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DerSSHWeLrMkr lU Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt und Land. Dicht verbreitet in allen Volksschichten. Beilagen: Illustrierte« Sonntagsblatt / Heimatkundliche Beilage / Frau und Heim / Landwirtschaftliche Beilage / Iugendpost. Dmck und D«lag von Friedrich May. G. m. b. H. in Bischofswerda. — Postscheckkonto Amt Dresden Nr. 1521. Gemeindeverbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. 54 Lagesschau. * Der Reichstag behandelte am Montag den Ausschußberichl /wer die Anträge zur Sletnrentuerfürsorge. Der Reichsarbeils- mlaister kündigte eine beschlennlgte Vorlage im Sinne der Aus- schnbentschltebung an. * 2a Hambarg hielt der frühere Reichskanzler Marx eine Rede, ln der er mit -en gegenwärtigen Anständen innerhalb der Relchsregierung scharf ln» Gericht ging. Der au» Sowselrußland au»gewtefene Trotzki hat an den Präsidenten de» Deutschen Reichstag» ein Gefach um Asylrecht in Deutschland gerichtet. LSbe hat do» Gesuch befürwortend an die Relchsregierung weitergeleilet. * Lin wahnsinniger versuchte, in da» Regierungigebäude in Reval ln Estland einzudriugeu. 2m Handgemenge mit den Po- iizeibeamten wurde er tödlich verletzt. ") Ausführliche» an anderer Stell«. Tageölaü MAistßOwer-a Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Der Sächsische Erzähler ist da« zur Veröffentlichung der amtlichen Bekannt- machungen der Amtshauptmannschaft, de» Arbeitsgericht« und de« Haupt zollamt« zu Bauten, de» Amtsgericht«» d«» Finanzamts der Schulinspektioa und de« Stadtrack zu Bischofswerda behördlicherseits bestuumte Blatt Mieder eine Derrtrirmssttumre gegen den Parlamentarismus. Aufsehenerregende Rede der früheren Reichskanzler« Marx. In Hamburg sprach am Sonntag im Rahmen einer Kundgebung der Hamburger Zentrumspartei und der Ar beitsgemeinschaft katholischer Verbände Reichskanzler a. D. Dr. Marx über die augenblickliche politische Lage. Dr.' Marx richtete in seiner Rede unter lebhafter Zustinmuäck überaus scharfe Angriffe gegen die Regierungstattik und Pressepolemik der Demokraten und Sozialde mokraten. Wörtlich erklärte er: „Die Regierungspar teien haben die Warnungen des Zentrums niemals berück sichtigt. Es ist nicht Sache der Parteien, Koalitionen zu bilden, sondern Sache derRegierung ist es, Koalitionen zu bekommen. Die heutige Regierung geht mit erstaun licher Gemütlichkeit an ihr« Geschäfte. Demokra ten und Sozialdemokraten wissen nicht, worum es geht. Die demokratische Presse weiß nicht, was das Zentrum unter Ehre versteht. Es gibt eine Grenze für unser Ent gegenkommen in der Koalitionsfrage, nämlich dort, wo es um unsere Ehre geht." Ueber die sozialdemokratischen Minister und den Reichskanzler Müller erklärte er: „Viele Abgeord nete haben versprochen und nichts gehalten. Wich war es mit der Panzerkreuzerfrage? Wer war bei der Abstimmung froher als die Sozialdemokraten?, Nichts wie demagogische Agitation ist bei ihnen. Es ist eia Theater der Parteien. Erst kürzlich die Komödie des sozialdemokratischen Fi nanzministers im Sozialausschuß, als der sozialdemo kratische Antrag von deren Minister befürwortet wurde, ob wohl er nicht zu sagen wußte, ob der Antrag durchführ bar wäre. So etwas ist gewissenlos. Es ist ein trau riges Zeichen unserer Zeit, Anträge zu stellen, wofür die Parteien dann am Ende selbst nicht eintreten. Severina will das Zentrum seiner Stärke entsprechend nicht in der Regie rung sehen. Die demokratische Presse wird sich täuschen, wenn sie glaubt, daß das Zentrum in der Frage der Regie rungsbildung uneinig wäre." „Es muß," so fuhr Marx dann mit erhobener Stimme fort, „viel geschehen sein, wenn Herr Dr. Wirth sagt: Wir haben das Vertrauen zu den Regierungsparteien ver loren! Die Demokraten und Sozialdemokraten wissen nicht, daß sie Pflichten haben. Die Herren werden lange auf die Vorschläge des Zentrums zu einer Regierungsbil dung warten können. Unsere Reihen sind in dieser Frage geschlossen." , Wie uns aus Berlin berichtet wird, erregt diese Ham burger Rede des früheren Reichskanzlers in politischen Krei sen der Reichshauptstadt großes Aussehen. Damit ist die innerpolitische Krise um ein bedeutendes verschärft worden. Am das Kleinrenlnergeseh. Vie Anträge zur Sleinrenknerfürforge im Reichstag. Präsident Löbe eröffnet die Sitzung mit einem von den Abgeordneten stehend angehörten Nachruf auf den ver storbenen sozialdemokratischen Abgeordneten Sänger, Mün chen. Der Platz des Verstorbenen ist mit Tannengrün und weißen Blumen geschmückt. Zur Beratung steht der Ausschußbericht über die An träge zur Kleinrentnerfürsorge. Der Sozialpoli tische Ausschuß ersucht in einer Entschließung die Regierung, eine reichsgesetzliche Regelung der Verbesserung der Klein rentnerfürsorge hinsichtlich des Personenkreises, der Vor aussetzungen und der Höhe der Leistungen unter Mitwir kung der beteiligten Organisationen zu treffen. Abg. Frau Lehman« (Dnat.) verliest eine längere Er klärung ihrer Fraktion, in der die Bedeutung der Schicht der verarmten Kleinrentner und die Notwendigkeit betont wird, dieser Schicht einen gesetzlichen Versorgungsanspruch an Stelle der Wohlfahrtsfürsorge zu geben. Die Deutschna tionalen hätten diese Forderungen immer vertreten. Die Ausschußentschließung sei ungenügend. Die Rednerin beon- tragt eine Entschließung, in dec die Regierung ersucht wird, bis zum IS. März einen Gesetzentwurf vorzu- legeu, der deajeuigen Rentnern einen Rechtsanspruch aus Versorgung gegen da» Reich zugesteht, die vor der Infla tion eine zum Lebensunterhalt ausreichende Kapital-, Leib- oder Stiftsrente bezogen, diese aber durch die Inflation ganz oder zum Teil verloren haben und heute in Ermangelung entsprechender fester Einkünfte aus einen solchen Versor gungsanspruch zum Lebensunterhalt angewiesen sind. Reichsarbeitsmlnister Wlssell erklärt, der Ausschuß habe mit der von ihm beantragten Ent schließung den Boden betreten, den die jetzige Regierung mit ihrer Erklärung beim Amtsantritt vorbereitet habe. In dieser Erklärung sei gesagt worden, daß die Fürsorge für Kleinrentner auf eine von dem Ermessen der öffentlichen Fürsorgestellen unabhängige Grundlage gestellt werden müsse. Der von den Deutschnationalen beantragte Gesetz entwurf müfse als unsozial abgelehnt werden, weil er den Nersorgungsanspruch bloß aus Altbesitz von Vermögen oder Kapital in bestimmter Höhe herleiten will. Vie Relchsregierung werde mit der größten Befchleuni- guug eine Vortage im Sinne der Ausschutzentschließuag ein bringen. Sie habe darüber bereit» am 7. Februar in einer Verhandlung lleberelnfilmmung mit den Vertretern der Länder und Gemeinden erzielt. Dabei sei festgestellt worden, daß zur Erfüllung der fach, lichen Wünsche der Kleinrentner die Gewährung eines for malen Rechtsanspruches nicht nötig sei. Die in der deutsch nationalen Entschließung verlangte Festlegung auf den Ter min des 15. März sei schon aus parlamentarisch-technischen Gründen nicht möglich. Abg. Esser (Z.) erklärt: Das Zentrum wird der Aus schußentschließung zustimmen, der Entschlie- ßung der Bolkspartei auf Gewährung eines Rechtsanspruch» stimmt das Zentrum nurmitdemfoztaldemokra- tischen Zusatzantrag zu, daß zur Deckung eint Son- derabgabe von den aus der Inflation geretteten und neuge- bildeten Vermögen erhoben wird. Abg. Külz (Dem.) fordert die gesetzliche Anerkennung Unes Rechtsanspruches der Kleinrentner auf angemessene Versorgung. Wenn seine Fraktion im Ausschuß die Frag«, ob lediglich der Kapitalb«sitz für den Anspruch maßgebend sein soll, verneint habe, so habe sie damit lediglich ihre frü here Haltung bestätigt, daß neben der Tatsache des Kapital- besitzes auch soziale Momente mit berücksichtigt werden müssen. Gerade die Vernachlässigung der sozialen Gesichts punkte bei der Aufwertungsgesetzgebung habe erst das Kleinrentnerproblem entstehen lassen. Redner spricht die Erwartung aus, daß die Regierung den versprochenen Ent wurf baldigst vorlege, um die Verbitterung der unglück lichen Opfer der Inflation zu beseitigen. Abg. Seil (Soz.) führte aus: Der Antrag der Volks partei aus Gewährung eines Rechtsanspruches auf Rente widerspreche dem anderen volksparteilichen Antrag, daß eine Erhöhung der Reichsausgaben ohne gleichzeitige Deckung unzulässig sein soll. Die Sozialdemokratie bean trage daher den Zusatz, daß zur Deckung eine Sondersteuer von Inflationsgewinnen erhoben wird. Abg. Frau Dr. Matz (D. Vp.) begründet die Entschlie ßung ihrer Fraktion auf Vorlegung eines Rentnergesetzes und Gewährung eines Versorgungsanspruches. Im Rah- men der Fürsorge sei eine Lösung der Rentnerfrage unmög lich. Es werde kein kapitalistisches Gesetz geforderk, sondern eines, das einen Ausgleich für früher geleistete Arbeit des Rentners geben soll. Die Berechnungen des Reichsarbeits- ministeriums über die Kosten eines Versorgungsgesehes seien viel zu hoch gegriffen. Die Zahl der Rentner werde von Iahr zu Jahr geringer. Man solle mit dem Gesetz nicht warten, bis auch der letzte Rentner in Enttäuschung und Bitternis gestorben fei. Dir Volkspartei werde für die deutschnationale Ent schließung stimmen. Ministerialdirektor Dr. Griefer erwidert, Frau Dr. Matz habe die Regierungserklärung nicht richtig aufgefaßt. Im Anschluß an diese Erklärung habe damals der volkspar- teiliche Fraktionsredner Dr. Scholz eine andere und rich tigere Auslegung der Erklärung gegeben. (Abg. Dr. Scholz (D. Vp.) widerspricht erregt.) Tatsächlich habe die Regie rung nur gesagt, daß die Rentnerfürsorge unabhängig von dem Ermessen der staatlichen Fürsorgestellen gemacht wer den soll. Um 18 Uhr wird die Weiterberatung auf Dienstag 15 Uhr vertagt. Die Pariser Konferenz. Ein Diskussionsprogramm soll fefigelegt werde«» Paris, 18. Febr. Die heutige Vormittaassitzung de» Reparationssachverständigenausschusses, über die kein Lom- muniqus ausgegeben wurde, dauerte von 11 bis 1 Uhr. In ihr wurden weitere Punkte behandelt, die schon in der vori gen Woche zur Sprache gebracht wurden. Dab«i ist man zu dem Ergebnis gekommen, daß sich zwei Mitglie der vereinigen sollen, um ein konkrete» Pro gramm für die weiteren Diskussionen vorzuschlagen. Die ser Kommission gehört auch Dr. Schacht an. Der Beschlug ist wohl dadurch zu erklären, daß man sich in den letzten Tagen ausführlich und völlig zwanglos über di« Wünsche ausgesprochen bat, die auf den verschiede nen Seiten bestehen. Aber ein jeder hat wohl darauf ge wartet, daß von der anderen Seite positive Vorschläge für eine Endlösung gemacht werden, und es verlautet, daß e« auf die Initiative der Amerikaner zuriickzufüh- ren ist, daß man einen solchen Ausschuß gebildet hat, da es ihnen zu lanaweilig wurde, diesem Spiel noch länger zuzuschauen. Man kann also feststellen, daß die Konferenz n Paris nunmehr beginnt, sich mit den positive« Einzelheiten des Vorschlags zu befassen, den man von rieser Konferenz als Endlösung des Reparationsproblem« erwartet. In dem Programm, das nunmehr als Grund- age zur weiteren Verhandlung entworfen werden wiro, ollen konkrete Angaben darüber enthalten fein, welche Aussichten für die Besserung der deutschen Handels und Zahlungsbilanz bestehen und gerade dämm ist Lr. Schacht zum Mitglied dieser Kommission ernannt worden. Die beiden Delegierten werden natürlich mit den anderen Zusammenschluß der nationalen Arbeiterbewegung. Die auf dem Boden des Wirtschaftsfriedens und der Werksgemeinschaft stehenden Arbeitnehmeroerbände: „Ar beitnehmervereinigung im Mitteldeutschen Bergbau" (Sitz Halle), „Der Deutsche Arbeiter, Verband nationaler Arbeit nehmer Deutschlands" (Sitz Essen), „Reichsbund Deut scher Arbeiter" (Sitz Berlin) haben sich zwecks ge meinsamer Vertretung ihrer Interessen zu einer „Ar beitsgemeinschaft nationaler Arbeitneh- merverbände Deutschlands" zusammengeschlos sen. Damit ist ein bedeutender Schritt getan, dem nationa len Gedanken in der deutschen Arbeiterschaft zum Siege zu verhelfen. Die nationale Arbeiterbewegung hatte in den letzten Jahren stark unter ihrer Zersplitterung zu leiden. Die neugeschaffene Arbeitsgemeinschaft will auf dem Grundsatz der vollen Unabhängigkeit von irgend welcher Seite aus freiem und eigenem Willen den vaterlän dischen und berufsständischen Interessen dienen. Dr. Keld über Kayerns Stellung im Keich. Forchheim, 18. Febr. In einer Rede auf der Generalversamm- lung de» Oberfränkischen christlichen Bauernvereins kam der bay rische Ministerpräsident Dr. Held auch ausführlich auf die Borge- schichte und die Entwicklung des Streites um die Abfindung für die bayrische Eisenbahn und Post zu sprechen und erklärte u. a., es werde versucht, ob die Staaten noch au» eigener Kraft leben könn ten oder nicht. Was man nicht mit Zwang und äußerer Gewalt durchführen könne, erstreb« man mitAushöhlungspolitik dcümrch, daß man Bayern den finanziellen Brotkorb höher häng« und es auszuhungern versuche und das sei nach seinem Dafür- Eilten der Grund, daß Bayerns Forderungen aus der Bahn, der Post und der Biersteuer nicht erfüllt würden. Bayern» Ideal sei ei« Reich, aufgebaut aus starke«, gesunden Länden», in denen die Einzelwirtschaft gehegt und Wstegt und Besonderheiten der Sul- tur herausgestellt wurde«. Wenn bei den Auseinandersetzungen durch di« Press« vor allem da» eine oder ander« Nein« Unheil an gerichtet worden sei, so lehn« er dafür di« Verantwortung durch aus ab. Er müsse mit der Koalitionsprcsse auch einmal vertrau liche Gespräch« führen können. Wenn es dann aber «Ine Presse gäbe, di« sich nicht an die Grenzen dessen gebunden glaub«, was sonst von der gesamten Presse als Grenze erkannt wird, so trage er dafür die Verantwortung nicht. Und wenn er es bedauere, daß «in solcher Vorfall überhaupt möglich gewesen sei, daß die Presse vertrauliche Besprechungen, die als solche gekennzeichnet wären, zum Teil veröffentlichte, so lieg« darin keine Entschuldi- gung der bayerischen Staateregierung. Erscheinungsweise» Sedm Werktag abend» siir d« folgenden Lag. Bezugspreis sür di« Zeit «tue» halben Monat«: Frei in. Hau» halbmonatlich Mk. IM, beim Lbholea in der Geschäftsstelle wöchentlich öS Pf-. Einzelnummer 10 Pfg. (Sonnabend- und Sonntagsnummer IS Pfg.) 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