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Auerthal-Zeitung : 28.11.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-11-28
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189511285
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18951128
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18951128
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-11
- Tag 1895-11-28
-
Monat
1895-11
-
Jahr
1895
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 28.11.1895
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französischen Hospital entdeckte. EL ist seine Auslieferung ringeleitet worden. Ungetreuer Sachwalter. In Combrond bei Clermont-Ferrand wurde der Notar Michel verhaftet, der 600 000 Frank ihm anvertrauter Gelder veruntreut haben soll. Die Cholera hält sich in Rußland in diesem Jahre recht lange. Nach de« amtlichen Ausweis erkrankten in Petersburg an Cholera und unter chaleraartigen Erscheinungen vom 20. bis 23. November 14 und statben 7 Per sonen, im Gouvernement Wolhynien vom 27. Oktober bis 2. November 43S bezw. 176 Personen, vom 3. bis S. November 868 bezw. 160 Personen, im Kreise Berditschew vom 27. Oktober bis 2. November 41 bezw. 16 Per sonen, vom 3. bis 3. November 77 bezw. 36 Personen. Revolte iu einer Higarretteufabrik. In Petersburg bei der weltbekannten Zigarretten- sirma La Ferme ist eine Revolte auSgebrochen. Frauen und Mädchen zertrümmerten, wegen an geblich ungerechtfertigter Lohnabzüge, sämtliche Fabrikeinrichtungen und vernichteten die gesamten Tabaksvorräte. Der Polizei gelang eS zunächst nicht, die Ruhe wieder herzustcllen; erst mit ' herbeigeholten Feuerspritzen war dies möglich. Ueder eine Hinrichtung in Kamerun wird geschrieben: Am 9. September wurden in Klein-Batanga zwei Schwarz: erschossen. Diese hatten dort des NachtS, während die Leute sich bei Tanz und Spiel ergötzten, ein Kiiw ?us einer Hütte geraubt und im Busch erschlag«, um aus der Haut eine Medizin gegen Leoparden zu bereiten. Die Mutter bemerkte die Räuber und erkannte einen derselben. Sie rief schnell die Leute herbei, die denselben nachstellten, doch ver gebens. Anderen TagcS hielt sich der eine in den Plantagen auf, um jeden Verdacht abzulenken; er wurde aber von seinem Kameraden verraten. Die Untersuchung ergab die Schuld der beiden, die dann auch die That eingestanden. Sie wur den zum Tode verurteilt und vorläufig in das Gefängnis nach Kribi gebracht. Der katholische Prälat besuchte sie hierauf und folgte ihnen auf den Nichtplatz. Gerichts Halle. Berlin. „Ob ick mir für schuldig bekenne? Nee, denn erschtens kommt et andersch un zweetenS als man denkt * Diese Antwort wurde dem Vorsitzenden des Schöffengerichts von dem Maurer B. zu teil, dec sich in Gemeinschaft mit den« ebenfalls angeklagten Bäckermeister H. des Hausfriedensbruchs schuldig gemacht haben sollte. — Vars.: Das ist ja eine recht verständ liche und klare Antwort. Angeklagter H. äußern Sie sich mal. — Angekl.: Wenn ick, un mir hat eener jedruckt, geschrieben und mit Worten an die Ehre jejriffen un ick jehe hin zu ihm, ob er niir damit nieeni, wie soll ick det machen, ohne sein Lokal zu betreten? — Vors.: Das Lokal war Ihnen aber doch verboten worden? — Angell.: Wat is denn so'n Wirt, wenn er kenne Jäste hat? — Vorsitzender: Ja, mit dieser Frage haben wir uns hier nicht zu be schäftigen. Es wird schon das beste sein, wir vernehmen gleich den Zeugen, Schankwirt Müller. - - Der Zeuge ist der Typus eines Berliner Budikers. Auf einem kurzen, gedrungenen Körper fitzt ein runder Kopf mit einem runden Gesicht, das sich vortrefflich dazu eignet, um ^darauf das Rasieren zu lernen. Bors.: Herr Zeuge, erzählen Sic mal kurz, wie Sie mit den beiden Ange klagten in Konflikt geraten sind. — Zeuge: Ja, sie haben beede längere Zeit bei mir verkehrt, ick habe sojar Ville Male mit ihnen Skat jespielt. Aber merkwürdig, sie jewanncn immer. Da sagte mir mal mein zwölfjähriger Junge, wat een Heller Kopp is, det die beeden sich bei't Spiel immer Zeechen machten, wat auSjespiclt wer'n sollte. Ick paffe uff, un richtig. Der eene thut so janz unuffällig die Lippen spitzen, als wenn er een Lied seifen will, un dann spielte der andere srien auS. Mit die Spitze von die Karte so jcjcn die Neese jucken, bedeitete rot auSspielen, un Vors.: Nun genug, Sie merkten, daß Sie be trogen wurden. — Zeuge: Jawohl. Ick uff- stehen, die beeden ehrlichen Seemänner die Karten in't Jestchte werfen, mein Jeld von'n Disch Girr alter Sozial-Staat. Unter der Ueberschrlst: „Wie ein sozialistischer Staat vor 500 Jahren auSsah", berichtet die »Deutsche Volkswirtschaftliche Korrespondenz': ES ist schon seit langem bekannt, daß eine Reihe alter Bolksstämme in genossenschaftlichen Orga nisationen sich Staats- und Gesellschaftsformen geschaffen hatte», die man mit dem heutigen Wort als sozialistisch bezeichnen könnte. In einer Schrift von Dr. Oskar Martens „Die geschicht liche Grundlage und die Hauptzüge in den poli tischen und sozialen Zuständen des JnkareicheS Tahuantinsuyu auf dem südamerikanischen Hoch lande" erhalten wir zum ersten Rial auf streng wissenschaftlicher Grundlage eine erschöpfende Schilderung eines Staatswesens amerikanischer Indianer vor fünfhundert Jahren, daS als ein streng sozialistisches bezeichnet werden muß. Der Staat der Inkas, der zeitweise eine Ausdehnung hatte, welche die des Deutschen Reiches wesent lich überschritt, war ein Staat mit ausschließ licher Ackerbankultur, mit völliger Aufhebung deS Privateigentums an Grund und Boden. Von dem gefaulten nutzbaren Lande war ein Drittel dem Volke zur Gewinnung des unmittelbaren Lebensunterhaltes zugewiesen, und zwar so, daß ein bestimmtes Maß guten MaislandeS auf den Kopf kam, ein Drittel war für die Bedürfnisse des Inka, der monarchischen Spitze des Staates, daS letzte Drittel für die Bedürfnisse des Ku tus und der Negierung bestimmt. Wuchs die Be völkerung, so wurde bei der ersten besten Ge legenheit eine neue Provinz erobert und daS Land weiter aufgeteilt. Das Saatgut wurde von der Negierung zugewiesen, die in Notjahren den völligen Unterhalt der Bevölkerung über nahm. Arbeilspflichtig für alle drei Drittel des Staatsgebietes waren alle Männer vom 25. bis 50. M-ensjahre mit ihren Frauen. Geld oder ein anderes Tauschmittel gab es nicht. Fast jeder mußte auch sein eigener Handwerker sein. Die Bewachung, und polizeiliche Kontrolle der Bevölkerung ging Lis ins einzelne. Eine Reise durfte ein SlaatsangÄöngcr nur auf königlichen Befehl machen. Die gai^c Bevölkerung war fest an die Scholle gefesselt. Die-Acrhmdcruirg der Freizügigkeit ging so weit, daß' An Siaats- bcwohner in eine andere Gemeinde hinM heiraten durfte, weil dadurch die Verteilung des Handes gefrört worden wäre. Die Indianer wareL.au eine bestimmte Kleiderordnung gebunden uM mußten bei offenen Thüren ihre Mahlzeiten ein nehmen, um den überwachenden Beamten einen steten Einblick in ihr häusliches Leben zu er möglichen. Selbst Kinder wurden, wenn sie un artig waren, öffentlich und von Rechts wegen be straft, zugleich aber auch der Vater. Zur Auf rechterhaltung einer derartig bis in die kleinsten Einzelheiten deS täglichen Lebens festgesetzten staatlichen Ordnung war natürlich ein ungeheurer Beamtenapparat notwendig, der von der arbeiten den Bevölkerung mit ernährt werden mnßte. Unter einem Volksteil von tausend Familien, die wieder in aufstcigenden Gruppen von zehn, fünfzig und hundert Familien eingegliedcrt waren, funktionierten nicht weniger als 113 stufenweise einander übergeordnete Beamte. Fortwährend durchreisten außerordentliche Kontrollbcamte das Reich und fanden überall zu strafen. Jede Be leidigung der Regierung und der Beamten wurde auf das strengste geahndet. Folter und Todes strafe konnten nicht entbehrt werden. Nur so war es möglich, die staatssozialistische Organisation durchzuführen. Der einzelne galt nichts und mußte jeder selbständigen Willensäußerung ent sagen lernen, die Reglementierung galt alles. — Viel anders würde es wahrscheinlich auch in dem Zukunftsstaat unserer Sozialdemokraten nicht aussehcn. Jedenfalls aber zeigt uns das Werk von Riartens einmal, daß der Staatssozialismus nichts neues und kein Fortschritt ist, daß er sich vielmehr auf einer ganz primitiven Kulturstufe, die noch kein Eisen, keine feineren Werkzeuge, kein Nähzeug und keine Maschine kannte, aus gebildet vorfand, zum anderen, daß zur Aufrecht erhaltung der inneren Ordnung in einem solchen Staate — dieser selbst brach bei dem ersten ' Kunles Allerlei. „Borficht" auf Pakete«, „Etgeuhändkg', auf Belesen. Die Vermerke werden vom Publikum vielfach benutzt, obgleich sie — un richtig angewandt — nach den postalischen Be stimmungen ohne die erstrebte Wirkung sind. Eiy Fachmann schreibt, daß der Vermerk „Vor sicht^ auf gewöhnlichen Paketen wirkungslos ist, da damit bezeichnete gewöhnliche Pakete durch aus keine besondere vorsichtige Behandlung er fahren. Will man ein Paket vorzugsweise be handelt wissen, so geschieht dieses, wenn die Auflieferung unter „Einschreiben^ (Gebühr 20 Pfg.) oder unter Wertangabe (Gebühr bis zu 600 Mk. 10 Pfg.) erfolgt. Solche Pakete werden von einer zur anderen Stelle gesondert ^on dem großen Haufen der gewöhnlichen Pakete, einrM übergeben und getrennt von diese» auf- bewakst"*- — Der Vermerk „Eigenhändig" auf aewölmlsch-en Briefen hat selten die vom Ab- sender gewü.^cht-, Wirkung. Will man die Ab- aabe eines Briefes an den Empfänger persönlich ßcher sLch lo s-M man d-n Brief unter „Einschreiben. Eigenhändig - Falle darf die Auslieferung nur an Ä . ^mv'anncr in eigener Person geschehen. Kürzlich wurde Pfarrer Kneipps Ge burtstag in Wörishofen gefeiert. Alle Damen wollten von ihm ein Andenken erhalten. Hilflos sah er sich um. „Ich habe ja nichts, was ich euch,geben könnte", meinte er dann. Als aber die Bitten sich erneuerten, lief ein humoristisches Lächeln über sein Antlitz und er sagte, indem er seine Tabaksdose hervorzog und diese hinunter reichte: „So möge sich denn stde Dame eine Priie aus meiner Tabaksdose als Andenken nehmen." Die Damen steckten ohne Prüderie die Fingcrchen in die Dose und an die Näschen, dann gab's im Chorus ein Niesen, ein Niesen und abermals ein Niesen, worauf Pfarrer Kneipp mit schalkhaft ernster Miene sagte: „Weil die Damen in alles ihre Nasen stecken müssen." Ein Schriftsteller in Boston nennt die Gewohnheit der jungen Mädchen, sich unter ein ander küssen, eine schreckliche Verschleuderung des rohen Materials. Zuvorkommend. „Wenn ich um zehn Uhr nicht zu Hause bin, liebe Fran, brauchst du nicht mehr auf mich zu warten!" — „Fällt mir auch gar nicht ein!.. Wenn du um neun Uhr nicht da bist, hol' ich dich!" GeirreirrrrStziges. Leichte- Löte« der A«le. Man thut die Aale in einen Eimer Wasser und gießt dann etwas Essig und Kochsalz hinein, vorauf man den Eimer schnell zudeckt Die Aale schießen noch ein paar Mal blitzschnell durch daS Wasser und sind in weniger als einer halben Minute alle tot. Läßt man sie dann noch ein Weilchen in einer Lösung von Kochsaz und Essig liegen, dann wird die Haut geleeartig und nach der Zubereitung wird man die Aale viel wohl schmeckender und auch fetter finden als beim Ver fahren der alten Methode. Beim Verbrauch kann man die Haut ja entfernen, wenn man sie nicht liebt. Jedenfalls ist es nicht nötig, die Aale auf die bisherige grausame Weise bei lebendigem Leibe abzuhäuten. Die Verdaulichkeit der Kartoffel ist je nach der Art ihrer Zubereitung sehr verschieden. Gesotten, mit Salz oder Butter, als Salat mit Essig und Oel oder geröstet genossen, werden 9,4 Prozent der Trockensubstanz oder 32,2 Pro zent ihres Stickstoffgehaltes unverdaut aus dem Körper auSgeschicden, während von zu Brei ge kochten Kartoffeln nur 5,6 Prozent der Trocken substanz und 19,5 Prozent des Stickstoffs im Darmkanal nicht ausgenutzt werden. Die Kar toffeln find demnach zu Brei oder MuS ver kocht am vorteilhaftesten und am leichtesten ver daulich, ein Umstand, der besonders für Personen mit schwachem Biagen von großer Wichtigkeit ist. Anprall der spanische ConquistadoreS zusammen — ein solches Mab von Opfern an Selbständig- keit und Menschenwürde gehört, wie es wohl ein südamerikanischer Indianer, nicht aber der moderne Mensch jemals bringen könnte. - ------- streichen un ihnen det Lokal verbieten, det war' anwaltS und legte die Kosten des Verfahrens eene Oogenblicks-Sache. - Angekl. B.: Nu hört der Staatskasse auf. DaS Publikum bereitete aber doch verschiedenet uff l Det jeht ja ieber dem Freigesprochenen lebhafte Huldigungen. Kreide un Rotsteen, wat der Mensch zusammen- phantasiert. Wamm erzählt er denn ntch, det vir freiwillig singen, indem wir mit ihm nischt zu dhun haben wollien? — Vors.: Zeuge, er zählen Sie Wetter: — Zeuge: Det iS richtig, »et fie fingen un bestritten, det sie mir bet't Spiel bejaunert haben. Aber hernach kam det raus, det fie det ooch in andcr: Lokale schon so jemacht haben. — Vors.: Nun kommen Sie aber zu dem Hausfriedensbruch. — Zeuge: Also an den betreffenden Abend kommen sie beede wieder rin in mein Lokal un find sehre uffjeregt un halten mir Papiere un Postkarten vor, un det müßte ick jeschricben haben un fie wollten mir wejen Belcidijung vor'n SiaatSanwalt bringen un alle so'ne Schosen. Ick lasse mir uff nischt in und sage bloß, det sie mein Lokal verlassen sollten, un als sie nich jingen, hat mein zwölfjähriger Junge eenen Schutzmann jeholt. Der hat sie denn raurgebracht. — Vors.: Und das ist alles? Da sind Sie gleich hingelaufen und haben Straf antrag gestellt? Angeklagter B., was wollen Sic mit dem Papier da? — Angekl. B.: Det is een Blatt, wat sic aus'n Adreßkalender je- rissen haben. Det iS auS'n zweeten Teil, Seite 236, da iS noch een freier Platz un da haben sie meinen Namen uffjeschrieben un mir det Blatt zujeschickt. — Bors.: Nun ja, was soll das denn bedeuten? — Angeklagter: Ja, sehen Sie, oben ieber den Strich steht „Lumps»'. — Vors.: Ach so, nun verstehe ich. Sie meine» wohl nicht mit Unrecht, daß dies auf Sie gemünzt sein soll. Zeuge, sind Sie der Absender dieses Papftres gewes n? — Zeuge: Nee, aber et kann möglich sind, det et welche von meine Jäste jewcsen sink. — Vors : An geklagter H, haben Sie auch so eine Lvschickung bekommen? — Angekl.: Jenau dieseM^cber denn ooch noch diese Postkarte. Sehen Sie bitte mal an! — Vors.: Das ist ja ein Vers! (liest). Und dazu eine ganz gewöhnliche Schimpferei. Zeuge, haben Sie die Karte geschrieben? — Zeuge: Nich in sämtliche Hände! Aber et kann sind, det einige von meine Jäste davon wissen, denn et war bei det janze Kollodium die An sicht vertreten, det Mogelei bei'n Skat nich strenge jcnug bestraft werden kann. — Vors.: Da war allo die Erregung der An geklagten über die ihnen gewordene Zusendung jedenfalls berechtigt. Haben Sic dieselben wieder holt aufgefordert, Ihr Lokal zu verlassen? — Zeuge: Mindestens fünfmal. Aber wat hier der Anjcklagte B. is, der holte eene» Blei un sein Notizbuch raus un sagte so recht wichtig, det er mein Adreßbuch zu sehen verlangte, er wollte sich davon icberfichren, ob det Blrlt, wat ihm zujeschickt worden wäre, aus mein Buch stammen dhäte. Un der andere blieb immer dabei, det er mir an die Handschrift erkennen dhäte, un ick sollte mal mit Kreide een lateinischet H uff'n Tisch schreiben, denn wüßte er Bcschecd. Ick wollte natie-lich nich und konnte sie nich los wer'n. — Der GcrichiShof gewann nicht die Ueberzeuqung, daß die Angeklagten die Aufforde rung zum Verlassen des Lokals ernst genommen hatten, und sprach dieselben deshalb frei. Flensburg. Als grober Unfug ist von der hiesigen Strafkammer der Gebrauch des Wortes „Sönderjyrland" für das frühere Herzogtum Schleswig erachtet und sind dementsprechend die Redakteure der Zeitung ,Heimdahl' in Apenrade verurteilt worden. Köln. Im Mülheimer Krawallprozcß er hielten zwei Angeklagte 3 und 2 M„nat Ge fängnis, drei erhielten eine, zwei und drei Wochen Gefängnis, zwei eine Woche Haft, drei erhielten 3 bis 5 Tage Haft, drei einen Ver weis, 15 kamen frei. Strahburg. Vor dem hiesigen Schwur gericht wurde am 23. d. gegen den früheren Supernumerar und späteren Drogengehilfen Fix wegen Giftmordversuches, begangen an seiner Schwester und deren Gatten, dem Oelhändler Müller, verhandelt. Die Geschworenen verneinten sämtliche 16 Schuldfragen, worauf der Staats anwalt Freisprechung beantragte. Der Gerichts hof erkannte nach dem Anträge des Staats ¬ viel davon zu verstehen! Ich liebe alles, was schön ist, ob es nun gemalt ist oder gesungen wird, ob eS ein Gedicht oder eine Oper heißt, oder ein Bild ... Ist verstehe freilich von allem noch sehr wenig; aber das schadet nichts, ich habe zur Belehrung ja Mama." Baron Rudolf hatte nur gesprochen, weil er sich verpflichtet fühlte, seine Dame zu unter halten. Seine Gedanken waren mit etwas ganz anderem beschäftigt gewesen, und er fand eS eigentlich unbequem, daß sie nicht bloß mit Ja und Nein antwortete. Jetzt sah er aufmerksam in das junge, leicht bewegliche Gesicht. „Haben Sie denn schon wirklich Schönes gesehen?" „O ja, wir waren den Winter in Rom und Florenz, und Mama hat mir alles gezeigt und erklärt," — sie seufzte tief auf, — „es war wunderschön." Rudolf wurde durch daS Wort „Mama" auS diesem Munde eigentümlich berührt. Er blickte zur Gräfin hinüber. Da stand sie «tt ihrem ruhigen Lächeln und ihrer vornehmen, graziösen Haltung und sprach mit Holten. Die Erscheinung dieser Frau ist von seltener Harmonie, dachte er; ich gönne eS Holten, wenn er glücklich wird, — aber viel, sehr viel Glück hat er wahrhaftig! Und zu gleicher Zeit flog auch Adas Blick zu der Gruppe drüben und eine leichte Falte grub sich dabei in ihre weiße Stirn. Mama scheint mich ganz zu vergessen, dachte fie, und dieser Herr von Hotten scheint sich gar nicht mehr zu erinnern, daß er mich auch schon kennt, und daß wir sogar vor einem Jahre, als in Dresden; es that mir nur leid, daß Sie, der Sie so große Lust hatten, weiter zu fliegen, gleich wieder an die Arbeit zurückkehren mußten. Ich hätte Ihnen längere Ferien gegönnt, ob gleich Ihre Versetzung nach Berlin auch sehr vorteilhaft für Sie war." „Aber Herr von Holten hatte doch Urlaub und nicht Ferien, wie ein Gymnasiast," rief Ada, und Holten, der sich ohnehin über den mütterlichen Ton, den die Gräfin ihm gegen über anschlug, ärgerte, der es aber ganz über flüssig fand, daß Ada diesen Ton noch besonders bemerkte, erwiderte etwas gereizt: „Ferien bedeuten Feiertage; Ihre Mama hat recht." Ada zog die Mundwinkel schmollend herab und lieb unwillkürlich den Arm der Gräfin los, indem sie sich an den Baron wandte und auf ein Bild wies. „Da, sehen Sie, da ist wieder eine Dame in Weiß, — und der Maler hat ihr auch wie der einen weißen Hintergrund gegeben, ganz wie Gussow. Sonderbar, nicht?" „Miß Katharina Grant, von Herkomer," laS der Baron im Katalog nach und stand dann einige Augenblicke stumm vor dem Bilde. „Ein entzückendes Geschöpf, und wundervoll gemalt," sagte er langsam. Ada stand neben ihm, aber ihr Blick flog zurück zu der Mama Und Holten. Da standen sie wieder fest, und Holten war ganz vertieft in sein Gespräch mit der Gräfin. Eine flüchtige Röte flog über Adas Gesicht. Sic warf einen schnellen Blick auf das Bild wir ihn auf der Durchreise in Dresden trafen, ein Vielliebchcn zusammen gegessen haben! Er hat sich inzwischen einen Vollbart wachsen lassen, das steht ihm gut, sehr gut sogar! . „Ja, das glaube ich wohl, daß das wunder schön war!" bemerkte der Baron, an Adas letzte Worte anknüpfend, um nur irgend etwas zu sagen, und fie antwortete genau eben so zer streut, wie er: „Ja, freilich, wunderschön." „Aber wo ist denn Ada?" fragte die Gräfin jetzt und kam eilig auf die beiden zu. Mit einer lebhaften Bewegung legte fie ihren Arm in den deS jungen Mädchens, und die Wanderung durch die Säle wurde nun ge meinschaftlich gemacht. Holten blieb an der Seite der Gräfin. „Erinnern Sie sich unseres Ganges durch die Dresdener Galerie?" fragte er. „Es muß gerade vor einem Jahre gewesen sein." „Ja, nächsten Sonnrag wird eS ein Jahr," erklärte Ada bestimmt. Er sah erstaunt und bettoffen zu ihr hinüber. „Sie wissen daS Datum?" „AuS ihrem Tagebuchc," bemerkte die Gräfin. „Nein, auch so, Mama. Ich habe mich näm lich damals so über Sie geärgert, Herr von Holten, weil Sie durchaus verlangten, daß ich eine halbe Stunde vor der Sixtinischen Madonna still fitzen sollte, — und ich war noch so dumm und die Madonna langweilte mich so I O, ich weiß alles noch ganz genau. Nachmittags fuhren vir auf der Elbe nach Meißen und Sie brachten unS so schöne Rosen, nicht wahr, Mama?" ! Sic warf einen schnellen „Ja, eS waren recht hübsche Tage damals I und sagte schlecht gelaunt: „Ich mag die langen gelben Lederhandschuhe der Dame nicht!" Der Baron lächelte. „Sie lieben das Schöne, Fräulein Ada, und übersehen dieses süße Gesicht, um die Handschuhe zu tadeln, deren Farbentönung mir übrigens zu dem vielen Weiß der Umgebung ganz gut gefällt." Ada biß sich auf die Lippen: nun fing der Baron auch noch an, zu Hofmeistern, — dds war wirklich unerträglich. „Mama soll entscheiden," sagte sie kurz und froh, einen Vorwand zu haben, ihre Pflege mutter hcrbeizurufen. Diese schloß sich der An sicht des BaronS an und erklärte dann, für heute genug Bilder gesehen zu haben und einen Gang durch den Ausstellungspark machen zu wollen. Ada war schweigsam, während fie über die sauberen Kiegswege schritten. Erst der Anblick der römischen Osteria riß fie aus ihrem Unmut. „Ja, so, gerade so sehen sie aus, diese sonderbaren, wunderhübschen, lieben Nester, — o, Herr von Hotten, Sie hätten dabei sein sollen, wie wir den vorletzten Abend in solch eine Osteria einkehrten!" Sie wandte sich unwillkür- ttch wieder an Hotten, und diesmal spann fie ihn in ihr Geplauder so ein, daß er eS ganz vergaß, daß Ada ja „daS Kind" war, das er, grundsätzlich nicht beachtete. Ja, er empfand eS , sogar angenehm, jetzt einmal nicht mit mütter lichem Wohlwollen behandelt zu werden, und die beiden umschritten noch fröhlich plaudernd die Osteria, während der Baron und die Gräfin schon auf den Stuft» des ZeuStempels standen. P ^ortfttwog
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