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Auerthal-Zeitung : 09.12.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-12-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189412095
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18941209
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18941209
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-12
- Tag 1894-12-09
-
Monat
1894-12
-
Jahr
1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 09.12.1894
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UsMfche Kimkfchim. De«1fchl«d. *L« Kaiser ist am Donnerstag mittag zur Jagd nach Hummel»Hain gereist. * Die Umsturzvorlage enthalt nach der .Franst. Ztg.' drei Artikel. Der iktikel 1 ent- hält: 1) Senderunge« de» Strafgesetzbuche», zu nächst de» 8 Hl desselben, wodurch die Auf forderung zu Verbrechen und strafbaren Hand lungen mit Gefängnis bis zu 8 Jahren bestraft werden kgrm und auch diejenigen Personen be straft, »erde«, Hst rin gemeingefährliches ver geh« aNpreifen oder al» erlaubt darstellen; S) eine Erweiterung des 8 112, der die Ver leitung von Soldaten und Militärversonen mit schärferen Strafen bedroht, wenn dabei Bestre bungen hervortreten, die auf den Umsturz der Staatsgewalt gerichtet sind; 8) wird 8 126, der von der Andxobung eine» gemeingefährlichen verbrechens handelt, auf die Bedrohung mit verbrechen überhaupt ausgedehnt; 4) wird durch einen neuen Paragraphen die Bestrafung des Kom plott» vorgesehen, da» darauf gerichtet ist, den Um sturz der Staatsordnung heroeizuführeu; 5) wird I 180 dahin erweitert, daß Personen bestraft wecken die Religion, Monarchie, -Familie, Ehe und Eigentum in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise durch beschimpfende Aeuße- - rungen angreifen. — Arnkel 2 betrifft die DiS- ' atplniierung von Offizieren und Unteroffizieren deS Beurlaubtenstandes. Diese sollen ihrer Stellungen enthoben werden, sofern sie wegen Besetzung der Strafbestimmungen im Abschnitt K und 7 deS Strafgesetzbuches, also wegen Widerstandes gegen die Staatsgewalt, und wegen verbreche» und Vergehen wider die öffentliche Ordnüng mit mindestens 3 Monaten Gefängnis bestraft find. — Artikel 3 betrifft die vorläufige Beschlagnahme von Preßerzeugnissen im Falle deS Vergehens wider die oben er wähnten 88 m, H2 und 130. *Das Weißbuch, daS dem Reichstag zugehen soll, erörtert die südamerika nischen Verhältnisse. Vor drei Jahren erschien nach Beendigung des Ausstandes in Chile bekanntlich schon ein Weißbuch über Chile. ' »Der Senioren - Konvent de» ReichStagS hat sich gleich am Mittwoch abend mit der Geschäftslage des Hauses beschäftigt. Die erste Beratung des Etats ist auf Dienstag (11. d.) festgesetzt worden, nachdem die Fraktionen am Montag, an welchem Tage die Sitzung aus fallen soll, zur Sache Stellung genommen haben werden. Im Verlaufe der nächsten Woche soll auch die erste Peratung der sogenannten Umsturz vorlage auf die'Tagesordnung gesetzt werden. *28 Initiativanträge seitens der einzelnen Parteien waren bereits am Mittwoch mittag im Büreau deS Reichstages eingegangen. ' *Wie aus Kiel gemeldet wird, hat daS ge samte Manövergeschwader mit Aus nahme des Panzerschiffes „Weißenburg" seine UebungSreise in die skandinavischen Gewässer an getreten. *Mit dem Bau des neuen Torpedo- hafenS am Nord-Ostseekanal wird demnächst begonnen werden. DaS Projekt für den Bau deS Torpedoboothafens war bereits im vorigen Sommer in großen Umrissen fettig gestellt und ist seitdem Wetter ausgearbeitet. *Die Schutztrupve in Deutsch- Südwestafrika soll demnächst einen Nach schub erhalten, jedoch nicht zur Verstärkung der selben, sondern zur Ergänzung für Abgänge. Sn die Frei-Angeworbenen ist die Anfrage er gangen, ob sie in die kaiserliche Schutztruppe eintreten wollen, nachdem ihre Vertragszeit nahe am Ablaufen ist., Ein Txil der Mannschaften hat sich zum Uebettritt bereit erklärt, ein anderer Dill will in die Heimat zurückkehren. Für die letzteren und für Erkranke soll nun Ersatz hin gesandt werden, etwa in Stärke von 100 Mann. Oesterreich-Ungarn. * Das österreichische Abgeordnetenhaus lehnte in der fortgesetzten Spezialdebatte des Straf gesetzbuches den Antrag auf Aufhebung der T o desstrafe mit 148 gegen 66 Stimmen ab. * Daß der Kaiser Franz Joseph mit der Unterschrift unter die kirch en politisch en St« Traum vom Stück. »lj (Fortsetzung.) vor dem unheimlichen astatischen Gast geflohen, war sie nach der nordischen Residenz gekommen, wo ihr. nun noch einmal daS Ehegespenst ent gegentrat, ohne sie aber mehr als angenehm zu erschrecken. Sie sagte in ihrem Schreiben, daß sie weniger auf Vermögen, als auf Schönheit und ritterliche Tugenden ihres „zweiten" Gatten sehe. Derselbe dürfe vor allen Dingen nicht geldgierig sein und sie nicht ihres Vermögens oder Namens wegen heiraten. Natürlich müsse sein. Auftreten ein ihrem Range entsprechendes sein, da sie ihn in Italien in den „höchsten" Gesellschaften einführen werde. Das war für Tamerlan die Höhe seines Traume» vom Glück. Reich, unabhängig, der Gatte einer gewesenen Fürstin, Herr großer Liegenschaften und ein Löwe deS SalonS l — Wahrhaftig, wem er das sich auSmalte, schien im die Braut noch viel zu schön für eine so immense Beute, die er mit einem NamenSzug sein eigen machen konnte. Er suchte um eine Unterredung nach, erhielt ab« den etwas ernüchternden Bescheid, daß eine Begegnung erst in Nizza stattfinden könne, wohin die Fürstin sich im Sommer begeben werde. DaS kam Tamerlan unerwünscht. Kein teurere» Pflaster in der Wett, als daS von Nizza. Die Dame wollte jedenfals sicher gehen und da sie vorher anstandshalber keinen Einblick in TamerlanS Vermögensverhältnisse verlangen konnte, wollte sie auS seinem Aus Gesetze Ungarn» so lange zögert, wem er sie auch schließlich gibt, wird al» ein Miß te a u e n »z e t ch e n gegen da» M t n i st e r t u m Wekerle aufgefaßt, weshalb diese» zum Rück tritt entschlossen sein soll. «chwetz. * Der Nationalrat beauftragte den Bundes rat, die Verhandlungen bezüglich einer inter nationalen Regelung der Arbeiter schutzfragen wieder aufzunehmen. Die Schweiz ergriff bekanntlich schon im Jahre 188S die Initiative in dieser Angelegenheit, zog aber ihre Anregung zurück, nachdem bald darauf Kaiser Wilhelm durch seine Einladung zur Ber liner Arbeiterschutz-Konferenz die Sache in die Hand genommen hatte. *Die Einführung de» zehnstündigen MaximalarbeitstageS in der Schweiz m Stelle deS dort bestehenden llstündigen Maximal - Arbeitstages hat der schweizerische Nationalrat mit allen gegen 4 Stimmen abge lehnt. Italien. *Nach einer Meldung auS Rom wird die Mitteilung, daß der Papst in Petersburg bei derKrönungdeSZaren sich durch einen Nuntius werde vertreten lassen, in vatikanischen Kreisen noch nicht offiziell bekannt gegeben, doch wird derselben eine große Glaubwürdigkeit bei gemessen und in dieser Mission deS Nuntius ein neuer Schritt des Papstes zur Wiedervereinigung der morgenländischen mit der katholischen Kirche gesehen. * Der Umstmd, daß in der itali enis ch e n Thronrede der Dreibund mit keinem Wort erwähnt wurde, gibt französischen und englischen Blättern Anlaß zu der Meldung, Italien beabsichtige, von ihm zurückzutreten. Diese ganz willkürliche Annahme hat selbstverständlich mit den Thatsachen nichts zu thun, auch hier ist der Wunsch der Vater des Gedankens. Italien weiß zu gut, wie wichtig und unentbehrlich ihm derzeit seine beiden Bundesgenossen find. Rußland. * Ein Erlaß des russischen Ministerium» des Innern erklärt die in Rußland aufgetauchte Sekte der Stund isten als eine der gefähr lichsten für Staat und Kirche md verbietet unter schweren Strafen öffentliche stundistische Gebetversammlungen. Balkanstaaten. *Die bulgarischeSobranje erklärte die Wahlen in Bela Slatina, wo am 11. September Dragan Zankow und am 18. September der inzwischen vom Amte zurückgetretene Minister Tonischem gewählt worden waren, wegen vor gekommener Wahlunregelmäßigkeiten für nn- gültig. Für diesen Beschluß stimmten auch fast alle Zankowisten. Amerika. *Jn dem Staate Kolorado der Ver. Staaten von Nordamerika haben bei den letzten Staatswahlen 70 000 Frauen von ihrem Stimmrechte Gebrauch gemacht. Im all gemeinen sind die Frauen konservativ und schutz- zöllnerisch. Sie waren schuld, daß die Volks partei unterlag und die Republikaner unerwartet einen großen Sieg davontrugen. In KansaS wollte man auch daS Frauenstimmrecht für die Staatswahlen einführen. Der Antrag wurde aber mit großer Mehrheit abgelehnt. Aste«. * Neuere Depeschen deS Marschalls Aama- gata berichten weitere Gefechte in der Mandschurei mit wechselndem AuSgang. Befremden dürfte die weitere Mitteilung, daß die Japaner auf dem Rückmarsch nach Antarg am Dalufluß begriffen sind. Wenn daS richtig ist, so würde sich daraus ergeben, daß die Japaner schon ihre Winterquartiere beziehen wollen. *Jn Süd-Korea haben wieder Kämpfe stattgefunden. Nach einer Meldung der.Times' auS Kobe haben mehrere Tausend aufständische Tonghaks am 28. November die japanische Strettmacht bei Kongsu in Süd-Korea angegriffen und wurden mit großen Verlusten zurückgeschlagen. Zwei ihrer Anführer wurden getötet. * Englische Zeitungen melden, daß Major Hanneken eine chinesische Armee von 100000 Mann organisiere, die nur von Euro pa«» befehligt wewe. DaS erinnert ein wenia an da» schöne Lied vom General Laudon um 500000 Mann. Denn wie die Chinesen jetzt in all« Eile solch ein Heer au» dem Boden stampfen sollen, sie, die nicht einmal fähig waren, ihre stärksten Festungen genügend zu besetzen, ist em unlösbares Rätsel. Deutscher Ueichetag. In der Eröffnungssitzung im allen ReichStagSgebäude am Mittwoch übernimmt der Präsident v. Levetzow den Vorsitz und ernennt zu provisorischen Schriftführern di« Abgg. Mirbach (fretkons.), Krebs (Zentr), Dr. Kropatschek und Dr. Pirsche! (nat.-lib/) Ein- geganaen find an Vorlagen der Etat für 18SS/SS mit Anlagen und Anlethegesetz und Rechnungs vorlagen. Zur Feststellung der Beschlußfähigkeit de» Hause« muß nach der Geschäft»-Ordnung der Namensaufruf vorgenommen werden. Derselbe crgirbt die Anwesenheit von 888 Mitgliedern, das Haus ist somit beschlußfähig. — Präsident v. Levetzow: Ich schlage vor, die nächste Sitzung morgen Donners tag, 1 Uhr, zu halten im neuen ReichStagSgebäude und auf die Tagesordnung zu setzen die Wahl des Präsidiums und drei schleunige Anträge wegen Ein stellung von Strafverfahren gegen die Abgg. Schippel (soz.), Herbert (soz.) und Hirsche! (Anns.). Damit schlägt die Stunde der Trennung von diesem Hause, welches dm Reichstag 23 Jahre lang beherbergt hat. Mit vielem Geschicke und großem Fleiße wurde im Jahre 1871 diese» HauS zum provisorischen Gebrauch für den Reichstag» hergerichtet, nachdem der Plan, ein dem erstandenen Reiche würdige» Gebäude zu errichten, schon gefaßt und die Mittel dazu aus der französi schen Kriegsentschädigung reserviert waren. Am 16. Oktober 1871 hat der Reichstag unter dem Prä sidium des Dr. Simson seine erste Sitzung gehaltm. 21 von dm damaligen Mitgliedern gehören noch heute ihm an, die allerdings nicht ununterbrochen rS gewesen sind. Gar viele von dm Männern, die an jenem Tage in diesein Saale gesessen, sind zu ihrm Vätern heimgegangen und oft haben wir uns, um ihrer zu gedenken, traurig von unseren Sitzen erheben müssen. Aber das Haus hat auch die für die Be gründung des Reiches bestimmte Gesetzgebung voll zogen, hat den legislativen Ausbau de« Reiches, hat di« Justiz-, die soziale Gesetzgebung und diejenige vollzogen, die auf die Heeresverstärkung, die Kolonialpolitik Be zug hatten. Wir haben aber auch hier die bettübende Kunde von dem Ablebm deS altm Kaisers Wilhelm, deS Begründers des Reiches, rrhaltm, wir habm den betrübendm Tag erleben müssen, als der überall überaus schmerzlich empfundene Tod Kaiser Friedrichs eingetteten war und deS jetzigen Kaisers Majestät die Regierung übernahm. Wie überall, so haben wir auch gute und böse Tage gehabt, Mei nungsverschiedenheiten, Redekämpfe, große Sitzungen, viele Arbeit, aber auch Bekanntschaften und Freund schaften haben wir geschlossen. Stets war es aber die Fahne des Reichs, die wir hochgehalten. Einig fühlen wir uns in diesem Ausdruck und die Er innerung an die Stunden, die wir hier ver bracht haben, macht uns die Trennung schwer. Indem ich diesen Platz verlasse, danke ich dafür, daß der Reichstag währmd der langen Dauer nieiner Amtsführung mir keinen Augenblick sein Wohl wollen, seine Unterstützung und Nachsicht vorenthalten hat. Das sei mein letztes Wort und damit schließe ich die Sitzung und das HauS. — Außerhalb der Sitzung und des stenographischen Protokolls schlage ich dm Herren vor, heute Abend gegen 9 Uhr in dem neuen ReichStagSgebäude zu einer zwanglosm Vereinigung zusammenzukommm. Die zweite Plenarsitzung fand am Donnerstag im neum ReichStagSgebäude statt. Präsident v. Levetzow eröffnet die Sitzung mit einer begrüßenden Ansprache, beginnend: „tzuoäkslix tauseumgiw sie". Es sei ein großartiger Augenblick, der seines Gleichen nicht habe. Schon der Anblick der herrlichen Räume des neuen Gebäudes, an dem deutsche Kunst, deutsches Hand werk und Gewerbe ihre ganze Kraft eingesetzt, erhebe das Herz, und dankbar gedenke man des genialm Baumeisters. Es sei ein Denkmal von hohem vaterländischen Wert; die Aufgabe desselben könne aber nur gelöst werden, wenn alles, was man dann berate, im Dienste des Vaterlandes geschehe. Nur dem Kaiser, dem Reich und dem deutschen Volke wollen wir dienen. Das sei die supromu lax des Reichs tages! Präsident v. Levetzow schloß mit einem Hoch aus den Kaiser, in welches der Reichs tag dreimal einstimmte. Nur die Sozialdemo kraten blieben sitzen, was auf verschiedenen Seitm des Hauses lebhaften Unwillen und Pfuirufe hervor rief. Sodann gelangt ein Schreiben des Reichs kanzlers, Fürsten zu Hohenlohe-Schillingsfürst, zur Verlesung, in dem derselbe seine Ernennung zum Reichskanzler anzeigte. Eingegangcn ist die Um sturzvorlage und eine Mitteilung des Reichskanzlers betr. da« Handelsprovisorium mit Spanien. — Abg. Gescher zeigt an, daß er infolge seiner Er- treten in dem fashionablen Weltkurott sehen, ob « auch der Mann sei, für den er sich auSgab. So kombinierte Tamerlan. Er war auch gleich entschlossen, sein ganze» kleines Ver mögen zu opfern, um der steinreichen Fürstin ordentlich Sand in die Augen zu streuen und sie zu einem möglichst raschen Eheschluß mit ihm zu bestimmen. Nizza! Ebendahin wollte auch die Baronin mit ihrer Tochter. ES war ein höchst glückliches Zusammentteffen. Tamerlan schwelgte schon im Vorgenuß des Triumphes, den er dort feiem würde. Inzwischen traf er seine Vorbereitungen zu dem Ausflug ins Reich der Millionenmenschen. Hertha Friedberg kam nicht, wohl ab« Rudolf, welchen die Nachricht ihres Ausbleiben» offenbar mit tiefer Unruhe erfüllte. Tamerlan hatte dagegen für nichts mehr Sinn, als was mit seinem eigenen Vorhaben irgend welchen Zu- ämmenhang hatte. Hertha Friedberg war ihm etzt so gleichgültig wie deren Zukunft, und fiudolf schien ihm bei d« bekannten Neigung d« Viertelsmillionärin geradezu gefährlich. Er mußte sich deshalb den Triumph versagen, ihn zum Zeugen seines neuen Glücke» zu machen, und vielmehr danach hinstreben, daß er nicht nach Nizza ging. Seinen Anspruch an daS Erbe seiner Tante hatte « durch ElviraS Heimkehr verloren; wenn diese den Ausgleich nicht durch eine Heirat mit ihrem Vetter herbeiführte, mußte dieser sich nach einer anderen reichen Frau umsehen, um sich auf der gesellschaftlichen Höhe zu erhalten, auf der er stand. Herr Tamerlan beurteilte eben Rudolf (wie alle Menschen) nach sein« eigenen niederen Denkart. Daß dieser jetzt so ängstlich nach Hertha suchte, erschien ihm als eine Thor- heft oder etwas Schlimmeres. Dementsprechend behandelte er Rudolf, nur bemüht, seine Intentionen für den Sommerauf enthalt zu erfahren. Letzterer sprach dagegen nur von Hertha, die man suchen müsse. Er wollte Tamerlan noch weit« für fie interessiren, fand aber so wenig Entgegenkommen, daß « die Ueberzeugung gewann, jener sei von seiner Tante zu einem feindlichen Verhalten gegen Hettha be stimmt worden. Dies veranlaßte ihn, sehr zur Erleichterung TamerlanS, seinen Besuch kurz ab zubrechen. Er ging mit der Absicht um, nicht wiederzukommen, wenigstens nicht in die Wohnung TamerlanS, die er für die nächste Zeit aber zu bewachen gedachte. DeS letzteren unsicheres, ge wissermaßen ängstliches Wesen hatte den Verdacht in chm erweckt, daß jener doch wisse, wo Hertha sei, und daß er nur von sein« Tante bestimmt worden, deren Aufenthalt ihm nicht zu verraten. Rudolf bestellte Henn Tamerlan nun zwei Lohnboten zur Bewachung, deren einer die HauSchür beobachtete, während der andere jenem überall hin folgte. Ein g'enaueS Signalement Herthas, die schon durch ihr Trauerkleid auffiel, war beiden Männern gegeben, so daß sie die selbe auch bei ein« zufälligen Begegnung auf der Straße erkannt und verfolgt haben könnten. Rudolf erwartete, daß Hettha ihren vermeint lichen Wohltbäter in seiner Wohnung aufsuchen, oder daß dieser fie an einem anderen Ort treffen werde. Keines von beiden ereignete sich; ebenso wenig wurde Hettha von einem der Boten an- D / «,'d V .',a ,1N'M « " i veenttn»,, nemiung zum Ober-Regierung»rat in Düsseldorf settr Mandat niederlegt. Alsdann wird in die Tages ordnung eingetteten. Abg. Graf Hompesch schlägt vor, Herrn v. Levetzow durch Akklamation al» ersten Präsidenten wiederzuwählen. Präsident v. Levetzow nimmt die Wahl mit Dank an. Zu Vizepräsidenten werden auf Vorschlag de» Frhrn. v. Manteuffel die Abg. Frhr. v. Buol und Dr. vürklin ge wählt. Bei der Wahl der Schriftführer beantragt Abg. Singer, den Abg. Fischer (soz.) auf die Liste zu setzen, welchem Vorschlag da» Hau» entsprach. E» findet infolgedessen die Wahl d« Schriftführer durch Aettelabgabe statt, deren Resultat spät« verkündet werden wird. — Der Präsident v. Levetzow nimmt Veranlassung, auf da» Ntcht- erheben d« sozialdemokratischen Abgeordneten bet dem Hoch aus den Kaiser zurückzukommen und be merkt, e» entspreche ein solche» Verfahren nicht der Sitte deutscher Männer, beleidige vielmehr die Ge fühle der übrigm Mitglieder diese» Hause». Er bedauere, daß er keine Mittel habe, um solche Vor kommnisse zu verhüten. — Unter groß« Erregung de» Hause» antwortet der Abg. Singer (soz.): Ich erkläre, daß wir gegenüb« dem Umstande, wonach beschlossen war oder in Aussicht gestellt worden ist, zu befehlen, daß Soldaten, die Söhne de» Volke», auf ihre Brüder, Mütter und Väter schießen sollen, und gegenüber der Thatsache, daß wir jetzt eine Gesetzesvorlage zu machen haben, die sich gegen un» richtet, e» mit unser« Würde und Ehre nicht vrreinbar finden, in ein solche« Hoch einzu stimmen. Der Antrag Au« auf Aussetzung der gegen die Abgg. Herbert, Schippel und Hirsche! schwebenden Strafverfahren während der Dau« d« Session vnanlaßt eine ausgedehnte und sehr lebhafte Debatte. Schließlich werden die Anträge auf Ein stellung der gegen die Abgg. Herbert, Schippel und Hirsche! schwebenden Strafverfahren angenommen. Nächste Sitzung Dienstag. Do« Nah «ad Ferm. Geschenke des Kaiser-. Wie man aus Kairo meldet, ließ Kaiser Wilhelm H. kürzlich durch den dortigen Vertreter, Baron v. Heyking, zwei Beduinenscheichs goldene Uhren überreichen. Die Uhren zeigen innen auf einer Seite das Bildnis des Kaisers und dessen NamenSzug. auf der anderen den Namen des betreffenden Scheichs. Die Geschenke sollen eine Anerkennung für die Dienste bilden, die die beiden Scheichs verschiedenen deutschen Archäologen bei deren wissenschaftlichen Untersuchungen geleistet haben. Höchste Unverschämtheit. Ein reicher und sehr wohlthätiger Berliner namens H. hatte unter seinen vielen Schützlingen auch einen ge wissen Tarlauer, dem er seit etwa dreißig Jahren eine monatliche Unterstützung von 20 Mk. ge währte. Im Laufe der langen Zeit hatte sich ein gewisses freundschaftliches Verhältnis zwischen Almosengeber und Empfänger herausgebildet, um so mehr, als der letztere streng darauf hielte das Stipendium immer von Herrn H. persönlich zu erhalten. Aber eines Tages, als wieder der MonatSerste da war, blieb der biedere Tarlauer aus. Dagegen erschien einige Zeit darauf ein Rechtsanwalt und bat, Henn H. in einer Testa mentsangelegenheit sprechen zu dürfen. „Iw einer Testamentssache?" entgegnete verwund«- Hen H. „Wer könnte wohl meiner in seinem letzten Willen gedacht haben?" — „Ein Hen Tarlauer!" — „Tarlauer? Den Mann habe ich ja seit dreißig Jahren unterstützt." — „Das ist eS eben," sagte der Rechtsanwalt zu Henn H., dessen Staunen den höchsten Grad erreichte, „Sie sollen auch keine Erbschaft erhalten, son dern eine solche . . . bezahlen. Hören Sie nur: Hen Tarlauer hat ein Testament hinterlassen, das u. a. folgende Bestimmung enthält: „Ich bestimme hiermit, daß die zwanzig Mark, die ich seit Jahren monatlich von Henn H. erhalte, weiter gezahlt und zu wohlthätigen Zwecken als „Tarlaun-Stiftung" verwendet werden sollen." Hen H. soll über die Unverfrorenheit deS „Erb lassers" lange wie versteinert dagesessen haben. Dann aber fand er, daß der Witz monatlich zwanzig Mark für wohlthätige Zwecke wett sei, und sagte lachend: „Hen Rechtsanwalt, ich trete die Erbschaft an." Der deutsche Seefischerei-Verein beab sichtigt im Jahre 1896 in der Berliner Aus stellung eine allgemeine deutsche Seefischerei-Aus stellung zu veranstalten. Den wesentlichen Be standteil wird eine große Fischkosthalle bilden mit besonderen Räumen für die Speisung be- derswo gesehen. Nach zwei Wochen gab Rudolf seine Bemühungen als verloren auf. Bei ein« zufälligen späteren Begegnung mit TamerlanS Diener erfuhr er von diesem, daß sein Herr für den Sommer nach Nizza reisen und ihn mit nehmen werde. Auch zwei neue Dien« sollten dazu noch engagiert werden. Diese Mitteilung kam Rudolf etwas verblüffend, Tamerlan mußte, doch wirklich so viel Geld haben, wie man sagte. Rudolf hatte sich nach dem Zeitpunkt der Ab reise bei dem Dien« erkundigt und überwachte-., letztere spät« selbst, um ganz versichert zu sein,' daß Tamerlan allein nach Nizza reiste. Mn endlich war er überzeugt, daß jener keine Ver bindung mit Hettha Friedberg habe; um so mehr war er selbst bemüht, sie zu finden. Er that alles, waS « thun konnte, um auf ihre Spur zu kommen; ab« kein Drittel verfing, selbst eine,. Hettha leicht verständliche Annonce in den ge- lesensten Zeitungen blieb unbeantwortet. Er durfte nun dreierlei annehmen: Hertha hatte sich für immer von ihm abgewandt — sie hatte sich ein Leids angethan oder war nach d« Residenz gar nicht mehr zurückgekehtt. WaS sollte er glauben? Und wenn daS letztere ein- traf, wohin sollte « sich dann wenden? Er war in Verzweiflung. Er konnte jetzt alle» nur von einem Zufall «hoffen, da auf dem gewöhnlichen Wege nichts mehr zu erreichen war. WaS Tamerlan von Hettha entfemte, trieb ihn zu ihr hin, ihre hilflose Lage und Verlassen heit. Er wollte dieses unglückliche Geschöpf zu sein« Gattin machen, ohne zu ahnen, daß sie berufen sein könnte, einen Namen von gleich gutem Klange wie sein eigener zu tragen; undsd
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