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MSMDLrMkr Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthüll die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt» Mannschaft, der Schulinfpektion Md de« Hauptzollamts zu Bautzen, de« Amtsgerichts, des Finanzamtes und de« Stadtrat« zu Bischofswerda. MÄgeöLcitt-» UnabhSngigetzeltung für alle Standern Stadland Land. DichtesteVerbrettunginallenBoÜvsftWhtei» Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Bella-« Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt K. — Dmist Md Brrlag von Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. FemfprechnN»44^und 44S Gefch tmn»a«w«fte: Jeden Werktag abend« stlr den folgend. Tag. . Bezngapeew für die Zeit eine« halben Monat«: Frei tn« Haus halbmonatlich Mk. 120, beim Abholen in der Geschäftsstelle wöchentlich SV Pfg. Einzelnummer 15 Psg. — Alle Postanstalten, sowie unsere Zeitungsausträger und die Gefchäfttstell« nehmen jederzeit Bestellungen entgegen. Postscheck-Kouto: Amt Dresden Nr. 1521. Gemeinde» »«dandsgirokasse Bischofswerda Konto Nr. «4. Im Falk höherer Gewalt — Krieg oder sonstiger irgend welcher Störung de« Betrieb« der Zeitung oder der Besörderungseinrich. tungen — hat der Bezieher keinen Anspruch auf Lieferung oder Nachlieferung der Zeitung oder aus Rückzahlung des Bezugspreises. Anzeigenpreis (In Goldn» GrundschrtstzrNe 25 Psg-, breite Reklamezellr (nn Dex< zum amtlichen Briefkurs vc zum Kurs vom Tage der Si Sammrlanzeigen tarifm. Aus Nr. 58 Mittwoch, den 10. März 1926. 81. Jahrgang Tagesschau. * Der Vökkerbundsrak beschäftigte sich am Montag in einer streng geheimen Sitzung mit dem Verfahren, das bei der Aufnahme Deutschlands zu beachten sei. * Die Vollversammlung de» Völkerbundes wurde Mon tag nachmittag eröffnet. Der frühere portugiesische Mini sterpräsident Alfonso de Costa wurde zum Vorsitzenden ge wählt. * Der Reichstag begann am Montag mit der Beratung des Haushalts des Reichsfinanzministeriums. Die Kommunisten haben im Reichstage ein Mftkrauens- votum gegen den Reichsfinanzminifker Dr. Reinhold einge bracht. * Eine französische Vakraullle in Indochina wurde bei einer Grenzstreife von chinesischen Soldaten heftig beschallen. Der französische Gesandte in Peking ist wegen dieses Zwi schenfalles vorstellig geworden. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus führlich« an anderer Stelle. Völkerbundskrise. Das, was sich in Genf jetzt ereignet, ist kein« Krise Deutschlands oder Frankreichs oder Polens, sondern im weitesten Sinne des Wortes ein« Krise des Völkerbundes selbst. Sie liegt nicht begründet in Briands Rücktritt, in Chamberlains Haltung oder in der Gefahr, die von Musso lini droht, sondern in den Widersprüchen, die sich aus der völlig festgelegten Haltung einzelner Delegattonen ergeben. Polen und Spanien fordern unbedingt ihren Ratssitz schon für di« Märztagung und mit derselben Unbedingtheit äußern Deutschland u-'.d Schweden sich im gegenteiligen Sinne Dos erste Kommunique beleuchtet fast mit Ironie die Unlösbar keit dieses Dilemmas, wenn es sagt daß es mühelos gelungen ei. die gegenseitigen Auffassungen darzul.'gen. Und die trengste Geheimhaltung der ersten vertraulichen Ratsbe- xrechungen beweist, wie sehr die jetzige Krise an das Funda ment des Bundes rührt. Spanien droht mit dem Austritt, Schweden eoensr, Md Deutschland mit der Zurückziehung seines Aufuahmegesuches. Noch menschlichem Ermessen gibt cs hier überhaupt keinen Ausweg als den der Rückreise der deutschen Delegation. Kompromisse kann man häufig fin den. aber doch stets nur da, wo die Unterordnung unter einen großen gemeinsamen Gedanken geschehen kann, nie mals aber da, wo auch jede Spur eines gemeinsamen Stre bens fehlt. Und das scheint hier der Fall zu sein, denn auch der völkerbundfreundlichste Deutsche hat nachgerade einae- sehen, daß es sich bei der Erweiterung des Rates um die Ungültigkeitserklärung des sogenannten Geistes mm Locarno handelt. Man mag aber auch daran glauben, daß die aufgetauch ten Schwierigkeiten durch ein vorsichtiges Kompromiß zu lösen sind — woran wir, wie gesagt, nicht glauben — so bleibt immerhin als wohl unbestrittene Tatsache, daß ein sol ches Kompromiß erst nach Lösung der französischen Regie rungskrise gefunden werden kann. Diese französische Krise hat sich nunmehr doch als ernster herausgeltellt, als man zu- erst glaubte. Es besteht zwar kein Zweifel darüber, daß Briand als Mann des öffentlichen Vertrauens zunächst wiederum «ine Kabinettsbildung versucht und daß er zum mindesten mit Sicherheit Außenminister bleiben wird, aber man weiß, daß Briand aus irgendwelchen Gründen die Mi nisterpräsidentschaft nicht mehr übernehmen will. Ein neuer Mann aber, und als solcher kommt sowohl Taillaux, wie Herriot, wie auch Poinearö m Frage, würde dem neuen Außenminister, dem alten Briand einen neuen Stempel auf drücken. Denn schließlich hat sich besonders in Frankreich die Außenpolitik in das Bild der Gesamtpolitik ein-uordnen. Da diese Möglichkeit besteht, kann kein geschäftsführender französischer Minister weittragende Kompromisse in Genf eingehen. Er kann zum mindesten keine Zugeständnisie machen, er wäre nur in der Lage, deutsche Zugeständnisse entgegenzunehmen. Und dies ist der Kem des Problem«: ein Wort von Deutschland — und die ganze Dölkerbundskrise lst gelöst. Auch Schweden würde sich dann zufrieden «den. Deutsch land aber kann und darf dies eine Wort nicht sprechen. Es wär« die letzte, aber auch die folgenschwerste Un terwerfung, die überhaupt denroar ist. Da» deutsche Zugeständnis müßte die Zukunft auf unabsehbare Zeit hin aus belasten. Den Völkerbund mit einem deutschen Opfer aus einer schier unlösbaren Kris« zu retten aber haben wir nicht die geringste Veranlassung. Denn es handelt sich für M» nicht um den Eintritt oder SttchÜntriH fdndem um die Frage: ist der Völkerbund bereit, ein in seiner tatsäch lichen Machtstellung anerkanntes Deutschland als Mitglied aufzunehmen oder nicht? Geheimsihung in Genf. Genf, 8. März. (Wolff-Telegramm.) Der Dölkerbundsrat hielt heute vormittag eine Ge he i m s i tz u n g ab, über die keine amtliche Mitteilung her ausgegeben wurde. Von zuverlässiger Seite verlautet jedoch, daß Chamberlain, Scialoja und Vandervelde die übrigen Ratsmitglieder von den wichtigsten Besprechungen mit den über den Aufnahmeantrag Deutschlands zu ent« scheiden hat, und den früheren französischen Handels- und Fi nanzminister Loucheur zum Vorsitzenden des Budgetausschusses, dem die Festsetzung des Jahresbeitrags Deutschlands und die nächsten Entscheidungen über den Bau eines Bersammlungsgebtiud« ob liegen. Chamberlain und Loucheur sind gleichzeitig Vizepräsidenten der Völkerbundsversammlung. Außerdem wurden folgende sechs Delegierte zu weiteren Vizepräsidenten gewählt: Scialoja (Italien), Jshii (Japan), Allen (Neuseeland), Caballero (Paraguay), Titulesco (Rumänien) und Morales (San Domingo). Die beiden Ausschüsse nehmen morgen nachmittag Nb Uher ihre Beratungen auf. Die Versammlung vertagte sich darauf. Der Zeitpunkt der nächsten Sitzung ist noch nicht bestimmt. rend d haben. Geteilte Ansicht in England über die neue Lage der europäischen Politik. Lantz«», 8. März. (Drahtb.) In diplomatifch-A Krei en in London wird di« neue Lage in der europäischen PM« ik nach wie vor lebhaft erörtert. In Regierungstreisen W MM recht optlmistisch und erwartet eine baldig« Uebev« Windung de« toten «nettes in Senf. Dieser offiziöse Optt- mismus hat ganz bestimmte Ursachen. In London hat MM die Hoffnung «nf Deutschland» Entgas««« kommen noch nicht anf»»geb«n. Man hofft aut DeuGA land« Berständi^mo^erttstchaft. —« mansch d« Deutschland dnnhseine Zwangslage ichsteßkich MM Cn^ ga^ntommen ^Wöttgt soi. Di« »irtschastsdepresston «Äff« deutschen Delegierten unterrichtet haben. Im Anschluß da ran wurde das Verfahren über die Aufnahme Deutschlands in den Völkerbund besprochen. Dabei wurde besonders auf einen Absatz im Artikel 1 des Völker bundspaktes Bezug genommen, der die Frage behandelt, ob auch die militärischen Verhältnisse eines Staates bei seinem Eintritt in den Völkerbund den Bestimmungen bestehender internationaler Abkommen entsprechen. Um im Falle Deutschlands diese Frage zu entscheiden, wird der Völker bundsrat, wie seinerzeit bei der Aufnahme Bulgariens, Oesterreichs und Ungarns, das Gutachten des stündigen militärischen Ausschusses des Völkerbundes einholen, der sich seinerseits vor Abgabe seines Urteils an die Botschafterkon ferenz wenden wird. Gin neues Intrigenspiel? Berlin, 9. März. (Drahtb.) wie die Morgenblätter berichten, meldet der Havasvertreker über die geheimen Ver handlungen, die der Völkerbundsrat gestern geführt hat, man habe sich mit dem Verfahren, das für die Zulassung Deutschlands elazuschlagen sei, beschäftigt. Paul Boncour habe als französischer Delegierter gefordert, daß die bisher üblichen Gebräuche und Regeln mit Bezog aus Deutschland ebenso beobachtet würden, wie für die anderen Staaten. Es sei beschlossen worden, daß den Sonderbestimmungen über die Entwaffnung Deutschlands Rechnung getragen werde und daß die Rolle des militärischen und maritimen Ausschus ses sich darauf beschränken müsse, von den früheren Entschei dungen der Botschasterkonferenz Kenntnis zu nehmen. Rach dieser Richtung sei keine Schwierigkeit zu erwarten. — Das „V. T." wirft die Frage auf, ob nicht dahinter eln neues Intrigenspiel stecke, um durch Rückfragen bei Marschall Fach la Versailles Zeit für erneute Einwirkungsversuche Ms Deutschland zu gewinnen. Die politische Kage in Genf« Genf, 8. März. (Drahtb.) Die politische Lage hat sich nach der Abfahrt Briands nicht geändert. Es besteht jedoch die Absicht, durch vertrauliche Besprechungen zwischen den einzelnen Delegationen bis zur Rückkehr Briands die Si tuation so weit zu klären, daß am Dienstag oder Mittwoch die Besprechungen der Locorno-Mächte nüt mehr Erfolg als am Sonntag ausgenommen werden können. Ne Hauptschwierigkeit der Verhandlungen ist tz der Tatsack)« zu erblicken, daß sich unter den zehn Ratssta»- ten, von deren Stimmen Deutschlands Wahl zum MM- gen Natsmitglied abhängt, ein Staat befindet, der ftttle Zustimmung hierzu nur unter der Voraussetzung erteilen will, daß auch ihm em ständiger Ratssitz zugebilligt «Kd. Dieser Staat ist Brasilien. Man geht letzt daher in der Annahme nicht fehl, daß von der Stellungnahme der bra silianischen Delegation für den weiteren Verlauf der Ereig nisse außerordentlich viel abhängt. Fürs erste scheint jedoch Brasilien auf feinem Standpunkt zu beharren. Die von der spanischen Rgierung bereits vor der Entsendung der Genfer Delegation ausgesprochene Drohung, im Falle der Nichter langung eines ständigen Ratssitzes aus dem Völkerbund auszuscheiden, wird demgegenüber in Genfer politischen Kreisen nicht allzu tragisch genommen. Auch von der v o l - Nischen Delegation darf angenommen werden, daß sie sich unter dem Druck der anderen Mächte bereit finden wird, ihre Ansprüche bis zum Herbst zurückzustellen, da während der Vollversammlung im September, wie alljährlich, «tn« Neuwahl der nichtständigen Ratsmitglieder des Rates Erfol gen wird. So ist es denn mit einem Veto Schweden«, so wenig dessen Bedeutung unterschätzt werden darf, allein nicht getan, denn es genügt nicht, daß ein Natsmitglied, wie Schweden, gegen jede Erweiterung des Rates, außer der durch Deutschland, Einspruch erhebt, sondern alle zehn Mitglieder müssen der Wahl Deutschlands in den Rat ihre Stimme geben. Unter diesen Umständen versteht man es, wenn in den Kreisen der deutschen Delegation die Lage außerordentlich ernst beurteilt wird Im übrigen ist die Stellungnahme der deutschen Delegation unver ändert. Sie kann in Ruhe abmarten, ob es den anderen Großmächten gelingt, Brasilien von seinem Anspruch abzu bringen und auch Spanien und Polen zu beruhigen. Sollte dies nicht gelingen, so wird die deutsche Delegation im vollen Bewußtsein ihres Recktsstandpunttes nach Berlin zurückteh- ren mit der Gewißheit, daß der größte Teil der Welt ihren Entschluß billigen wird. Die deutsche Delegation dementiert DlmfaUgerüchte. Genf, 8. März. (Drahtb.) Die deutsche Delegation gibt folgende Erklärung ab: Einer Meldung de« Journal d« Ge- növe zufolge, soll der Korrespondent der Times nach Loudon berichtet, man halte es für möglich, daß die deutsche Dele gation für den spanischen Sih gewonnen werden könne, demgegenüber sei, ohne die Bedeutung und Berechtigung der einzelnen Kandidaturen la diesem Zusammenhang e« würdigen, erneut darauf bingewlesen, daß die deutsche Dele gation in Genf au dem bisher vertretenen, in der Hambur ger Rede des Reichskanzler» dargelegken Standpunkt fest Die Eröffnung der außerordentlichen Nölkerbundsverfammlung. Genf, 8. März. (W. T. B.) In seiner Eigenschaft als Rats präsident eröffnete heut« nachmittag um 3,20 Uhr das japanische Natsmitglied Baron Jshii die außerordentliche Völkerbundsver- sammlung, die über den Antrag Deutschlands auf Aufnahme in den Völkerbund zu befinden hat. In seiner Eröffnungsansprache erinnerte er an den Aufnahme antrag, den Deutschland am 9. Februar an den Völkerbund gerich- tet habe, und betonte, daß die außerordentliche Versammlung in der sehr kurzen Frist von kaum einem Monat nach Eintreffen des Antrags Deutschlands abgehalten werd«. Baron Jshii erklärte dann wörtlich u. a.: „Das Ereignis, das uns hier versammelt hat, ist von der höchsten Bedeutung. Ein« große Nation stellt sich ein, um in den Völkerbund ausgenommen zu werden. Ich erlaube mir, in diesem Umstande ein Anzeichen dafür zu sehen, daß die Ver- pflichtungen, die die Mitgliedsstaaten des Völkerbundes unter sich verbinden, sich immer mehr aus da» Gewissen der ganzen Welt er- strecken werden." Daraus erklärte varon Jshii die Völkerbunds- Versammlung unter dem Beifall der Delegierten für eröffnet. Di« Versammlung wählte dann mit 36 von »8 Stimmen den ehemaligen portugiesischen Ministerpräsidenten Alfonso da Costa zu ihrem Vorsitzenden. Der neugewählte Präsi dent dankte darauf in einer kurzen Ansprache im Namm seines Lande« und in seinem eigenen Namm für die Wahl. Er würdigie in großen Zügm das Vertrag«werk von Locarno und den in ihm verkörperten neuen Geist, mit dessen Hilf« künftig an Stelle von Gewalt die Vernunft, und an Stelle der Konflikte di« Derständi- aung herrschen sollen. Er erinnert ferner an ein Wort Thamber- lab», wonach der Vertrag von Locarno der Erhaltung de« Well- frieden» dienen werde, und entbot allen, die zum Gelingm de» großen Vertragswertes beigttragm hätten, die wärmsten Grüße ver Versammlung. Nach einer kurzen Unterbrechung der Cröfsnuuaesltznng trat dann die Völkerbundsversammlung um 4^0 Uhr wieder zusammen und nahm dm Bericht de« Ausschuss« zur Prüfung der vollmach- ten entgegen. Roch diesem Bericht ist die außerordentlich« Böller- bundsversammlung von 48 Mitgliedsstaaten beschickt worden, wäh- erörtert. In in Genf.