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ArSWMFrM-r Mschofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amlshaupt- Mannschaft, der Schulinspejrtion und des Hauptzollamts zu Bautzen, de« Amtsgerichts, de« Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. <M7crge6Lcrtt<, Unabhängige Zeitung für alle Ständern Stadt und Land. DichtesteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen Bilderwoche, Jugend u. Deutschtum, Mode vom Tage, Frau und Heim, Landwirtschaftlich« Beilage. — Dm» und Verlag von Friedrich May G.m.b.H. in Bischosswerda. Fernsprecher Nr. 444 und 445 «eschrinangswetse: Jeden Werktag abends für den folgend. Tag. j Postscheck»Konto: Am« Dressen Nr. 1521. Gemeinde« I Anzeigenpreis (in «eich,mark): Dir 43 mm breite einivalttar Bezagopret« Mr die Zeit eine» halben Monats: Frei ins : verbandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. S4. 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Nach den vorläufigen amtlichen Feststellungen beträgt der durch das Unwetter im Ulüglih- und Gottleubatal angerichteke Schaden gegen 70 Millionen Mark. Die Reichsbahn allein soll einen Schaden von etwa 10 Millionen Mark erleiden; abgesehen davon, daß mit der Wiedereröffnung des Eisenbahnverkehrs vor einem halben Iahre nicht zu rechnen ist. Alle Lisenbahnbrücken sind zer stört. Augenblicklich ist man mit dem Bau von Notbrücken für deu dinglichsten Verkehr beschäftigt. Behördliche und private Helfer find bis an die Grenzen des Möglichen be müht, die Spuren der Katastrophe zu beseitigen und die noch immer vermißten Opfer zu bergen. Die Gesamtzahl -er Todesopfer. Dresden. 11. Juli. Nach amtlicher Feststellung beträgt die Zahl der Toten im Bereiche der Amtshauptmannschaft Pirna 113 und der Amtshauptmannschaft Dippoldiswalde W. Insgesamt sind demnach dem Unwetter am vergange nen Freitag im Gottleuba- und Müglitztal 145 Menschen zum Opfer gefallen. Es ist zu hoffen, daß diese Verlustliste keine wesentliche Erhöhung mehr erfahren werde. Nach Meldungen von privater Seite sollen noch 50 Menschen vermißt werden. Man vermutet auch, daß einige unangemeldete Ausflügler und Sommergäste unterwegs von dem Unwetter überrascht worden sind. Danach dürfte die Zahl der Todesopfer wohl auf 200 anwachsen. Die Beerdigung der Todesopfer von Berggießhübel. (Eig. Bericht unseres Sonderberichterstatters.) Berggießhübel, 11. Juli. Am Montagnachmittag haben die ersten Todesopfer von der am schwersten heimgesuchten Stadt Berggießhübel ihre Ruhestätte auf dem dortigen Kirchhof gesunden. Heller Sonnenschein lag über der lieb lichen Landschaft von Berggießhübel, über der Stadt des grenzenlosen Jammers, als sich eine kleine Trauergemeinde auf dem hochgelegenen Friedhof zusammenfand, um den ersten Opfern der Katastrophe, dem bei den Rettungsarbeiten zu Tode gekommenen Chauffeur Hentzsch, dem Fleischermei ster Lehmann und seiner Frau, der Frau Morgenstern, Frau Grobe, Frau Lina Hensel und Luise Sauerbier, das letzte Geleit zu geben. Gerade dadurch, daß diese erste Trauerfeier nur im Kreise der engsten Beteiligten, ohne jedes offizielle Gepräge vor sich ging, wirkte sie um so herzergreifender. Es war nicht das Bild der üblichen Traucrfeiern. Unter den Teilnehmern waren viel«, die mit dem Letzten, was sie auf dem LÄbe gerettet hatten, angetan an den offenen Gräbern standen. Schlicht und eindringlich sprach der Ortsgeistliche, in dem die Wucht der Geschehnisse, die sich vor seinen Augen abgespielt haben, noch fühlbar nachzitterte. In seine bibli schen Trostworte klang das leise Wimmern und Klagen der Angehörigen, die nach den vorangegangenen Tagen des un säglichen Jammers kein« Tränen mehr fanden und die sich mit letzter Kraft an den Gräbern ihrer Toten noch aufrecht erhielten. Ergreifend klangen die Gesänge des Kirchen chores, in dessen Reihen der Tod selbst Lücken gerissen hatte. Während her Beerdigung ruhten die fleißigen Arme der Reichswehrsoldaten, die auf verschiedenen Teilen des Fried hofes Massengräber auswarfen, in denen die übrigen ge borgenen Toten am Dienstag ihre letzte Ruhe finden sollen. Im Haupteingang der kleinen Kirche lagen schon wieder eine Anzahl Toter eingesargt und in den Seitengängen noch zahlreiche Unglücksopfer, die nur ein karges Laken notdürf tig bedeckte. Bei einem kleinen Mädchen reichte das Laken nicht aus, um das blonde Köpfchen zu verdecken. Mit inne- rem Erbeben» wie man es kaum im Kriegstoben erlebt hatte, empfand man hier die Majestät des Todes. Ein Berggieß- hübler Einwohner, der 8 Familienangehörige durch das Un glück v-rloren hatte, wies uns die Reihe seiner Toten, die am Dienstag ihre Ruhe in der kühlen Erde finden sollen. Soll man «in solches Erleben noch weiter schildern? Die Aufräumungsarbeiten in Berggießhübel sind wie derum überraschend fortgeschritten. Die Soldaten und di« Mitglieder der technischen Nothilfe arbeiten geradezu helden haft, ungeachtet der Gefahren, die in den vor dem Einsturz stehenden Häuferresten drohen und zu denen auch noch ge sundheitliche kommen. Unter dem Einfluß des warmen Wet ters entwickeln sich in den noch mit Tierleichen durchsetzten Schlaouuajstn übelriechend« Dünste, di« auch durch Auswen- An alle Bewohner Sachsens Die Regierung des Freistaates Sachsen hat als erste Hilfe Mittel bereit gestellt, um der dringendsten Not zu steuern. Der Reichstag hat sofort seine Bereitwilligkeit, in großem Umfange zu helfen, erklärt. Weiteres wird noch von Staat und Gemeinden geschehen. Aber das Unglück ist so gewaltig in seinen noch gar nicht abzusehenden Folgen, daß der Einleitung einer großen privaten Hilfsaktion im ganzen Freistaat Sachsen nicht entraten werden kann. Darum ergeht an die gesamte Bewohnerschast des Landes die dringende Bitte um freiwillige Gaben. Alle sächsischen Danken, Spar- und Giro Kassen der Gemeinden, sowie alle Ieitungsgeschästsstellen im Lande werden um Einrichtung von Sammel stellen gebeten. Im Arbeits- und Wohlfahrtsministerium ist eine Hilfszentrale errichtet worden. An diese sind alle eingegangenen Betrage baldigst abzuführen. In der Nacht zum S. Juli d. I. ist das Gottleuba- und Müglitztal im öst lichen Erzgebirge von einer Unwetterkatastrophe heimgesucht worden, die in ihrer Furchtbarkeit und Schwere in unseren Breiten ohne Beispiel dasteht. Wolken brüche haben Städte und Dörfer innerhalb weniger Stunden zerstört, was Menschen fleiß in mühsamer Arbeit in langen Jahren aufbaute, in Trümmer gerissen. Weit schmerzlicher als die Vernichtung noch ungemessener materieller Werte ist die Tatsache, daß die Katastrophe, so weit sich bis jetzt erkennen läßt, an die 150 Lote gefordert hat. Eltern beweinen den Tod ihrer Kinder. Unmündige Kinder find zu Waisen geworden. Ganze Haushaltungen sind den reißenden Fluten zum Opfer gefallen. Hunderte von Volksgenossen stehen verzweifelt vor dem Nichts. Die Staatsregierung ist der Ueberzeugung, daß es weiter keiner Worte bedarf, um alle Volksgenoffen, die von der entsetzlichen Katastrophe verschont geblieben sind, wie ein Mann zusammenstehen zu lassen, um den bemitleidenswerten Opfern helfend die Hände zu reichen. Es gilt jetzt die Tat. Gebe ein jeder, soviel er kann, denn schnelle Hilfe ist doppelte Hilfe. Auch die kleinste Spende des Unbemittelten Hilst die schwere Not lindern Die Regierung des Freistaates Sachsen Das Gesamtministerium. Heldt, Ministerpräsident. düng großer Massen Desinfektionsmittel nicht zu beseitigen sind. Zum Glück ist die Wasserleitung zum größten Teil wieder instand zu setzen gewesen, wodurch ein großes Ge fahrenmoment fürs erste zu beseitigen war. Entgegen an derslautenden Gerüchten ist festzustellen, daß bis zur Stunde typhöse Erkrankungen noch nicht vorgekommen sind. Am Montagnachmittag wurde das 83. Todesopfer aus den Reihen der Berggießhübler Einwohner ermittelt, und zwar der Sohn Robert des ebenfalls umgekommenen Eisen bahnbeamten i. R. Nentwig. Außerdem ist jetzt gemeldet worden, daß sich in der Unglücksnacht ein gewisser Anton Hacker in Berggießhübel aufgehalten hat, der vermißt ist, ebenso ein junger Mann namens Max Rufani c , Liebstadt, der am Freitag bei dem Fleischermeister Rcntzsch zu Besuch war, dessen Familie mit umgekommen ist. Ueber die Zahl der Vermißten bzw. umgckommencn Kabelarbeiter war bis her Bestimmtes immer noch nicht zu ermitteln. Sie Wachen der Katastrophe. Man hört sehr auseinandergehende Meinungen über die Ursache der furchtbaren Katastrophe. Von der einen Seite wird die Meinung vertreten, daß es sich um Wasser nlassen von solchem Ausmaß gehandelt hat, wie das bisher überhaupt nicht für möglich gehalten worden ist. Zur Be gründung dieser Annahme wird angeführt, daß das Hoch wasser nicht etwa in allmählichem Ansteigen sich entwickelt hat, sondern daß die Wasserfluten geradezu angesprungen gekommen sind. Dagegen sind Fachmeteoroloaen der An schauung »daß die Landschaft hier eine größere Rolle gespielt habe als das meteorologische Geschehen. Allein aus der Nie derschlagsmenge könnte die furchtbare Vernichtung nicht er klärt werden, sondern mehr daraus, daß die außerordentlich große Niederschlagsmenge nur in die schmalen, tiefeinge- schnittenen Täler der Muglitz und der Gottleuba Abfluß fand. Diese Auffassung vertritt man auch auf der Landes wetterwarte in Dresden, auf der man aber selbst noch nicht zu einem abschließenden Bilde gelangen konnte, weil bis jetzt noch keine Verbindung mit den von der Landeswetterwarte unterhaltenen Meßstellen, die sämtlich zerstört worden sind, ausgenommen werden konnte. Das Unwetter ist aus Süd - osten heraus, etwa aus der Gegend von Bodenbach, her aufgezogen und dann auf dem Kamm in dasDreieck Sattelberg — Mückentürmchen — Geising ge trieben worden, wo es sich dann mit so furchtbarer Wucht entladen hat. Man schützt die niedergegangenen Wasser mengen auf 120 bis 150 Liter per Quadratmeter. Für die Annahme der Meteorologen spricht auch die Tatsache, daß auf den Höhenzügen, die die von der Kata strophe so schwer heimgesuchten Täler einfassen, nennenswerte Schäden auf den Feldern überhaupt nicht entstanden sind. In verhältnismäßig geringer Entfernung von den Trüm merfeldern im Tale waren die Getreidefelder in bester Ver fassung. Das konnte man bis weit hinauf in die Gegend des Sattelberges allenthalben beobachten. Umso schlimme ren Schaden aber hat die Landwirtschaft an Gebäuden und an Wiesenflächen im Tale erlitten, was um so mehr ins Ge wicht fällt, als die Landwirtschaft in unseren Gebirgsgegen den nun schon seit Jahren durch Unwetterkatastrophen schlimmstens heimgesucht worden ist. Seit drei Jahren schon waren hier fast allgemeine Mißernten zu verzeichnen. Mehrfach hat die Ernte nicht mehr hereingebracht werden können. Ebenso sieht es in den Obstgärten aus, in denen nicht ein Baum erhalten geblieben ist. Die Verluste an Großvieh wurden auf mehrere bundert Stück beziffert. Pferde, Rinder und Schweine sind in großer Anzahl in den Ställen ertrunken oder von den Trümmern erschlagen wor den. In noch größerer Zahl ist das Weideoieh in tiefer gelegenen Koppeln umgekommen. Di« Beseitigung der zahl reich angeschwemmten Tierkadaver wird noch geraume Zeit erfordern. Vielfach wird die Frage aufgeworfen, ob das Unglück durch eine für das Gebiet der Gottleuba schon seit Jahren geforderte Talsperrenanlage zu verhüten gewesen wäre. Diese Frage ist nur unbedingt zu bejahen, denn ein« Talsperre kann bekanntlich nicht Auswirkungen abwenden, wenn die Unwetter unterhalb der Sperr« sich entladen. Laß die Sperre im Gottleubatal noch nicht gebaut worden ist, hatte lediglich geldliche Gründe. Die sächsische R«i«rmtg hat bisher vorwiegend Talsperren gebaut, di« auch d^r