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VI. Rein wie das feinste Gold, steif wie ein Felsenstein, Ganz lauter wie Kristall soll dein Gemüte sein. VII. Hier liegt der, welcher ist und war, eh’ er geworden, Ein Held, der seinen Feind mit Leiden kann ermorden. Willst du ihm werden gleich und Überwinder sein, So leid, meid, fleuch und stirb in Wohllust und in Pein. Weißt du nicht, wer er ist? So merke diese drei: Daß er ein Mensch, ein Gott und dein Erlöser sei. Halleluja! ZWEITER TEIL Phantastische Symphonie (Episode aus dem Leben eines Künstlers) in fünf Sätzen (Op. 14) von Hector Berlioz (1803—1869). »Ein junger Musiker von krankhafter Empfindsamkeit und glühender Phantasie hat sich in einem Anfalle verliebter Verzweiflung zu vergiften gesucht. Zu schwach, den Tod herbeizuführen, versenkt ihn das narkotische Gift in einen langen Schlaf, den die seltsamsten Visionen begleiten. In diesem Zustande geben sich seine Empfindungen, seine Gefühle und Erinnerungen in seinem kranken Gehirne durch musikalische Gedanken und Bilder kund. Die Geliebte selbst wird für ihn zu einer Melodie, gleichsam zu einer fixen Idee, die er überall wiederfindet, überall hört. I. Largo — Allegro agitato e appassionato assai Träumerei, Leidenschaft Zuerst gedenkt er des unbefriedigenden Seelenzustandes, der ohne Grund in ihm aufwallenden dunkeln Gefühle der Sehnsucht, der Schwermut, der Freude, die er empfand, bevor ihm die Geliebte erschienen; sodann erinnert er sich der glühenden Liebe, die sie in ihm entzündet, seiner fast wahnsinnigen Herzensangst, seiner eifersüchtigen Wut, seiner neu erwachenden Zärtlichkeit, des Trostes, den er in der Religion zu finden suchte. II. Walzer. Allegro non troppo Auf dem Balle Auf einem Balle, inmitten des Geräusches eines glänzenden Festes, findet er die Geliebte wieder. III. Adagio Szene auf dem Lande An einem Sommerabende, auf dem Lande, hört er den Reigen zweier sich ant wortenden Hirten. Dieses Zwiegespräch, die Schönheit des Schauplatzes, das leise Flüstern der sanft vom Winde bewegten Bäume, ein Schimmer von Hoffnung, der ihm kürzlich geworden, alles vereinigt sich, um seinem Herzen eine ungewöhnliche Ruhe, seinen Vorstellungen eine freundlichere Farbe zu verleihen. Da erscheint sie aufs neue; sein Herz stockt, schmerzliche Ahnungen steigen in ihm auf: »Wenn sie ihn täuschte!« . . . Der eine Hirte nimmt die naive Melodie wieder auf; der andere antwortet nicht mehr . . . Sonnenuntergang . . . fernes Rollen des Donners . . . Einsamkeit . . . tiefe Stille . . .