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DerSäHWeLrzMer MistHosswerdaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Vier Alatt enthätt die amtlichen Bekanntmachungen d« Amtshaupt mannschaft. der Schulinspektion und de» tzauptzollamt» zu Bautzen, des Amtegericht», des Finanzamtes und de» Stadtrat» zu Bischofswerda. Unabhängige Zeitung für alle Stände in Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolKsfchtchten Beilagen: Btlderwoche, Jugend u. Deutschtum, Mode oom Tage. Frchi und Heim, Landwirtschaftliche Beilage. — Dmck und Verlag von Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 44S Erfchetmm-SWeti« Jede» Werktag abend« für den folgend. Lag. B,z«g«vret* für die Zett eine« halben Manat«: Feet in, Han« halbmonatlich Mk. USV, bei« Abholen kn der DefchSftostell« wöchentlich so Pfä. Einzelnummer to Pka. (Sonnabend- und Eonntagemumner 18 Pfg.) — Alle Postcmstatten, sowie unser« AettungiauMräger u. die Geschäftsstelle nehmen Bestrüungen entgegen P^stscheM-örönlo : Auel Dresden Str. 1821. Gemeinde» »erdandsgirokass» Vischosowerda Kania Str. «4. Im Falle höherer Gewalt — Krieg oder sonstig« irgend weich« Störung de» Betriebe» der Zeitung »der der Besörderungsetnrich- tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch aus Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Nachzahlung de« Bezugspreisr». 8EZL W L» SSL Plätze» keine Gewähr. — Rabatt nach Taris. — M, vammtl» s anzetgen tarifmäßigen Aufschlag. — Erfüllungsort Bifchofsweid» Nr. 222 Donnerstag, den 22. September 1V27. 82. Jahrgang Tagesschau. * Reick»justizminister Herat ist in Men eingetroffen, wohin ihn der österreichische Justizminister zu Besprechungen über die deutsch-österreichische Rechksaagleichuag ringe- laden hat. * Die deutsche Außenhandelsbilanz für den Monat August weist gegenüber den Vormonaten eine starke Besse- rung aus. * Löaaecke ist Dienstag nachmittag zu seinem Ofkasieu- flug gestartet. Er beabsichttat, Donnerstag vormittag in Angora die erste Zwischenlandung vorzunehmen. * Lus serbischem Gebiet nahe der griechischen Grenze wurde auf eiaen Elsenbahuzug ein Vombenaklentat verübt, das den ganzen Zug zertrümmerte. Die Zahl der Opfer ist noch nicht bekannt. * An der chinesischen Küste ist das Motorschiff Gentoku Maru mit 400 Chinesen an Bord gesunken. 120 Passagiere wurden von einem amerikanischen Kriegsschiff ausgenom men, die übrigen sind ertrunken. Zu dm uM * bezeichnete« Meldungen finden di« Leser Aus- ich« an anderer Stelle. Völkerbundskritik. Man hat nach dem furchtbarsten Krieg, den die Mensch heit bisher erlebte, ein« Institution geschaffen, die durch ihr Wirken ähnliche Weltkatastrophen verhindern sollte, die da zu bestimmt sein sollte, den ewigen Frieden aufzubauen und zu festigen. Der Völkerbund sollte gewissermaßen das Clea ringhouse der Nationen sein, in dem sich der Interessenaus gleich der Völker reibungslos und ohne kriegerische Diffe renzen zu vollziehen gehabt hätte. Ist das Genfer Institut nun dieser Zielsetzung schon irgendwie gerecht geworden? Hat es durch sein« bisherige Tätigkeit seine Existenzberech tigung praktisch erwiesen? Nicht ohne leise Ironie, aber doch mit einem gewissen Unterton von Bewunderung wird dar auf hingewiesen, daß sich alljährlich in Genf einige Dutzend Außenminister aus aller Herren Länder versammeln, um in dieser langweiligen und nüchternen Stadt gerneinsam zu konferieren. Man meint auch, das Gewicht der kleinen Na tionen, die bisher ihre Politik immer nur in engster Anleh nung an «iNe Großmacht oder einen Mächtekonzern betrei ben konnten, sei durch das Vorhandensein des Völkerbundes verstärkt worden, wie das sehr deutlich der überraschende Vorstoß Hollands, hinter dem die Mehrzahl der kleinen Völ kerbundsmitglieder stand, zu Beginn der letzten Tagung be wiesen habe. Ist das alles richtig? Hat der Völkerbund wirklich schon so weit seine Aufgaben gemeistert, daß seine Existenzfahigkeit und Daseinsberechtigung erwiesen ist? Wir sind gewiß nicht der Meinung, daß man das Kind mit dem Bade ausschütten soll. Jede neue Einrichtung braucht auf allen Gebieten Zeit, sich einzuspielen, und das gilt aus politischem Gebiet noch mehr als anderswo. Immerhin hat man in Genf nun allmählich neun Jahre herumexperimentiert, man hat «inen großen Aufwand an geldlichen und geistigen Mitteln vertan, man hat «ine ge waltige Bürokratie geschaffen, und man hat doch nicht ver hindern können, daß sich allenthalben neue Konflikte an bahnten und daß die Wahrscheinlichkeit großer kriegerischer Verwicklungen in Europa und anderen Punkten der Erde heute sehr viel größer ist als beispielsweise in der Zeit vor dem Kriege, da im Haag der große Dölkerrechtspalast ein- geweiht wurde. Was will es schon bedeuten, wenn der Döl- kerbund hie und da einmal, wie etwa in dem italienisch, rriechischen Konflikt, durch seine Intervention das Auf- lockern eines kleinen Brandes verhütet hat. In den gro ßen grundsätzlichen Fragen, di« der Weltkrieg und di« Frie- »ensdiktate aufgeworfen haben, hat der gewaltige Genfer Apparat noch immer versagt. Das aktuellste Beispiel dafür ist' wohl der ungarisch-rumänische Optantenstreit. Nach den Behauptungen des rumänischen Außenmiyiffers ging es hierbei um die Existenzfrage Numäniens, der auf der ande ren Seit« aber das Interesse des Völkerbundes an der Integrität der von ihm eingerichteten Schiedsgerichtsbar keit gegenüber stand. Was tat der Rat angesichts des hart näckigen Widerstandes Rumäniens gegen eine Regelung, die ihm staatspolitisch unbequem sein mochte? Er vertagte die ganze Angelegenheit ohne eine Entscheidung zu fällen . . . Deutlicher wird aber noch das Versagen des Völker bundes, wenn man seine Tätigkeit — oder bester Untätig keit in den deutschen Fragen betrachtet, die durch das Ver sailler Diktat aufgeworfen sind. Gibt es auf der ganzen Well noch irgendeinen ernschaften Politiker, der nicht davon überzeugt ist, daß das Fortbestehen de» gegenwärtigen Kräfteverhältnisses in Europa, wie es durch Versailles ge schaffen wurde, auf die Dauer di« stärkste Bedrohung de» europäischen Friedens darstellen muß? Und hat der DAker» bund bisher irgend etwa» von sich aus getan, um diese Ge fahr zu beseitigen? Hat er sich nicht der Behandlung dieser Probleme bisher noch stets mit der ebenso formalistischen wie fadenscheinigen Begründung entzogen, daß alle durch die sogenannten Friedensoertrdge aufgeworfenen Fragen nicht zu fein« Zuständigkeit gehörten? In der Tat: alles, was bisher zur Abwendung der neuen Kriegsgefahr in Mitteleuropa geschehen ist, wurde auf deutsche Initiative hin in Sonderkonferenzen abgetan, und auch heute noch ist Dr. Stvesemann nicht in der Lag«, wichtige Dinge, an denen ganz Europa interessiert ist, wie beispielsweise die Rhein- landsrage, die Frage der deutschen Abrüstung usw. vor dos Forum des Völkerbünde* zu bringen, da die Machtplflittk der Vertragsmächte von Versailles und die Indifferenz des Völkerbundes uns gegenüber das nicht zulasten. Der Reichs präsident hat am letzten Sonntag feierliche Verwahrung gegen die Kriegsschuldlüge eingelegt. Was tut der Völker bund, um sich mit diesem Problem, das, solange es über haupt besteht, für Deutschland immer eine politische und mo ralische Diffamierung bedeutet, ernsthaft auseinanderzufetzen, um durch seine Ausräumung eine geistige Atmosphäre zu schäften, die die Zusammenarbeit der Nationen wesentlich er leichtern würde? Nichts! Diese Untätigkeit aber in den wirklichen Friedenspro blemen ist der Genfer Institution am meisten zum Vorwurf zu machen. Und wir würden es durchaus für angebracht halten, wenn die Reichsregierung bei der nächsten sich bie tenden Gelegenheit zum Ausdruck bringt, daß st« an einem Fortbestand des Bundes in seiner jetzigen Gestalt und mit seiner jetzigen Arbeitsweise herzlich wenig Jnter«ste hat. Pariser Presseecho der Unterredung Stresemann—Sriarrd. Paris, 20. Sept. Der Unterredung zwischen den Außen ministern von Frankreich und Deutschland wird von der Pa riser Presse großes Interesse entgegengebracht. So meint der „Petit Parisien", es versteh« sich von selbst, daß, wenn auch über diese freundschaftliche Unterhaltung nichts durch gesickert sei, man ihre Bedeutung nicht übertreiben könne. Das „Journal" glaubt, daß Briand und Stresemann bei ihrer Zusammenkunft die ganze Rheinlandfrage erörtert hätten. „Paris Soi?' gibt aus durchsichtigen Gründen der Anschauung Ausdruck, daß Reichsaußenminister Dr. Strese mann für die nächste Unterredung zwischen den Außen ministern ernsthafte Vorschläge als Gegenleistung für eine etwaige vorzeitige Räumung mitbringen müßte. Die belgisch-französische Militör- AManz. Belgien und Frankreich, die beiden lateinischen Schwe stern, haben sich so eng aneinander angeschlossen, daß sie ein großes einheitliches Festungssystem gegen Osten, also gegen Deutschland schaffen wollen. Alle schlechten Erfahrungen, die Belgien mit seinem größeren Nachbarn gemacht hat, haben also nichts genutzt. So oft Belgien auch in letzter Zeit über die französische Vormundschaft zu klagen hatte, so unangenehme Korruptionsaffären vor der belgischen Öffent lichkeit erst kürzlich enthüllt worden sind — es war wohl zu spät, Frankreich sitzt in Brüssel wieder «bensofest wie 1914. Die Militärallianz, die Belgien und Frankreich miteinander eingegangen sind, ist das stärkste überhaupt nur denkbare Bindemittel zwischen zwei Staaten. Kein Vertrag hält so fest, wie die gemeinsame Festungsanlage gegen einen, wenn auch nur eingebildeten Feind und die Offenheit der Grenzen zwischen den beiden Verbündeten. Welcher Art das Verhält nis in Zukunft sein wird, ist nicht schwer zu erraten: Frank reich, das bisher mit Bestechungsgeldern arbeiten mußte, hat zunächst militärisch die Hand auf Belgien gelegt. Die polt- tische Bevormundung, die im vorigen Jahre bei dem Plan der Rückgabe Eupens und Malmeoys und in diesem Jahre bei dem Gedanken der Franktireuruntersuchung zu spüren war, wird sich aber in Kürze wohl auch bi» zu ihrer »oll- endung entwickeln. Gin italienisch-albanischer Geheim vertrag? Wien, 21. Sept. Das in Genf erscheinende Blatt „Liria Kombeture" veröffentlicht den Inhalt eine» angeblich zwi schen der albanischen und der italienischen Regierung obge- schlossenen Geheimvertrage», der sich au» folgenden sieben Punkten zusammensetzt. 1. 2m Falle eine» Kriege» zwischen Italien und Süd- slawien werden alle bewaffneten Kräfte Albaniens zur Ver fügung des italienischen Generalstabes gehalten. 2. Die italienische Regierung wird Albanien gegen alle Einmischungen seiner Nachbarn in Schuh nehmen und Alba nien materielle und moralische Hilfe angedeihen lass«. 3. Die albanische Regierung gibt der italienischen Re gierung Valona mit seinem gesamt« Hinterland« für dl» Zeit von SS Jahren in Pacht. 4. Die italienische Regierung wird als Eigenleistung für die Verpflichtung des Art. 3 die Einverleibung der Gebiete Dibra und Djakowa im Umfange der türkischen Verwal- tuagseinteilung vom Jahre 1912 in Albanien gestalten. 6. Die albanische Regierung übernimmt die Verpflich tung zur Unterstützung der Rauken und anderen Handels unternehmungen, die von italienischer Seite errichtet wer den, sowie zur Errichtung einer Station für italienische Hydroplane in Porto Romano, drei Meilen nördlich von Durazzo. 7. Die italienische Regierung verpflichtet sich, die Kon solidierung Albaniens duvch ausreichend« finanziell« Unter stühung zu fördern. Zusammenstösse in Kesaneon. Pari», 21. Sept. (Drahtb.) Wie „Parts Mattnak" mW Besancon meldet, kam es dort anläßlich eine« versuch» der Kommunisten, «in« Kundgebung gegen die amerikanisch» Le gion zu veranstalten, zu Zusammenstößen. Die Kundgibnng war vorher von der Polizei verboten wotden. Die Kom munisten versuchten, nachdem die Polizei einen ihrer Führer verhaftet hatte, das Polizetkommissariat zu stürmen. E» mußte berittene Gendarmerie und Militär Aufgeboten wer den. Während der Zusammenstöße fielen drei Schliffe, die jedoch niemand verletzten. Siebzehn Personen, darunter einige Ausländer, wurden verhaftet. Einige Polizetbeamte sind durch Steinwyrfe leicht verletzt worden. Eine ausserordentliche Session der französischen Kammer. Paris, 21. Sept. (Drahtb.) Wie der Vorsitzende des Finanzausschusses der Kammer, Abgeordneter Malvv, Ne stern mitteilte, ist zwischen ihm und Ministerpräsident Pom- carö nunmehr endgültig vereinbart worden, daß das fran zösische Parlament seine Arbeiten am 18. Oktober wieder aufnehmen wird. In der Hauptsache wird die außerordent liche Session durch die Diskussion über das Budget 1928 ausgefüllt werden. Die ordentliche Session beginnt in den ersten Januartagen. Reichsminister Dr. Kergt über die Uechtsarmleichuna zwischen Oester reich und Deutschland. Der deutsche Reichsjustizminister Dr. Hergt hat sich zu Besprechungen über die deutsch-österreichische Rschtsan- gleichung nach Wien begeben. Vien, 20. Sept. Im Gespräch mit dem Vertreter der „Neuen Freien Presse" erklärt« Reichsminister Dr. Hergt: Ich komme nicht in politischen Angelegenheiten, sondern als Kollege zum Kollegen, aber erfüllt von dem Bewußtsein von der Bedeutung dieses Tages, an dem bi» auf drei Punkte» Todesstrafe auf das Verbrechen des Mordes, Abtreibung und Sicherheitsverwahrung, völlig übereinstim mende Gesetzeswerre dem Parlament übergeben wurden. Das ist ein Beweis, daß trotz der Verschiedenheit in vergangenen Jahrzehnten di« sittlichen Gründanschauungen beider Völker sich doch völlig übereinstimmend entwickelt haben und anderseits «in Beweis für di« Kraft des Deutschtumgedanken«, der Deutschtums»- meinschaftals solcher. Mit dieser Rechtsängleichuna er folgt ein Riesenschritt weiter, typisch für die kultu r e l l e Angleichung» die ja für beide Völker noch unendliche Möglichkeiten bietet und von größtem Segen für beider Zu kunft sein wird. Wien, 20. Sept. An dem von Justizmintster Dr. Ding hofer zu Ehren des Reichsjustizministers Dr. Hergt gegebe- nen Frühstück nahmen u. a. teU Vizekanzler Hartleb, Mini ster Schmitz, Präsident des Rationalrat» Dr. Waber, der deutsche Geschäftsträger Legattonsrat Hoffmann, sowie der Präsident des obersten Gerichtshofes Dr. Roller. Dr. Ving hofer bracht« einen Trinkspruch auf den Reichsminister au», den dieser in längerer Rede erwidert«, wobei er der Be deutung de» heutigen Tages hinsichtlich d«r Entwickelung Rechtes in Vestenleich und der Rechtsangleichung mit Deutschland -«dacht«.