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IV. Hugo Wolf (1860—1903), Lieder. Karl Erb a) Zum neuen Jahr Wie heimlicher Weise Ein Engelein leise Mit rosigen Füßen Die Erde betritt, So nahte der Morgen. Jauchzt ihm, ihr Frommen, Ein heilig Willkommen! Herz, jauchze du mit! In ihm sei’s begonnen, Der Monde und Sonnen An blauen Gezeiten Des Himmels bewegt. Du, Vater, du rate! Lenke du und wende! Herr, dir in die Hände Sei Anfang und Ende, Sei alles gelegt! Mörike b) Gleich und gleich Ein Blumenglöckchen vom Boden hervor War früh gesprosset in lieblichem Flor, Da kam ein Bienchen und naschte fein, Die müssen wohl beide für einander sein. Goethe c) Die Fußreise Am frisch geschnittnen Wanderstab, Wenn ich in der Frühe So durch Wälder ziehe, Hügel auf und ab: Dann wie’s Vöglein im Laube Singet und sich rührt, Oder wie die goldne Traube Wonnegeister spürt, In der ersten Morgensonne: So fühlt auch mein alter, lieber Adam Herbst- und Frühlingsfieber, Gottbeherzte Nie verscherzte Erstlings-Paradieses wonne. Also bist du nicht so schlimm, o alter Adam, wie die strengen Lehrer sagen; Liebst und lobst du immer doch, Singst und preisest immer noch, Wie an ewig neuen Schöpfungstagen Deinen lieben Schöpfer und Erhalter. Möcht’ es dieser geben, Und mein ganzes Leben Wär’ im leichten Wanderschweiße Eine solche Morgenreise! Mörike d) Der Gärtner Auf ihrem Leibrößlein, so weiß wie Schnee, Die schönste Prinzessin reit’t durch die Allee, Der Weg, den das Rößlein hintanzet so hold, Der Sand, den ich streute, er blinket wie Gold. Du rosafarb’s Hütlein wohl auf und wohl ab, O wirf eine Feder verstohlen herab! Und willst du dagegen eine Blüte von mir, Nimm tausend für eine, nimm alle dafür! Mörike e) Herz, verzage nicht geschwind Herz, verzage nicht geschwind, Weil die Weiber Weiber sind. Argwohn lehre sie dich kennen, Die sich lichte Sterne nennen Und wie Feuerfunken brennen. Drum verzage nicht geschwind, Weil die Weiber Weiber sind. Laß dir nicht den Sinn verwirren, Wenn sie süße Weisen girren; Möchten dich mit Listen kirren, Machen dich mit Ränken blind, Weil die Weiber Weiber sind. Sind einander stets im Bunde, Fechten tapfer mit dem Munde, Wünschen, was versagt die Stunde, Bauen Schlösser in den Wind, Weil die Weiber Weiber sind. Und so ist ihr Sinn verschroben, Daß sie, lobst du, was zu loben, Mit dem Mund dagegen toben, Ob ihr Herz auch Gleiches sinnt, Weil die Weiber Weiber sind. Spanisches Liederbuch