Volltext Seite (XML)
Wer rettete vom Tode mich, Von Sklaverei? Hast du nicht alles selbst vollendet, Heilig glühend Herz? Und glühtest jung und gut, Betrogen, Rettungsdank Dem Schlafenden da droben? Ich dich ehren? Wofür? Hast du die Schmerzen gelindert Je des Beladenen? Hast du die Tränen gestillet Je des Geängsteten? Hat nicht mich zum Manne geschmiedet Die allmächtige 2Seit Und das ewige Schicksal, Meine Herrn und deine? Wähntest du etwa, Ich sollte das Leben hassen, In Wüsten fliehen, Weil nicht alle Blüten träume reiften? Hier sitz’ ich, forme Menschen Nach meinem Bilde, Ein Geschlecht, das mir gleich sei, Zu leiden, zu weinen, Zu genießen und zu freuen sich, Und dein nicht zu achten, Wie ich! Goethe. Herr Oluf, Ballade von Joh. Gottfr. Herder, für Bariton und Orchester (Op. 12) von Hans Pfitzner (geb. 1869), vorgetragen von Herrn Rehkemper. Herr Oluf reitet spät und weit, Zu bieten auf seine Hochzeitsleut’; Da tanzten die Elfen auf grünem Strand, Erlkönigs Tochter reicht ihm die Hand. »Willkommen, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Zwei goldene Sporen schenke ich dir.« »Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Denn morgen ist mein Hochzeitstag.« »Tritt näher, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Ein Hemd von Seide schenke ich dir, Ein Hemd von Seide, so weiß und fein, Meine Mutter bleicht’s mit Mondenschein.« »Ich darf nicht tanzen, nicht tanzen ich mag, Denn morgen ist mein Hochzeitstag.« »Tritt näher, Herr Oluf, komm, tanze mit mir, Einen Haufen Goldes schenke ich dir.« »Einen Haufen Goldes nähme ich wohl; Doch tanzen ich nicht darf noch soll.« »Und willst du, Herr Oluf, nicht tanzen mit mir, Soll Seuch’ und Krankheit folgen dir!« Sie tät ihm geben einen Schlag aufs Herz, Sein Lebtag fühlt’ er nicht solchen Schmerz. Drauf tät sie ihn heben auf sein Pferd: »Reit’ heim zu Deinem Fräulein wert!« Und als er kam vor Hauses Tür, Seine Mutter zitternd stand dafür: »Hör’ an, mein Sohn, und sag’ mir gleich, Wovon bist du so blaß und bleich?« »Und sollt ich nicht sein blaß und bleich? Ich kam in Erlenkönigs Reich.« »Sag’ an, mein Sohn, so lieb und traut, Was soll ich sagen deiner Braut?« » Sag’ ihr, ich ritt in den Wald zur Stund’, Zu proben allda mein Roß und Hund.« Frühmorgens als der Tag kaum war, Da kam die Braut mit der Hochzeitschar. Sie schenkten Met, sie schenkten Wein: »Wo ist Herr Oluf, der Bräut’gam mein?« »Herr Oluf ritt in den Wald zur Stund’, Zu proben allda sein Roß und Hund.« Die Braut hob auf den Scharlach rot, Da lag Herr Oluf und war tot.