Volltext Seite (XML)
-4> Aumyal -Zeitung. Lagehlatt «rscheint t»gluh Nachmittag», außer an Som, n. zeiertagen. — Preis pro Monat ftei in« Hau» ro Pfg-, abgeholt 1b Pfg. — Mil der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt pro Vierteljahr 1 Ml. — Durch den Briefträger 1.4V Mark. für die Stadt «uc an» Billigste Tageszeitung im Erzgebrrge. «erannvortllcher Redakteur: Ernst Funk«, Aue sErzgeb-rg^., Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Umgebung. Inserate Ute eknspaltige Petitzelle 10 Pf«,, «»tltchk' Inserate die LorpuS-Zeile LS Pfg., Rrllamckt pro Zeile 20 Pfg. Bet 4 maliger Aufnahme Rabatt. — Bei größeren Inserat«» ». mehrmaliger Aufnahme wirb entsprecheni Nr. 111 Mittwoch, 16. Mai 1900 12. Jahrgang Per Attischer meister ^Herr Theodor Preist in Aue beabsichtigt, auf dem an der Göthestraße gelegenen Grundstücke Parzelle Nr. 139g Abt. ä des Flurbuchs für Aue ein- zum Betriebe der Groß- und Kleinviehschlächterei zu errichten. Gemäß'^17 der Reichsgewerbeordnung wird dies hierdurch mit der Aufforderung zur öffentlichen Kennt nis gebracht, etwaige,. Einwendungen gegen diese An lage binnen 14 Tagen, schriftlich oder mündlich in un serer Polizeiregistratur' änzubringen. Die Frist beginnt mit dem Tage des Erscheinens dieser Bekanntmachung und ist für alle Einwendungen, welche nicht auf Privatrechtstiteln beruhen, aus schließende Aue, den 14. Mai 1900 Der Rath der Stadt. Nndolp!', Nate ass ff er. Ficker. » Chemnitz, 11. Mai. Unerhörte Schändlichkelten kamen am Nachmittag in einer vor ter Strafkammer II stattfindenden Verhandlung zur Sprache. Auf^der Anklagebank befanden sich nämlich zwei unreife Burschen, die in geradezu viehischer Bestialität einen schwäch- ttcheu-LngLkn mißhandelt haben Es waren dies der am 4. Jnnr 1889 geborene Richard Curt Kunzmann aus Kirchberg und der am 16 October 1887 geborene Richard B,uno Gruner aus Erlbach, beide ehemalige unmündigen Pensionsgenossen „Regierungs ath" und Gruner .Excellenz" nennen und wurde aescylagen, sobald er dies nicht that. Als d r Knabe zu Weih nachten nach Hause fuhr, wurde ihm nufgetiagen, 10 , Ma k mitzubringen, es s i g -nz egal, wo er daS Geld hernubme Er brachte jed- ch nur etwas über 4 Mark mit, die er zum Theil seiner Sparbüchse entnahm, zum andern Theil sich vom Vater schenken ließ. Der kleine Kerl ließ sich lieber schlagen, ehe er zum Dieb wurde Nunmehr begannen aber köiperliche Mißhand lungen, die jeder Beschreibung spotten. So mußte er den Rrnzen und Bücher etwa eine Viertelstunde mit , «streckten Armen hinaushalten und wurde mit der Schärfe des Lineals geschlagen, sobald er die Arme sinken ließ Als ei schließlich vor Ermattung umftel, wurde er aufg richtet und mußte nun Seife u. Kohle essen. Am Abend des 15. Januar nahmen die Bengel Kohle, Seife, das Lineal, Stecknadeln und zwei Lichter mit in die gemeinsame Schlaskammer. woselbst so grausam raffinirte Mißhandlungen vorgenommen wur den, daß inan es kaum für möglich halten kann, wie in dem Kopf eines Kindes solche Gedanken ent stehen können. Die Quälerei begann damit, daß N. auf einen Balken klettern mußte. Als er auf dem Balken nicht laufen konnte, bekam er Schläge, doch wurde dasWiwmern deSKnaben nicht gehört. Schließlich wurde ihm ein Sterqtnlicht an den Geschlechtsteil ge halten. Damit der Knabe nicht mehr wimmern konnte, wurde ihm ein Tuch in den Mund gesteckt. Damit war die Marder noch nicht zu Ende. Der Knabe mußte Mieter Seife, Kohle und den AuSwurf eines der Peiniser essen und zweimal das ^^Llter'Urin enthaltende Nachtgeschirr auStrinken. Alsdann mußte der Knabe einen Finger so lange in den Ha^s Kunzmann einen Fußtritt, daß er unter den Tisch fiel, worauf der großgewachsene Bursche dem schwäch lichen Kinde auf den Rücken trat. All KunMaun dem Jungen aadrohte, daß er am Abend HasenpfKtchey und Kvth essen müsse oder 300 Schläge bekäme, wei gerte sich derselbe, in die Pension zurückzukehren uich wurde schließlich von anderen Kindern mit einem Handschlitten nach Hause gefahren, da er nicht mehr gehen konnte. Die entsetzlichen Mißhandlungen harten zur Folge, daß das lind mehrere Wochen lang krank lag In der heutigen Hauptoerhandlung, in welcher Kunzmann in frecher Weife die ihm zur Last gelegte» Schändlichkeilen ableugnete, enthüllten sich neueThat- sachen. So hat N. faule Kartoffeln effen müssen,, es wurde ihm Katzenkoth ins Essen gethan; andere vieh, ische Handlungen zu schildern sträubt sich die Feder. Der Abends 8 Uhr in das Hau» der Eltern gerufen« Arzt fand den Knaben mit rothgedunsenem Gesicht und blauroth angeschwollenen Wangen vor. Aw den Armen und den Schienenbeinen sanden sist viele blut unterlaufene Schwielen, das Gesäß war mit breiten entzündeten Schwielen bedeckt. Am Geschlechtsteil aber befanden sich Brand- und Stichwunden. Auch im Munde des Kindes machten sich die Mißhandlungen bemerkbar, indem di« Zunge stark angeschwollen war und eine graublaue Färbung zeigte. Die Mißhand lungen waren nach Ansicht des Arztes ganz rohe, doch sei das Leben unmittelbar nicht gefährdet gewesen. Das Gericht verurteilte beide Angeklagte Abends 8 Uhr wegen gefährlicher Körperverletzung und NSthtgung und zwar K. zu einem Jahr sechs Monaten, G. zu neun Monaten Grfäwgntß, sowie zu- »tnev Baße von 500 Mk. an den Verletzten. Kunzmann wurde sofort in Hast genommen. Bcsuchec der Realschule zu Stollberg und dort in Pen- sion Diese Burschen wohnten mit einem auSBrünn- loS gebürtigen 13jährigen Schüler Namens N., der sich ebenfalls in Pension befand, zusa mmen,'wobei na türlich alterhand dummes Zeug erzählt wurde, ja der große Kunzmann brüstete fick, mit seinen Kenntnissen bez^dei öffentlichen Häuser rc. Als auch der kleine N. etwas Unsittliches erzähle, drohten die beiden'.'an- deren, ihn zum Suverintendenten zu bringen und stecken, bis er das Getrunkene wieder erbrach. Hier auf wurde er gezwungen, wieder Seife und Kohle zu essen und auf den Balken zu klettern. Als er von demselben herunterfiel, bekam er wiederum Schläge, bis er endlich wiederholt mit Stecknadeln in den Geschlechtsteil und die Fußsohlen gestochen wurde. Auch wurde ihm wiederh >lt ein Licht an den Unter eib gehalten. Die Schinderei dauerte von einhalb zehn brs elf Uhr und nun mußte das arm: Kind bestrafen zu lassen. Der Knabe bekam Angst und, nackend in der kalten Kammer knieen, bis gegen 1 kaufte seinen Kameraden Geschenke, damit sie nichts Uhr seine Peiniger einschliefen und er zu Bett gehen sagen sollten. Damit hatte er sich in ihre Gewalt ge- konnte. Er sollte ursprünglich die ganze Nacht knieen geben. Er mußte ihnen wiederholt Geschenke kaufen, Am Morgen des andern Tages begannen die Quäle- mußte Kunzmann „Baron", etnen anderen noch straf- ren n von Neuem. Nachmittags erhielt Noßwitz wn D v «r i s t O » Deutschland. z Aus dem Altenburger und Thüringer Lande, LI. Mai. In Altenburg haben von den Malergeh'lfen 60 die Arbeit nfidergtlegt. Die Gehilfen verlangen 40 Pfg. Stundenlohn und geregelte Arbeitszeit in sämt lichen Werkstätten, von früh L Uhr bis Abends 6 Uhr, mit il/z Stunde Mittags- und Vs Stunde Frühstücks pause. Trotzdem von einem Teil der Meister bereits 40 Pfg. und mehr die Stunde gezahlt werden, wollen sämtliche Gehilfen ihre Arbeit einstellen, um von allen Meistern ihre Forderungen zu erzwingen. — In Au der Irem de. Roman von Alexander Blumenberg. S6 Der schlaue Wilhelm hütete sich gar wohl, Unange nehmes zu berichten, und um vom Hofe auch Gute» zu schreiben und der treu ausharrenden Mutter,-da» hei- matlranke Herz zu erleichtern, kümmerte sich der junge Mann in der That ein gut Teil mehr um diestattliche Wirt schaft, als er e» vorher gethan und da» erfreute natür- lich die Alte au» Herzensgrund. Auch Ludwig und seine Mutter hatten da» Landhaus längst verlassen, sie wußten Miuna außer Gefahr, in guter Obhut und Pflege. Wa» Ludwig fühlte und wie sei» treues Herz sich auch küm merte beim Abschied von der geknickten, leidenden Frau, niemand sah es, sein Abschiedsweh hatte er auStoben las se» draußen in verschwiegener Waldeinsamkeit, auch nicht eine einzige Thräue fiel auf die schmale, noch so leblos schwache Hand, die er beim Abschied an seine Lippen preßte. Franz von Malatvff hatte wochenlang an einer Luft- röhren-Entzündung krank im Hospital zu Tannhausen ge- legen. Da niemand eine Anklage gegen ihn erhob, auch Minna später sich geweigert hatte, dieS zu thun und da durch den Namen ihre» verstorbenen Gatten, den Namen, welchen sie selber trug, der Oeffentlichkeit pretSzugebe», so war Franz für sie spurlos verschwunden, nachdem er au» dem Krankenhause al» geheilt entlassen war. Bon der russischen Regierung jedoch aufgefvrdert, den Tod ihre» Sohne» zu bestätigen, wurde Minna gewahr- daß der saubere Schwager bereit» Schritte gethan,, um sich in den Besitz de» Majorat» zu setzen ;e» nahm sie kaum Wuuder, hatte er doch nun da» erreicht, nachdem er sünd haft gestrebt. ES war ein sonniger, klarer Oktobertag, einer jener wenigen auserwählten Tage, an welchem der Sommer nnS noch einmal all seine Huld und Güte erweisen will, bevor er Ab chied nimmt. Die Bewoher de» Landhauses machen sich den Sonnenschein zu Nutze und waren im Freien, in den Pavillon hatte man Decken und Kissen ge tragen, und im bequemen Lehnstuhl ruhte Miuna. DaS blasse, schmale Gesicht zeigte die Spuren der überstande nen Krankheit, jedoch aus den Augen war der wilde, un heimliche Glanz gewichen, sie fingen an, dem Lebe» wieder zuznlächeln. Nuscha saß am Tisch nnd hielt da» Baby im Schoßt da» Kind spielte nut Puppen, Bällen, abgerissenen Blu men, Knäulen und andere» Wunderdingen, warf sie auf die Erde oder steckte sie ins Mäulchen und schrie Zeter, wenn Nuscha versuchte, ihm die Schätze fortzunehmeu. Auch Großmutter hielt das Kind in steter Beschäftigung, bückte sich doch die alte Frau geduldig nach dem Gegenstand, wel chen der kleine Tyrann mutwillig auf die Erde warf, da» Strickzeug kam dabei am schlechtesten fort. Sepp kam und brachte zwei Briefe, einen für seine Herrin, den andern für Frau Lutzweiler. Während letztere eilig sich die Brille hervorsuchte, sie putzte und auf die Nase schob, darauf sich sogleich an das Lesen ihres Briefes machte, drehte Minna unschlüssig den mit rnssischem Poststempel versehenen Brief in den Händen umher, sie ahnte, von wem er kam, der An blick dieser Schriftzüge berührte sie kalt bi» ins Herz hin- ein. Uneröffnet warf sie da» Schreiben auf den Tisch, wo e» alsobald Baby unter den kleinen zerstvruugssüchtigen Fingern hatte. ES kostete Nnscha viel Mühe, dem Kinde den Brief wieder zu entreißen, und dabei erhob e» ein solche» Geschrei, daß die Wärterin es für ratsam hielt, die Kraft der Lungen de» kleinen Schreihalses außerhalb de» Pavillon» sich weiter entwickeln zu lassen. „Die Elfriede schreibt,* sagte die Bäuerin, indem sie den Brief und die Brille auf den Tisch legte, „daß -sie nach demLutzweilerhof nun nicht mehr komme» kann, '»wirb dem Frauchen gar viel, und der Wilhelm.. .* „Möchte Dich nun auch gern wiederzurückhaben, Müt- terchen,' siel ihr Minna in die Rede. „Ja, ja,* sagte sie und die Stirn umwölkte sich ihr; „ich bin sehr, sehr eigen nützig gewesen, habe in meinem Kummer nur an mich selbst gedacht uud da» große Opfer, welche» Dm mir ge bracht, fraglos und sorglos-angenommen.* „Na, der Vater kommt und holt Dich ab, sobald Du schreibst, daß Du reisen dürft, Mlnya. Dann kommst Du uud wohnst in dem neuen Hauses freut mich nun doch, daß es basteht. Im alten Lutzweilerhof. hätt'» Dir doch Nim- mermehr beyagt: na; na, laß nur gut sein, Tochter, bist nun einmal so ein verwunschene» Prinzeßkstn geworden. Aber Du meine Güte, hat der Kleine «in'paar Llmgen l Na, was hat denn mein Püppchen, mein zuckersüß«»- lie bes Mäuschen?" und nach Großmntter-Art" giM st» und gab dem kleinen Trotzkbpf noch die schönsten LtebeiKvorte obendrein. Minna war allein. Träumerisch ließ fle dle herbstlich roten Weiuranken durch ihre schlankenFmgergMLU.Roch drängten sich ein paar duftendeSpätrosen durch düSBlät- tergewirr des Pavillon», aber der kalte NüMkuß dtp Ok tobernächte hatte auch ihre zart gebogenen BlättMü ge färbt, im kaum entfalteten Kelche schlummertt Vie' Ber- nichtnng. . . Das verdrückte Briefcouvert, so wie e» Baby» Fin- gern entrissen war, lag vor ihr auf dem Tisch. Mit einem Seufzer der Ungeduld und de» Mißbehagen» griff sie da- nach und öffnete da» Schreiben. E» kam, wtesw woblver- mutet, von Franz, und derselbe schrieb: „Ich fühl- di« Notwendigkeit, meine verehrte Schwägerin, Jhnq» kund zu thun- daß von meiner Seite die verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Gefühle, welche ich sttü» fiirSie ge- hegt, dieselben geblieben sind, undmein, mch,dinat»Hoch- achtung für Sie, verehrtest«, niemalSaurnwinemHchrze» weichen kann. Der Tod hat in unseren verwaudtschfftlt- chen Bund eine große, unauSfüllbare Lücke gerissen, und da» Band fast gelüst, welche» nn» vereinigte. Judessen da» Andenken an geliebte Tote vereinigtzu gemeinsamerTrauer führt in stiller Sympathie di« Herzen zum Vergeben und Vergessen.* 7»,iS*