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Auerthal-Zeitung : 19.10.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-10-19
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189410192
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18941019
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18941019
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-10
- Tag 1894-10-19
-
Monat
1894-10
-
Jahr
1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 19.10.1894
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V-lttisch- Kundfcha«. De«tfchl«»d. * Nachdem der Kaiser seiner Mutter, der Kaiserin Friedrich, in Lronberg im Taunus und dem Grobherzog von Hessen in Darm stadt Besuche abaestattet hatte, traf derselbe am Dienstag zur Enthüllung der Denkmal» für Kaiser Wilhelm I. in Wiesbaden ein. Am Abend trat der Kaiser die Rückreise nach Berlin an, woselbst am Mittwoch im Zeughause die Nagelung der Fahnen für die vierten Bataillone stattfand. "UeberdenSesundheitSzustand des Prinz.Regenten Luitpold von Bayern waren dieser Tage ungünstige Gerüchte ver breitet. Nach amtlicher Mitteilung hat sich der Prinz-Regent infolge Ausgleitens auf der Jagd am 4. Oktober eine leichte Kontusion des rechten Kniegelenk» zugezogen. Die Verletzung war jedoch so unbedeutend, daß der Prinz-Regent bereits in den nächsten Tagen sich wieder an den Jagden beteiligen konnte. * Schon seit längerer Zeit liegt der Erb - aroßherzog von Sachsen-Weimar krans danieder. Neuere Nachrichten schildern den Zustand des Patienten als sehr bedenklich, was u. a. auch daraus hervorgeht, daß die in Aus sicht genommene Ucberfiedelung des Erbgroß- herzogs nach der Riviera wieder fraglich gewor den ist. — Der gegenwärtig regierende Groß herzog Karl Alexander ist 77 Jahre alt. Sein Sohn, der Erbgroßherzog Karl August, ist am 31. Juli 1844 geboren, steht also im 51. Lebens jahre. Er besitzt zwei männliche Nachkommen, Wilhelm Ernst und Bemhard Heinrich, von denen der erstere erst 18, der zweite 16 Jahre alt ist; beide besuchen noch das Gymnasium zu Kassel. *Der Aufstand in Kamerun bezw. die dem Kanzler Leist zur Last gelegten Ueber- schreitungen seiner Amtsbefugnisse gelangten am Dienstag vor der kaiserlichen Disziplinarkammer in Potsdam zur Erörterung. Der Gerichtshof konnte auf Grund des Ergebnisses der Beweis aufnahme nicht zu der Ueberzeugung ge langen, daß der Kanzler Leist den Aufstand verschuldet hat; ebensowenig in der Auspeitschung eine Ueberschreitung seinerAmtsbefugnissccrblickten. Dagegen erblickte der Gerichtshof in dem Umgang mit den Pfandweibern seitens des Angeklagten eine Verletzung der amtlichen Pflichten und ver urteilte denselben zur Versetzung in ein anderes Amt, zwar mit demselben Range, aber unter Schmälerung von einem Fünftel seines bisherigen DienstcinkommenS; außerdem hat der Angeklagte die Kosten des Verfahrens zu tragen. * Der ,Hamb. Korr/ bezeichnet alle bisherigen Angaben über den Stand der Untersuchung gegen die Schüler der Oberfeuerwerkerschule als unzutreffend und teilt offiziös mit, daß die erste Vernehmung der Schüler am 13. Oktober beendet worden sei. Ein „ruckweises" Zurück schicken von Zöglingen sei bisher nicht erfolgt, nur sieben Schüler seien zur Zeit des Unfugs nicht auf der Schule anwesend gewesen und als schuldlos zu ihren Truppenteilen zurückgeschickt worden. Die Untersuchung werde fortgesetzt. Ueber das Ergebnis werde von amtlicher Seite Aufklärung erfolgen. "Wegen des Ausstandes im portugie sischen Ostafrika ist deutscherseits daS Stationsschiff der ostafrikanischen Station „See adler" von Kilwa, wo es sich in letzter Zeit be fand, nach Lorenzo Marquez geschickt worden, mn angesichts der dortigen Unruhen die deutschen Interessen zu schützen. "Hendrik Witboi ist endlich unschädlich gemacht. Major Leutwein telegraphiert aus Werft Witbois, den 14. September, daß Hendrik Witboi sich, nachdem er wiederholt geschlagen worden, bedingungslos der deutschen Schutzherrschaft unterworfen habe. Frankreich. * Gelegentlich des Jahrestages der Feier der franco - russischen Feste in Toulon und Paris, veröffentlichen die Pariser Blätter an leitender Stelle sympathische Artikel, in denen des Admirals Avellane und der russischen Offi ziere gedacht wird. Die Blätter sprechen die Hoffnung aus, daß bald beruhigende Nachrichten über den Gesundheitszustand des Zaren eintreffen Ein Traum vom Glück« „Ach, gnädige Frau," erwiderte Hertha ge brochen, „mir kann niemand mehr helfen, auch meiner armen Mutter nicht. Nicht genug an dem Schlag, den sie mit der ihr unerklärlichen Mit teilung der Beamten erlitten und der ihr gewiß den letzten Rest von Kraft geraubt hat, auch sterben muß sie, ohne mich noch einmal gesehen zu haben. Ach, und wenn Sie selber Kinder haben, dann werden Sie sich sagen können, waS Sie m einem solchen Fall empfinden müßten. Ich bin unschuldig, ich schwöre eS Ihnen. Aber kein Leiden so schwer, das ich nicht willig er- tragen würde, wenn ich zuvor nur noch einmal meine Mutter sehen und ihr sagen dürfte, daß ihre einzige Tochter keine Verbrecherin ist. Und wenn ich sie dann auch verlieren sollte, so wüßte ich doch, daß sie mich segnend und mit der vollen Ruhe des Gewissens aus dem Leben scheidet. Unschuldig zu leiden, ist ja das LoS vieler Un glücklichen dieser Erde, und besser ist es, Unrecht leiden, als Unrecht thun. Da» muß ertragen werden; aber unerträglich ist mir der Gedanke, daß meine Mutter nicht voll von meiner Un schuld überzeugt sein sollte. Dazu genügt für eine Mutter, das wissen Sie ja wohl, ein Wort, ein Blick. Und beides soll ich doch mit ihr nicht tauschen dürfen I O, gegen diese seelische Marter tritt jedes physische Leiden zurück. Nur eine Stunde der Freiheit geben Sie mir und ich will ohne Murren ein Leben voll Schmach und Ent- dehrung ertrage« l" mögen, an dessen Leiden alle Kamzof« dm innigsten Anteil nehmen. veltle». "Sm Sonntag heöen in Belgien die Sammerwahlen (und zwar zum ersten Male nach dem neuen bedeutend erweiterten Wahl rechte) stattgefunden. Nach einer Ueberstcht über die Zusammensetzung der neuen Kammern sind in den Senat 41 Katholiken und 25 Liberale gewählt; in 15 Wahlkreisen haben Stichwahlen stattzufiud;». Die Wahlen für die Reprä- sentantenkammer ergaben 75 Katholiken, 8 Liberale, k (warscheinlich aber mehr) Sozia listen und 44 Stichwahlen. IS Wahlen find noch ungewiß, dieselben dürsten zu gunsten der Sozialisten ausfallen. Die Katholiken rechnen im ungünstigsten Falle in der Kammer auf eine Mehrheit von 5 bis 10 Stimmen. In den RegierungSkreisen ist man höchst bestürzt über die Wahlerfolge der Sozialisten, die zahlreiche Sitze gewannen und in den Kreisen, in denen sie nicht durchdrangen, große Minori täten erzielten. Schweden-Norwegen. "Die Wahlen in Christtania er gaben für die Linke 8339 und für die Rechte 7969 Stimmen. Infolgedessen ist die Stadt Christtania im Storthing von 4 Mitgliedern der Linken vertreten, während sie bisher 4 Mitglieder der Rechten in das Storthing entsandt hatte. Das Storthing wird wahrscheinlich aus 58 Mitgliedern der Linken und 56 der Rechten zusammengesetzt sein. Italien. * Der Fehlbetrag des italienischen Bud gets für das nächste Etatsjahr ist vom Finanz- und Schatzminister auf 60 Millionen festgesetzt worden, wovon vierzig durch Mehrauflagen ge deckt werden sollen. Portugal. "Lorenzo Marquez, die bedrohte portu giesische Kolonie in Südafrika, ist im vollkommenen Belagerungszustand. Alle Straßen sind verbarrikadiert und mit Kanonen gespickt, 170 portugiesische Seesoldaten sollen sie halten. Das ist aber mit diesen geringen Kräften unmöglich und thatsächlich hängt das Schicksal der Stadt von der Gnade oder der Unentschlossen heit der Eingeborenen ab. Im allgemeinen zeichnen sich die Kaisern aber gerade durch toll kühne Tapferkeit aus und die von Portugal ab gesandten Hilfstruppen werden also wahrscheinlich zu spät eintreffen, um das Blutbad in Lorenzo Marquez verhindern zu können. Russland. * Nach einer Meldung der ,Pol. Korr.' auS Petersburg ist die Abreise des Zaren nach Korfu für den 24. d. in Aussicht genommen. Der Zar wird den Seeweg cinschlagcn, die Ueberfahrt bis Piraeus auf dem Dampfer „Orel" zurücklegen und sich dort auf die Jacht „Polarstern" überschiffen. "Nach einer Meldung des russischen 'Inva liden^ ist die Errichtung eines neuenArmee- Korps in Warschau beschlossen worden. "Der Plan einer Annexion der Mandschurei gewinnt hier zusehends An hänger. Für diese Maßnahme sprächen strate gische und politische Gründe. Die sibirische Bahn würde, durch die Mandschurei geführt, eine kürzere Route erhalten können und durch die Annexion der Mandschurei würde China für den Fall eines Konfliktes mit Rußland eine wertvolle OperationSbasi-, entzogen. Balkanstaate«. * Die KrisiS im b ulg ari sch en Mi n i- sterium ist nicht mehr wegzuleugnen. Minister i Tontschew hat in Varna den Prinzen Ferdinand mündlich gebeten, seine Entlassung zu geneh migen. Keinesfalls wird Tontschew bei der Er öffnung der Sobranje noch Minister sein. Amerika. * Exprästdent Ezeta von SanSalvador,! der sich mit seinen erpreßten Geldern nach den i Ver. Staaten geflüchtet hat, wird nicht aus- geliefert werden, da der Bundesrichtcr Marrow ihm den Schutz politischer Flüchtlinge zugesprochcn hat. Asten. " Aus japanischen Kreisen wird der englischen Regierung mitgeteilt, daßI « panda» Anerbieten Chinas, in FriedenStzerhandlungen einzutreten, «»gelehnt Labe. Da» ließ sich wohl erwarten. Japan scheint eben seine Stege ausnutzen zu wollen. "Das Hauptkow» der chinesischen Armee steht in starker Stellung verschanzt an der Nordostgrenze der Provinz Chi-li. Die MandschuS werden als Reserve näher bei Tientsin und Peking zurückbehalten. Die Borhut der japanischenArmee soll sich jetzt nur sieben Tagemärsche von Mukden befinden. Die japanische Flotte beherrscht den nördlichen Teil des GolfeS von Petschili, um den Chinesen nach der bevorstehenden Schlacht den Rückzug zur See abzuschneiden. — Zwei japanische Studenten, die der amerikanische Konsul in Schanghai den chinesischen Behörden auf die Anklage derSpiouw e ausgeliefert hat, sind in der grausamsten Wege in Nanking auf Befehl des BizekönigS hingerichtet worden. Die beiden jungen Leute gingen gefaßt ihrem Schicksal entgegen. * InChina ist, daS steht jetzt außer allem Zweifel, die Rebellion ausgebrochen. Wie die englischen Zeitungen auS Schanghai melden, wird der nach auswärts gemeldete Aufruhr in der Mongolei vollkommen bestätigt. Die Rebellen sollen ziemlich gut bewaffnet sein. Die Behörden versuchten, den Aufstand zu unterdrücken, hatten jedoch keinen Erfolg. Zwei Mandarinen wurden getötet; man befürchtet, daß die Rebellen gegen Wutschang vorrücken, dessen Garnison an die Küste geschickt worden ist. * Wie dem .Reuterschen Bureau' aus Simla gemeldet wird, ist der indischen Regierung die Bestätigung der ernstlichen Erkrankung des Emirs von Afghanistan zugegangen, Die Natur des Leidens wird offiziell nicht an gegeben, eS soll sich aber um eine innere Blutung handeln. Us« Uah irnd Fern. Ei« ernstes Kapitel aus dem Leben der Großstadt erzählen die trockenen Zahlen des letzten Wochenberichtes des Statistischen Amtes der Stadt Berlin. Sie verzeichnen für die erste Oktoberwoche 22 Fälle von gewaltsamem Tod, daS heißt von Sterbefällen, die durch Selbst mord, Ueberfahren, Ertrinken oder in ähnlicher Weise herbeigeführt worden sind. Und die Ziffer ist nicht einmal etwa durch ihre Höhe bemerkens wert. In der Vorwoche betrug die Zahl der Personen, die in Berlin durch einen gewaltsamen Tod ihr Ende gefunden haben, 17, in der Woche vorher gleichfalls 17, und auf dieser Höhe un gefähr hält sich die Ziffer während des ganzen Jahres. In runder Zahl sind es jährlich etwa tausend Menschen, die in Berlin in gewaltsamer Weise ihr Leben verlieren. Vielleicht ein Drittel davon entfällt auf die Rubrik „Selbstmord". Hut ab l Am Freitag wurde in Berlin wieder einmal ein unhöflicher Mann, der einer vor der 1. Strafkammer stattfindenden Verhand lung als Zuhörer beiwohnen wollte und den Hut zu spät vom Kopfe nahm, in eine Ordnungs strafe von 6 Stunden Haft genommen und die Strafe sofort vollstreckt. Das Denkmal des Kurfürsten Friedrichs -es Ersten in Friesack, das am 13. d. in Friesack feierlich enthüllt wurde, erhebt sich unweit der Stelle, von der aus „die faule Grete" ihre Ge schosse gegen die trotzige Raubrittcrburg der Quitzows gerichtet und die bis dahin für un überwindlich gehaltenen Mauern der festen Burg niedergclegt hat. Die Ausführung des Werkes war Prof. Calandrelli übertragen, der die Auf- gäbe hatte, die Gestalt deS Kurfürsten im wesent lichen frei aus der Phantasie zu erschaffen, eine in die ritterliche Tracht jener Zeit gekleidete Charakterfigur hinzustellen. In der Höhe von 3 Mieter ist das Standbild auf einem 6 Meter im Quadrat messenden Unterbau auS rotem ! schwedischen Granit errichtet. Auf diesem Unter- i bau ruht das achteckige Postament, dessen oberer Teil mit einem Zinnenkranz umgeben ist. Mit dem Gesicht nach Westen steht der Kurfürst in ruhiger Haltung, mit Sturmhaube, Panzer und wallendem Mantel umgeben, die rechte Hand auf das Schwert gestützt, die linke im Gürtel, den Kopf und Blick etwas nach rechts gewendet. An Hertha hatte in ihrem leidenschaftlichen Schmerze sich selbst vergessen. Die Baronin war von diesem aufs heftigste erschüttert, während der Kommissar nur einen strafenden Blick für die Gefangene hatte. „Unsere Zeit ist um," sagte er. „Trans porteur, Sie kehren auf dem kürzesten Wege nach dem Gefängnis zurück!" Er sah, wie der junge Mann im Salon gebrochen in einen Sessel sank. „Und gibt es gar keinen Ausweg, um den Wunsch dieser Unglücklichen zu erfüllen?" fragte erregt die Baronin. Hertha warf ihr einen bangen, bittenden „Ich glaube nicht," sagte der Kommissar. Er winkte dem Transporteur und dieser sprach knurrend: „Vorwärts!" Hertha fügte sich mit der ganzen entsagungsvollen Ergebenheit einer Gefangenen. In den Augen der Baronin aber wurde es feucht, sie empfand das innigste Mitleid mit diesem schönen, jungen Geschöpf, daS so sehr den Eindruck einer unschuldig Leidenden machte. - „Fassen Sie Mut," sagte sie. „Sind Sie unschuldig, dann wird Gott Ihnen helfen. Ich werde es an Bemühungen nicht fehlen lassen, Ihnen wenigstens das Wiedersehen mit Ihrer Mutter zu ermöglichen." „O, wenn Sie das könnten!" sprach Hertha unter Schluchzen. „Ich würde eS Ihnen ewig — ewig danke«!" Noch einen letzten, flehenden Blick auS ihren unergründlich tiefen Augen warf sie auf die s» unerwartet gefundene Wohlthäterin, dann folgte sie rasch dem voraufgegangenen Trans porteur. „Und nun, mein Herr," wandte sich die Baronin erregt an den zurückbleibenden Kom missar, „sagen Sie mir, wozu diese unmensch liche Härte? Warum das Kind von seiner Mutter kennen, und zwar in einem Augenblick, in dem sie einander am nächsten sein sollten, im Augenblick des Scheidens für immer? Ich stehe gesellschaftlich so hoch über deu Leuten, daß ich mich in ihre Lage kaum hineindenken kann. Ich kenne dieses junge Mädchen gar nicht, und doch bewegt ihr Unglück mein Herz in Mitgefühl, und doch könnte ich jedes Opfer bringen, um sie noch einmal mit ihrer sterbenden Mutter vereinigt zu sehen. Sperrt sie ein, bestraft sie, wenn sie eS verdient, aber denkt menschlich und schickt sie, meinetwegen unter doppelter Bewachung, auf eine Stunde zu ihrer Mutter, um ihr eme be ruhigende Versicherung zu geben und Abschied von ihr zu nehmen fürs Leben." „So spricht daS Gefühl," erwiderte der Kom missar ernst, „die Pflicht verlangt etwas andere» von uns. Wie, wenn nun alles, waS Sie hier gesehen haben, Komödie und Täuschung gewesen, wenn die Sehnsucht nach der Mutter nur des halb so groß ist, um noch rasch ein verständnis volles Zeichen, ein hastig geflüstertes Wort zu wechseln, das diese» und andere Verbrechen auf immer der Entdeckung entzieht? Die Gefangene erschrak, als sie hörte, daß ihre Mutter ver nommen worden sei: Sie werden sagen, aus Besorgnis um die Mutter, ich aber sage, aus Besorgnis, daß jene etwa» anderes ausgesagt »der ein Geständnis abgelegt haben könnte. Da» der Frontseite de» Denkmal« befindet sich «l Postament der bnmdenburgssche Adler auf eine« Bronzeschild, da» von der heraldischen Helmzier deS HohenzollernhauseS bekrönt wird, und dar unter, in den steinernen Sockel eingehauen, i» - altgotischen Lettern die einfache Inschrift: „Kur fürst Friedrich der Erste, Markgraf von Bran denburg." Falsch«»»,,er. In Sprottau nahm die Polizei einen längst gesuchten Falschmünzer, de« Maschinisten Kunze, fest. Viele Falsifikate und Formen wurden vorgefunden. Uebermut thut selten gilt. Am Donners- tag zogen durch die Stadt Haynau Bärenführer, die drn Prächtige, dressierte Bären vorführten. Als dieselben im Garten de» „Schützenhauses" sich produzierten, machte sich ein dort anwesender Rittergutsbesitzer aus der Umgegend den Spaß, die Rolle des Bärenführer» zu übernehmen. Jedenfalls paßte der Tausch dem „Meister Braun" nicht, denn er ging auf den Uebermütigen loS und biß ihm ein Fingerglied durch. Ein hartnäckiger Selbstmörder. Der Besitzer Türk auS Ellerwand bei Elbing war verhaftet worden, well er im Verdachte stand, einen Ochsen gestohlen zu haben. Türk öffnete sich in der Gefängniszelle die Adern, doch wurde er dabei ertappt und mS Krankenhaus gebracht. Hier gelang eS ihm durch ein Fenster zu ent weichen. Er nahm eine Droschke und fuhr nach seinem Gehöft. Dem Kutscher war der Fahrgast jedoch verdächtig vorgekommen und er machte einen Gendarm auf ihn aufmerksam, der den Entflohenen sofort wieder einbrachte. Hierbei hatte es nicht verhindert werden können, daß Türk Gift eingenommen hatte, und obwohl man sogleich Gegenmittel anwandte, starb er nach einigen Stunden. Drei Eisenbahn - Zusammenstösse an einem Morgen auf einem Bahnhof hat man in Duisburg erlebt. Ein Deutzer Güterzug fuhr zwischen 5 und 6 Uhr auf einen anderen Güter zug, der bei der Ausfahrt bereits mit einem Rangierzug in Kollision geraten war. Der materielle Schaden ist erheblich. Personen sind nicht verunglückt, da daS Personal rechtzeitig ab sprang. Der Führer des Deutzer Zuges wollte wegen des dichten Nebels und bei der bekannten Gefährlichkeit der Duisburger Zentralbahnhof- Einrichtung nicht einfahren ohne persönliche Weisung des dienstthuenden Assistenten. Dieser kam und gab den Befehl. Gleichzeitig erfolgte der erste Zusammenstoß und sofort darauf auch der zweite. 1'/, Stunden später fuhr vor der nördlichen Einfahrt auf der Köln-Mindener Strecke ein Personenzug aus Oberhausen von hinten in einen vor dem Signale stehenden Güterzug. Oberhausen hatte ihn abgelassen, ohne erst das Eintreffen des Güterzuges in Duisburg abzuwarten. Auch hier ist der materielle Schaden bedeutend. Mehrere Güterwagen wurden zertrümmert oder stark beschädigt. Zwei Kolli- wagen schoben sich ineinander und die Personen zug-Lokomotive fuhr in den letzten Güterwagen wie in ein Futteral. Außer zwei Fahrposi- Bcamten, welche Kopfverletzungen erlitten, sind die Reisenden mit dem Schrecken und vielen leichteren Quetschungen davongekommen. Der Pcrsonenzug soll an der Ruhrbrücke Warnungs signale durch Platzpatronen erhalten, sie aber nicht beachtet haben. Die Doppelstörung machte sich natürlich durch Zugverspätungen weit über Duisburg hinaus fühlbar. Gegen 11 Uhr mittags war die Köln-Mindener Strecke wieder fahrbar. Sensationelle Verhaftung. In Köln ist ein holländischer Baron verhaftet worden, als er gerade seine Verlobung mit der Tochter einer angesehenen Kölner Familie feierte. Der Baron wird der Verübung vielfacher Schwindeleien be zichtigt. Mehrere Angehörige des Verhafteten sind in Köln eingetroffen. Gegen da» Haberfel-treiben bat die Regierung von Oberbayern angeordnet, daß in sämtlichen Gemeinden des Amtsbezirks Meßbach ohne Verzug allnächtliche SicherhcitSwachcn, je nach der Größe der Gemeinden, in der Stärke von vier bis acht Mann und zwar vorläufig auf die Dauer von drei Monaten eingerichtet werden, wobei es dem Bezirksamt überlassen bleibe, für bestimmte Tage im voraus, sowie für Tage, an sind die besten Schauspieler nichr, die sich auf der Bühne bewegen; unsere Verbrecher erzielen ganz andere Täuschungen, mit keinen anderen Mitteln, als Sprache und Gestchtsmuskeln. Der fehlen Schminke, Verkleidung und Lampen beleuchtung ; aus nächster Nähe und bei Hellem Tageslicht sprechen diese gelungensten Komödianten zu unS. Ich kenne das, denn ich bin oft genug von ihnen düpiert worden. Um so weniger möchte ich Sie, die Sie ein so offenes Herz für die Leiden der Menschheit haben, dem gleichen Schicksal verfallen sehen. Sie würden es selbst am bittersten bereuen; je mehr Gutes Sie an dieser Person thun würden, mit um so schwär zerem Undank würde sie Ihnen lohnen. Da» sagt Ihnen ein Kenner der Ihnen ganz fremden Verbrecherwelt!" „Und dennoch, dennoch," beharrte die Baronin, „muß dieses Kind seiner Mutter wiedergegebeu werden, wenn auch nur auf wenige flüchtige Augenblicke. Ich war unwissentlich Veranlassung der Trennung von Mutter und Kind, und ich habe nun die heilige Verpflichtung, sie wieder zusammen zu bringen und der kranken Mutter daS Sterben nicht zu schwer zu machen. Be denken Sie doch, wenn Sie mit einem Fluch gegen di« unbekannte Dernichterin ihres stillen Familienglücks ihren Atem auShauchen sollte! Der Gedanke schon läßt mich erbeben! Ber- langen Sie nicht von mir dieselbe kalte, berech nende Denkart, mit der Sie die Dinge bemessen. Ich denke al» Weib, als selbst verwaiste Mutter, und so frage ich Sie, gibt es denn gar kein er- langbareS, kein gesetzliches Mittel zur Erreich«« meines Zwecke»?"
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