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Lonntags-Untkrhaltiingsblati Sächsischen Eyählers ISIS Nr 19 Das helfende Wasser Sinnsprxch (Traeger.) Luther vor 400 Jahren Als sie eines Tages ganz verzweifelt vor ihrem. Hause stand, kam ein altes Mütterchen daher. Ausruhend setzte stch^ die Müde auf einen Stein und die beiden begonnen mitein ander zu sprechen. Die Frau, die nur immer von ihrem , Kummer bewegt war, klagt« der Fremden, das Leid. Diese hörte ruhig zu, dann sagte sie. „Unten am Fluß, nicht weit, von der Fähre, wohitt ein alter Mann. Er ist klug, hat vielen schon geholfen. Melleicht weiß er auch für Euch einen Rat. Aber Ähr müßt Vertrauen zu ihm haben und seine Worte befolgen." „Oh, das will ich! Heute noch gehe ich zu ihm. Habt Dank, vielen Dank!" Und die Frau ging. Der Weg bis hinunter -um Fluß wurde ihr nicht lang, denn die Hoffnung machte ihren Schritt rasch. ' Da stand ein Hüttchen, ärmlich, Versalien. Die Frau klopfte an die Tür. Niemand rief „herein", niemand öff nete. Ringsuncher kein Mensch. Endlich sah sie auf dem Fluß ein Boot, das sich dem Lande näherte. Ein Alter ruderte. Aha, der Fährmann, dachte die Frau. Das wird wohl der Weise sein, von dem mir das Mütterchen gesprochen hat. Das Boot lief ans Land. Ein paar Frauen, die der Alte vom jenseitigen Ufer übergesetzt hatte, stiegen aus. Zum Dank gaben sie ihm einen Topf Suppe und ein Stück Brot. So nährte sich der Alle. Äm Sommer fing er auch- wohl Fische, aber seine Hände waren schon schwach und zit terten. „Willst du hinüber?" fragte er die unglückliche Frau, die zu ihm getreten wär. „Nein. Ich bin gekommen, um deinen Rat zu erbitten." „Laß hören!" — Der Alte war gewohnt, daß man bei ihm Hilfe suchte. Mit vielen Tränen schilderte nun die Frau das Unglück ihres Hauses, das Leid ihres Lebens. Ruhig stand der Alte da, seine Augen blickten in die Ferne. Der Wind, der vom Fluß kam, bewegte sein schneeweißes Haar hin und her. Als die Frau geendet hatte, verschwand er, ohne ein *) Aus dem Mäiheft von Westermann'« Monatsheften, Ukrainisches Märchen, nacherzähkt von Maria Schade.*) Es war einst eine Frem, die in großem Unfeinen mit ihrem Manne lebte. Sobald der Mann nach Haufe kam, zankten sie miteinander; weithin war das Schelten zu hören. Dann schlug der Mann die Frau; und' viel, viel hatte die Arme zu leiden. In ihrer Not ging sie zu den Nachbarn, um Rat bit tend. Keiner konnte ihr Helsen. Immer mehr schlug sie der Mann, denn nun hatte er sich auch noch dem Trünke er geben. Da sie bei den Menschen keine Hilfe fand, wandte sie sich zur Kirche. Siebe,, Freitage fastete sie. Alles ver gebens. Stundenlang suchte sie auf den Wiesen nach Heil kräutern, die sie kochte und dem Manne zu trinken gab. Aber auch das hatte keine Wirkung. Ärger und ärger wur de der Streit; unerträglich war das Leben. Fest und unbeugsam fei des Mannes Hand, Ob das Schwert, ob sie die Feder führe, Ob sie der Liebe Heilgen Opferbrand, ob sie der Rache wilde Flammen schüre v. k!. kl. Im Frühjahr 1518 unternahm der Papst die ersten amtlichen Schritte gegen Luther. Er beauftragte den zum künftigen Generalmagister der Augustiner be stimmten Gabriele della Volta, auf dem Wege der Ordens zucht gegen den immer unbequemer werdenden Mönch einzuschreiten. Dieser verlangte von Luthers Ordensobe ren, ihn zum Widerruf zu veranlassen. Für den Fall der Verweigerung sollte er vor das Kongregationskapitel, das Sontag Jubilate, 25. April, in Heidelberg zusammentrat, zum Verhör geladen werden. Luther war trotz der drohen den Gefahr bereit zu erscheinen, verlangte aber, daß er in öffentlicher Disputation seine Sätze vom Ablaß sowie die Grundanschauungen seiner Theologie verteidigen dürfe. Am 9. April machte sich Luther, vom Kurfürsten mit einem Geleitbrief und mehreren Empfehlungsschreiben versehen, auf den Weg. Wit finden ihn am 12. April in Leipzig. Uber Halle, Weißenfels, Jüterbog — der Gasthof, in dem er einkehrte, steht noch, allerdings an anderer Stelle wieder aufgebaut — traf er am 15. April in Coburg, am 18. April, in Würzburg und am 19. April in Heidelberg ein. Am 26. April fand die verabredete Disputation im Hörsaal des Augustinerklosters statt. Seine Thesen, die sein Schüler Leonhard Beier aus Guben, später Superintendent in Zwickau, verteidigte, beschäftigten sich nicht mit dem Ablaß. Vielmehr nahm Luther Gelegenheit, seine Rechtfertigungs lehre als auf der Schrift mrd auf Augustin ruhend nachzu weisen und seine Theologie als eine „Theologie des Krew- zes" im Gegensatz zu der kirchlichen „Theologie der Selbst gerechtigkeit" darznstellen. Zahlreiche Anhänger fielen ihm insbesondere aus jüngeren Theologenkreisen zu, die wir dann unter seinen begeisterten Mitarbeitern finden. Pfalz graf Wolfgang, der Luther aufs freundlichste aufnahm, be richtete selbst dem Kurfürsten von Sachsen: „Doktor Mar- tinus Luther hat sich mit seinem Disputieren also geschickt gehalten, daß er nit ein klein Lob Euer Liebden Universität gemacht hat es wurde ihm auch großer Preis von viel ge lehrten Leuten nachgesagt." So stellte sich das Kapitel auf wissenschaftlichen Boden und ging der Frage des Widerrufs aus dem Wege. In den ersten Tagen des Mai trat Luther die Rückreise an. Am 8. und 9. Mai finden wir ihn in Er furt. Am 15. Mai traf er-wieder in Wittenberg ein. Die vierwöchentliche Frühlingsfahrt samt ihren Seele und Leib erquickenden Erlebnissen hatte ihm außerordentlich wohl getan. I) Buchwald.