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Auerthal-Zeitung : 18.07.1894
- Erscheinungsdatum
- 1894-07-18
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id173565485X-189407186
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id173565485X-18940718
- OAI-Identifier
- oai:de:slub-dresden:db:id-173565485X-18940718
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Saxonica
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Auerthal-Zeitung
-
Jahr
1894
-
Monat
1894-07
- Tag 1894-07-18
-
Monat
1894-07
-
Jahr
1894
- Titel
- Auerthal-Zeitung : 18.07.1894
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P-lMsch- Kundscha«. Deutschland. * Der BundeSrat hat seine Sommer- ferien angetreten. Die nächste Sitzung deS Kundesrats wird voraussichtlich erst im Oktober stattfinden. "Zur Ausbildung von Offizieren in der Kenntnis der heimischen Küsten findet gegen wärtig unter der Leitung des kommandierenden Admirals unserer Flotte, v. d. Goltz, eine größere AdmiralstabSreise in der Ostsee statt, die sich bis Memel und Pillau erstrecken soll. An Bord der „Grille" sind gleichzeitig einige höhere Offiziere vom Oberkommando der Flotte und vom Ncichs-Marineamt eingeschifft. * Rudolf v. Bennigsen veröffentlicht im ,Hann. Kour/ folgende Danksagung: „Zu meinem 70. Geburtstage habe ich von nah und fern so viele hocherfreuliche und ehrenvolle Be weise von Teilnahme, Anerkennung und Freund schaft erhalten, daß die Erinnerung daran von mir und meiner Familie mit unauslöschlicher Dankbarkeit bewahrt bleiben wird. Zu meinem aufrichtigen Bedauern ist eS mir bei der überaus großen Zahl erhaltener Telegramme und Briefe nicht möglich, jedem, wie ich wünschte, einzeln zu antworten und zu danken. Ich bitte daher, mir zu gestatten, den Gefühlen des herzlichsten und lebhaften Dankes hierdurch öffentlichen Aus druck zu geben." * Major v. Wißmann hat um eine Ver längerung seines Urlaubs bis zum 20. Juli nachgesucht und wird dann von Konstanz, wo er sich gegenwärtig aufhält, nach Berlin kommen. Zum ersten Male seit 15 Jahren wird er zur Stärkung seiner Nerven den Winter in Deutsch land verleben. *Das Gerücht, daß angesichts der an wachsenden anarchistischen Gefahr zum Herbst eine erhebliche Verstärkung der sogenannten Staatspolizei beim Berliner Polizeiprä sidium stattfinden werde, darf auf Grund guter Informationen als unzutreffend bezeichnet werden. Bis jetzt liegt es keineswegs in der Absicht des Ministers des Innern, nach dieser Richtung irgend welche Veränderungen zu treffen. Nach wie vor faßt man die innere Lage von diesem Gesichtspunkte aus überaus kaltblütig auf und neigt keineswegs zu der Befürchtnng, daß etwa auch bei uns anarchistische Ueber- raschungen in der Luft liegen könnten. * Endgültige Bestimmungen über die Zoll« behandlung der V ersch nittw eine sollen binnen kurzem für das deutsche Zollgebiet erlassen werden. Sie gehen im wesentlichen dahin, daß für den zum Verschneiden bestimmten Wein und Most nur dann der ermäßigte Zoll satz gewährt werden soll, wenn die Einfuhr geradenwegs aus dem Ursprungsland«! erfolgt und die Ware ausdrücklich als Verschnittwein und -Most deklariert ist und unter amtlicher Aufsicht zum Verschneiden gelangt. -"Die Vorarbeiten für die Revision der Zivilprozeßordnung sind bereits so weit gefördert worden, daß der dcmnächstige Ab schluß zu erwarten ist und schon im Herbste die Bundesregierungen in die Lage kommen werden, zu den einzelnen Vorschlägen Stellung zu nehmen. Uebcr die Organisation des Hand werks enthält der „Hamb. Corr/ einige unklare Mitteilungen. Danach soll der Forderung auf Einführung des Befähigungs-Nach weises nicht entsprochen, dagegen den Wünschen der Handwerker auf Einführung der Zwangsinnnng vsrausisichtlich weiter ent- gcgcngckommen werden, als bisher für angängig erachtet wurde. Gleichzeitig scheint man aber auch wieder damit zu rechnen, daß der Reichstag den Befähigungsnachweis als Voraussetzung für die Zulassung der Innung in das Gesetz einstigen werde. * lieber Verkehrsbeschwernisse in Rußland wird in der ,Danz. Ztg.' Klage geführt und dabei mitgeteilt, daß das Passieren der russischen Grenze in Nieszawa nichtrussischen Fahrzeugen nach Rußland nur dann gestattet wird, wenn für den Zollwert, den das Fahrzeug ha^, ein Depot gestellt oder entsprechende Sicherheit geleistet wird. Das bedeute ein teil weises Aufhören deS SchiffahrtSverkehrS nach Rußland, da wenigstens die Kahnschiffer nicht in der Lage seien, die geforderten Depots zu stellen, und es ist mit Rücksicht hierauf von Seiten der Danziger Reeder, Svediteure und Schiffseigner eine Eingabe an den ReichSkanzer gerichtet worden. * Die «Teilung deS Regierungs bezirks ArnSbera wird gutem Vernehmen nach in der . Weise erfolgen, daß die Kreise Bochum Stadt und Land, Dortmund, Gelsen kirchen, Hagen, Hamm, Hattingen und Hörde in den neuen Regierungsbezirk einbezogen werden, dessen oberste Behörde ihren Sitz in Dortmund erhalten wird. Oesterreich-Ungarn. »Den Segen deS Papstes haben die ungarischen Oberhausmitglicder, die gegen die Zivilehe stimmten, erhalten. Die Grafen Ferdinand Vichy und Nikolaus Moritz Esterhazy hatten als Präsidenten des Prcßburger Katho likentages ein HuldigungS - Telegramm an den Papst gerichtet und darauf ist ihnen die Ant wort zugegangen, daß dem Papst diese glänzende Glaubenstreue des ungarischen Volkes zum großen Seelentroste gereiche und daß er das ungarische Volk zur Ausdauer im gesetzlichen Kampfe für Kirche und Vaterland ancifere. Frankreich. * Ueber die Entdeckung einer Verschwö rung gegen das Leben des Präsidenten Casimir-Perier, anläßlich welcher die Verhaftung eines Anarchisten an der spanisch französischen Grenze vollzogen wurde, melden Pariser Blätter folgende Einzelheiten: In der Ortschaft Le Perthus an der ftanzösisch-spanischen Grenze erschienen Montag nacht in einem Wirts hause, das gewöhnlich von Schmugglern besticht tvird, drei unbekannte Personen, zwei Spanier und ein Italiener. Die Wirtin, der das ge heimnisvolle Gespräch der Besucher auffiel, that, als ob sie schlief, und hörte sodann deutlich, wie die drei Männer die Ermordung Casimir-Pcriers vereinbarten. Der Italiener sollte sich sofort nach Paris begeben und daselbst den Präsidenten auf einem Spaziergang ermorden. Gegen zwei Uhr morgens verließen die nächtlichen Besucher das Wirtshaus, worauf die Wirtin sofort den Unterpräfekten von Hendaye in Kenntnis setzte. Infolgedessen konnte ein Verschwörer verhaftet werden; die beiden anderen entflohen; die Unter suchung muß erst die Angaben der Wirtin be stätigen. * Coutant und andere sozialistische Abgeord nete wollen die Herabsetzung des Prä- sidentengehalts von 1200 000 auf 400 000 Frank beantragen und damit ihre Ab neigung gegen Casimir-Perier ausdrücken. — Frau Carnot verließ am 12. d. endgültig das Elysee. Das ganze Hausgesinde wollte sic zum Abschied feierlich begrüßen, sie verbat sich indes jede Kundgebung und fuhr, bloß von ihren Kindern und einem Offizier des Militärgefolges ihres verstorbenen Gatten begleitet, in geschloffe nem Wagen nach ihrer neuen Wohnung, wo ihre bis dahin verhaltene Bewegung sich in heftigem Schluchzen Luft machte. Schweden-Norwegen. »Das Sozialkomitee hat dem norwegi schen Storthing einen Gesetzentwurf für die Unfall-Versicherung der Fabrik arbeiter vorgelegt. Derselbe schließt sich in der Haupffache an das deutsche Unfallversiche rungsgesetz an, nur wird der Beginn der Unfall entschädigung schon mit der fünften Woche nach dem Unfall vorgeschlagen. Vorerst ist die Ver sicherung auf die Seeleute, Erd- und Wald arbeiter noch nicht ausgedehnt. Spante«. *Der deutsche Botschafter in Madrid, von Radowitz, überreichte dem Minister des Aus wärtigen, Moret, eine Note der deutschen Re gierung, durch welche diese den zwischen beiden Regierungen verabredeten, in den spanischen Cortes nicht zur Abstimmung gelangten Han delsvertrag zurückzieht. *Die von Gibraltar nach Marokko ge brachten Waffen nebst Munition sollen so be deutend sein, daß die Madrider Presse von der spanischen Regierung energische Maßregeln ver- mitgenommen, er verzichtete aber darauf, zu» Begräbnis deS SohneS hinzureisen, und sandte das verlangte Geld. Bor einigen Tagen nun klingelte eS bei dem Vater, und da man öffnete, tritt der angeblich gestorbene Sohn inS Zimmer.' Allmählich klärte sich das Geheimnis auf. Der hoffnungsvolle Jüngling war nicht gestorben, wohl aber in Geldverlegenheit gewesen. Sein Freund, der Schreiber bet einem Standesbeamten war, unterstützte den Schwindel, der Totenschein wurde ausgestellt und das eingesandte Geld dann fröhlich durchgebracht. Schiestunglück. Bei der Landwehr-Schieß übung aus dem Schießplätze in Wiesbaden ent lud sich ein Geschoß nach hinten. Mehrere von der Mannschaft wurden verletzt. Zwei Wehr männer wurden in daS Lazarett gebracht. Weiblicher Nachtwächter. Eines weib lichen Nachtwächters erfreut sich die Gemeinde Steinhübel im Regbz. Oppeln seit einiger Zeit. Nacht für Nacht, angethan mit den Insignien ihrer Allgewalt, repräsentiert die Nachtwächterin das Auge des Gesetzes und wacht als solches darüber, daß dem Ort „kein Schade geschicht". Wie man erzählt, soll den Steinhübeler Nacht schwärmern der weibliche Nachtwächter recht un bequem sein. Ein russischer Grenzsoldat hat in der Nacht zum Freitag bei Pieschen auf mehrere die Grenze überschreitende Pascher geschossen. Der Schuß durchbohrte den Hals des Paschers Fiebig, der sofort tot blieb. Keinen offiziellen Frühschoppen mehr! Sächsische Blätter melden: Die Korps der Leipziger Hochschule: Lusatia, Saxonia und Guestphalia haben einstimmig die Aufhebung des offiziellen Frühschoppens beschlossen. Hoffentlich liegt der Ton nicht auf „offiziellen", sondern auf „Frühschoppen«! Geldspindknacker. In Hamburg macht sich in unheimlicher Weise seit einigen Wochen eine Einbrccherbande bemerkbar, die die Verbrecher welt mit dem Namen „Geldspindknacker" belegt. Fast täglich kommen Meldungen, daß dieses oder jenes Kontor nächtlicher Weile von den unheim lichen Gästen aufgesucht worden sei, ohne daß es der eifrigst forschenden Kriminalpolizei bisher gelingen wollte, der Einbrecher habhaft zu wer den. Diese „arbeiten" dergestalt, daß sie den Gcldschrank hinten anbohren, dann die ganze Hinterwand herausnehmen und sich den ganzen Inhalt aneignen. Besonders frech haben sie in einem Kaufmannshause am Rödingsmarkt ge haust. Sie suchten-zuerst das im ersten Stock bclegene Kontor heim, gingen dann aber, als der Geldschrank hier ihren Versuchen wider stand, eine Treppe höher, wo ihre Bemühungen von besseren: Erfolge gekrönt wurden, denn hier entnahmen sic dem Gcldschrank auf diese Weise einige tausend Mark und Juwelen im Werte von etwa 600 Mk. Lebensüberdrüssige Offiziere. In der Nacht zum Mittwoch hat in Mödling (Ort bei Wien) im „Hotel zur Stadt Mödling" ein Ober leutnant seinem Leben durch zwei gegen den Kopf abgegebene Revolvcrschüsse ein Ende ge macht. Der Offizier gehörte der technischen Truppe an. Bei der Auffindung der Leiche sah man in der rechten Hand sowohl wie in der linken derselben je einen Revolver, ferner hatte der Tote in der rechten wie in der linken Schläfe je eine Kugel. Der Offizier hatte somit aus beiden Waffen gleichzeitig Schüsse gegen seine Schläfen abgefeuert und war wenige Sekunden danach tot. Dian fand in seinen: Nachlasse einen Brief, in welchem er als „Sterbender" um Ver schweigung seines Namens bittet. Das ,,Motiv der That — heißt es ferner in dem Schreiben — ist unbekannt". — Aus Budapest wird telegra phiert: In Karlsburg hat sich der Artillerie- Hauptmann Josef Hartmann erschossen. Infolge eines Blitzstrahls explodierte in Schattlciten bei Graz ein Pulverturm, wodurch sieben Personen getötet wurden. Schmählicher Kindeshandel. In Kopen hagen wurde kürzlich ein Ehepaar verhaftet, daS einen schwunghaften Handel mit neugeborenen Kindern betrieb. Vor einem halben Jahre langt. ES herrscht die Ansicht, daß die Kabylen, die sich angeblich jetzt sehr friedfertig zeigen, sich nur deshalb ruhig verhalten, weil sie befürchten, daß der Sultan ihre Feldfrüchte verbrennen lassen werde. Balkanstaate«. »Wie die ,P»lit. Korr/ aus Belgrad meldet, ist die Nachricht, daß die Königin Natalie anläßlich deS Geburtstages deS Königs Alexander am 14. August nach Belgrad kommen wolle, nicht zutreffend; eS sei jedoch nicht ausgeschlossen, daß die Königin Natalie ihren Sohn vielleicht später in Belgrad besuchen werde. Amertta. »Der Generalstreik in Nordamerika geht seinem Ende entgegen. Mehrere Führer der Ausständigen forderten die Angestellten der Pullmannwerke auf, von DebS die Beendigung deS Streiks zu verlangen, da das dem Lande zugefügte Uebel zu groß sei. Die Angestellten erklärten sich damit einverstanden. Man glaubt infolgedessen, daß der Streik offiziell als be endigt erklärt werden wird. Die Züge verkehren wieder regelmäßig. — Nach Meldungen auS Kalifornien ist die Lage daselbst unverändert. * Der Streikführer Debs hat dieBeendi - gung des Streiks der amerikanischen Eisenbahn-Bediensteten erklärt, nach dem Präsident Cleveland zuvor erklärt hatte, er werde in diesem Falle eine Kommission zur Untersuchung der Beschwerden der Ausständischen einsetzen. Asien. » Der Staatssekretär des Auswärtigen Lord Kimberley hat China und Japan die Vermitte lung Großbritanniens in der koreanis chen Frage angcbotcn, die von der japanischen Regierung angenommen wurde. Don Uah »ad Fern. Zur Choleragefahr. Nach einer Kund gebung des deutschen Staatskommissars für das Weichsclgcbiet ist bei 3 erkrankten Flößern in Plchnendorf und einem Flößer in Pieckel die Cholera bakteriologisch nachgcwicsen worden. In Schihno und in Christfeldc ist je ein Flößer, im Kreise Graudenz ein Schiffer und ein Bühnenarbeiter, in Thorn ein Knabe cholera verdächtig erkrankt und ein sechsjähriges Mädchen unter choleraverdächtigen Erscheinungen gestorben. Für die Kaiserinan över, die in: bevor stehenden Herbst in den östlichen Provinzen des preußischen Staates stattfinden werden, ist eine ganz eigenartige Anwendung des elektrischen Lichtes bei Nachtgcfechten und Belagerungs übungen vorgesehen. Es werden nämlich Dynamomaschinen mitgcführt werden, die, was ja schon in früheren Jahren geschah, mächtige Scheinwerfer in Thätigkeit setzen werden. In diesem Jahr wird jedoch die Einrichtung ge troffen werden, daß die Scheinwerfer nicht direkt das Gefechtsgelände oder die angegriffenen Festungswerke beleuchten, sondern ihr Licht auf große Spiegel werfen, die 200 Meter von der Lichtquelle entfernt derart drehbar aufgestellt sind, daß sie von dieser aus beliebig gerichtet werden können. Diese Einrichtung wird den großen Vorteil haben, daß der Feind nicht merken kann, wo die Lichtmaschine aufgestellt ist, seine An griffe also auch nicht gegen diese richten kann. Die Einrichtung wird übrigens nicht auf das Landheer beschränkt, sondern man wird auch ihre Verwendbarkeit bei Strandbatterien und Küsten minen prüfen. » Bon dem kecken Streich eines leicht sinnigen Berliner Jungen, der die Kosten für die eigene Beerdigung verjubelt hat, erzählt die ,Allg. Fleisch.-Ztg/ In einer kleinen Stellung in der Provinz lebte der Sohn einer achtbaren Berliner Familie, die von ihm schon viel Herze leid erfahren hatte. Eines Tages erhielt der Vater von einem Freunde seines Sohnes einen Brief, worin ihm unter Beilegung des Toten scheines der Tod seines Sohnes mitgeteilt und um Uebersendung der Beerdigungskosten ersucht wurde. Der Vater, der seit längerer Zeit alle Beziehungen zu dem ungeratenen Sprößling ab- , , gebrochen und ihn längst als verloren betrachtet! etwa faßte das saubere Ehepaar den Plan, sich hatte, war trotzdem durch die Todesnachricht arg > seinen Lebensunterhalt durch die Adoption von Die rechte Kabe. 4j (Fortsetzung.) Der Professor mußte des fast vergessenen Bibelwortes gedenken, das er vor mehr als einen: halben Jahrhundert als Knabe ver nommen, ein langes Leben hindurch gleichgültig unbeachtet gelassen und jetzt erst, an der Schwelle des Greisenalters, zu verstehen be gann : „Nun aber bleibet Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die größeste unter ihnen.« Ms Inez ihr freundliches Zimmer betrat, fand sie bereits dort Juanita ihrer harrend. Diese hatte das geräumige Gemach, ein Gemisch von Atelier und Studierzimmer, behaglich er wärmt und einen Imbiß für ihre junge Herrin bereit gehalten, da sie wohl wußte, daß Inez die Gastfreundschaft des Gelehrten nicht gern in Anspruch nahm, um dessen alter Haushälterin nicht außergewöhnliche Mühen zu verursachen. Indes ließ Inez heute das reichliche Mahl zu Juanitas Kummer fast unberührt. Alsbald rückte sic für die erzürnte Duenna einen Stuhl an das offene Kaminfeuer, und während sie sich selbst in einen geradlehnigen Sessel von alter, getriebener Lederarbeit niederlieb, bat sie: „Nun, Juanna, erfülle dein Versprechen. Zuvor aber verhülle die Lampe, ich liebe es, bei dem roten Schein des Feuers zu sitzen, der dir zum Er zählen ja auch Licht genug gibt." Widerstrebend erfüllte diese Inez' Gebot, in dem sie unwillig murmelte: „Ja, zum Erzählen ist die Juanna schon gut genug; wenn sie aber verlangt, daß du etwas Vernünftiges genießen sollst, denn essen und trinken hält Leib und Seele zusammen, so schickst du mich mit der lieben Gottesgabe fort." „Nun, morgen und alle übrigen Tage will ich dir ja auch den Gefallen thun, nur quäle mich heute abend nicht damit. Ich versichere dir, ich brächte keinen Bissen hinunter.« „Kind, Kind," sagte die treue Dienerin be kümmert, „du gefällst mir garnicht, schon seit Wochen nicht. Mag der Himmel wissen, was in dir vorgcht, etwas Erfreuliches ist's sicher nicht. Meine alten Augen sehen deutlich, daß dein schmales Gesichtchen von Tag zu Tay wo möglich noch weißer wird, als cs schon :mmer war. Ich werde dem Vater sagen, daß dir eine Veränderung nor thut, das einsame Leben taugt nicht länger für dich.« „Juanna. wenn du nur eist Wort von deiner einfältigen Besorgnis redest, dann ist's ms mit unserer Freundschaft," brmste Inez auf. „Nun, nun, dann laß ich's eben. Hätte gar- nicht gedacht, daß du wirklich noch so lebhaft sein könntest. Gehst du doch immer hemm wie ein Schatten, dem weder Lust noch Leid was anhaben können. Also steckt noch ein bißchen Leven in dir. Wenn ich mir aber deine Mutter vorstelle, als sie so in deinen Jahren stand, o du mein Herrgott, daS war was anderes — nichts als Freude und Lust am Leben atmete sie. Ach, mir könnt' das Herz brechen, daß du so ganz verschieden geartet b:st: aber Heine Schuld ist's just nicht, mein armes Lamm, das weiß ich wohl." Inez hatte ihren Sessel in den Schatten zu- rückgcschoben, um ihr Gesicht somit Juanitas scharf prüfenden Augen zu entziehen. Der rosige Feuerschein reichte nicht weiter als bis zu ihren in: Schoße gefaltet ruhenden Händen und huschte spielend über die kleinen Füße, die sie auf den niedrigen Rost gestemmt hatte. „Aber Juanna, was redest du da, ich bin völlig gesund und zufrieden, die Vergnügungen anderer Mädchen würden mich kaum erfreue::. Und nun sprich nicht mehr davon, sondern erzähle jetzt von meiner schönen, jungen Mama. Wie alt war sie, als sie den Vater heiratete?« „Achtzehn Jahre, ein halbes Kind noch, und er so viel älter, daß er fast ihr Vater sei» konnte. Doch das machte mchts, war er doch ein schöner, stattlicher Mann; o äro, wie glücklich sie waren! Wie glückselig sie aussah, als er sie zum Altar führte! Mir ist's wie gestern, so deutlich sehe ich sie vor mir. Wie eine Fee erschien mir deine Mutter in ihren: weißen Atlasklcidc, daS weit hinter ihr herrauschte. Sie war im Grunde nicht groß von Gestalt, jedenfalls ein gut Stück kleiner ,als du, aber an dem Tage schien sie mir so hoch und hehr, das Glück hatte sie wohl so er hoben, sie war die strahlendste Braut, die ich je erblickt." „Und mein Vater?" warf Inez leise ein. „Der sah gar stolz und stegesfröhlich aus, du hast ihn nie so gekannt, mein armes Herz blättchen. ' M „Mein heiliger Johannes" nannte ihn deine Mutter und führwahr, er glich mit seinem blonden Kopfe und den herrlichen blauen Augen just den: Johanuisbilde in unserer Kirche. Bei uns sind die Menschen meist schwarzhaarig und dunkel äugig. Als du dann später mit dem bernstein gelben, lockigen Haar deines Vaters zur Welt kamst, war Anita ganz närrisch vor Freude. Nun, du warst ja auch ein richtiger Engel mit den goldenen Ringellöckchen rund um das Köpfchen, wie bei dem Christusbilde auf den: Altarbild, vor dem wir unsere heilige Messe hörten." „Vater hätte es gewiß lieber gesehen, wenn ich mehr der Mutter geglichen" schaltete Inez seufzend ein, „und ich ähnele ihr so wenig, wie du sagst?« Sic richtete sich bei dieser Frage ein wenig aus ihrer zusammengeschmiegten Stellung empor, so daß eine aufzüugelnde Flamme die schlanke Gestalt voll zu beleuchten vermochte. Ein köst liches Bild gab das Mädchen im Rahmen des antiken Sessels, umflossen von dem Purpurschein des Feuers, der die starre Marmorkältc des klassisch geschnittenen jungen Gesichts zauberhaft belebte. Die ernsten, dunklen Augen schauten träumerisch auf das bunte Funkcnspiel, während das aufsprühcnde, flackernde Feuer flimmernde Lichter in dem prächtigen, goldhellen Haar weckte, das sich in schweren Massen um die jnnge, ge dankenvolle Stirn legte. Obwohl nun Juanita mit zärtlicher Liebe ihren schönen Pflegling betrachtete, schien sie doch ! nicht völlig Inez' eigenartigen Zauber zu em pfinden, denn sie erwiderte kurz: „Nur ihre Augen hast dn, und doch auch diese nicht ganz. Die ihren blickten niemals so schwermütig und .
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