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Auerthal-Zeitung : 04.09.1895
- Erscheinungsdatum
- 1895-09-04
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189509041
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18950904
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18950904
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1895
-
Monat
1895-09
- Tag 1895-09-04
-
Monat
1895-09
-
Jahr
1895
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 04.09.1895
- Autor
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ein großes Loch — und mitten auf der Straße stand der Zug, der nach Torfar bestimmt war! Die Dampfbremse hatte plötzlich den Dienst ver sagt und der an» vier Wagen und de« Maschine bestehende Zug war durch das Bahnhofgebäude gestürmt und hatte sich, ein« dicke Mauer durch brechend, «inen Weg ins Freie gebahnt. Hie Beschädigungen, welche die Maschine bei diesem „Ausflug" datzoßkttch lieben sie wenige Schritte vor einem dem Bahnhäf gegenüberftehenden Hotel zum Stehen kommen. Zwölf Personen find mehr oder weniger schwer verletzt worden. Vwzakre» Svhwe. In einem der letzten nach Cuba gehenden spanischen Dampfer befindet sich der zweite Sohn des Marschalls Bazaiue, der im spanischen Heere dient, und zwar als Unteroffizier bei den PMessin-Husaren. Am selben Tage, an welchem sich der junge Mann einschiffte, erhielt er die Nachricht von dem Tode seines älteren Bruders, der als Freiwilliger nach Cuba gegangen war und als Sergeant diente. Er hatte im königlichen Colleg von San Lorenzo del Escorial seine SttidieU gemacht und war unter seinen Mitschülern allgemein beliebt. Als Bazaines Stern vor 25 Jahren verblich, waren die beiden Söhne noch nicht geboren. Die Zahl der Lynchfiille in Nord- Amerika ist in den letzten Mvttaten wieder be deutend gestiegen. In diesem Jahre sind, wie der in New Orleans erscheinende ,Dailn Crusades anführt, so weit man weiß, bis jetzt schon 90 Neger dem „Richter Lynch" zum Opfer ge fallen. Geht das so weiter fort, so ««den im Jahre 1895 200 Neger durch die grausame, aller Gesittung Höhn sprechende VölkSjustiz um das Leben gebracht werden. Grrichtshalle. Paris. Der französische Anarchist Cohen, der in contumaciam zu 20 Jahr Zwangsarbeit verurteilt worden war, wurde am Freitag von dem Geschworenengerichte des Seme - Departe ments freigesprochen. Madrid. Oberst Romers wurde zu drei Jahr vier Monat Gefängnis verurteilt, sowie zur Zahlung von 4500 Piaster jährlich während 18 Jahren an die Familie eines Mannes, den er im Duell auf unregelmäßige Weise gelötet hatte. Ans dem lagermmmodear« KyfftfLirser, der durch die Errichtung eines Kaiser Wilhelm- Denkmals noch einen besonderen Reiz gewinnt, hielt mn 25. v. der Thüringisch-Sächsische Verein für Erdkunde seine diesjährige Wanderversamm lung ab. Den Hauptvortrag hielt Oberlehrer Rudolf Steinhoff aus Blankenburg a. H. über die Kyffhäuser-Sage. Wenn auch die (zuerst von Michelsen 1858 angestellte) historische Forschung längst erwiesen httbe, daß die Ent stehung der deutschen Kaisersage sich nicht an Friedrich l., sondern an Friedrich N. knüpfte und daß die Barbarossa-Sage überhaupt erst im 16. Jahrhundert entstanden sei, werde das deutsche Volk doch niemals von der ihm lieb gewordenen Vorstellung lassen, daß es eben der Kaiser Friedrich ist, der im Knffhäuser Wummere. Die Kyffhäuser-Sage ist wahrscheinlich eine Ver quickung von Sage und Mythus; weshalb diese Sage aber gerade an diesen Berg anqslehnt hat, ist noch nicht ermittelt. Der in einer Urkunde des Klosters Walkenried vorkömmende Name Wodansberg wird vvtt -fingen auf den Kyff- häuser bezogen, und wenn man bedenkt, daß dieser Berg, dessen ältester Name Cuffefe einen zcltförmigen Hügel oder Berg bedeutet, einem zudem häufig von Nebeln umgebenen riesigen Wohnzelte gleicht, so lag es für die VolkSan- schauung nahe, ihn als Wohnstätte des himm lischen Wettermachers Wodan anzusehen. Daß aber von den verschiedenen Wodansbergen gerade an den Kyffhäuser die Kaisersage sich angelehnt hat, sei sicherlich nichts weiter als ein Spiel des Zufalls. Im zweiten Teile des Vortrages gab der Redner eine Darlegung der Stellung der Kyffhäuscrsage in der deutschen Litteratur, die eben so interessant wie erschöpfend war. Ausgehend von dem zwischen 1814 und 1817 ! entstandenen und zum BolkSliede gewordenen Gedichte Rückerts vom alten Barbarossa, dem Riesten und immer noch schönsten aller Kyff- HRiserlieder, wies der Vortragende nach, wie die groben politischen Ereignisse dieses Jahrhunderts, namentlich die von 1848 und 1866, sich auch in den die Kyffhäusersage behandelnden Dichtungen wtederspiegelten und Vie seit dem Kriege von 1870/71 eine Reihe von Gedichten und sonstigen poetischen Bearbeitungen der Kyffhäusersage ent standen seien, in denen nicht mehr von dem Schlafen, sondern von dem Ervachtsein des Kaisers Rotbart die Rede sei. Da* ösftr Fahrrad. Ich bedauere den armen Mann, der heutzu tage ein Fahrrad sich anschaffen will, ohne zu wissen, waS für eins er auswählen soll unter den vielen Fabrikaten. Nimmt er nun eine Radfahrer-Zeitung und sieht daraufhin die An zeigen durch, so muß ihm am Schluß gar ein Mühlrad im Kopf herumgehen. Nr. 21 des »Deutschen Radfahrer' liegt 'vor uns. Darin wird angezeigt: „Sieg auf Sieg! Kontinental Pneu matik" (auf einer ganzen Seite mit Illustra tionen). I. R. Starley u. Komp, in Coventry haben einen Brief erhalten, worin schwarz auf weiß steht, daß ihr Rad mit dem vielsagenden Titel ^nt Optimum aut uitlil (entweder das Vollkommenste oder nichts) „daS beste" ist, die Firma selbst hält ihre Erzeugnisse für die „vor nehmsten". In letzterer Bezeichnung kommt sie gleich in Kollision mit den Komet-Fahrradwerken in Dresden, die behaupten, daß ihre „neue Mammuth-Komet"-Maschine „die vornehmste für Saison 1895" sei. Hiergegen ist Stoewers Greif-Fahrrad Nr. 7 „die beste Maschine für die Saison 1895". Sehr zierlich, als wenn von Zigarren oder Wein die Rede wäre, drücken Hölter u. Hartmann in Frankfurt a. M. sich auS: Veiths Pneumatic „ist die feinste Marke", wohingegen die Opelräder „ihre Uebcrlcgenheit überall und überall beweisen". Die Badenia- Fahrräder der Eisenwerke Gaggenau „stehen an der Spitze des feinsten Fabrikats". Trotz alledem sind, wenn wir der Bielefelder Maschinen-Fabrik glauben dürfen, Dürkopps Fahrräder „allen voran". Anderseits sind wieder die Düsseldorfer Ideal-Fahrräder „die besten, leichtlaufendsten (!) und billigsten Maschinen der Welt." Nach einer Versicherung der Fahrrad-Fabrik von I. Kretz- schmar u. Komp, in Dresden werden Attila- Räder „neidlos als die besten und vollkommensten des Kontinents" bezeichnet, wenngleich Styria- Räder, laut Mitteilung von Puch u. Komp, in Graz, „überall siegen!" Demungeachtct sind und bleiben Falke-Fahrräder „unübetroffen", wohin gegen Anker-Fahrräder „alle anderen Fabrikate übertreffen". Gemütlich ist die Firma E. L. Franke in Düsseldorf. Sie hat das Motto: „Quadrants sind von höchster Vollkommenheit". Das find natürlich nur einige Stichproben der Anzeigen, unter denen es noch von Vollkommenheiten und Unübertrefflichkeiten wimmelt. Und nun gehe hin und kaufe dir ein Rad, mein Sohn, natürlich das beste! „Was dir Sieger aßen". Unter dieser Spitzmarke veröffentlicht ein ftanzöfisches Blatt „Erinnerungen" aus dem „Schreckensjahre", die viel zu lustig und für die ost sehr niedrige Denkweise unsrer Erbfeinde viel zu bezeichnend sind, als daß wir sie unfern Lesern vorenthalten könnten: Einer der Haupt esser — so heißt es da — war der „rothe Prinz". Bevor er nach irgend einer Ortschaft kmn, keß er für seinen Tisch alles Geflügel und alles feine Gebäck zusammensuchen, das im Orte aufzusinden war. In seinen Mußestunden ent warf er — Speisezettel. In Tours zwang er seinen Quartiergeber, ihm für jede Mittagsmahl zeit 40 Flaschen Champagner zu liefern, und auf seinem Nachttische mußten stets 6 Flaschen Bordeaux stehen. In Orleans betrugen die täglichen Ausgaben für den prmzlichen Tisch nicht weniger als 3000 Frmk. In Orleans aßen einmal 42 deutsche Soldalten, die im Hause eines Kaufmanns untergebracht waren, in einer einzigen Nacht 40 Kilo Pökelfleisch, 150 Kilo Erdäpfel, 5 Kilo Rinder- und 5 Kilo Schweineschmalz, und dazu tranken sie 150 Flaschen Wein. In einem Dorf« der Normandie „verschlangen" SO Preußen bei einem einzigen Frühstück 117 Kilo Fleisch und 120 Kilo Brot und begossen diese Riesenrationen mit 130 Liter Wein. In einem anderen Orte aßen die Preußen, nachdem sie alle anderen Vorräte aufgezehrt hatten, rohe Fische und halbfertige Käse. Aber eS kommt noch schöner. Ein bayrisch« Offizier kommt mit einem Quartierzettel zu einem fran zösischen Besitzer. Der Herr des Hauses fragte ihn, was er zu speisen wünsche. Darauf nimmt der Offizier die Uhr aus der Tasche, legt sie vor sich auf den Tisch und sagt, indem er mit dem Finger auf die Ziffern zeigt. „Um zwölf Uhr, essen: um drei, essen; um sechs, essen; um neun, essen." Sein Gastgeber steht ihn erstaunt an und fragt, ob er nicht noch mehr wünsche. Darauf fährt der Offizier mit dem Finger mnd um daS Ziffernblatt, zeigt auf jede Ziffer und brüllt: „Trinken, trinken, Kinken." In Saint- Germain wird alS Merwürdigkeit die 226 Frank betragende Rechnung über ein Frühstück vier deutscher Offiziere aufbewahrt. Die vier Herren tranken während des Essens 13 Flaschen Wein und zwei Flaschen Likör. In Blois schickte ein deutscher Oberst einem Kaffeehausbesttzer vierzig Soldaten auf den Hals, die in wenigen Stunden sämtliche Weine, Biere und Schnäpse auStranken. Al» nicht anderes mehr da war, begnügten sie sich mit — Syrup. Mit einem Worte: die Eß- und Trinklust der Besieger Frankreichs war riesenmäßig und nicht mehr menschlich; während der Okkupation hatten die Franzosen mehrere Millionen für die Riesenmahlzeiten der Deutschen zu zahlen. So weit das französische Blatt. Sind diese Enthüllungen nicht köstlich? Ist diese Art der Revanche, den siegreichen Gegner herabzu setzen und lächerlich zu machen, nicht echt ritter lich und — französisch? Höchst ergötzliche Geschichten über den Aufenthalt der Abessinier in Peters burg werden von dort berichtet. Der Prinz Damto, der ein wenig französisch radebrechen kann, hatte durch irgend jemand nicht nur von dem Moskauer Glockengeschenk, sondern auch davon erfahren, daß Leontjew die Moskauer erst nach manchem Hin und Her zu diesem Geschenk zu überreden gewußt habe. Leontjew habe im Auftrage des Negus und auf dessen Kosten in Moskau Kirchenglocken für Abessinien zu bestellen gehabt, das auch gethan, zugleich aber den Mos kauern klar gemacht, von den verhältnismäßig armen orthodoxen afrikanischen Brüdern dürsten sie hierfür in keinem Falle Geld annehmen. Dem Prinzen schien dies alles nicht recht zu sein, und er fragte daraufhin Leontjew nach dem Verbleib gewisser Goldbarren, die ihm angeblich in Gegenwart des Prinzen und des Pater Jefrem durch den NeguS Menelik zur Bezahlung für jene Glocken überreicht worden seien. Doch weder Leontjew noch Jefrem konnten sich dieser Goldbarren entsinnen, was den heißblütigen Afrikaner in solche Wut versetzte, daß er mit dem Säbel aus Leontjew eindringen wollte. Erst dem zufällig eintretendcn Geheimrat P., dem die Sorge für die Unterkunft und die Ver pflegung der Gesandtschaft übertragen war, ge lang eS, den erregten Prinzen zu beruhigen: doch schwur dieser hoch und teuer, an Ort und Stelle, also in Moskau selbst, würde er den dortigen Glockenspendern den wahren Sach verhalt darzulegen wissen. Käme übrigens Leontjew oder Jefrem jemals wieder nach Abessinien, so stehe er nicht für ihr Leben ein. Kurzum, der Spektakel im „Hotel Europa" war groß und gab, wie behauptet wird, der Regie rung Anlaß, den Moskauer Besuch wie die zweite Reise Leontjews nach Abessinien ganz zu untersagen. Im großen Publikum hat sich all mählich eine ziemlich abfällige Meinung über Leontjew sowohl wie den Archimandritcn Jefrem herangebildet; von letzterem wird sogar be hauptet, daß er sich augenblicklich auf Befehl seiner geistlichen Behörde Strafe halber in einem Kloster befinde, um sich eine gar zu offen bekundete Liebhaberei für geistige Getränke ab zugewöhnen. Als Geheimrat P. die erste Wochenrechnung für die Unterkunft der Gesandt schaft und ihren russischen Begleiter im „Hotel Europa" bezahlen wollte, leuchteten ihm der maßen hohe Ziffern, und besonder» für vertilgte geistige Getränke, entgegen, daß er sofort befahl, ihm fernerhin alltäglich die Spezialrechnungen zur Begleichung vorzulegen. Letztere brachten denn auch üb« manches Klarheit. Gleich am Kopfe der ersten Tagesrechuung figurierten an statt des üblichen Kaffees oder Thees zwei Flaschen Champagner als erstes Frühstück für den Pater Jefrem, der, wie daraufhin ein gezogene Erkundigungen ergaben, sobald er'L haben kann, auch schon in frühester Morgen stunde edlen Schaumwein jedem anderen Getränk vorzieht, wie er denn überhaupt schon vor des Tages Mühe und Last eine gehörige Stärkung durch geistige Getränke für dringend geboten halten soll. AlS diesen allzu zeitigen Champagner- Libationen ein Riegel vorgeschoben wurde, Katen an Stelle der Silberköpfe allmorgentlich mehrere Flaschen Bier. Wesentlich größere Ueber- raschungen bereiteten dem Geheimrat P. aber noch verschiedene, ihm gleichzeitig mit den Gast hofsrechnungen überreichte Extras, darunter auch eine Forderung von 800 Rubel, wofür einer der ersten Petersburger Schneider für Herrn Leontjews persönlichen Bedarf Prome naden-, Ball- und Gesellschaftsanzüge geliefert hatte. Freilich, Herr Leontjew erklärte, er habe diese Auffrischung seiner Garderobe als Begleiter der Gesandtschaft nicht entbehren können. Kunies Allerlei. Einen „guten Tropfen" wird der 1895er für den Weinkenner liefern. Die außerordentlich günstige Witterung hat die Trauben fast zu sehends reifen lassen, und wenn der Anfang September noch einige solcher heißen Tage bringt, an denen die Sonne die Trauben kocht, dann werden wir ein herrliches Weinlein be kommen. Allerdings wird derselbe teuer werden — aber billig und gut reimt sich ja selten zu sammen. Es steht nämlich fast überall nur wenig Wein, so daß quantitativ die Lese noch unter Mittel ausfallen dürste, aber die wenigen Trauben, die geerntet werden, werden von vorzüglicher Güte sein. Zudem haben die Stöcke von Reben feinden in diesem Jahre nur sehr wenig zu leiden gehabt. Wer sich's also leisten kann, der soll sich an den 1895er halten. Der „ewige Landfriede" feiert in diesem Jahre sein vierhundertjähriges Jubiläum. Kaiser Max I. (1493—1519) war es, der ihn 1495 auf einem Reichstag zu Worms einführte. Seit dem hörte das alte Fehderecht auf. Zur Ent scheidung von Streitigkeiten setzte Max daS Reichskammergericht ein, das zuerst in Frank furt a. M., dann in Speier und zuletzt (von 1691—1806) in Wetzlar seinen Sitz hatte. Sonderbares Verhältnis. In einem dänischen Blatte liest man folgende Anzeige: „All und jeder wird hierdurch gewarnt, meiner Frau etwas auf meinen Namen anzuvertrauen, da sie nicht meine Frau ist. Paul H., Böttcher." Sine ähnliche Annonce befindet sich im »Züllichauer Anzeiger' vom 30. August: „Meine Frau ist mir am Dienstag nachmittag abhanden gekommen. Der ehrliche Finder kann sie be halten, da ich für nichts aufkomme. Heinr. P., Gemeindediener in Crummendorf."' Ein englisch-amerikanisches Blatt schreibt: Ja, es sind in der That schlechte Zetten. Wir werfen unsere Asche und unser Fett weg und kaufen Seife. Wir ziehen Hunde und kaufen Schweine. Wir lassen unsem Mist unbenutzt liegen und kaufen Gemüse und Besen, Wir fangen 5 Cents werte Fische mit einer 4 Dollar-Angelrute. Mr bauen große Schul häuser und schicken unsere Kinder fort, um sie anderswo ausbilden zu lassen. Und dann schicken wir unsere Jungen» mit einer 40 Dollar-Flinte und einem 10 Dollar-Hund hinaus, um für 10 Cents Vögel zu schießen. (Kommt in Deutsch land nicht vor!) Gute Ausrede. „Nun, Max, was hast du denn heute in der Schule gelernt?" — „Ich weiß es nicht mehr, Papa!" — „Was, du weißt es nicht mehr! Da schau' einmal deinen Freund Karl an — der weiß alles, was er in der Schule gelernt hat!" — „Ja, das ist etwas Anderes! Der hat auch nicht so wett heim von der Schule wieder zwei. Sie sie sehen. „Warum nicht?" erwiderte der Ackdrat. „Im Kriege ist alles möglich." — Aber die Stimme des alten Herrn klang unsicher bei diesen Wörtrn; ihm erging es nicht besser wie seiner Gattin, sein Herz war plötzlich zu neuer Hoffnung angeregt, und doch zitterte er vor unsäglicher.Furcht, daß er in den nächsten Stunden schon aufs schrecklichste enttäuscht werden könne. . . Bald waren nun die Herrschaften unterwegs. ES war ein dunkler Abend, die achte Stunde konnte nicht mehr fern sein; aber die vier flüch tigen Rappen jagten die chauffierte Straße nach Berlin mit einer Eile entlang, als müßten sie in jeder Viertelstunde eine Meile zurücklegen. Eben verkündeten die Turmuhren die Mitter nacht, als die wildschnaufenden Rosse des Baron» vor dem Hause de» Restauratems Teßler hieven. Zwei Leute de» Restaurateurs eilten cuff den Wagen zu und öffneten den Schlag. Herr Teßler kolgte. Kaum hatte der Landrat diesem in das freude strahlende Antlitz geblickt, so rief er: »Aber best« Freund, so sagen Sie nur nur erst, waS " .....?" „Gleich, lieber Baron! Guten Abend, gnädige >! O wie freue ich mich, daß Sie gekommen ist denn los?" Frau! O wie freue ich mich, daß Sie gtzkommtn sind, und wie glücklich machen Sie damit unsere Kinder l" „Unsere Kinder?" „Jawohl, wir haben jetzt de: O kommen Sie doch nur, dann, ,»r Und seien Sie nicht böse, wenn Vie Medttver- einten Sie nicht schon vor der ThllkMpfangen: sie ahnen nicht, daß Sie schon hier find." Völl größter Erwartung, und doch wie im Traum, sich und den eigenen Sinnen nicht trau end, ließen sich die alten Leute zu den oberen Räumen des Restaurateurs hinaufgeleiten. Noch einige Sekunden, und sie standen in dem hellerleuchteren Salon. Es erfolgten Rufe der höchsten Ucberraschung, und die Eltern lagen in den Armen ihres Sohnes, wobei der Landrat zugleich die beiden NLffen verwundert musterte. O wie lange Zeit verstrich, bevor nur einiger maßen wieder Ruhe eintrat und die Wiederver einten sich für Augenblicke loslieben. Und dann ging eS an ein Fragen und Erzählen. Erich berichtete getreu: wie er sich unfern Vilette an einem Weiler hnrgelegt habe, um in aller Stille an Valeska zu schreiben, aber einge- schlafen sei; wie er darauf überfallen und derart zugerichtet worden, daß ihn ein Starrkampf ge fangen genommen, der ihn stundenlang einem Toten ähnlich gemacht. — Als er «wacht, habe der alte Chirurg neben ibm gekniet und seine Schläfe eingerieben, ihm söoann aber den kräftig sten Beistand geleistet. So fuhr er fort, seine Begebnisse, die un» ja bereits bekannt find, zu schildern, bi» zu fein« Ankunft in Berlin. „Aber warum hast du keine Zeile an uns gerichtet ?" fragte die Mutter vorwurfsvoll. „Wel chen entsetzlichen Kumm« hättest du un» durch die kleinste Nachricht erspart!" „O," «widerte Erich, „ich schwebte lange am Rande de» Grabe», wochenlang war ich un- fähig, logisch zu denken; jede Mitteilung wäre auch ein« Todesnachricht gleich gekommen. Und dann , Ihr seht, wie leidend ich heute noch bin, selbst jetzt würde mir das Schreiben noch große Mühe machen." „Es ist gut, mein teurer Sohn, daß du den Wunden nicht erlegen bist; ich hätte dir das nie verziehen und war dir sehr böse, seit ich die Todesnachricht erhielt. Der Hallach darf mir nicht wieder kommen: ich glaube sich«, er wollte nur die Valeska erobern." Der Hauptmann war gerührt von der un endlichen Liebe des Vaters. Ueberzeugend er widerte er: „Nein, du inst! Hallach ist ein edler Mensch, und wenn « Valeska zu seiner Frau Mächen wollte, so hatte er dabei gewiß die besten Absichten." „Nun, meinetwegen. Doch e» ist gut, daß -du sie bekommst." — Wie viel Glück war jetzt mit einem Male in das Haus des Restaurateurs gezogen. Während der ganzen Nacht dachte niemand daran, die Ruhe zu suchen, das innigste Band knüpfte die einzelnen Glied« d« Familie zusammen; jeder Angtitblkck, den sie beieinander »«brachten, war ihnen kostbar. Und als endlich gegen Morgen der noch sehr schwache Offizier allein die Ruhe suchen sollte, mochte sich niemand von ihm trennen. Die Eltern blieben im Hause des Restaura teurs; bei der Ueberfiedlung »ach Lingen aber mußte die Familie Teßler mit — Me so ganz ander» gestaltete sich jetzt da» Leben im Schlosse. Bon Tag zu Tag gewann Stich seine Kraft mehr zurück. Auf Schritt und Tritt stützte ihn nun Valeska, bis er wieder d« kräftige Mann von ehemals geworden war. Darüber verstrich ab« der Winter und ein Teil deS neuen Frühlings. Inzwischen hatte Paris den Siegern seine Thore geöffnet, der Friede war geschlossen. Erich brauchte nicht mehr zurück in den Krieg. Die Kousins waren längst wieder an den Rhein gereist und hatten auch verschiedene Male die freundlichen Beschützer Erichs in Vilette besucht. Endlich, :m Somm« 1871, als ein großer Tett des Militärs bereits aus Frankreich zurück kehrte und Erich von frischer Gesundheit strotzte, neuer Lebensmut wieder in ihm wohnte, führte « seine schöne Braut zum Traualtar. D« alte Baron hatte ein feenhaftes Fest arrangiert, und auch der Oberst von Gautier mit Familie war zugegen. Die Töchter erschienen als glückliche Bräute der Neffen des Barons. ValeSka war die Glücklichste unter allen, da verkündeten genugsam die seligen Blicke, die sie mit ihrem Erich wechselte. Als der Baron oon Tattenroth dem Oberst von Gautier warm die Hand drückte und sagte: „Ihr« Güte danke ich, daß dieser herrliche Tag mirj noch erschien," erwiederte d« Oberst voll Wäpne: „Freund, ich bin Ihnen zum größten Dank verpflichtet, denn durch Ihren Sohn Kat ich wieder mit Deutschen in Verbindung; und ich hoffe, durch diese sollen meine letzten Tage verschönert werden." ValeSka und Erich sind da» glücklichste Ehe paar geworden; fie sind d« Stolz und die Freude ihrer beiderseitigen Eltern. — Ein kleiner Spröß- ling, d« im Somm« 1873 ihnen geschenkt wurde, wird von den Großeltern fast vergöttert. s» E U d e.
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