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Auerthal-Zeitung : 16.09.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-09-16
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189409168
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18940916
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18940916
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-09
- Tag 1894-09-16
-
Monat
1894-09
-
Jahr
1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 16.09.1894
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V-lMsch- Kundscha«. Deutschland. -Der Kaiser hat auch am DienStaa und Mittwoch am Manöver teilgenommen. Mittwoch abend kehrte der Monarch nach Slobitten zurück, um von dort nach Swinemünde zu den Flotten« manövern abzureisen. Die Kaiserin gedachte an demselben Abend von Königsberg nach Potsdam zurückzufahren. * Der Kaiser hat den Ehrentrunk, der ihm von dem Kreis Westhavelland gelegentlich der > am 18. Oktober erfolgenden Enthüllung deS Friesacker Denkmals kredenzt werden soll, angenommen. * Die Königsberger RededeS Kaisers ließ schon erkennen, daß auf dem Gebiete , der Landwirtschaft gesetzgeberische Maßregeln zur Hebung der allgemeinen il Lage der ackerbautreibenden Bevölkerung vorbe ¬ reitet werden. Eine Bestätigung dieser Annahme ergibt der Hinweis im .Reichsanzeiger', daß eS für die am 5. Juni 1895 in Aussicht genommene Berufs- und Gewerbezählung bei den gegen wärtig schwebenden Erörterungen über die Mittel, durch welche die Landwirtschaft zu fördern sei. von Bedeutung sein würde, wenn man bis auf die neueste Zeit reichende Ermittelungen über das Zahlenverhältnis zwischen landwirtschaftlicher und industrieller Bevölkerung und über den Um fang und die Geschwindigkeit hätte, mit der die letztere auf Kosten der ersteren zummmt. * Die Gerüchte über eine bevorstehende Z u- sammenkunft des Reichskanzlers Grafen Caprivi mit dem Grafen Kalnoky in Karlsbad werden von der .Kreuzzeitung' als gegen st andslos bezeichnet. * Es war gemeldet worden, daß im nächsten ; Voranschlag der Heeresverwaltung Mehr- forderungen enthalten sein würden, die durch eine wesentliche Erhöhung der Besoldung der Unteroffiziere entstehen würden. Der ,Kreuz-Ztg.' zufolge ist diese Meldung durchaus unzutreffend. * Eine neue Berufs- und Gewerbe zählung wird nunmehr im ,Neichsanz.' an gekündigt. Wie mitgeteilt wird, ist dem Bundes rat von dem Stellvertreter deS Reichskanzlers eine Vorlage mit dem Antrag zugegapgen, in dieser Angelegenheit einen Beschluß zu fassen, indem zugleich als Zeitpunkt für eine neue Be rufs- und Gewerbezählung der 5. Juni 1895 i in Vorschlag gebracht wird. Zur Begründung dieses Antrags wird auf die vielfachen erheb lichen Aenderungen der Berufsverhältnisse seit der letzten Gewerbezählung von 1882 hingewiescn. -Die Maßnahmen, die von der Heeres verwaltung zur Erleichterung des In - fanteriegepäcks getroffen sind, sollen sich im allgemeinen gut bewährt haben. Nur über das neue graue Trikothemd hört man Klagen, die der Berechtigung nicht entbehren. Zunächst erscheint das Hemd nur für die warme Jahres zeit geeignet; für kaltes Wetter, wie wir es z. B. in diesem Jahre schon im August und . Anfang September hatten, erscheint das Hemd ungenügend, dessen Haltbarkeit übrigens auch Bedenken unterliegt. Der größte Uebelstand liegt aber darin, daß das Semd sich sehr schlecht waschen läßt. *Das preuß. Staats-Ministerium wird in der nächsten Woche bis auf den Reichs kanzler v. Caprivi, der zur Kur in Karlsbad weilt und erst Ende dieses Monats zurückkehrt, wieder in Berlin versammelt sein. Zur Zeit be finden sich noch auf Urlaub: der Handelsminister Frhr. v. Berlepsch (jetzt in Schlesien weilend), der Unterrichtsministcr Dr. Bosse (zur Zeit in Tirol) und der Landwirtschaftsminister v. Heyden (seit 25. August auf seiner Besitzung in Pommern). Diese Genannten kehren in den ersten Tagen der nächsten Woche nach Berlin zurück, um ihre Thätigkeit wieder aufzunehmen. Alle anderen i Minister sind bereits von ihrem Urlaub zurück- > gekehrt. -Die aufständischen Eingeborenen, die einen wiederholten Angriff auf Kilwa in Deutsch- Ostafrika gemacht haben, sind bis über den ! Mawudifluß zurückgeworfen worden. Oesterreich-Ungarn. * In Tarnopol (Galizien) sind einundzwanzig Seminaristen wegen Geheimbündelei, Hoch verrat und MajestätSbeleidigung verhaftet worden. Ob die Maßnahme und ihr Anlaß mit dem Aufenthalt des Kaisers Franz Joseph in Lemberg in Zusammenhang zu bringen find, geht aus der Meldung nicht hervor. Tarnopol liegt noch etwa 16 Meilen ostwärts von Lemberg. Frankreich. -Die Absichten der Franzosen auf Madagaskar lassen sich kurz dahin zu sammenfassen, daß genannte Insel vollständig der Machtsphäre Frankreichs einverleibt werden soll. Der Form nach wird Frankreich die HowaS so höflich und verbindlich wie möglich behandeln, in der Sache aber strengstens darauf halten, daß allen seinen Forderungen weitestgehende Erfüllung zu teil werde. Um England kümmert man sich in Paris bei dem ganzen Madagaskar, scheinbar wenigstens, garnicht. Die inS Auge gefaßte Ent sendung beträchtlicher militärischer und maritimer Aktionsmittel an Ort und Stelle, im Fall die Howaregierung sich widerspenstig benehmen sollte, beweist, daß die Franzosen diesmal in Mada gaskar reine Bahn machen wollen. * Die .Cocarde', ein Pariser boulangistisches Abendblatt, kündigt an erster Stelle an, der französischeBotschafter inBerlin, Herbette, werde demnächst abberufen werden, da seine Amtsführung sowohl als auch die Anstellung deutscher Subalternbeamten im Botschaftshotel großes Mißfallen erregt habe. AIS Nachfolger wird Rouvier, Generalresident in Tunis, genannt. — DaS Gerücht entbehrt jeder Begründung, auch bringen andere Abendblätter keinerlei Bestätigung. -Die Belocipedsteuer hat in Frank reich im Jahre 1893 für 132 276 Velocipede eine Summe von 950 000 Frank ergeben. Die Klub st euer ergab im gleichen Jahre 1400 000 Frank für 4957 Klubs mit 283 380 Mitgliedern. Der Ertrag der Hundesteuer belief sich für 2 885 200 Hunde auf 8 700000 Frank. Englund. * Die in Amerika lebenden Fenier (irische Unzufriedene) haben den 10 jährigen Waffen- still stand gegen England, währenddessen sie die Wirkungen der englischen Gesetzgebung für Irland abwarten wollten, für ab gelaufen erklärt. Man macht sich infolgedessen wieder auf eine Erneuerung der irischen Agrarver brechen gefaßt. -Die irdischen Ueberreste des Grafen von Paris sind am Mittwoch in dem Grab gewölbe der Kirche in Weybridge (England) feierlich beigesetzt worden. -Der Herzog von Orleans, der nunmehrige französische Thronprätendent an Stelle des Grafen von Paris, hat am Mittwoch nach mittag in London eine große Anzahl mon archistisch gesinnter Franzosen empfangen und in einer Ansprache an sie versprochen, seine „ganze Energie für die Erfüllung seiner Mission aufzu wenden." Amerika. -MebrasilianischenMonarchisten sollen, wie in Buenos-Ayres gerüchtweise ver lautet, einen Auf st and vorbereiten. Die Meldung ist nicht sehr wahrscheinlich, da die Monarchisten, wie sich auch beim letzten Bürger kriege gezeigt hat, keine nennenswerte Macht repräsentieren. Vielleicht aber hat das Gerücht darin recht, daß die Ruhe, die schon seit mehreren Monaten herrscht, nicht mehr lange dauern wird. Asien. -Behufs Feststellung der gegenwärtigen Be ziehungen zwischen Japan und Korea und auf Wunsch der koreanischen Regierung ist am 26. August in Söul, der koreanischen Haupt stadt, zwischen dem japanischen und dem koreani schen Minister des Auswärtigen einBündnis - vertrag abgeschlossen worden. Der Vertrag bezweckt, Korea die Unabhängigkeit zu verschaffen und die gegenseitigen Interessen beider Länder durch Vertreibung der Chinesen aus Korea zu fördern. Der Vertrag bleibt so lange in Kraft, als die Feindseligkeiten zwischen China nud Japan dauern. -Gerüchtweise verlautet in London, daß Waffenstillstands-Verhandlungen zwischen China und Japan im Gange sete«. Australien. -Der Krieg in Samoa gilt als beendet. Nachdem der deutsche Kreuzer „Bussard" und das britische Kriegsschiff „Curagoa"" den AanaS die Beschießung angedroht hatten, begaben sich die Häuptlinge der Rebellen an Bord deS „Cura?oa", lieferten etwa hundert Gewehre aus und erklärten ihre Unterwerfung unter den König Maltetoa. Uo« Uah nrrd Ferm. Et« bedeutender Austra- für das neue ReichstagSgebäude ist soeben von einer Smyrna- Teppichfabrik in Schmiedeberg vollendet worden, es sind zwei Teppiche von kolossaler Größe, deren einer, und zwar der größere von beiden, seinen Platz im Lesezimmer des Reichstags- gebäudeS erhalten wird. Seine Maße betragen 9.93 und 23,27 Meter. Da der Teppich nach Plan gearbeitet, nämlich an den Stellen, wo Schränke zu stehen kommen, auSgeärbeitet ist, so beträgt sein Flächeninhalt 203,37 Quadratmeter. Sein Gewicht beträgt nicht weniger als 15'/« Zentner oder 762,5 Kilogramm. An ihm haben 9 Arbeiterinnen 55'/, Tage oder 9 Wochen und anderthalb Tage gearbeitet. Sein Wert beträgt 5400 Mk. Der kleinere Teppich hat die Form eines Achtecks; seine größten Ausdehnungen be tragen 11,27 Bieter. Er hat einen Flächen inhalt von 131 Quadratmeter und ein Gewicht von 9 Zentner 82 Pfund, gleich 491 Kilogramm. An ihm haben 12 Arbeiterinnen 35 Tage gear beitet. Sein Wert ist 3500 Mk. Ueber eine lebensgefährliche Ballon fahrt in Stettin mit dem BalloN der Herren Damm und Spring berichtet Herr Paul Camp hausen, Vertreter des Bürgerlichen Brauhauses in Pilsen, wie folgt: Ein leichter Westwind trieb uns schnell etwa bis über die Mitte des Dammschen Sees, als plötzlich der Wind ganz aufhörte. Mein Begleüer, der bewährte Luft schiffer Herr Oskar Damm, gab Mir nun In struktionen, wie ich mich für alle kommenden Fälle zu verhalten habe, wie das Ventil gehand habt wird re. Von frischer Brise getrieben, kamen wir auf ein Terrain, wo ein Landen möglich war. Das Ventil wurde geöffnet und mit rasender Schnelligkeit kamen wir beim Dorfe Lenz nieder. Unglücklicherweise verfing sich der Anker mit dem 50 Meter langen Fangseil der art, daß der Anker verkehrt geschleift wurde und in dem weichen Boden nicht fassen konnte. Leute waren leider auch nicht zur Stelle oder konnten nicht schnell genug herankommen; jo wurden wir von Lenz bis Tolz geschleift, ich zu Unterst, Herr Damm lag auf mir. Einmal fiel ich aus dem Korb, hielt aber fest an den Stricken, denn hätte ich losgelassen, so wäre ich wohl auf dem Boden liegen geblieben, während Herr Damm mit dem Ballon, der um mein Gewicht erleichtert wäre, sofort wieder emporgestiegen und dann vielleicht die Nacht in den Lüsten hätte zubringen müssen. Nun kamen Leute von allen möglichen Ortschaften allmählich heran, die Bauern griffen kräftig zu und wir konnten, einige Haut abschürfungen abgerechnet, landen! Ein Defekt an unserem Ballon, den wir später erst feststellen konnten, war die Veranlassung zu unserem plötz lichen Sturz. Ein trauriges Ende nahm in Ohligs eine erst vor drei Monaten geschlossene Ehe. Schon bald nach der Hochzeit kam es zwischen den jungen Eheleuten zu Zwistigkeiten, die sich schließlich so weit zuspitzten, daß die junge Frau ihren Mann, einen Fabrikarbeiter, wegen eines von ihm begangenen Diebstahls anzeigte. Darüber wurde der Mann so aufgeregt, daß er sich einen Revolver kaufte und daraus auf seine Frau und seine Schwiegermutter, als Ihm diese auf der Straße entgegenkamen, vier Schüsse abfeuerte, von denen jedoch nur einer traf und zwar seine Schwiegermutter in den Oberschenkel. Er lief darauf in seine Wohnung, schloß sich ein und tötete sich durch einen Schuß in die Schläfe. Eine grauenvolle That hat in Hagen nicht geringe Aufregung hervorgcrufen. Am Dienstag nachmittag befand sich eine Hausiererin im Walde, als ihr ein Mann begegnete, der ihr den Weg weisen wollte. Einige Zeit darauf . wurde die Frau im Sterben liegend aufgefunden. Der Mann hatte ihr, wie sie noch angeben konnte, Geld im Betrage von 300 Mk. geraubt, sie dann mit Petroleum begossen und anaezündet. Die Frau war schrecklich verbrannt; sie ist im Kranken haus untergebracht und dürfte kaum mit dem Leben davon kommen. Infolge eigener Unvorsichtigkeit hat in Köln ein Vater den Tod seines KindeS ver schuldet. Ein Arbeiter hatte die Nächt hindurch gearbeitet und legte sich morgens, eine Zigarre rauchend, zu seinem anderthalb Jahre allen Söhnchen inS Bett und schlief ein. Die brennende Zigarre war nun auf das Kind gefallen und hatte dessen Kleider entzündet, wodurch der Knabe so schwere Brandwunden davontrug, daß er in der folgenden Nacht im Hospitale starb. Ei« Zentner Pflaumen für fünfzehn Pfennige! Wie reich der Segen an allen Sorten Obst dieses Jahr ist, geht wohl am deutlichsten auS der Thatsache hervor, daß bei den öffentlichen Obstversteigerungen in der Main«- gegend niemand etwas Erhebliches für Pflaumen bieten will. S» wurde bei einer Obstversteige rung bei Tauberbischofsheim, die vom Rentamt amtlich abaehalten wurde, ein Baum gelber Pflaumen, der größte in der ganzen Gemarkung, für eine Mark losgeschlagen. Da der Baum einen Ertrag von über sechs Zentner Pflaumen lieferte, so kommt der ganze Zentner nicht höher als 15 Pfg. zu stehen. Ein Millionenprojekt erregt gegenwärtig daS Interesse der Bewohner der Stadt Hannover. Im Zentrum der Altstadt befinden sich nämlich einige Straßen, die in nichts den berüchtigten Hamburger Gängevierteln oder der einstigen Berliner Königsmauer nachstehen. Dazu kommt, daß drei Gassen in unmittelbarer Nähe der Hauptgeschäftsadern der Stadt und zwischen den Verkehrszentren derselben liegen. Es ist deshalb begreiflich, daß die gesamte Presse in Ueberein- stimmung mit dem weitaus größten Teile der Bevölkemng sich sehr sympathisch zu einem Pro jekt, das die Niederlegung der betreffenden Häuserblocks herbeiführen, um dadurch Raum zu einer im größten Stil gedachten Passage sowie für das demnächst neu zu erbauende Rathaus gewinnen will. Die Kosten der Verwirklichung dieses Projekts auf etwa 7 Millionen Mark veranschlagt, will man durch eine 20 Millionen lotterie aufbringen, doch ist es wahrscheinlicher, daß entweder die Stadt selbst oder aber ein kapitalkräftiger Untemehmer die Sache in die Hand nimmt. „Hier finden tüchtige Biertrinker dauernde Beschäftigung!" So steht am Fenster einer Gastwirtschaft der Tetzelgasse in Nürnberg deutlich zu lesen. Die Aufforderung vermeinte am Montag ein derart „Arbeitsloser" nach kommen zu sollen und fand denn auch richtig „Beschäftigung". Um Bezahlung ersucht, ver weigerte er sie, indem er sich auf die obige Offerte berief. Trotz eifriger mündlicher Ver handlungen konnte eine Verständigung nicht erzielt werden, so daß der „Arbeitgeber" alsbald den Beschästigungsuchendcn grausamen Herzens in un sanfter Weise an die frische Luft setzte. Eine chinesische Schauspielertruppe will in Paris eine Reihe Vorstellungen geben. Sie zählt 34 Mitglieder, worunter fünf Frauen, führt unter anderem auch einen Tiger und vier Panther mit sich. Sie hat natürlich ihr chinesisches Theater mit allem Zubehör mitgebrächt: ein Haus aus Bambusrohr mit Strohdecken, ver schiebbaren Wänden aus gemaltem Papier, kurz ganz nach chinesischer Landesart. Die Vor stellungen werden mehr aus Pantomimen und handlichen Künsten, denn aus wirklichen Bühnen stücken bestehen. Verhaftet worden sind in Paris zwei Italiener, die der Teilnahme an dem im Juni 1892 zum Nachteil einer Frau Maßmann in einem Hamburger Hotel begangenen Diebstahl von 150 000 Frank beschuldigt sind. Sechsfacher Mord. In Cosne, Deports- ment Nievre, tötete der Steuereinnehmer Brandelon sich, seine Frau und seine vier Kinder durch Einatmung von KohlenoxydgaS. In einem hinterlassenen Brief gab er an, daß er die That Keimgefunöen. (Fortsetzung.) EinerLawine gleich pflanzte eS sich jubelnd fort: „Sie kommen, unsere Retter kommen!" Losgelöst und befreit waren alle Gemüter von dem jahrelangen Drucke, und hoffnungsfreudig blickte man dem Sieg und Kampf entgegen. Zugleich mit dem Einrücken der Kaiserlichen wurde em offener, von Andreas Hofer und Martin Teimer unterzeichneter Aufruf verbreitet und diesem Rufe folgend, kamen sie von allen Setten herangezogen, die helden kühnen Streiter. Schon am nächsten Tage, am 10. Avril, kam eS im Pusterthale zum Aufstande, als die bay rischen Truppen bei St. Lorenzo die Brücke ab brechen wollten, um die Oesterreicher aufzuhalten. Siegreich stritten die Tiroler, und die Bay em mußten sich am rechten Ufer der Eisack über Schals zurückziehen. Nach einem abermaligen hitzigen Gefechte wurden sie auf Sterzing zu gedrängt und zwar über Mittelwald. Nun er schien auch Andreas Hofer, der schon in den neunziger Jahren deS vorigen Jahrhunderts und 1805 als Hauptmann der Passeier ins Feld ge zogen war, mit dem Landsturm der Gerichte Sarenteim und Pafleier und griff die sich zu- rückziehcnden Bayem so siegreich an, daß ein Teil derselben abaeschnitten wurde, der sich nach dem Sterzinger Moos flüchtete, wo er sich nach großen Verlusten am 13. ergeben- mußte. In zwischen hatten sich auch die Ober- und Unter- mnthaler erhoben und bereits am 12. Innsbruck erobert. Mit Pfeifen und Trommeln, nut Vivat- fchreien, Jodeln und Singen hielten sie ihren Siegeseinzug in die Landeshauptstadt; wohl m 13 000 Wchrmänner befanden sich an diesem Tage in derselben, von den Städtem mit be geistertem Jubel empfangen. Als die Freude ihren Höhepunkt erreicht hatte, brachten plötzlich einige Burschen einen hölzemen, zweiköpfigen Adler von ungeheurer Größe herbei, den sie im Betsaale des Damenstiftes an der Franziskaner kirche aufgefunden. Alles schloß sich jauchzend den Burschen an, und bald ging es im unab sehbaren Zuge dem Toxischen Posthause entgegen, an welchem sie den Adler über der Thür be festigten. Kaum war eS geschehen, so stieg einer nach dem andern die Leiter hinauf, um den österreichischen Adler zu küssen, wobei den meisten die Hellen Thränen über die Backen liefen. Dies alles glich jedoch nur einem Vorspiele zur eigentlichen Siegesfeier; denn am andern Tage mußten sich die Franzosen und Bayem unter den Generalen Brisson und Wrede be dingungslos ergeben. Am 15. April hielt auch der Feldmarschall- Leutnant Chasteler mit einer Truppenabteiluna in Innsbruck seinen Einzug, indem er dem Volke, daS ihn jauchzend empfing, zuries: „Wir wollen mit euch leben, siegen oder sterben!" Und als wirklich die Stunde der Not erschien, war er der erste, der die Tiroler verließ. Bisher hatten die lang sam nachfolgenden kaiserlichen Tmppen nichts Wetter zu thun gehabt, als die von den Land- sturmmännern gemachten Gefangenen zu über nehmen. Bei dem Engpässe von Calliano wur den von Chasteler in nutzlosem Kampfe mit einem überlegenen Feinde gegen tausend seiner tapferen Soldaten aufgeopfert. Andreas Hofer war, ohne Innsbruck be treten zu haben, mit seinen wackeren Leuten vom Brenner zurückgekehrt, in Meran seinen feierlichen Einzug haltend. So hatten die Tiroler durch eigene Kraft mit verhältnismäßig geringen Opfern ihr ge liebtes Vaterland befreit und eine Anzahl an Gefangenen gemacht, darunter die Generale Brisson und Wrede. Staunend vernahm die Welt die Kunde von dem unbezwingbaren Heldenmnte und den glänzen den Siegen deS biederen Volkes und auch bei dem deutschen Volke begann sich Hoffnungs freudigkeit zu regen. Schon bei dieser ersten Erhebung der Tiroler trat leuchtend die edle Gestatt Andreas HoferS hervor, dessen Bmst kein unlauterer Gedanke in dem heiligen Kanipfe erfüllte und dessen Herz frei war von jeder Regung der Eitelkeit und deS Neides und welcher dem besiegten Feinde gegenüber stets Menschlichkeit und Edelmut walten ließ. Nachdem Tirol wieder frei, ging eS schonungs voll an die Beseitigung der bayrischen und bay risch gesinnten Beamten. Als Baron Thurming, Augustens und Johannas Onkel, in den Wagen stieg, der ihn zurück nach Bayem führen sollte, da wurden die Tiroler, die ihn näher kennen gelernt, nicht müde, ihm die Hand zu drücken. MS eS auch ein Greis mit schneeweißen Haaren that, sprach dieser treuherzig: „Wir haben die Bayem hinauSgetrieben und zwar mit tausend Freuden, dich aber, gnädiger Herr, behielten wir gem im Lande, wenn es eben ginge; denn du hast ein treues, deutsches Herz und warst stets gut gegen uns!" Die Beweise dankbarer Gesinnung, die ihm diese schlichten Leute entgegenbrachten, benahmen ihm jede Bitterkeit darüber, daß er gezwungen Tirol verlassen mußte. Zu seinen Nichten, die zurückbleiben und fick auf ihr Schloß begeben wollten, hatte er beim Abschied bedeutungsvoll gesprochen: „Ich verlasse dieses Land, wo noch alte deutsche Treue wohnt und in dem ich in fried lichen Zeiten gem leben möchte. Die Stunde des Wellgerichts hat für Napoleon noch nicht geschlagen und auch Tirols Schicksal wird nicht in diesen Bergen, sondern in offener Feldschlacht entschieden; sinkt Oesterreichs Kaiseraar daselbst danieder, so kehren die Franzosen und Bayem zurück, und mit Blut und Feuer wird das arme Land für dm kurzen Freihettstraum zu büßen haben. Aber ein leuchtendes Beispiel hat dies biedere Heldenvolk der Welt gegeben, auf welche Weise das Tyrannenjoch zu brechen ist!" — Das Schicksal Tirols sollte wirklich nicht in den heimischen Bergm endgültig entschieden wer den. Nachdem Napoleon die österreichische Armee in einer fünftägigen Schlacht bei Eckmühl unweit Regensburg zurückgeworfen, drang der Feind unter Lefebre und Wrede aufs nme in daS Land und bald waren sie wieder die Herren desselben. Doch auch nun erhoben sich die Tiroler und zwar so siegreich wie daS erste Mal. Nach den unter HoferS Führung am 25. und 29. Mai stattgefundenen Gefeqten war der Feind nach unerhörten Verlusten gezwungen.
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