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Der sächsische Erzähler : 26.03.1926
- Erscheinungsdatum
- 1926-03-26
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192603267
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19260326
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19260326
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1926
-
Monat
1926-03
- Tag 1926-03-26
-
Monat
1926-03
-
Jahr
1926
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 26.03.1926
- Autor
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Wo liegt Deutschland? Herbert Rudolf, stud. rer. oee., Geschäftsführer de» Verein» für das Deutschtum im Ausland, Landesverband Sachsen. 1R«chdn,ck . Der kleine zehnjährige Bub zieht au» dem dicken Bauch seines Ranzens den Atlas. Alt sind sie beide und abgegrtf» fen, der Ranzen und der Atlas. Man sieht es ihnen an, daß sie aus Vaters Kindheit erzählen könnten und wohl auch willig den Ce chwistern gedient haben mögen. — Da ist der Atlas. Zerris en und geflickt und wieder zerrissen — wie die ganze Welt, d e er widerspiegelt. — Mit dem rechten Mittel finger fährt sch der Kleine bedächtig über die vorgewölbte Unterlippe und sucht dann Deutschland heraus. Al» ob da» ein Kunststück wäre! Sie haben doch ein Jahr lang davon ge sprochen. Da hat er es. Ein loses Blatt ist's, als ob es gar nicht hineingehörte in den Atlas. Blau sieht es aus, und unbeholfene Tintenstriche holen an feder Seite weit aus, um große Teile herauszuschneiden. „Das ist jetzt nicht mehr Deutschland, sondern Polen," hat ihn der Lehrer in Erdkunde lekren müßen. „Und das ist jetzt Frankreich und das hier oven Danzig und das Dänemark," hat er noch gelernt. „Und das?" Mein Finger zeigt auf Oesterreich und Südtirol. „Das war überhaupt nicht Deutschland, das ist doch Oester reich. Die neue Grenze haben wir erst heute früh gezogen, das hier unten ist jetzt Italien," belehrte er mich weiter. „Es gibt auch schon einen neuen Atlas. Da ist alles in den richti gen Farben drin. Aber der ist zu teuer." — Die richtige Farbe? Was weiß der kleine Wicht von der richtigen Farbe? Deckfarben sind es für namenloses Elend und stilles Helden tum. Was weiß Deutschlands Jugend von Oberschlesiens Not? Was vom deutschen Optantenlos? Wer j^igt ihr, daß die Stadt Danzig jetzt „frei" Ist? Wer verkündet ihr mit leuchtendem Blick, daß der Rhein die Deutschen einig ge- sehen hat? Kümmern wir uns um die Klagen aus Hoch-Etsch, dem Lande „Namenlos", wie es die Tiroler nennen wollen. bis sie wieder jubeln dürfen, „Tirol, mein heiliges Land Tirol"? Wer läßt Jungdeutschland die Millionen Stimmen der Deutschen Oesterreichs hören und den eindringlichen Ruf: „Heim ins Reich! Heim ins Reich wollen wir!"? Wer führt sie hinüber zu unfern Brüdern in die Tschechoslowakei, ins Egerland, in den Böhmerwald, zu den Sudetendeutschen? Wer läßt sie im Geiste hineineilen ins deutsche Haus nach Siebenbürgen, in die Batschka, ins Banat, in die Dobrudscha, an die Wolga, und stellt sie mitten hinein in deutsches Volks tum im fremden Staat? Wer hat uns je erzählt von den wunden Herzen unserer Brüder draußen und von ihrer ver langenden Seele? Da wird's zum Erlebnis, was deutsche Treue heißt. Dort liegt Deutschland, du Jugend, du Er wachsener; Nicht Längen- und Breitengrade und Grenzberichtigun gen und Abstimmungen modellieren unser Deutschland zurecht. Es ziert nicht als geographischer Begriff den Globus, fein säuberlich mit Lineal und Zirkel und den richtigen Farben behandelt. Deutschland ist mehr als der zerstückle Staat un ter Staaten. Deutsch sein, heißt dem deutschen Volkstum die Treue halten. Nicht nur in der Not, um nicht allein zu sein und Gefährten zu finden. Nicht nur dann, wenn an künst lichen Reibungsflächen die nationalen Instinkte entzündet werden und hell auflodern. Nicht Strohfeuer, sondern die reinigende Flamme ernster, heiliger Begeisterung schlage zum Himmel empor. Der blinde Haß, der den Blick um- nachtet, sei nicht das Band, das all die Millionen deutscher Brüder zusammenführen und zusammenwachsen lassen soll zu einer einzigen Volks- und Schicksalsgemeinschaft. Wie der ferne Wandrer nur eine Sehnsucht kennt und sein gan zes Fühlen und Denken leise austönt in dem Wohlklang „Heimat", so wollen auch wir Puls an Puls mit unseren fernen Brüdern den Weg zur großen deutschen Volksheimat gemeinsam gehen. er« wohnen auf fremder Scholl« und sollen ihrem Staat da» willig geben, wa» er mit Recht von ihnen fordert. Der Boden gehört dem Staat, da» Herz mutz man ihnen lassen. Da» schlägt für da» deutsche Volk. Richt aus Vernichtung fremden volk»tum» und ander» gearteter Kultur ist unser Handeln eingestellt. Deutsche» Volkstum, deutsche Kultur steht in Gefahr. Unser Ureigenste», die deutsche Seele, müs- sen wir vor Angriffen verteidigen. Ein Volk von 60 Millio nen in der Heimat und 40 Millionen draußen, teil» Schul ter an Schuller mit uns, teil» auf einsamen Mittlerposten im Völkersturm, ein Volk, da» man einfach nicht aus der Welt geschichte wegdenken kann, wenn sie seinen Sinn behalten soll, ein Volk, das oft mit gebeugtem Rücken seines Weges zog und nicht verzagte, wird die Kraft, die ihm verblieb, zu dem einzigen unbeugsamen Willen formen müssen: Zeigt der Welt, zeigt der Welt, daß wir fest zusammensteh'n. Noch «erklingen diese Klänge wie zaghaftes Wehen einer Aeols- harfe, fast ist es nur ein sehnender Unterton. Laßt dieses warme deutsche Sehnen hineinwachsen in die Wirklichkeit. Laßt euer innerstes Fühlen zum bewußten Wollen des Ver standes werden. Kulturpolitische und volkspolitische Ziel setzungen — jenseits von Partei, Glaubensbekenntnis, Stand und Staat — führten zur Gründung des Vereins für das Deutschtum im Ausland, Deutscher Schulverein. 50 Jahre schon ist der Verein in klarer Erkennung eines großen kul turellen Deutschlands allen in der weiten Welt zerstreuten Landsleuten ein treuer Berater und Helfer geworden. Es dürfen nicht nur 2 Millionen bleiben. Alle Einzelwillen müs sen sich zusammenballen zu dem einzig möglichen Gesamtwil len des deutschen Volkes: Wir wollen ein Volk sein. Dann werden alle Widerstände gebannt werden auf dem Wege: Vom deutschen Staat zum deutschen Volk. Aus dem Gerichtssaal. * Ein großer Falschmünzerprozeß beschäftigte am Mitt- woch das Gemeinsame Schöffengericht Dresden. Wie aus vielfachen Pressenotizen und amtlichen Warnungen ersicht lich war, wurden seit Sommer 1925 in vielen Städten Deutschlands raffiniert nachgemachte Zwanzigmarkscheine in den Verkehr gebracht, die alle auf ein und dieselben Herstel ler hinwiesen. Es waren Reichsbanknoten mit dem Äus- gabedatum 11. 10. 1924. Am 8. Januar d. I. konnte in Düsseldorf der 1901 zu Niederjeutz in Lochringen geborene angebliche Student und Maschinenschlosser Paul Beier bei der Verausgabung solcher falscher Reichsbanknoten er tappt und festgenommen werden, während sein zunächst ent kommener Komplize bereits am folgenden Tage in Pader born verhaftet wurde. Es war dies der 1901 in Flöha ge borene Maschinenschlosser Paul Richard Matthes, der mit Beier zuvor in Aachen bekannt geworden war. Bei der Festnahme des Beier, der alsbald eine Schußwaffe hervor- zog um sich angeblich zu töten, wurde im Kampfe um Ent reißung der Waffe ein Polizeibeamter verletzt. Die behörd lichen Ermittlungen führten alsbald zu der Feststellung, daß die fraglichen falschen Reichsbanknoten auch von Beier und Matthes auf photographischem Wege hergestellt worden sind. Matthes wohnte in Vorstadt Eotta bei seinem Schwager, dem Postboten Willy Rothe, der anfänglich auch in Hait genommen wurde, gegen den aber eine Mittäterschaft nicht nachzuweisen war. Die noch vorhandenen Falschstücke, ins gesamt 378 derartige Reichsbanknoten über zwanzig Mark sowie die Apparate, Klischees usw. wurden beschlagnahmt. Die Verhandlung richtete sich demnach nur gegen Matthes und Beier, die sich wegen Münzverbrechens, Beier überdies wegen unbefugten Waffenbesitzes, zu verantworten hatten. Die Beweiserhebung fand unter Ausschluß der Öffentlich keit statt. Nach deren Ergebnis wurden die bisher unbe straften Angeklagten und zwar Matthes zu drei Jahren, Beier zu drei Jahren einem Monate Zuchthaus verurteilt, auch gehen beide auf je drei Jahre der bürgerlichen Ehren Rundfunkmöglichkeiten im Weltall. Schon bald nach der Erfindung des Rundfunks glaubte man in diesem neuen Verständigungsmittel eine Möglichkeit entdeckt zu haben, mit anderenSternen, in erster Linie den uns benachbarten Planeten des Sonnensystems, in Funkver bindung zu treten. Man glaubte an den Aether als Träger der Radiowellen. Phantastisch war dieser Gedanke keines wegs; die Möglichkeit organischen Lebens auf anderen Ster nen wird von der Wissenschaft nicht bestritten; und da die Erde nicht zu den ältesten Sternen zu zählen ist, ist die An nahme berechtigt, daß sich auf anderen Himmelskörpern>der Intellekt mindestens in gleichem Maße wie auf der Erd« ent- wickelt haben könnte. Führt man diese Analogien weiter aus, so wird es wahrscheinlich, daß das Verlangen nach uni versaler Orientierung sich auch bei diesen anderen Erschei nungsformen offenbart hat. Für die Verständigung mit anderen Sternen wären zwei Wege gegeben: entweder ver schafft uns unser eigenes gereiftes technisches Können eine» Tages die Möglichkeit, plötzlich eine Nachricht von einem an deren Himmelskörper aufzufangen, oder es gelingt uns, selbst Zeichen aktiven Intellekts in das Weltall hinauszusen den. Bereits gegenwärtig schicken unsere großen Sendest«- tionen täglich derartige Kundgebungen irdischen Intellekt» in den Aether hinein, mit einer Energie, die bet oberflächli cher Betrachtung zur Erreichung eines unserer Schwester- plansten ausreichend erscheint. Gleichwohl haben sich diese Hoffnungen zumindest als verfrüht erwiesen. Auch die mit irdischen Mitteln erzeugten Aetherschwingungen scheinen, wie alles Irdische, an die Erde gebunden zu sein. Man fand schon früh, daß die Wellen sich entlang der Erdoberfläche am intensivsten fortpflanzen und fand auch eine vorläufige Er klärung dafür. Diese Theorie besagt: In bestimmter Höhe oberhalb der Erdoberfläche befindet sich eine stark ionisierte (elektrisch zersetzte) Schicht, welche die Radiowellen reflek- tiert; hierdurch gehen letztere nicht im Weltenraum verloren, sondern bleiben hart an der Erdoberfläche, wo sie sich in be ständiger Reflektion zickzackwelse fortbewegen. Eine Erwei terung dieser Theorie ermöglicht zugleich eine Erklärung für die Tatsache, daß man, vor allem bei schwächeren Stationen, des Abends und nachts, ferner bei bedeckter Witterung, bester als tagsüber bei Sonnenschein enMfängt. Durch die Ein wirkung der Sonnenstrahlen werden auch die unteren atmo sphärischen Schichten so stark ionisiert, daß die Reflexion aus gesandter Radiowellen bereits in viel geringerer Höhe statt findet, mithin öfter vor sich geht, wodurch ein Energieverlust eintritt, der eine Verringerung der überbrückbaren Entker nung zur Folge hat. Obwohl diese Theorie die Physiker nicht »oll befriedigt, hat Ne sich bis heut, behauptet. Ein« bester« ist eben nicht vorhanden, und auch die allerjüngsten For schungen auf diesem noch manches Rätsel bergenden Gebiet haben sie noch nicht verdrängen können. Aus den Lichtspieltheatern. Olympia-Lichtspiele: »Exokijche Frauen". William Fox, der Zauberer »on Broadway, versteht cs, für seine Filme immer wieder neue sensationelle Stosse und fremd artige Milieus ausfindig zu machen. Das Wunderland der Südsee enthüllt seine Geheimnisse. Der Heldenweg einer schönen Frau, die durch ihre große Liebe ihren Lebensfreund vor dem Untergang rettet. George O'Brien, der vergötterte Liebling des Frauenpubli kum», in der Hauptrolle. Wir sehen die weißen Männer skrupel- los zum Verderben der unschuldigen braunen Töchter der Südfee werden, wir erleben die entfesselten Leidenschaften, die die fremde Sonne in dem Blut der Europäer wachruft. Aber wir finden auch die dämonische Kraft, mit der exotische Frauen zu lieben verstehen, die Selbstaufopferung, die bis an Anbetung grenzende Hingabe ihrer Kindersinne. George O'Brien hat in diesem Film Valentinas beste Leistungen übertroffen, die schöne Billie Dove in ihrer exoti schen Roll« ist die verkörperte Anmut. Ihr nervenaufpeitschender Kampf mit dem Haifisch, dem sie, mit einem Mester bewaffnet, un ter Wasser zu Leibe geht, um den Geliebten zu retten, ist ein Höhe- punkt an erschütternder Dramatik. Der ganze fremdartige Reiz exotischer Weiblichkeit, die Tropenstimmung des fernen Südens und die abenteuerliche Romantik moderner Liebespiraten bilden dqs berauschende Parfüm dieses Werkes. Kurz, es» prachtvolles Filmwerk, in dem das Wunderland der Südsee geheimnisvolle Seele enthüllt und in dem der Heldcnwcg eitzes leidenschaftlichen Mädchens geschildert wird. Weimar Well« 454. — Wochentag,: 10: «tterdericht d. Stichs. Vnkehrsoervandet. der Wetterwarten Dresden, Magdebura, mfit S1225: Rouener Zeitpichen. S 12s: D 2.45: Wirtschaft,nachrichten. D 5—4: es Zentral-Onstitutes (Deutsche Welle 1300) Rmrdfunk LHykg.Dresdm. W?nN. - Nmmitz Welle 454, — Weimar Well« 454. — Wochentag«: 10: Wirtschaltrnachrtchten, Wetterbericht d. Stichs. Verkehrsverbandet. S 11^5: Wetterdienst der Wetterwarten Dresden, Magdebura, Weimar S 12: Mtttaasmusik S 1225: Rouener Zeitpichen. V 1.1s: ^Veranstaltung: Presse-, Svonfunkdienft etc. t, Ml Miirr 520: Neuerscheinungen auf dem Bacher- Rechtsanwall Dr. W. Sollmann: -Da, bürgerl. Recht Nuhiand." S 720: 3u »«thovens „Todes^g, 26. MSr, lio. Don Fernando, Mmistrr: P. Lobe; Don Muarro, r eine, StaatsgesSnanisses: «. Hostonv: Moreftan. Ge. kanaener: R. Jäger; Leonore, j. Gemahlin !Fidelio): Liane Martina: Wo, k. Locht«: Ktitkle Grundmann: Jaauino, PsSNner: Dr. Landra: ,»« T-fangene: R. Wolf, v. Behrens. Wachrhauptmann, Osfüiere, Soldaten, Staatsäeföngnu, Volk. Handlung: in einem span. StaatsgefSnams. einige Meilen von Sevilla. (Leiv,. Oratorienvereinignng. Leipz. eWwtwrchä — rechte verlustig. Staatsanwalt Dr. Pfützner hatte ein» wesentlich höhere Straf« beantragt, doch erlangte da» Urteil durch Unterwerfung der Angeklagten sofort Rechtskraft. Amtsgerichtsrat Dr. Roux führte in der Begründung au», di« verurteilten hätten ganz unglaublich raffiniert gehandelt. Nach Erlaß der amtlichen Warnungen, woran die Falsch stücke zu erkennen seien, hätten die Angeklagten sofort diese noch anhaftenden Mängel beseitigt und anderweite Schein« massenhaft hergestellt. E» wurden dann in vielen Städten kleine Einkäufe bewirkt und dabei die Falschstücke in Zahlung gegeben. Der Lod der beiden Schulz. " (Nachdruck »erbotest.) ' Sie nahmen ihr Geheimnis mit in» Grab. Lange Wochen haben beide uns in Atem gehallen, der Frank.Fälscher Schulze und der Steuerdefrau dant Schulz. Ueber die Affäre der Ungarischen Frankfälscher Ist soviel geschrieben worden» daß man kein Wort mehr darüber zu verlieren braucht. Einer der seltsamsten Gestalten in der ganzen Wirrnis war zweifellos der Phototechniker Arthur Schulze, ein Deutscher, der lange Jahre in Rußland gelebt und dort eine gut bezahlte Stelle bei der Münze in Petersburg bekleidet hatte, bi» Krieg und Revolution ihn aus dem Lande trieben. Er lebte dann teils in Deutschland, teils im Auslande, und soll eines Tages vom Prinzen Wtndischgrätz nach Budapest geholt worden sein, gewisser maßen als Sachverständiger bei Herstellung des Falschgeldes. Schulze ist auch tatsächlich nach Budapest gefahren, will aber daytt eine Beteiligung abgelehnt haben, als er sah, daß es sich nicht um eine patriotische Tat, sondern um einen Betrug handelte. Die Polizei war sich jedoch nicht ganz klar über die Tätigkeit diese» Mannes und die Bedeutung seiner Mitarbeit, und da bei einem so bewanderten und nicht unbegüterten Menschen Fluchtverdacht be gründet schien, nahm man ihn fest. Schulze veränderte sich in der Untersuchung völlig, «r, der anfangs lebhaft und agressiv gewesen war, wurde mit jedem Tag apathischer, versank in Grübeleien und verfiel dem Verfolgungs wahn. Er warf den Wärtern die gefüllten Eßniipfe ins Gesicht und schlug mit Stühlen und Bänken nm sich, um dann wieder in völlige Teilnahmslosigkeit zurückzusinken. Leider wurde er nicht sachgemäß behandelt, seine Krankheit, sein schweres Magenleiden, zu spät erkannt, man hielt ihn für nicht ganz normal und schaffte ihn endlich nach der Irrenanstalt Herzbergc, wo er als völlig ge brochener Monn vor einigen Tagen eingeliefert wurde. Und was die Gefängnisärzte nicht erkannt hatten, das sahen die Herren der Irrenanstalt sofort, nämlich daß dieser Mensch nicht mehr zu retten sei. Und so ist er denn vor zwei Tagen, mitten in der Nacht, an einem Magenbluten gestorben, ohne sein Geheimnis zu lüsten. Die Toten haben immer Unrecht, man wird in Ungarn jetzt versuchen, ihn der Beteiligung zu zeihen und einen erheblichen Teil der Schuld auf ihn abzuwälzen. Ob und wie weit der Frank fälscher Schulze überhaupt an der Sache beteiligt war, wird sich niemals mehr ganz seststellen lassen, denn da der Mann zweifellos nicht nur todkrank, sondern auch geistig verwirrt war, kann man auch auf seine letzten Aussagen nicht mehr viel geben. Der andere Schulz, der am selben Tage verstarb, hat mit die sem den Namen gemein, das heißt nicht mal ganz, denn er hieß Schulz und nicht Schulze, aber auf diese kleinen Unterschiede achten gewöhnlich nur die Besitzer dieser beiden Namen. Herrmenn Schulz hat die Stadt Berlin um mehrere hunderttausend Mark geschädigt, indem er Steuergelder unterschlug. Er arbeitete niit mehreren Komplizen, aber man weiß noch lange nicht, mer alles an der Sache beteiligt war. Schulz blieb verschwunden seit dem Tage, an dem die Unterschlagung aufgedeckt wurde, die Nachforschungen blieben erfolglos. Man orakelte, er sei ins Ausland geflohen, doch die Berliner Polizei rechnete damit, daß er sich noch in der Reichs hauptstadt aufhalte. Und sie hatte recht. Bei einer Razzia geriet ihr in einem Hotel am Stettiner Bahn«- hof ein Mann in die Hände, der behauptete, keine Auswsis- papiere zu besitzen. Man forderte ihn auf, mit auf die Wach« zu kommen, ganz ohne Argwohn, nur der Ordnung halber. Er jagte zu, entschlüpfte aber unten auf den Hof, und von 8a auf die Straße. Die Beamten machten sich, ohne Lärm z» schlazen, auf die Verfolgung, der eine von ihnen holte den Fremden ein, doch in dem Moment, als er ihn erreichte, drehte sich dieser um, zog einen Revolver, richtete ihn auf den Polizisten, besann sich in letzter Se kunde und schoß sich selbst in den Kops. Ohne die Besinnung wie dererlangt zu haben, starb er auf dem Transport. Als man ihn untersuchte, fand man Papiere bei »hm, die auf den Versicherungsagenten Herrmenn Schuly lauteten, doch zwei felte man keinen Augenblick, daß es Schulz sei. Ein z ist leicht in ein y umzuwandeln, und dann, wenn er die Papiere bei sich hatte, warum wollte er sie nicht vorzeigen? Doch nur, weil etwas gegen ihn vorlag. Gegen Herrmenn Schuly lag aber nichts vor, also mußte es wobl Herrmenn Schulz sein. Die Frau des Toten hat ihren Mann übrigens inzwischen identifiziert. Bei ihm fand man auch einen Zettel mit der Aufschrift: „Es ist alles Lug und Trug, ich nehme mein Geheimnis mit ins Grab." Er hatte also ohne die Frage die Absicht, sich zu töten, sobald er erwischt würde. Ob er der eigentliche Anstifter des Unterschlagungsplanes war, wird man niemals ganz herausbekommen, die Toten haben immer unrecht, und seine Komplizen, falls man sie sängt, werden die ganze Schuld auf ihn abzuwälzen versuchen, und man wird ihnen das Gegenteil nicht ganz beweisen können, denn selbstverständlich kann man nicht bedingungslos glauben, was auf dem Zettel stand. Aandelsnachrichten. ** Konkurs über Wilhelm Kaufmann. Wie wir erfahren, ist der seit langem drohende Konkurs über die Wilhelm Kauf- mann-Textilwerke in Dresden gestern Mittwoch eröffnet worden, nachdem die letzten Einigungsverhandlnngen, die am Diens tag in Berlin stattfanden, gescheitert waren. Zum Konkursver walter ist Rechtsanwalt Dr. Seyl er-Dresden ernannt worden. Hierzu schreibt man uns aus Dresden: Die Konkurseröffnung dürfte gleichbedeutend mit einem völligen oder fast völligen Ver lust der Forderungen der nicht bevorrechtigten Warengläubiger ein, ja selbst die durch Sicherheiten stark gedeckte Sächsische Staats bank dürfte nicht ohne Verlust aus der Angelegenheit herauskom men, da die ihr gesicherten Grundstücke keineswegs den Taxwert de« letzten Status erreichen werden. Don den beiden Spinnereien liegt die eine bereits still, während die andere noch drei Tage wö chentlich arbeitet, aber auch bald aufhören wird. — Flottes Frühjahrsgejchäsl am «ohholzmarkt. Das forstliche Holzvcrkaussgeschäft hat erheblichen Umfang angenommen; die Zahl der stottgesundenen Verkäufe ist gegenüber den: Vormonat um mehr als 40 A gestiegen. Nadellanaholz ist durchweg niedriger bewertet worden als zu Beginn des Jahres. Der Preis rückgang beträgt beim Fichtenianghalz im Durchschnitt aller Klas sen 1,60 «ll, beim Kiefernlongholz 1,45 je Festmeter. Beim Laubholz liegen die Durchschnittspreise teils Höher, teils niedri ger. Die Preise für Eichen sind gestiegen. " 10 Eijenbahn-Frachlermäßigung für Kartoffeln. Der neue Ausnahmetarif für Karioücln sieht eine lOprozcntige Fracht ermäßigung für frische Kartossein vor, und zwar für Kartoffeln aller Art, im Gegensatz zu dem vorherigen System der Differenzie rung zwischen Speisekartoffeln und Fabrikknrtosfcln. Diese Er mäßigung betrifft nicht nur den Kartosjeivcrkchr für inländisch« Z- °ke, ndem auch Kartvsseltraneporte -weck» Ausfuhr »ach
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