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Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Freitag, 15. Juni 1900 Nr. 135 mit das kenhause zu Aussig Aufnahme. 8 Onkel und Nichte. Ein trauriges Familtendrama «eramworiUcher Redakteur: Gruft Kuuke, Aue I Erzge Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Erscheint täglich Nachmittags, außer an n Feiertagen. — Preis pro Monat frei ins hau» 22 Pfg., abgcholt 17 Pfg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt < o Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger l.40 Marl. augeublick, den ich durch Deine Liebe genossen Hobe. Sei glücklich. Sophie R " Der Richter legte das Schreiben beiseite; die Worte des unglücklichen Mädchens hatten selbst in seiner Brust eine weiche Regung Hervorgernfen; uiu so härter beur teilte er jetzt Seipel, der vollständig vernichtet vor ihm stand. Bauer begann wieder: „DieserBrief wirft ein selt sames Licht ans Ihre Handlnngsweise; Sie haben ein armes Mädchen getäuscht." „Herr Amtsgerichts».-»:," rief Seipel drohend, „batten Sie ein! Urteilen Sie nicht über Dinge, die Sie nicht ken nen. Ich stehe hier des Mordes verdächtigt, hilflos, urtei len Sie darüber, aber nicht über meine Ihnen unbekann ten Verhältnisse." „Vorschriften haben Sie mir nicht zu «lachen. Jener Brief veranlaßt mich zu weiteren Fragen. Ich ersuche Sie aber, freiwillig den Schleier zu lüften. Der Wahrheit die nen Sie nicht, durch Ihre Heimlichkeiten, und das ver schlimmert Ihre Lage Ans dem Briefe geht hervor, weS- halb Sie sich im Auslände aushielten." Seipel schwieg „Noch eine Frage: kennen Sie Fräulein Sophie Raps?* „Nein!" Ses Mäisels «Lösung Kriminalroman von Fr. Ferd. Tamborini. 14 „Diese Gegenstände sind in Ihrem Koffer gesunden wor den, wie erklären Sie das? Ich bitte Sie, doch ja bei der Wahrheit zu bleiben, in Ihrem eigenen Interesse. Auch Ihre Aussagen beim ersten Verhör enthalten nicht» Gün stiges für Sie. Namentlich die Auskunftsverweigerungbe züglich Ihrer Rückkehr. Gewähren Sie einen Einblick in Ihre Berhältnisse." „Wie die Gegenstände in meinen Koffer gelangt sind weih ich nicht. Beide Teile sind nicht mein Eigentnm. Hin sichtlich de» Verschweigens meiner persönlichen Verhält nisse erkläre ich nochmals, daß der Sache aus deren Be kanntgeben nicht der geringste Nutzen erwächst, das ist alles interesselos sür da» Gericht und meine Lage wird weder gebessert noch verschlechtert, wenn ich aussage. Ich bin unschuldig ar. dein Verbrechen* „Worte, Worte, keine Thatsachen; was kann ich damit thun! Thatsachen erheben eine schwere Anklage gegen Sie; allerdings behaupten Sie, die Gegenstände nicht zu ken nen; aber bedenken Sie doch: in Ihrem Koffer, im Hotel, in dem Sie erst einige Tage wohnen! Sie selbst sagten aus, daß niemand von Ihrer Rückkehr wußte!" Seipel nagte an der Unterlippe: er merkte jetzt selbst, wie fest er saß. „Ich wiederhole, nicht zu wissen, wie die Dinge in meinen Koffergekvmmen sind, ich kenne sie nicht." „Nun zu Ihrer Brieslasche." Bauer durchblätterte die selbe; Zeltet und Briese legte er heraus, plötzlich stutzte er. Auch Seipel fuhr zusammen, al» er in der Hand Bauer» ein gewisses Schreiben sah. Er wollte zuspringen, doch be sann er sich. Was hätte da» genützt? Bauer la« nun: „Du hast Dein Versprechen nicht ge halten; ich werde diesen Schmerz nicht verwinden. Fort will ich, fort von hier, weit fort, Du sollst mich nicht fin den ! Kein Mensch soll meinen Aufenthalt erfahren. Leb« V»HU Nimm noch meinen Dank für den kurzen Glücks- Am folgenden Tage stand das junge Mädchen wieder vor dem Untersuchungsrichter, dessen scharfer Geist da» Rätsel bisher nicht zu lösen vermochte Sophie war sehr schwach, seelische Qualen und schlaflose Nächte hatten sie außerordentlich reduziert. Schweratmend saß sie da und wartete auf die Fragen des Richters, und es war ihr. all» l müsse sie gewaltsam eine» Weg au» dem Dunkel finden. „Wollen Sie," Hub Bauer an, „meine Fragen der Wahrheit gemäß beantworten?" „So weit dies möglich, ja! Ich bitte nur, es möglichst kurz mit mir zu machei^»ieiue Kräfte sind zu Ende." Ein Kommissar trat ein Amt»g,,tcht»rat Bauer stellte die erste Frage: „Kvn- Deutschland. 8 Eine Verkäuferin in Hamburg unterhielt einem Kommis aus Kiel ein Liebesverhältnis, dieser Tage seine Weihe durch die öffentliche Verlobung erhalten sollte. Zur Feier war eine stattliche Zahl von Gästen geladen und eine festliche Mahlzeit vor bereitet. Schon sollten die Gäste an der Festtafel Platz nehmen, aber der Bräutigam fehlte. Nach lan gem, vergeblichen Harren mußte man ohne ihn tafeln. Man fragte nunmehr in der Wohnung des Bräuti gams nach, ohne jedech zufriedenstellende AuSkunst zu erhalten; erst nach wenigen Tagen kam ein Bries, in dem der junge Mann die so dringend gewünschte Auf klärung gab. Der Brief war aus London und ent hielt tue Nachricht, daß aus der Verlobung nichts wer» den könne, da er von der Kieler Behörde steckbrieflich verfolgt werde. Die Braut stellte nun weitere Nach forschungen an, und es stellte sich heraus, daß sie einen wiederholt vorbestraften Dieb zum Bräutigam gehabt hatte. Erst jetzt erinnerte sie sich daran, daß ihr der junge Mann me;rsach erhebliche Geldbeträge abgeschwinoelt batle, und erstattete nun ebenfalls An zeige. 8 Im Dorfe Groß-Krauschen bei Bunzlau befindet sich ein Lehrer, welcher sonderbarerweise ni ke Gehalt Aue. Da» Schulgeld der L. Bürgerschule wird künftig nicht mehr in der Wohnung der Schul-! geldzahler kasfirl. sondern zunächst ve> suchsweise durch den Schulaeldeinnehmer von den Kindern in der Schule eingeboben. Der Taa, an oeni das Schulgeld verein nahmt wird, wird den Kindern vorher bekannt ge-eben und haben diese dann unter Vorlegung des Scbul- geldzettels den Beirag an den Einnehmer zu entrichten Hm das Entnehmen zu erleichtern. hao,n die Eltern ihren Kindern das Geld möglichst avgezählt mit zugeben. Das Schulgeld in der I. Bürgerschule ist nach wie vor an der Stadtkasfenstelle im Stadthaus zu be zahlen. j? Aue, den 9. Juni 19n0. Der Rath -er Stadt. Dr. Kretzschmar, Bürgermeister. weil ihr von ihrem in demselben Hause wohnenden Onkel Heiratsanträge gemacht wordcn waren. Dieser ließ ih> nun kürzlich sagen, sie möchte sich ihre zurück gelassene Garderobe abholen, worauf da» Mädchen nach der Wohnung des Großvaters ging. Hier hat wahrscheinlich der Onkel seinen Heiratsantrag erneuett und ist abgewtrscn worden; denn er feuerte auf seine Nichte einen Revolverschuß ab, der dieser die linke Backe durchbohrte. Hieraus flüchtete da» Mädchel', eine hinter dem Hause befindlichc Gallerte üb-rspringend, in ein Nachbarhaus. Inzwischen trank der Onkel au» einer vorher bereitgehaltenen Tasse Gift, schoß sich eine Kugel in de» Kopf, die aber nur bis zum Backen knochen durchdrang, und erhängte sich dann mittel» eines ebenfalls schon vorher auf dem Eorrtdore ange- brachten Strickes. De n berbeigeeilken Vater de- Lebens müden gelang eS^zwar.'den Strick zu dnrchschnetden, doch trat bald darauf der Tod ein. Da» Mädchen dürfte jedoch mit dem Leben davonkommen. 8 Ein verdienstvoller Prinz ist Prinz Heinrich XXVIH. Reuß j. L. Er hat ein Buch geschrieben — nicht einen Roman, eine Reisebeschreibung odcr rin wissenschaftliche» Weck, wie das alljährlich von vielen anderen niedrig gestellten Sterblichen geschieht, sondern em ganz un gewöhnliches Buch, ein — Buch für Kammerdiewer. Prinz Heinrich XXVIII. hat eifrig darüber nachge- dacht, wie ein cocrekter Kammerdiener auszusehen, wa» er zu thun und zu lassen hat, und die Früchte seine» Nachdenkens hat er in diesem Buche niedergelegt. Die äußere Erscheinung, Frisur, Barttracht, Lwree, Craoatte de: Kammerdieners wird genauer Inspektion und Kri tik unterzogen. Die Weste muß im Gegensätze zum Frack bunt sein, roth oder gelb. Beim Diner werde m Strümpfen und Schuhen leroirt. Die Gamcisib^''^ muß aus graubraunem Tuche sein, nicht farbig, di« Knöpfe aus Pcrlmuttcr. Metallknöpfe mit ausgepräg t ' tem Wappen sind hür unstar haft. Weiße Strümpfe gellen dem Au or als nicht me»r „modern". DaS ' Diner, das höchstens eine Stunde wahren darf, muß ich vollkommen lautlos abspieleu. Die Dienerschaft hat sich nicht schnell, sondern gemessen und würdig zu bewegen. Das eil ge Umberschießen macht üblen Ein- neu Sie mir angeben, wie die Bliitstccken an Ihre« Mit'- ' tel gekommen sind ?" „Jedenfalls dadurch, daß ich die Tote, meinend si^ sei ohumächtig, i« die Anne nahm." „Sie wollten Sie bequemer legen?" „Ja!" - „Wie konnte e» Ihnen aber entgehen, daß Sie nitt - Blut beschmutzt war?" „Ich war sehr erregt." ' - „War niemand im Zimmer anwesend?* „Nein!" „Haben Sie nicht später eine» Herrn nach der Wohn ung gehen sehen?" n- „Als ich nach jenem Hause ging, sah ich allerdings -- einen Mann in die gegenüberliegende Wirtschaft treten; ich erinnere mich dessen, weil es mir anffiel. daß er,Gl»d^i er mich erblickte, mir in großem Bogen answich, seinen Schritt beschleunigte und in drin Wirtshaus« verschwand.* „Wie sah der Mann aus?" > <>. , . „Darüber kann ich nichts sagen, eS war dunkel; nnrjty Scheine der Wirtshanslampe sah ich, daß er groß ivnr,--L „Kam dieser Mann von» Hause der alten Frau oder von der Stadt her." „Vom Hause her, welche» ich beinahe erreicht hatte:* - „So ist der Mann also vor Ihne» dort gewesen," schloß Bauer. „Trete» Sie ins Nebenzimmer, bi» Sie gerufen werden." Sophie gehorchte; der Kommissar schloß hinter ihr die' Thür. . " . Bauer blätterte in den Akten. „Eine toste Geschichte! ' Der Seipel behauptet, di« Sophie Raps nicht zu keimen. „So ist'S," erwiderte der Kommissar. „Ich halte den Maiin.für schuldig. Zwar kann ich »tickst^ annehmen, daß er seine Mutter mit Vorsatz getötet bar, aber sein aufbrausendes Teuw-eauieur. . aa l' Mädchen scheint mir unfreiwillig in die Asfaire verstrickt, vieltetüMZ wist Seipel durch sein Leugnen die Schuld von ihr üb- wälzen und jagt r er kenne sie nicht." 7L1«»rs -K., ! bekommt. Der „Niederschles. Kourier" teilt darüber i Tyat veranlaßt. Dec schwerverletzte K. fand tm Kran- !mit: „Das Patronat über die Schule hat Prinz Reuß, kenhause zu Aussig Aufnahme. auch die Gemeinde und der Staat sind natürlich da, 8 Onkel und Nichte. Ein trauriges Familtendrama ! und ein altes Sprichwort sagt: „Doppelt genäht hält ereignete sich in Kreuznach. Die dort bei ihrem Groß- ^besser." Armes Sprichwort! Zwischen den örtlichen oater in Pflege befindliche 20jährige Elise A. hatte Interessenten bestehen seit langem Verhandlungen über sich vor einigen Tagen vom Hause entfernt und vor« die Aufbringung dieses Lehrergeha tes, wobei lehr ge- ! läufig bei Bekannten Unterkunft gefunden, angeblich, teil e Meinungen zu herrschen scheinen. Nun sollte inan meinen, wäre es Sach, dec Regierung, einstweilen bis zur > ndgiltiaen Entscheidung ein Provisorium iür den betreffend n Lehrer zu schaffe». Nun. rin sonst allerdings in Regierungslreisen nicht sehr beliebter Dichter singt: „Und da Keiner wollte leiden, daß der and're sür ihn zahl', zahlte k-iner von den Beiden, ein System, das sich empfahl". Und nach diesem prächtigen System wartet nun ein Mann, dem ein unendlich wichtiger und verantwortungsvoller Beru obliegt, seit Beginn des neuen Jahres auf sein ihm gesetzlich z fftehenc es Gehalt. Jeder Kommentar ist hier überflüssig. Und das geschieht nicht in Spanien oder der Türkei, sondern in einem Großstaat, der sich rühmt, an der Spitze der Zivilisation zu stehen." 8 E n sehr gefährliches Erlebniß hatte ein eiwa zehnjähriges Schulmädchen aus Oberleutersdors in Thüringen. Das Mädchen befand sich aus dem Schul wege, als es aus freier Straße von zwei großen Hun den angefallen wurde Die Thiere rissen das Kind zu Boden und brachten ihm, trotzdem sie mit Maulkörben versehen waren, mehrere Bißwunden bei. Der lieber- fall versetzte das Kind in solchen Schrecken, daß ihm die Zunge gelähmt wurde und es nicht im Stande war, um Hilfe zu rufen oder einen Schmerzensschrei auszustoßen. Glücklicherweis: bemerkten einige Nach barn die Gefahr, sie sprangen eiligst herzu und ver jagte» die bissigen Thiere. Als sie dann nach dem Kinde sahen, bemerkten sie, daß es an den Händen schwer verletzt w ir. Sie hoben das bedauernswerthe Mädchen auf und brachten es zu seinen Pflegeeltern, wo es nun schwer krank dariiiederliegt. 8 In dem etwa eine Stunde von Aussig entfern ten Ausflugsorte Doppitz hat am Sonnabend der 10- jährige Maurer Fr. König aus Schönpriesen se^.e in gleichem Aller stehende Geliebte Kcuh. Balnun durch zwei Reoolve^schüsse getödtet und sich dann selbst mit der Schußwaffe eine schwere, aber nicht unbedingt tödiliche Verletzung in der Schläfe«.gegend beigebracht. Dec Umstand, daß die beiderseitigen Eltern auf Lösung des Liebesverhältnisses drangen, hat den K., der im Elnverständniß mit seiner Geliebten handelte, zu der Tageblatt für die Stadt Arre uno Umgebung Inserate »e einipaltige Petitzeile lü Pf«., an.tllchf Inserate die CorpuS-Zeile 25 Pfg., Reklamen pro Zeile 20 Pfg. Bei 4 maliger ilufnohm. 7k«/a Rabatt. — Bei größeren Inserate» u. mehrmaliger Aufnahme wird entspreck ent höherer Rabatt geioährt. Alle Postqnstelten und Landbriefträgcr nehmen Bestellungen ap. 12. Jahrgang"