wohl noch zum Studieren lassen können." „Ach waS, studieren und immer studieren," lachte sie und stand im nächsten Augenblick hinter ihm, um eine Fülle duftender Veilchen über seinen dunkeln KrauSkopf zu schütten. „Da hast du meinen FrühlingSgruß," lachte sie über mütig. „Aber Melitta, wer wird so ungezogen sein," rief er nun unwillig, die duftenden Blüten ab schüttelnd. „O du Barbar, meine süßen Veilchen! Jetzt liegen sie alle am Boden und dein ge lehrter Fuß wird die holden Frühlingskinder unbarmherzig zertreten," sagic Melitta entrüstet, ihm einen bitterbösen Blick zuwerfend. „In der -) Unberechtigter Nachdruck wird verfolgt. landS, bei der kleinen Insel SaerSt und dem diese von Seeland trennenden schmalen Sund sollen Mnen errichtet und vier kleine Batterien angelegt werden, um eventuell der deutschen Flotte die Einfahrt in den Bell unmöglich zu machen; auf diese Weise soll die dänische „Neutralität" gewahrt werden. So ist jetzt in einem sich offiziös gebenden Druckhcft dargelegt worden. Bon einer Befestigung des Großen BelleS an derNorseite gegen eine aus Kalte- gatt und Nordsee kommende Flotte ist dabei, auffällig genug, nicht die Rede. Schweden-Norwegen. -Nansen hatte König OSkar um die Er laubnis gebeten, eine von ihm neuentdeckte Halbinsel Sibiriens auf den Namen König OskarS taufen zu dürfen. Der König gab seine Einwilligung, falls die russischen Be hörden zustimmen würden. Diese Zu stimmung ist nunmehr erfolgt. SvEUien. * Der offiziösen spanischen ,Epoca* zufolge waren dieÄertuste in Cuba auf feiten der Spanier bis Ende 1896: Tote 13 862, darunter 550 Offiziere; Verwundete 8072, darunter 441 Offiziere; auf feiten der Auf ständischen: Tote 13 303, Verwundete 3563. Skustland. -Ueber den Gesundheitszustand de»Großfürsten-Thronfolgers,der sich zur Zeit auf einer Seereise befindet, wird gemeldet, daß daS Befinden jetzt ein besseres ist, als es zur gleichen Zeit im vergangenen Jahre war. Der Winter ist leidlich überstanden. Für solche Kranke ist die Uebergangszeit zum Sommer ost verhängnisvoll; der Aufenthalt auf der See hat dem Großfürsten bisher immer sehr wohl gethan. Die Aerzte hatten für daS Frühjahr ein südfranzösisches Bad vorgeschlagcn; der Großfürst selbst wünscht aber, in Rußland zu bleiben. valkauftaate«. -Es wird versichert, daß der Sultan bereits den Vorschlägen der Brächte betreffs der Selbstverwaltung Kretas zugestimmt habe. -Einem Gerücht zufolge soll König Georg für den Fall, daß er genötigt sein würde, den Forderungen der Mächte nachzu geben, beabsichtigen, zu Gunsten des Kron prinzen abzudanken. * ES verlautet, die griechischeKönigin, die den Rang eines Ehren-AdmiralS der russischen Marine bekleide, habe diese Würde mit der Begründung niedergelegt, eine griechische Königin könne keinen Rang be kleiden in einer Flotte, die Kanonen auf griechische Unterthanen und rechtliche Christen ge richtet habe. -Vorläufig wollen die Mächte anscheinend versuchen, die griechischen Truppen auf Kreta durch Hunger mürbe zu machen. An der Nordwestküste der Insel kreuzen Tor pedoboote, welche jede Ausschiffung von Lebensmitteln verhindem. Das griechische Lager soll jedoch noch für mehrere Tage mit Proviant versehen sein. -Ueber die türkischen Kriegsvor bereitungen wird weiter berichtet, daß 17 Linien- und Redif-Divisionen mit 280 Ba taillonen und 222 000 Mann mobil gemacht und auf der westlichen Balkan-Halbinsel verteilt werden sollen. An der griechischen Grenze sollen bereits 50000 Mann stehen. Die Mobil machung nimmt trotz des RamazanS einen „be friedigenden Fortgang". Nach Adrianopcl sollen Sendungen von Waffen und Munition abge gangen sein als Vorsichtsmaßregeln gegen eine etwaige Aktion auS Bulgarien; auch an der serbischen Grenze sollen Vorsichtsmaß regeln getroffen werden. -Die Ereignisse im Orient beschäftigen in Belgrad, wie von dort gemeldet wird, alle Kreise. Sollte Serbien durch Aufstände in Make donien gezwungen werden, sich in Mace- donien oder Altserbien zu engagieren, so wird sich Exkönig Milan dem Kriegsminister zur Verfügung stellen. (Man ist wohl be rechtigt, den letzten Teil der Meldung für einen vorzeitigen Aprilscherz zu halten.) That, Konrad, du bist ein ganz abscheulicher Mensch." Sie kniete nieder und begann eifrig die ver streuten Veilchen zu sammeln. „Nun, nun, daS Unglück wird nicht so groß sein," sagte er großmütig, „ich will dir helfen, du kleiner Wildfang. Wenn du mir deine Spende fein säuberlich in ein Sträußchen ge bunden auf den Schreibtisch gelegt hättest, statt mir die Blumen so saus ka^on an den Kops zu werfen, dann — dann —" „Dann, was hättest du gethan?" fragte fie in ihrer Beschäftigung nun inne haltend mit einer Mene, die deutlich zeigte, daß fie zur Ver söhnung geneigt war. „Nun, dann hätte ich dir einen väterlichen Kuß auf die Stirne gedrückt und dich ein braves kleines Mädchen genannt," entgegnete er sarkastisch lächelnd. Melitta wurde purpurrot vor Zorn. „Ich, ich brauche deine väterlichen Küsse nicht, und ich bin kein braves, kleiner Mädchen, ich, ich bin -« „Eine erwachsene junge Dame von vierzehn Jahren," unterbrach sie der junge Mann lachend. „In zwei Jahren darf ich schon lange Kleider tragen und Bälle besuchen, ganz so wie Ver walters Minna, die ich heimlich um alle diese Vorzüge beneide." Melitta warf daS zierliche Köpfchen hochmütig in den Nacken zurück. „Verwalters Minna!" sagte fie spöttisch; „die möchtest du wohl gern mir zum Vorbild aufstellen — die Leute be haupten ja ohnehin, fie sei schon halb und halb deine Braut." s N»n Uah «nd Fern. Straßburg. Der von hier auS am Donnerstag abgelassene Registrier-Ballon ist verschollen. Man nimmt an, daß derselbe in einer unbewohnten Gegend, z. B. einem Walde, niedergegangen sei und hat eine Belohnung auf daS Auffinden ausgesetzt. Hatter» hab« de« elsässischen Volke da» al» «nab, in Aussicht gestellt, wa» e» al» Recht zu fordern habe, dafür bedanke e» sich eben. Bor allem müff- es eine wirkliche Volksvertretung fordern I« Lande-auSschuß ruhen seine Interessen nm in der Hand von Beamten, Bürgermeistern und Rentnern. Etwa» Gute» sei jedenfalls aus ihrer Initiativ« noch nicht hervorgegangen. Was gut in der Gesetz gebung sei, verdankt man der Regierung. Wenn die reich-ländische Jugend so aut gesinnt sei, wie der RegierungSkommisiar sie geschildert habe, dann sei doch gar kein Grund, sie noch länger unter Aus nahmegesetzen zu halten. Vor allem solle man d»S Fortleven der französischen Sprache in der Bevölke rung eher fördern, als hindern, denn man sichere sich dadurch gute französische Korrespondenten. Geheimrat Halley bestreitet, daß die Gemeinde vorsteher und Bürgermeister abhängige Beamten seien. Die Klagen über die Behandlung der Presse seien unberechtigt. Die politischen Blätter vermehr ten sich beständig, und ihre Sprache werde immer freier und ungebundener, so daß fie den altdeutschen Blättern in nichts mehr nachstehe. Da» werde sogar von der Presse selbst anerkannt. Abg. Lieber (Zentr.) bedauert, daß der BundeSrat den früheren Reich StagSbrschlüffen auf Abschaffung de» Diktaturparagraphen und auf Ein führung des ReichSpretzgesetzeS in Elsaß-Lothringen nicht zugestimmt habe. Da» würde seine Freunde aber nicht hindern, dem vorliegenden Anträge ebenfall» zuzustimmen. Der Lander-Ausschuß sei nicht» weniger al» eine angemessene zusammengesetzte parlamentarische Vertretung der reichSländischen Bevölkerung. Da er aber gesetzgeberische Befugnisse auszuüben habe, müsse man auch für eine ange messene Zusammensetzung sorgen. Der Antrag fei also vollkommen berechtigt. Daß die Zustände auf dem Gebiete deS PreßwesenS unhaltbar seien, be weise die neuliche Mitteilung, daß ein neues Preß gesetz in Vorbereitung sei. Da scheine doch die Rede de» Statthalters daraus hinauSzulausen, daß die Presse eS selbst in der Hand habe, ob sie daS Zucker brot habm wolle oder die Peitsche. Wolle man e» verhüten, daß die Eltern ihre Kinder zur Erziehung nach Frankreich schicken, so möge man die katholi schen Orden wieder zurückrufen. Wenn die Presse von der Kirchhofsruhe spreche, welche die Regiemng schaffe, so sollte da» doch zu denken geben. Abg. Lenzmann (fr. Bp.) erklärt, daß seine Freunde für den Antrag stimmen würden. Der Re gierungskommissar selbst habe sie darin bestärkt durch den Hinweis auf die gute Gesinnung der reichS ländischen Bevölkerung. Die Elsässer hätten also ein gutes Recht, für sich eine geordnete Volksvertretung zu fordern. Abg. v. Marquardsen (nat.-lib.) bemerkt, daß man in ganz Deutschland wohl keine LandeS- vertrctung finde, die auf Grund de» allgemeinen Wahlrechts bestehe. Wo eine Kammer nach demselben gewählt werde, bestehe doch daneben noch eine andere, für die es nicht gelte. Man sollte sich daher vor Uebertreibungeu hüten bei Schilderung der reichs ländischen Verhältnisse. Er halte die Art der Zu sammensetzung de» Landesausschusses auch für keine glückliche und würde bereit sein, einer Aenderung zuzustimmen. Aber den hier geforderten Sprung könne er ebensowenig mitmachen, wie den bei der Forderung des Achtstundentage». Seine Freunde könnten für den vorliegenden Antrag daher nicht stimmen. Abg. Rickert (ft. Vgg.) tritt aus den gleichen Gründen, wie Abg. Lenzmann für den Antrag ein. Abg. Graf v. Stolberg- Wernigerode (kons.) gibt zu, daß vielleicht im Anfang den Elsaß- Lothringern gegenüber einige Fehler gemacht worden sein könnten, die jetzige Politik sei aber gut und richtig. Insbesondere funktioniere der LandcsauS- schuß gut. Er bitte daher, den Antrag abzulehnen. Abg. Werner (Antif.) will für den Antrag Colbus stimmen. Mit dem bisherigen Verfahren habe man die Herzen der Elsaß-Lothringer nicht er obert. Er selbst habe im Elsaß eigcntnmliche Er fahrungen aus dem Gebiete des Versa,nmlungsrechtS gemacht. Man wäre mit der Gcrmanisicrnng meiter- gekouunen, wenn man den Diktaturparagraphen ab geschafft und daS Rcichspreßgesetz eingcsührt hätte Mit Liebe gewinne man Sympathien für da» Deutschtum, nicht mit Gewaltmaßregeln. Taniit schließt die Diskussion. — Nach dem Schlußwort des Abg. Eolbus wird der Gesetz entwurf sofort in zweiter Lesung gegen die Stimmen der Rechten und der Nationallibcralen ange nommen. A«» de« Keichstage. Der Reichstag erledigte am Mittwoch den Etat de» ReichS-Eisenbahnamt». Die Debatte drehte sich in der Hauptsache um die Frage der Tariftesorm auf Grund de» Antrages Pachntcke (ft. Vgg.), welcher den Versonentaris möglichst zu vereinfachen und zu ermäßigen, und den Gepäcktaris unter Aushebung de» Freigepäcks zu ermäßigen und zu vereinfachen wünscht, zu dem Abg. Röficke (wild) em Amende ment in betreff der Gütertarife ringebracht hatte. Der Präsident de» Reichseisenbahnamt«, Dr. Schulz, machte finanzielle Gründe gegen eine Reform der Personentarise geltmd. Die Anträge Pachnickr- Rösicke wurden gegen di« Stimmen der Rechten an genommen. Am 25. d. steht zur ersten Beratung der von den Abgg. Colbu» und Sm. (Els.) eingebrachte Ge setzentwurf auf Einführung de» allge meinen,gleichen, direktenWahlr echte» zu den Wahlen zum L a n de »au»schutz für Elsaß-Lothringen. Abg. Winterer (Els.) befürwortet den An trag, indem er anSführt, da» bestehende indirekte und korporative Wahlrecht bringe die wahren An sichten der elsaß-lothringischen Bevölkerung nicht zum Ausdruck. Abg. Preiß (Els.) bezeichnet dm jetzigen Lan- deSausschuß in Elsaß-Lothringen al» «in bloße» Scheinparlament ohne Macht und Machtaefühl, dessm Mehrheit au» Beamten bestehe. Nur eine wirkliche Volksvertretung könne einen Ausgleich zwischen den heterogenen BevölkerungSkreiscn schaffen und ver söhnend wirken. Er erinnere nur an die jüngsten Studentenkonfiikte in Straßburg, die genügend be wiesen, daß die Gegensätze zwischen Altdeutschen und Reichsländern noch ganz unvermindert bestehen, und das habe seinen Grund wesentlich darin, daß kein« geordnete Volksvertretung besteht. -Die Behandlung der Studenten habe beinahe zu einem allgemeinen Krach zwischen Altdeutschen und Reichsländern ge führt. Die Vorgänge bewiesen, daß der Geist der Diktatur alles ersticke, daß er die Gegensätze eher verschärft, anstatt dieselben zu versöhnen. Der Statthalter Fürst Hohenlohe-Langenburg habe noch jüngst eine Rede gehalten, die im Lande peinliche» Aufsehen erregt habe und die Kritik herausforderte. In der Rede sei nämlich mit neuen Diktatur- Maßnahmen gegen die sogenannte elsaß-lothrin gische übelgesinnte Presse gedroht. Diese schreie doch nur nach Recht und Gerechtigkeit und e« widerspreche der Menschlichkeit, sie deshalb als Sünder zu betrachten. Revolutionär sei die Ge sinnung der reichSländischen Bevölkerung nicht, fie verdiene deshalb auch nicht, al» Stiefkind de» Deutschen Reiche» behandelt zu werdm. WaS der Antrag fordere, sei durchaus billig. Er bitte um dessen Annahme. Geheimrat Hailey: Weder die ReichSrcgie- rung, noch die Landesregierung von Elsaß-Lothringen haben bisher Anlaß gehabt, in Erwägungen über den Antrag einzutretm. Ich kann mich daher ent halten, näher auf denselben einzugehm, sondern mich auf die Richtigstellung von irrtümlichen Behaup tungen beschränken. Zunächst ist eS unrichtig, daß das geltende Wahlrecht die Beamten bevorzuge. E» gibt im Landcsausschuß überhaupt nur drei Beamte und drei pensionierte Beamte. ES ist daher auch nicht richtig, daß der LandcSauSschuß im Lande un populär sei. Die Verhältnisse an der Straßburger Universität stehen mit diesem Anträge in gar keinem Zusammenhang. ES ist durchaus nicht richtig, daß die akademische Jugend in ihrer Mehrheit zur Oppo sition gehöre. Die Hochschule und die Schule de» Militärdienstes haben uns gerade die Männer heran gezogen, die in den Bezirkstagen und im Landcs- ausschusse versönlich wirken. Daß bei einer starken oppositionellen Partei im Land« auch ein Teil der Jugend oppositionell gesinnt ist, ist ganz selbstver ständlich Die Abneigung gegen da» Deutschtum wird ja schon mit der Muttermilch eingesogen, in den Elternhäusern wird nur französisch gesprochen, werden nur chauvinistische Zeitungen gehalten re. In der Rede de» Staathalter», von der Abg. Preiß sprach, ist aber keineswegs mit Maßnahmen ge droht, sondern nur gemahnt worden, bei der Kritik von RegierungSmaßnahmen wenigsten» die objektive Form zu wahren. Abg. Bueb (soz.) erklärt, die Rede de» Statt- »frik«. -Tine große »erfassung»krist» ist in Transvaal ausgebrochen, weil der Hohe Gerichtshof auf dem Rechte besteht, die Beschlüffe deS Lolrkraad zu bestätigen, nm fcstftrllen zu können, ob fie fich etwa im Gegensätze zur Verfassung befinden. Der BoUSraad berüt jetzt über einen Gesetzentwurf, nach welchem die Richter einen neuen Eid dahin ablegen sollen, daß fie die Beschlüffe des BoUSraad al» Gesetz annehmen Konrad runzelte die Stirn. „Wer sagt das?" fragte er rauh. „Alle Leute! Und dann, schließlich ist man doch nicht so dumm, wenn man auch erft vier zehn Jahre zählt und noch kurze Kleider tragen muß. Ich habe euch gut beobachtet, Minna wird jedesmal rot wie eine Feuerlilie, wenn fie dich sieht, und du ziehst deinen Hut vor ihr so tief, als sei fie eine Prinzessin." Melitta hatte die verstreuten Veilchen in ihr Schürzchen gesammelt und wollte fich nun eiligst aus dem Staube machen, denn KonradS ernste Miene schien ihr nichts Gutes zu weissagen. Aber so leichten Kaufes kam fie nicht davon. Komad nahm fie bei der Hand und sagte ruhig: „Dageblieben, meine Kleine, lege die Veilchen auf meinen Schreibtisch, so, und jetzt steh mir Rede. WaS ist daS für ein albernes Gewäsch von mir und Minna, sprich!" „Nun, wenn du eS durchaus wissen willst," versetzte Melitta etwas befangen, „so magst du denn alles hören. Du weißt doch, daß neulich bei Großmama große Kaffeegesellschaft war, ich mußte wie gewöhnlich servieren und da die Damen mich noch immer al» Kind bewachten, so plauderten fie ganz ungeniert vor mir. DaS Gespräch kam auch auf dich; man sprach von deiner Gelehrsamkeit und zählte die Vorzüge auf, die du, nach Angabe jener Dame, besitzen sollst. Da sagte plötzlich die Frau Doktorin: -Dorf man bald gratulieren ? In der Stadt beißt eS allgemein, daß der Herr Professor um Ver walter» Minna verlobt sei." „Ja, ja riefen die andern Damen, „auch wir haben davon gehört." Großmama lächelte und entgegnete freundlich: „Nun, verlobt find die zwe, noch nicht, aber" — fie hielt inne und fuhr nach einer kleinen Pause fort — „wenn zwei junge Leute ein ander fast täglich sehen und sprechen, so ist e» nicht anders denkbar, als daß sie sich lieben lernen müssen — und Minna und Komad find ja wie für einander geschaffen." Nun ging eS an: Ein passenderes Paar als ihr beide gäbe eS nicht sobald; es könne gar nicht anders sein, Ihr müßtet Mann und Frau werden, eine vor- teühaftere Verbindung sei gar nicht möglich, weder für dich noch für Minna; in diesem Tone ging eS fort, daß ich glaubte, ich müsse um meine Ohren kommen — Großmama hörte alles mit einer freundlichen, still vergnügten Miene an, man sah eS ihr an, wie zufrieden sie sei, hat fie mich doch an diesem Nachmittage nicht ein einzige» Mal mehr gescholten." Tief aufatmend schloß Melitta ihren Bericht, Die Kleine hatte sich in Eifer gesprochen; eine dunkle Röte deckte ihre zarten Wangen und in den samtgrauen Augen blitzte e» wie verhaltener Zorn. Mit verschränkten Armen und finsterer Stirn hatte Komad der Rede de» Mädchen» gelauscht. Al» fie geendet, richtete er einen festen scharfen Blick auf da» offene Kindergeficht vor sich und fragte fast barsch: „Ist e» wftNich so, wie du gesagt hast?" „Konrad", sagte Melitta beleidigt, „habe ich jemals aeloaen?" „Nein, da» hast du nicht! Ich danke dir." Er bot dem Kinde die Hand, da» nur zögernd seine Fingerspitzen in die kräftig schöne Männer hand legte.