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Beiblatt zu Nu««er 1«7 Der Sächsische Erzähl«. «NttWOch, 2S. August 1VSS Aus Sachsen. Die Ausführunasbestimmungen Mm chchstfchen Geundsteuergefetz. In der soeben erschienenen Nr. 28 des sächsischen Gesetz- blattes erläßt das Finanzministerium gemeinschaftlich mit dem Innenministerium die schon lange erwartete Aus führungsverordnung zum neuen Grundsieuergesetz vom SO. Juli 1926. Die Ausführungsverordnung ist außer ordentlich umfangreich und gibt in der Hauptsache Richt- linien für das Verfahren der Behörden. Interessant dar aus ist der Paragraph über die Hauplveranlagung. Darnach hat im November und Dezember eines jeden einer Hauptveranlagung vorausgehenden Jahres ^die Grund- teuerbehürde sämtliche Steuergegenstände in ihrem Grund teuerbezirk festzustcllen (Grundstücksaufnahme.) Die Auf- örderung zurÄbgobc einer Grundsteuererklärung findet bis etzt auf weitere Anordnung nicht statt. Die Veranlagung besteht außer in der Bestimmung des Steuerschuldners und der Entscheidung über Anwendung der Bestcuerungsvor- schriften in der Festsetzung des Steuerbetrages für ein Rech nungsjahr nach den Einheitswerten, die für die Steuergegen stände von den bei den Finanzämtern gebildeten Grund wertsausschüssen oder Gewerbeausschüssen nach den Vor schriften des Reichsbcwertungsgesetzcs festgestellt worden sind. Die Veranlagung zur Grundsteuer hat im unmittel baren Anschluß an die Festsetzung der Einheitswerte zu er folgen. Der Grundsteuerbescheid hat zu enthalten: Die Nummer der Hauptsteusrliste und des Erundsteuersoll- buches, die Bezeichnung des Steuergegenstandes, den Be trag der zu zablenden Grundsteuer und etwa zu verrichten der Vorauszahlungen, den maßgebenden Wert des Steuer gegenstandes, eine Anweisung wann, wo und wie die Steuer zu entrichten ist und eine Belehrung über die Rechts mittel, Einspruch usw. Die Linhcbung der Grundsteuer erfolgt durch die Gemeinden. Die Steuermeldebehörde Ha- Anfang April, Juli, Oktober und Januar durch öffentliche Bekanntmachung oder in sonst geeigneter Weise zur Bezah lung der demnächst fällig werdenden Teilzahlung aufzufor dern. Gegen rückständige Steuerpflichtige ist das Bei treibungsverfahren einzuleiten. lieber Stun dungsgesuche entscheidet die Grundsteuerbehörde. Zur Stundung von Beträgen von mehr als 500 Mark oder für länger als sechs Monate nach der Fälligkeit ist Genehmi gung des Finanzministeriums einzuholen. Stundungen sollen in der Regel nur gegen Sicherheitsleistung und gegen Verzinsung bewilligt werden. Die Voraussetzung für einer. Erlaß der Grundsteuer kann sowohl in äußeren Umständen (Mißernte oder Leerstehen eines Miethauses) wie auch in der Person des Steuerpflichtigen ungünstige Einkommen- und Vermögensverhältnisse begründet sein. Der einzelne Fall ist sorgfältig zu prüfen. Bis zu 300 Rmk. haben die Grundsteuerbehörden die Ermächtigung auf Erlaß. Schließ ¬ lich wird noch das Einspruchs- und Berufungsverfahren und die Anfechtungsklage geregelt. Dresden. 24. August. Ein aufregender Vorfall spielte sich am Sonntag abend A7 Uhr auf der Elbe in der Nähe der Gohliser Windmühle ab. Die Elbe ging infolge stürmischen Westwindes ziemlich hoch. Der Besitzer der Windmühle be° obaästete ein kleines Segelboot, das etwa 180 Meter oberhalb der Fähre umgeworfen wurde und versank. Ein Angestell ter, Erich Tennert, eilte sofort mit einem Boot zu Hilfe. Cs lang ihm, den Schiffbrüchigen, einen 17- bis 18 jährigen jungen Mann namens Richter aus Löbtau, der sich, nur mit einer Badehose bekleidet, an dem Boot festgehalten hatte, ans Land zu bringen und ihn vom Tode zu retten. Heidenau. 24. August. Um sich selbständig zu machen. Dem Dampfmolkcreibesitzer Martin kamen seit einiger Zeit große 20-Literkannen abhanden, ohne daß deren Verbleib aufgespürt werden konnte. Durch eine Mitteilung, daß fein 20 Jahre aller, in Dohna wohnhafter Kutscher, der seit Januar bei ihm beschäftigt war, sich selbständig machen wolle, schöpfte Martin Verdacht. Dio durch Gendarmerie- Hauptwachtmeister H. angestellten Ermittelungen ergaben, daß der Kutscher 13 solcher Milchkannen im Werte von je 18 Mark, außerdem zwei Säcke Hafer und Gstreidesäcke ge stohlen hatte. Er wurde verhaftet und dem Amtsgericht Pirna zugesührt. Der Hehler hat sich rechtzeitig aus dem Staube gemacht, dürfte aber doch ergriffen werden. Gelenau, 24. August. Tödlich von einem Pferde geschla gen wurde in einem hiesigen Stall der 20jährige Geschirrfüh rer Walter Weber. Leipzig, 24. August. Ein Leipziger Kanalschwimmer? Der bekannte Leipziger Schwimmer Kurt Mißbach vom Po seidon-Leipzig, der zur Zeit zum Studium der französischen Rechte in Paris weilt, hat jetzt durch seinen glänzenden Sieg bei „Quer durch Paris" angespornt, den Entschluß gefaßt, ebenfalls eine Durchquerung des Aermelkanals zu versuchen. Er will hierzu sei..e Semestorferien benutzen und sich einem scharfen Training an Ort und Stelle unterziehen. Mißbach wird von der französischen Sportbehörde zu seinem Versuche aufgemuntert. Ehemnih, 24. August. In das Untersuchungsgefängnis ist der Hauptkassenführer Gräfe beim Finanzamt Rochlitz un ter dem Verdacht der Unterschlagung größerer Summen aus der ihm anvertrauten Finanzkasse cingeliefert worden, da sich bei einer unvermuteten Revision dieser Kasse ein größerer Fehlbetrag, dessen genaue Höhe noch nicht feststeht, ergeben hat. Gräfe ist dringend verdächtig, diese Gelder unterschla gen zu haben. Aus dem GerichtssaLl. LanLLSmchL in WEtzen. (Nachdruck verboten.) * Der folgenschwere Zusammenstoß eines Radfahrers mit einer Fabrikarbeiterin am 8. Oktober 1925 auf der Staatsstraße zwischen Kirschau und Schirgiswalde wurde heute nochmals von der großen Strafkammer eingehend erörtert, nachdem der betref fende Radfahrer, der 20 Jahre alte Maurer Albert Otto Wcmme au» Kirschau, am ü. Mai 1V2S vom Schöffengericht Schirgis walde wegen fahrlässiger Körperverletzung zu der milden Geldstrafe von 15 RMk. oder 1 Tag Gefängnis verurteilt worden «ar und Berufung eingelegt hatte. Am Morgen de» 8. Oktober gegen 7 Uhr war die 2V Jahre alte ledige, auf dem Wege nach ihrer Ar beitsstelle in Kirschau befindliche Fabrikarbeiterin Ruß au» Schir giswalde von dem von Kirschau herkommenden Maurer Wemme mit dem Fahrrade auf der Straße unweit der Gärtnerei van Zaute angefahren worden. Die Ruß war infolge de» Anprall» 2 Meter nach rückwärts auf den Hinterkopf gefallen, hatte einen Schädelbruch und eine Gehirnerschütterung davongetragen, 5 Wo chen im Krankenhaus liegen müssen und leidet noch beute an Ohren sausen und Kopfschmerzen. Wemme hatte sich nach dem Unfall sehr um die Verletzte bemüht. Nach Aussage von Zeugen und nach seinen eigenen Angaben war Wemme in seiner Fahrtrichtung rechts und nicht besonders schnell gefahren. Wie das Schöffen gericht, so kam auch das Berufungsgericht zu der Ueberzeuguna, daß einerseits die Ruß den Unfall mitverschuldet haben könne, daß Wemme aber immerhin seine Fahrtgeschwindigkelt nicht so gemä ßigt hatte, daß er beim Erkennen der Gefahr sein Rad sofort in der Gewalt hatte und auf kürzeste Entfernung zum Stehen brin gen konnte. Die Berufung Wemmes wurde verwiesen. — Neues aus aller Welt- Graf Luckners Wettunrseglrrng. Der Beginn der seltsamen Fahrt steht bevor. Nachdem die „Vaterland" in diesen Tagen mehrere Ostseehäfen bemüht hatte, fuhr sie durch den Kaiser-Wilkelm-Kanal nach Bor kum: die Abfahrt nach Amerika erfolgt von Hamburg au». Weiß wie ein Schwan, hoch in Holzbordwand und Mafien, ein Koloß in der Breite und doch von einer gewissen fchtff»- technischen Grazie, so schaut der Segler aus. Der Schoner ist 86 Meter lang, 14 breit, di-' Masten mit der riesigen Take lage von 2800 Meter Fläche nicht weniger als 46 Meter hock. Das prächtige Schiff steht unter dem Kommando des Kapi täns Colzan, unter dem Graf Luckner als Schiffsjunge gefah ren ist, und der bereits einige zwanzig Weltumsealungen hin ter sich hat. An Bord sind einige verwegene Gestalten, solche Leute braucht und liebt der Graf. Etwa 30 ausgewählt«! Männer bilden die Besatzung. An der Fahrt nehmen u. a. teil der frühere Gouverneur von Deutsch-Samoa, Exz. Dr. Schulz-Ewerts, der Maler Prof. Volker-München, verWe- dene Wissenschaftler, der Vertreter einer Filmgesellschaft und ein reicher junger Mann, der 15 000 -N für das vielverspre chende Erlebnis zahlt. Frau Gräfin Luckner und eine Dame der Gesellschaft machen Äe Reise ebenfalls mit. Der Schoner führt auch eine Ausstellung deutscher Erzeugnisse mit sich, die im Auslande deutsche Kunst und Arbeit zeigen sollen. Die Reise geht nach Ncuyork, Baltimore, Philadelphia, Süd amerika, Afrika, Indien, Australien, Neuseeland, Südsee. inseln, China, Japan, San Francisco, Kap Horn, Falklands- nseln wieder der Heimat zu. Im ganzen 166 000 Kilometer. Das Schiff ist auch mit zwei Rohöl-Maschinen und einer Funkanlage ausgerüstet. In Heiligendamm erhielt Graf Luckner Besuch von dem Kronprinzen und der Kronprinzessin Wilhelm und dem Großherzog von Mecklenburg-Schwerin. — Der Dinzer Juwelendiebstahl aufgeklärt. Aus Berlin wird gemeldet: Die von der Berliner Kriminalpolizei ange- Zur schönen Königin. Roman von Käte Lindner. Copyright 1923 by A. Bechthold, Braunschweig. 30 Fortsetzung.» Nachdruck verboten.» Eines Tages überredete mich Djuvara, meine Stellung in der Familie aufzugeben und eine kleine Pension zu be ziehen, wo ich bis zu unserer Hochzeit wohnen sollte. Und ich trug seinen Ring am Finger, er nannte mich seine Braut auch vor den anderen Bewohnern der Pension. Bis er eines Tages kam, mich alles zu einer kleinen Reise vorbereiten hieß und zu einer heimlichen Trauung, die in einer kleinen Dorfkirche zu St. Mater stattfinden sollte. Da er noch ganz abhängig sei von seinem Vater, müsse die Hochzeit geheim bleiben und dürfe nicht in San Franzisko stattfinden. Ich glaubte ihm. Ich stand an seiner Seite in der klei nen dämmerigen Dorfkirche zu Ar^od auf St. Mater, eine selige Braut. Wohl erregte es meine Verwunderung, daß die Trauung am Abend stattfand und sich unmittelbar an unsere Ankunft in Argod anschloß. Auch fiel es mir auf, daß der Pfarrer, der uns zugab, ein von wilden Leiden schaften zerfurchtes Gesicht hatte und ein seltsames Gebaren. Aber Ernest Djuvara führte nach dieser Trauung ein glück seliges Weib über die Schwelle des kleinen, rosenüber wucherten Hauses, das er für Wochen hier abseits von der Welt gemietet hatte, und nicht der leiseste Argwohn war in meiner Seele . . ." Traumverloren starrte die Fremde einige Augenblicke vor sich hin. Jngeborg rührte sich nicht. Nur die leise plau dernde Stimme des Kindes unterbrach die lastende Stille. Dann fuhr die Fremde in ihrer Erzählung fort: „Ich will Sie nicht langweilen. Das Ende meines Romanes mar bitter und schmerzensreich. Mein Kind wurde in San Franzisko geboren. Als es mich ansah mit den dunklen Augen des Geliebten, als es in meinen Armen lag nach vielen Stunden trostloser Ver lassenheit und bitterer Qual, da kam Verzweiflung über mich. Djuvara hatte sich schon tagelang nicht mehr sehen lassen, habe in Geschäften verreisen müssen, schrieb er mir. Als er auf mein Drängen endlich einmal wieder zu uns kam, war ich aufgelöst in Bitterkeit und Schmerz. Ich gab ihm harte Worte, machte ihm Vorwürfe und drang darauf, daß er mich und sein Kind vor seiner Familie an erkenne. Da geschah es, das Furchtbare, das mich dem Wahn sinn nahe brachte und mir die Gewißheit gab, daß ich das Opfer eines Verbrechens geworden. Hohnlachend schlug an jenem Tag« Ernest Djuvara die Arme übereinander und eröffnete mir, daß auch nicht der Schein eines Rechtes auf meiner Seite stünde. Daß unsere Trauung auf St. Mater weiter nichts als ein frommer Betrug gewesen sei. Nur meine Sprödigkeit sei daran schuld gewesen, daß er sich dazu habe hinrejßen lassen. Der Pfarrer sei weiter nichts als ein Abenteurer gewesen, ein Goldgräber aus Kalkutta, der samt dem Küster und den Trauzeugen für ein gutes Stück Geld die ganze Komödie in Szene gesetzt habe . . . Ich mußte nach jener Eröffnung auf lange Zeit in einer Nervenheilanstalt untergebracht werden. Djuvara den Ge richten zu überantworten, habe ich niemals den Mut gefun den. Man geht auch nicht so hart mit einem Mann um, der reich und angesehen ist. Sogar zum Konsul hat man ihn vor zwei Jahren gemacht. — Außerdem liebte ich ihn, liebe ihn noch heute, trotzdem er mein Leben verwüstete. Aber ich dulde nicht, daß er einer anderen Frau seine Hand und seinen Namen gibt . . . Glauben Sie mir, auch Sie würden nicht glücklich werden an seiner Seite." „Er ist ein Betrüger", murmelte Jngeborg. „Wie durste er es wagen, sich in meine Nähe zu drängen, mir von Liebe zu sprechen, mit dieser Schuld auf dem Gewissen." Und in einem plötzlichen Impuls streckte sie der fremden Frau beide Hände entgegen über den Tisch hinüber. „Ich liebe ihn nicht! Bei Gott, dieser unselige Mann bedeutet meinem Herzen nichts. Vielleicht kann für Sie doch noch alles gut werden." „Um des Kindes willen hefte ich mich an seine Sohlen, lasse ihn nicht", murmelte die Fremde. „Weiter nichts will ich von ihm, als einen ehrlichen Namen für mein Kind." Daisy kam herangelaufen und drückte ihr Locken köpfchen in der Mutter Schoß. Die Frau hob es auf ihre Knie und bedeckte das rosige Gesicht mit leidenschaftlichen Küssen. „Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit," sagte Jngeborg und erhob sich. Sie reichte Charlotte Steinecker nochmals die Hand und drückte sie voll innigsten Mitgefühls. „Alles Gute für Sie und das Kind. Leben Sie wohl." Wie von einem Alp befreit atmete Jngeborg auf, als die Tür hinter ihr zufiel. Sie lenkte ihre Schritte nach der Alster hinunter, wo der Seewind heute so kräftig herein blies und allerhand Allotria trieb. Wie wohl das tat, all das Stürmen und Brausen um sie her. Wie es so einen Gleichklang gab mit ihrer durch die Erzählung der Fremden im Innersten aufgewühlten Seele. So hätte sie wandern mögen, wandern, ihren Gedanken entfliehen, die wie getreue Gesellen mit ihr gleichen Schritt hielten . . . Nach einer Stunde etwa kehrte Jngeborg, äußerlich ruhiger geworden, in das Janffonsche Hau» zurück. Als st« Hut und Mantel abgelegt hatte und in das Wohnzimmer trat, fand sie Liane nicht anwesend. Djuvara» Blumen standen noch auf dem Tisch und er füllten das Zimmer mit ihrem Dust. Jngeborg öffnete da» Fenster weit, dann ergriff sie den Blumenkorb mit spitzen Fingern und schleuderte ihn in weitem Bogen in dm Garten hinlütter. „Jngeborg, was Lust du da?" Tante Charlottes Stimme klang von der Tür des Nebenzimmers her, unter der sie stand und erstaunt dem Tun ihrer Nichte zusah. „Djuvara hat wichtige Nachrichten aus San Franzisko erhalten und muß morgen abreisen. Er ist soeben vorgefahren und bittet dich um eine Unterredung." „Tante Charlotte, mache es ebenso mit dem Herrn Kon sul, wie ich soeben mit seinen Blumen tat . . . Und sage ihm, daß ich soeben die Leidensgeschichte der Charlotte Stein ecker gehört habe. Ich glaube, das wird genügen, um ihn ganz zu ernüchtern. Sobald er fürt ist, gebe ich dir Auf klärung." Kopfschüttelnd entfernte sich die schöne Frau. Jngeborg aber griff nach einem Briefe, der neben den Blumen auf dem Tisch gelegen hatte. Er trug die ungelen ken Schriftzüge Trinas, und Jngeborgs finsteres Gesicht er heiterte sich, während sie den Brief las. „Ja, Trinamutter! Ich komme. Bei dir zu Hause will ich mich selbst wiederfinden. Habe Heimweh nach deinen lieben, treuen Händen, nach der Heimat, die mein krankes Herz wieder gesund machen wird. Ich komme." Jngeborg überlegte. Heute war Donnerstag. Am Samstag früh ging der Postdampfer von Husum ab. Wenn sie morgen nachmittag bis Husum fuhr und dort übernach tete, würde der kleine Frachtdampfer sie mitnehmen. Und sie würde dann zu Mittag schon daheim sein, würde ganz leise zu Trina in die Küche schleichen und ihr von hinten die Augen zuhalten: Nun rate, Trinamutter, wer ist's? Ganz fröhlich war sie bei dem Gedanken geworden. Sie schleppte Koffer und Taschen herbei und fing an zu packen. Ein Kleid von feinem, weißem Seidenkrepp kam zu ober» in den Koffer. Jngeborg drückte ihr Gesicht in die weichen Falten des Kleides, und eine Träne fiel hinein. Dieses Kleid hatte sie getragen an jenem Abend auf Wester land, als sie mit Hans Joachim van Swieten zum erstenmal getanzt hatte. Da hatte all die Not und ihre dumme, törichte Liebe, die sich nicht bezwingen ließ, ihren Anfang genom men. Mit einem energischen Ruck flog der Deckel des Koffer» zu. Vergessen, nicht mehr daran denken müßen . . . Mor gen würde sie reisen. Der Sturm raste über di« See. Ein ungebärdiger Ge selle, hob er den kleinen Frachtdampfer empor auf starken Armen, um ihn sofort wieder hinunter zu schleudern in ein tiefes Wellental, so daß die Wogen zusammensckstugen über dem Deck und man meinte, der blanke Hans wolle sich heute den kleinen, tapferen „Delphin" zum Opfer holen, der doch schon manches Jahr, sogar im Winter, allen Stürmen ge- tncht hatte. Kopfschüttelnd sah der alte Kapitän Detlefsen, der den „Delphin" führte, Jngeborg Larsen ins Gesicht, die in einem Oelrock, den Südwester tief ins Gesicht gepreßt, neben ihm auf der Kommandobrücke stand und nickst »u bewegen war, hinunter in die Kajüte zu gehen. — Wdrtschung ststgt-r aber sel dein Heiligtum, vor dir bestehen können. Fontane.