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Konservatorium der Musik, als Tochterinstitut des Gewandhauses und erstes deutsches Konservatorium, errichtet werden in einem immittelbar an das Gewandhaus an grenzenden Gebäude. Direktor wurde der Gewandhaus-Kapellmeister Felix Mendels sohn, Violinlehrer der Gewandhaus-Konzertmeister Ferdinand David. Das statuten gemäß aus fünf Personen bestehende Direktorium, dem wenigstens drei der Gewand haus-Konzertdirektion angehören mußten, setzte sich nur aus Mitgliedern der Gewand haus-Konzertdirektion zusammen. Mit den Jahren gelangte das Tochterinstitut zu immer größerer Selbständigkeit, bis es sich in letzter Zeit fast ganz vom Gewand haus loslöste. Nach sechsjährigem Wirken hat Mendelssohn dem Gewandhaus seine volle Kraft nicht mehr gewidmet und ist ihm zwischen 1841 und 1845 kurze und längere Zeit hindurch ferngeblieben. Auch sein Nachfolger Rietz hat dann seine Amtszeit durch eine zweijährige Pause unterbrochen — eine Laune des Schicksals, die kennzulernen auch einer späteren Generation nicht erspart bleiben sollte (Heiterkeit). Von Friedrich Wilhelm IV. nach Berlin berufen, kehrte Mendelssohn schließlich 1845 nach Leipzig zurück. In seiner Abwesenheit hatten vertretungsweise David, 1843/44 Ferdinand Hiller, dann Gade die Konzerte geleitet; 1845 bis 1847 Mendelssohn gemeinsam mit Gade. Am 4. November 1847, einem Donnerstag Abend, hauchte der große Künstler seine Seele aus, dem das Gewandhaus unauslöschliche Dankbarkeit bewahrt. Während der nächsten fast 50 Jahre, die auf Mendelssohns Tod folgten, bestanden die Programme der Abonnementskonzerte hauptsächlich aus Werken der Klassiker und der Romantiker ohne wesentliche Berücksichtigung der vorklassischen Zeit und ohne engere Fühlungnahme mit dem wertvollen zeitgenössischen Schaffen. Es ist nicht zu leugnen, daß während dieses Zeitraums die neuen Werke der um An erkennung ringenden und allmählich zu Ruhm gelangenden Großen und Größten in den Gewandhaus-Konzerten zu wenig berücksichtigt wurden. Gleichviel, inwie weit hierfür den Dirigenten, der Direktion, der Presse und dem Publikum eine Schuld beizumessen ist — jedenfalls bleibt die Tatsache bestehen, daß im Gewandhaus ein Liszt, ein Wagner, ein Berlioz nicht gebührend gepflegt, ein Bruckner nicht recht zeitig erkannt wurde. Vor allem ist es heute unverständlich, daß Leipzigs größter Sohn, auch wenn das Schwergewicht seines Schaffens nicht auf der Konzertmusik ruhte, gerade in seiner Vaterstadt und an der ersten Kunststätte seines Vaterlandes jahrzehntelang viel zu wenig Würdigung gefunden hat. Mendelssohns Nachfolger wurde, nachdem Gade die Konzerte im Winter 1847/48 weitergeführt hatte, Julius Rietz. Er übernahm sein Amt neben dem als Kapellmeister am Theater und an der Singakademie. Während dieser 12 Jahre — eingerechnet das David-Gadesche Interregnum 1852/54 — wurde das Institut ganz im Mendelssohnschen Geiste geleitet. Clara Schumann war ein regelmäßiger Gast; Brahms, Rubinstein und Bülow ließen sich zum ersten Male hören, Brahms mit seinem D-moll-Klavierkonzert, das ihm bei Publikum und Presse einen ungewöhnlich starken Mißerfolg einbrachte (Heiter keit). Schon damals erhob die sogenannte „Zukunftspartei“ ihre Vorwürfe gegen