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Auerthal-Zeitung : 21.11.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-11-21
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189411211
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18941121
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18941121
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-11
- Tag 1894-11-21
-
Monat
1894-11
-
Jahr
1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 21.11.1894
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UslMfche Urmdfch«. Dmlsihliuev. »Me die »Schlef. Ztg.' «fährt, steht rin Besuch de» Kaiser» in Schlesien bevor, indem derselbe am 2V. d. bei dem Fürsten von LichnowSky zur Jagd einzutreffen beabsichtigt. »verschiedene Blätt« testen mit, daß der Besuch de» Fürsten Hohenlohe beim Fürsten Bismarck im Prinzip entschieden sei, ab« nicht schon jetzt stattfinden werde. Der Kats« sei mit dem Fürsten Hohenlohe darüber vom ersten Tage an einverstanden gewesen und in München habe man dem letzt««» in hohen Kreisen nahe gelegt, daß dies« Besuch ein aus gezeichnet« politischer Zug sein würde. D« Besuch werde jedenfalls erst stattfinden, nachdem Fürst Bismarck nach FriedrichSruh zurückgekehrt sein werde. »An da feierlichen Weihe de» neuen ReichStagSgebäudeS wird auch, wie mitgeteilt wird, eine Deputation deS österreichi schen ReichSrateS, d« die Wünsche deS fremck- nachbarlichen Parlamentes zu überbringen die Mission hat, tellnehmen. »Die Umsturzvorlage steht, wie ver schiedene Blätt« wissen wollen, vor: Bestrafung d« Verherrlichung von Verbrechen, der An stiftung von Milttärpersonen zum Ungehorsam und d« Bedrohungen. Außerdem bringt sie eine Ausgestaltung der bekannten Paragraphen 13V und 131 deS Strafgesetzbuches gegen die Störung deS öffentlichen Friedens. Preßerzeugnisse können, wenn sie unter dieses Gesetz fallende Artikel ent halten, vorläufig beschlagnahmt werden — waS jetzt bei der Verletzung einiger anderen Para graphen deS Strafgesetzbuches zulässig ist. 5 Zur Reichsfinanzreform wird dem ,Hamb. Korr.' offiziös geschrieben: .Seitens einzelstaatlicher Finanzminister wird anscheinend auch jetzt noch befürwortet, den vorjährigen Gesetzentwurf üb« die anderweitige Regelung d« Reichsfinanzen in etwas abgeänderter Fassung wieder zur Vorlage zu bringen. Die Entscheidung steht aber noch MS. DaS gleiche dürfte auch hinsichtlich d« Reihenfolge der dem Reichstage zu machenden Vorlagen gelten." — (Ueber den vorjährigen Gesetzentwurf zur Reichs- fiuanzreform hat die Mehrheit des Reichstags bereits ein abgeneigtes Votum abgegeben.) »Um die Sache d« in Magdeburg inhaf tierten Oberfeuerwerker steht eS d« ,Nat.-Ztg.' zufolge zur Zeit so, daß die Vor untersuchung abgeschlossen und die Eröffnung deS kriegsgerichtlichen Verfahrens demnächst zu «Watten ist. Ueb« den Termin ist noch nichts bekannt. » Hendrik Witboi ist nach ein« von Major Leutwein eingetroffenen telegraphischen Meldung in den Dienst der deutschen Regie rung genommen worden, und es ist ihm ein Jahresgehalt von 2000 Mk. ausgesetzt worden. Wenn sich diese Meldung bestätigt, würde eS sich jedenfalls um einen Ruhesold handeln, durch den Witboi zu einem seßhaften Leben veranlaßt werden soll. Oesterreich-Ungar«. »Aus fast allen Städten, in denen Franz Kossuth sich aufhielt und Reden hielt, wird übereinstimmend gemeldet, daß an seinem Empfange nur die bäuerliche Bevölkerung teilgenommen hat; die städtische Bevölkerung verhielt sich durch gehends kühl und zurückhaltend. Frankreich. »Der für die Madagaskar frage von d« Kammer gewählten Kommission gehören 9 Freunde und 2 Gegner der Vorlage an. Für die Genehmigung der Kredite ergaben sich btt d« Wahl in den Büreaus 208 Stimmen, gegen dieselbe 117 Stimmen. Ministerpräsident Dupuy «Hätte in der Abteilung, der « angehött, eS würde Selbsterniedrigung bedeuten, wenn mm hier nicht handeln wollte. Das System der Entsendung klein« Truppenkontingente müsse man aufgeben. Thatkräftiges Handeln sei er- forderlich; eS handle sich nicht darum, den Kolonialbesitz mszudehnen, sondern bestehende Rechte zu behaupten. » Die achtzehn Deputierten, die am Dienstag gegen die Geldbewilligung zur Repräsentation beim Leichenbegängnis des Zaren gestimmt haben, find meistens marxistische Sozialisten. Auch d« in letzt« Zeit vielgenannte Deputierte Mirman ist unta ihnen. Mumm ist jetzt beün Jägerbataillon in Vincennes als Soldat etngekleidet worden. Man wird den armen Rekruten nach dies« Abstimmung beim Militär um so liebenswürdig« begrüßt haben. »Die Untersuchung gegen den Haupt mann DreyfuStst noch nicht zu Ende. Test einigen Tagen sucht mm die Sache abzuschwächen, und doch soll, wie d« ,Radikal' meldet, d« Skandal noch Vitt ungeheuerlicher sein, als man anfangs dachte. ... Der Hauptmann DrehfuS soll Mitschuldige haben! ES heißt, Damen aus der vornehmsten Gesellschaft hätten eine Rolle in d« furchtbaren Intrige gespielt, die sich vor dem Kriegsgerichte entwmen wird. D« Haupt mann soll in einem französischen Salon ange- worben worden sein. Die ersten Enthüllungen find von Berlin auSgeamgen. Eine hohe fremde Persönlichkeit hätte, ohne eS zu wollen, dem Verräter Vorschub geleistet. . . Man kennt jetzt alle Fäden der Intrige, die Namen und Adressen der Vermittler. Zur Stunde find drei od« vi« Personen, darunter ein Franzose, verhaftet. Belgien. »Die Regierung hat der Repräsentanten kammer eine Anzahl Gesetzentwürfe vorgelegt, u. a. betr. die Arbeitskontrakte und die Unfallversicherung bei den Sparkaffen d« Bergarbeiter, die Abänderung deS Gesetzes über den Gewerbe- und Arbeitsrat und über die Gemeindewahlen. Ferner brachte die Regierung einen Antrag betr. die gleichmäßigere Verteilung der militärischen Lasten ein. * Nach der Sitzung in d« Kamm« brachte die sozialistische Gmppe einen Antrag ein betr. die Amnestie all« wegen politischer Vergehen Verurteilten. Spante«. »DaS Ministerium Sagasta hat sich kaum Wied« neu gebildet und schon sieht es ein« abermaligen Krisis entgegen. Nachdem daS auf Gmnd ein« Verständigung zwischen Konservativen und Liberalen wiederhergestellte Kabinett im Senat die Handelsverträge mit Oesterreich-Ungarn, Italien und Belgien Wied« vorgelegt hat, ist daS anfängliche Einvernehmen zwischen beiden Parteien in derKammer sofortabge- brochen. Die Konservativen erklären, sie würden bis zum äußersten Opposition treiben. Die Lage ist gespmnt. Rußland. »In der Petersburg« technischen Hochschule brach, wie ein Berlin« Blatt meldet, am Freitag eine Revolte auS. Die Schüler verweigerten die Eidesleistung, sie wollen daS monarchische Regime nicht anerkennen. Es wurden mehrere Verhaftungen vorgenommen. Afrika. * Nunmehr hat derSultanvonMarokko von drei Großmächten Reklamationen erkalten. Deutschland verlangt Genugthuung für die Er mordung Neumanns btt Casablanca, Spmien fordert die endliche Abgrenzung der neutralen Zone btt Melilla und Zahlung d« fälligen Summe der Kriegsentschädigung, Italien will Bestrafung der Bocoya-Kabylen (eines Stammes der Rrffioten), denen die Seeräuber angehören, die den Angriff auf die italienische Barke „Scutolo" ausgefühtt haben, und entsprechende Entschädigung. Amerika. »DerneuePräsident vonBrasilien, Moraes, hat am Donnerstag sein Amt ange treten. In einem Manifest an die Nation er kennt d« Präsident die Schwierigkeiten der gegenwärtigen Lage an, betont, daß er auf die Unterstützung all« rechne, um diese Schwierig keiten zu überwinden, und garantiert die Achtung der Freiheit und eine strenge Kontrolle der Finanzen. Danach hat eS sich zum Glück für Brasilien nicht bewahrheitet, daß der nach Niederwerfung deS Aufstandes allmächtige frühere Präsident Peixoto sich zum Diktator auf werfen würde. Aste«. »Nach Meldung verschieden« Londoner Blätt« gab der Kaiser von China dem diplomatischen Korps innerhalb deS Palaste» «ine Audienz. Ditte neue Art deS Empfanges erregt ungeheures Aufsehen. * In Pekingwill mm sich anscheinend noch -um letzten Widerstand aufraffen, nach dem da» Bemühen gescheitert ist, die auswärtigen Mächte zur FriedenSvermittttung zu veranlaffen. — Der chinesische General Wei wurde wegen „Feigheit vorm Feind" enthauptet. — Pott Arthur, dessen Einnahme durch die Japan« schon zweimal fälschlich gemeldet wurde, befindet sich noch imm« im Besitz der Chinesen. Sonst aber lauten alle beglaubigteren Nachrichte» fort gesetzt den Japan«» günstig. »Japan scheint zu ttnem Friedens schlüsse noch nicht geneigt; jedenfalls will eS von einer Einmischung d« fremden Mächte nichts wissen und lehnt jede Bennitte- lung ab. Us» Uah «Ad Fer«. Die Gänse-Einfuhr aus Rußland ist gegenwärtig äußerst lebhaft und fortgesetzt in der Steigerung begriffen. In d« Woche vom 21. bis 27. Oktober find allein üb« daS Zoll- amt Eydtkuhnen etwa 100 OVO Stück und in d« Woche vom 28. Oktober bis 3. November über 130 000 Gänse eingefühtt worden. Stellen die selben, gering geschätzt, einen Wett von über 900 000 Mk. dar, so muß man sich fragen, ob eS dem im Osten unseres Vaterlandes nicht Bauern bezw. Bauernfrauen genug gibt, die sich d« Gänsezucht befleißigen möchten, um auf diesem Wege selbstgewonnene, geringwertige land wirtschaftliche Produkte, wie abgerahmte Mich, Getreckeschrot und Kleie od« auch ganze Körn« und Kartoffeln angemessen zu verwetten. Das -roße Los der Wefeler Lotterie ist nach Hamm gefallen. Der Sohn der Wüwe CoerSmann hat das LoS in Gemeinschaft mit seinem Mitarbeiter gespielt, so daß zwei Familien, die eS sehr gut gebrauchen können, den Gewinn teilen. Am 10. d. vormittags war ein Berlin« Lotteriekollekteur in Hamm und bot d« Frau — 30 000 Mk., ohne zu sagen, daß ihr LoS den Hauptgewinn von 90 000 Mk. gezogen habe. Der Frau wurde von befreundet« Sette ge raten, daS LoS nicht abzugebcn. Schließlich nach langem Drängen und Höherbieten wurde das Los für 86 400 M. dem Kollekteur aus- gehändigt, d« den Bettag sofort auszahlte. Mit einem Schlag hat der schlaue Geschäftsmann 3600 Mk. „verdient." Gin verschollener Weltumfahrer. Frank Lenz, der anfang dieses Jahres auf dem Bicycle eine Rundreise um die Erde unternahm, ist seit dem 14. April verschollrn. Seine letzte Nach richt stammte Ms Teheran in Persien. Damals glaubte der kühne Radfahrer, der seine Reise ganz allein angetttten hatte, noch bis längstens Ende Juni in Konstantinopel einzutreffen. Es besteht somit fast kein Zweifel mehr darüber, daß Lenz von ttnem Unglück bettoffen worden ist. Alle Mutmaßungen darüb« find natürlich unnütz, da Lenz, wie gesagt, allein fuhr. Seitens sein« Klubgenoffen trägt man stch ernstlich mit dem Gedanken, eine Expedition auszurüsten, um näheres üb« den Verbleib Lenz' auszuforschen. Verhaftung. In Schwerte ist der Leit« des Gas- und Wasserwerkes, Direktor Blockhaus, plötzlich seines Amtes enthoben und verhaftet worden. D« dortige .Anzeiger' gibt als Gmnd Unregelmäßigkeiten in den Kaffen an. Der Kvjiihrige Mörder Johann RieuttS in EsenS, d« in vergangen« Woche seine acht zehnjährige Geliebte mit drei Schüssen tötete und den Leichnam dann in einen Schlammgraben stampfte, hat sich in sein« Zelle an einem Haken «hängt. Mord. AuS dem Vogelsberg kommt die Kunde von einem im Walde zwischen Schotten und Rainrod verübten Raubmord. Mm fand einen Bauersmann, völlig entkleidet, mit schweren Verwundungen am Leibe, an ttnem Baume hän gend. Der Mann lebt noch, doch wird «schwer lich aufkommen. In RebgeShain wurde ein Mensch verhaftet, der die Kleid« des Unglück lichen trug. Der Verhaftete ist erst kürzlich auS dem Zuchthause entlassen worden. D»rchbr«v»rr. Ein Korporal eine» öfter- reichischen Artillerie - Regiment» wurde auf tele- araphische Requisition in Bremen verhaftet. Der selbe ist in Krakau in der Regimentskanzlei kom- mandiert gewtten, dort bekam « vor einigen Tagen den Auftrag, 2019 Gulden nach der Post -u bringen. Er reiste mit dem Gelde nach Bremen, um nach New Nork zu fahren. Ein Kriminalwachtmeist« fand den Flüchtling in einer Auswandererwirtschaft und nahm ihn in Hast. DaS unterschlagene Geld wurde noch zum größten Teil bei ihm gefunden, er hatte nur die Kosten d« Reise nach Bremen davon bestritten und stch eine GchiffSkarte nach New York gekauft. Selbstmord. Oberstleutnant v. Stefenelli, Schwiegersohn de» Grafen v. Meran, de» Sohne» de» Erzherzogs Johann, verübte in Klagenfurt durch Morphium Selbstmord. Un mittelbar vor d« Tkat schrieb Stefenelli, d« in psychiatrischer Untersuchung stand, einen Brief m daS ,Grazer Tageblatt', worin er sich über den Undank eines Kadetten beklagt, dem zu Liebe « Ehte und Familie geopfert habe. Die Budapester Polizei Kat am Donners tag einen gewissen Joseph Schneid verhaftet, d« 1873 (?) in München an > einem Schweizer Reisenden einen Raubmord beging. Die Aus lieferung deS Verbrechers ist eingeleitet. „Der Saug an Aegir" ist vom Pans« ,Figaro' mit den Noten und dem deutschen Text veröffentlicht worden. „Es unterliegt keinem Zweifel," schreibt man MS Paris, „daß die Pans« Musikkritiker stch mit der Tondichtung Kaiser Wilhelms eingehend befassen werden, die einen so stattlichen Erfolg hatte, daß alle Num mern deS .Figaro' in den Zeitungskiosken ver griffen find!" Das „mißlungene" Porträt d« Schwiegermama hat in Pans daS Glück zweier Liebenden vernichtet. Kürzlich kam d« Notariats- gehilfe Leon D. auS ProvinS nach Paris und stieg bei seinem Onkel, einem Rentner, ab. Er galt schon seit langem als der Bräutigam sein« Kousine Alice und fühlte sich überglücklich in ihr« Nähe. Dieser Tage lud « Onkel, Tante 'Und Kousine zum Besuch deS Jahrmarktes ein, d« eben auf den äußeren Boulevards am Fuße deS Montmartre stattfindet. Der Abend verlief in ungetrübter Heiterkeit und mm beschloß, sich in ein« Bude photographieren zu lassen. D« Magnestumdraht wurde abgebrannt, die Gruppe ausgenommen, der Bräutigam' erlegte die ver langten 16 Frank für das Bild, daS « aber erst am nächsten Tage «halten sollte. Er fand sich zur festgesetzten Stunde ein, übemahm das bereit gehaltene Paket und eilte zu seiner Alice. Hier wurde das Paket ausgemacht und die Photo graphie herauSgenommen, aber o Entsetzen, es stellte einen Esel, einen Ochsen und zwei Kühe dar! Der Photograph, gegen den Anzeige er stattet wurde, erklärte, er hätte tagS zuvor daS Vieh eines Gemüsehändlers in St. Denis aus genommen und die zwei Bilder verwechselt. Wie plausibel auch diese Erklärung klang, so wollte die Schwiegermama dann eine beleidigende Ab sicht «blicken und schwur, auS der Heirat zwischen - Leon und Alice werde nichts! AuS Monaco. Am Mittwoch war im Kasino von Monte Carlo ein aufgeregter Tag. An diesem Tage gewann Marqms di Rudiui, ein Sohn des italienischen Staatsmannes, eine Viertelmillion Frank, während der Pans« Schau spiel« Coquelin der Aeltere 200 000 Frank ver lor. Caquelin hatte ein neues „unfehlbares" System, die Bank zu sprengen, erproben wollen. Zu einem Zusammenstoß mit der Gendarmerie kam es am Donnerstag in Mandern. AIS mehrere Personen, die einen Schankwirt in Burst ermordet hatten, durch Gendarmen verhaftet und nach Herzele abgeführt wurden, wollte die erregte Volksmenge die Ge fangenen lynchen, die von 20 Gendarmen ge schützt werden mußten. Bei dem Zusammenstoß wurden auf beiden Seiten mehrere Personen ver- wundet. Sin hnmanes Kriegsgericht. DaS Kriegs gericht im Haag (Niederlande) verurteilte einen Deserteur, der 14 Monate lang vom Heere ent fernt gewesen war, zu einem Monat Gefängnis. DaS Gericht zog die Thatsache in Erwägung, bemerkt. Nun, der Herr wkd auch Feinde haben, die mit der Wahrheit üb« ihn nicht zurückhal ten. Ich wecke es schon herausbekouunen, wetz Geistes Kind «ist." In einig« Verstimmung trennten sich Tante und Neffe, letzt««, um seinen Anzug zu wechseln, und jene, um zu Hertha hinunterzugehen. ES schien, als wenn Timotheus Tamerlan mit der mächtigen Beschützerin auch ein stark« Gegner erstanden war. Die Baronin war eben zu gut und leicht getäuscht, während Rudof durch seine rasch «wachte Eifersucht auf den ehemaligen Hausgenossen Herthas fein« fühte und schärf« blickte alS seine Tante. Die Verstimmung zwischen beiden schwand ab« sehr rasch, als Hertha Wick« btt ihnen am Abendttsch saß und die Pflichten d« Wirtin m demselben um einer Grazie uick Liebenswürdig keit versah, die beide mit d« gleichen stummen Bewunderung erfüllte. Nachttäglich exekutierte Hertha noch einiges auf dem im Salon ausge stellten Konzertflügel und zwar zur vollkommen sten Zufriedenheit chrer beiden Zuhörer. „Singen Sie nicht auch, Fräulein Frick- berg?" fragte Rudolf lächelnd. Er wußte, daß sie sang, trotzdem « sie noch nie gehört hatte. Sie gestand dies ungern und nm zögernd zu. „Mein Neffe ist nämlich auch ein vorzüglich« Barttonist," sagte erklärend die Baronin, „und gewiß könnten Sie irgend ein Duett zusammen Mdolf erhob Widerspruch und Hertha blickte verwirrt auf da» Notenblatt vor ihr, da» sie sehr emsig studierte. Ab« die Baronin bestand Ms ihren Wunsch, und bald klangen die beiden Gin Lrarmr »om GlSck. Aj «Fortsetzung., „Wir hätten auch von Hertha nicht geglaubt," fuhr die Baroniu fort, „daß sie im stände sei, eine solche Stellung, wie sie jetzt inne hat, auSzufüllen. Ab« du bringst mich da auf einen gmz richtigen Gedanken. Ich werde Herrn Tamerlan, der offenbar auch MS ein« achtbaren Familie stammt, Gelegenheü geben, sich gütend zu machen, indem ich ihn in die Gesellschaft ttnführe und auf ihn aufmerksam mache." „Ja, du mußt deine Freunde nach dem Hause Nummer 28 in der Mstraße weifen," bemerkte Rudolf spöttisch. „Und wen» sie dmn hin- « kommen, wecken sie den Eindruck einer in ihrem j Netze sitzenden Spinne empfangen, die jeden aus- saugt, d« dumm genug ist, sich darin fangen zu lassen. Ich fürchte, du wirst mit deiner Em pfehlung keine Ehre einlegen, licke Tante." „Das find Aeußerlichkeiten," entgegnete kühl die Baronin, „die leicht abzuändern stick." „Mit. deinem Gelde natürlich!" „Sch, »fit dir läßt sich gar nicht reden," brach sie da» Gespräch ab. „Ich wecke Herrn Tamerlan darum doch »richt auS den Smgen lassen." „Und ich auch nicht," entgegnete Rudolf fest. -Ich weck« ihm den Schurken nachweisen, den ich « ihm wittere, und mich zunächst einmal etwas »äh« noch ihm erkundigen. Fräulein Friedberg hi« muß ihn ja kennen." .Sie verehrt den braven Mann." „ZKy wahrhaftig, ich habe auch schon so etwa» Stimmen in selten schön«, seelenvoll« Verschmel zung durch den Saal, au dessen Thürer» sich die Dienerschaft drängte, um dem hi« nie gehörten Gesang zu lauschen. Ein neues Leben schien mit dem Eintritt HerthaS in die Familie für diese angebrochen zu sein. DaS empfand am tiefsten die Baronin, welche von ihrer jungen Gesellschafterin noch mehr eingenommen WM als von ihrem Reffen; wenigstens mußte sie sich bald eingestehen, daß sie Hertha nicht mind« liebe, trotzdem sie die selbe erst seit wenigen Wochen kannte, während Rudolf eben so viele Jahre uutw demselben Dache mit ihr lebte. 10. ' DaS Telegramm. In dem Stadthaus« der Baronin wurde eine Ballfestlichkeit gegeben. Unter den viüen geladenen Gästen bemerkte man auch zum ersten Mal Herrn Timotheus Tamerlan, dessen Verhältnisse inzwischen die be reits früh« anackeuttte Veränderung erfahren hatten. Herr Tamerlan hatte geerbt — mm munkelte etwas von 200 000 Mark! Daß diese Munkeltt nm von Herrn Tamerlan selb« aus- gehen könne, daran dachte niemand. W« hätte auch ein« einzigen Null eine solche Bedeutung beigemeffen, und mehr hatte d« Bolksanvalt seinem — Erbe ja nicht anackängt. Mm sagte, daß Herr Tamerlan 200 000 Mark geeckt hab«, und da dies« unbekannte „mm" in jenen Kreisen derjenige war, welcher in allen Dingen da» erste und lüste Wort hatte, war,«an überzeugt, daß e» mit jener Behauptung seine volle Richtigkeü habe. Herr Tamerlan war also durch eine Null aus seiner Nullität herausgekommen und eine beachtenswerte Persönlichkeit geworden. Er spielte ab« klugerweise nicht die Rolle deS reich gewordenen Parvenü», sondern begnügt« sich mtt einem männlich freien, selbstbewußten Auftreten, daS geeignet war, den Gedanken zu verscheuchen, als habe er sich hier eingeschlichen oder als fühle er seine Unwürdigken, in so exklusiven Kreisen zu verkehren. Die Beantwor- tuns der Frage: „Wer ist Herr Tamerlan?" wurde dadurch d« Baronin, welche ihn einge führt hatte, sekr «leichtert; sie lautete: „Ein reicher Man«, d« ein warm fühlendes Herz für seine leckenden Mitmenschen Kat." Hercha nahm auS naheliegenden Rücksichten m dem Vergnügen nicht teil. Dennoch warf sie auS eine« der verlassenen Vorzimmer dann und wmn einen Blick in den blendend erleuchte ten Ballsaal mit seinen lebenden Elfengestalten. Wie neidete sie Liese» das Glück, mit ihrem heimlich Verlobten zu tanzen, zu plaudern und zu lachen; und mit welchen eifersüchtigen Blicken wachte sie üb« jede Bewegung Rudolfs, welch« als mutmaßlicher Ecke d« reichen Baronin natürlich viü umschwärmt wurde. Letztere war keine Freundin von solchen rauschenden Vergnü gungen ; deuaoch konnte sie dieselben nicht ganz vermeiden, um nicht den Gedanken an eine un noble Sparsamkeit zu erwecken. Sie gab selten Feste, aber diese waren besonder» glänzend und mm besuchte sie gern. Arme Hertha! Sie hatte ihre Vereinsamung' und Armut nie so drückend empfunden, wie ebv^ jetzt. Aba hi» und wird« machte Rudolf
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