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Weiterhin muß mit besonderem Dank hervorgehoben werden, daß die Presse in dieser kritischen Zeit, wie auch bei früheren Gelegenheiten, die Lage des Gewand hauses richtig erkennend, es verstanden hat, die Öffentlichkeit entsprechend auf zuklären und das Interesse für unser Institut zu erhöhen. So konnten unsere Konzerte auch unter den jetzigen schwierigen, ungünstigen Ver hältnissen weitergeführt werden, leider — aber hoffentlich nur vorübergehend — in verringerter Zahl. Denn gerade auf Grund der großen Zahl der Konzerte wurde dem Gewandhaus der Vorrang im deutschen Konzertwesen als dem führenden Institut zugesprochen. Die Verfechter des Gedankens, daß auf Tradition und ererbten Rechten beruhende Einrichtungen sich überlebt hätten und der Auflösung und Unterstellung unter städtische oder staatliche Verwaltung zustrebten, müßten durch die Entwicklung der Dinge eines Besseren belehrt sein. Wird aber die Daseinsberechtigung solcher bewährter Einrichtungen zugegeben, so fordert die heutige Zeit andererseits die tätige Anteilnahme derjenigen Kreise, denen solche Einrichtungen zugute kommen und Schutz, Schirm und Förderung der Stellen, die die Macht dazu be sitzen. Nur dann können die durch eine alte Tradition geschaffenen unschätzbaren Werte weiter erhalten bleiben, nur dann kann die übernommene Mission erfüllt werden. „Würdigen Sie, edle Freunde der Kunst“, — ich wiederhole wörtlich einen Aufruf zum Besuche des Großen Concerts aus dem Jahre 1775 — „dieses Unternehmen, an dem weder Eigennutz noch die Eitelkeit einigen Teil hat, Ihres entscheidenden Bei falls, unterstützen Sie zur Ehre unserer Stadt ein Institut, das ein Werk Ihrer eigenen Stiftung ist und gönnen Sie Leipzig ferner den Ruhm, mit den ernsthaftesten Be schäftigungen der Wissenschaft und der Handlung erlaubte, geschmackvolle und geistige Erholungen zu verbinden.“ Dieser Appell gilt auch für des heutigen Leipzigs Bürger, gilt für alle, denen das Gewandhaus am Herzen liegt. Vielen hier Anwesenden, die uns auch in dieser schweren Zeit die Treue gehalten haben, darf ich heute dafür danken. Mögen Sie alle, das ist mein Wunsch in dieser Stunde, sich auch weiterhin mit dem Gewandhaus verbunden fühlen, sich zum Gewandhaus bekennen und sich dessen bewußt bleiben „was wert die Kunst und was sie gilt!“ Und wie dieser Rückblick, so wird auch der heutige Festtag, ein Ehrentag auch der Stadt Leipzig, hier an dieser Stelle ausklingen mit Worten ihres größten Sohnes, als eine Ehrung für „unsere deutschen Meister“, als eine Huldigung für „die heilige deutsche Kunst“! (Starker, anhaltender Beifall.)