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Auerthal -Zeitung. c- l- »e t- Billigste Tageszeitung im Erzgebirge «rramworMcher Redakteur: Ernst A««ke, Aue jErzge r«^ Redaktion u. Expedition: Nur, Marktstraße. Tageblatt für die Stadt Aue una Erscheint täglich Nachmittags, außer an So:» n Feiertagen- — Preis pro Monat frei in« Hau« SL Psg., abgeholt 17 Psg. — Mit der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspiegel" Bei der Post abgeholt p:o Vierteljahr 1 Mk. — Durch den Briesträger 1.40 Mark. M. ^41 Freitag 22. Juni 1900 Umgebung Inserat» ue einspaltige Petitzeile 10 Pf«., »».lltche Inserate die Torpus^eile 2b Psg., Reklamen pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger «usnahm. Rabatt. — Bei größeren Inserat« N. mehrmaliger Ausnahme wird entsprecl ent höherer Rabatt gewährt. Alle Postanstalteu und Landbriefträger nehmen Bestellungen am 12. Jahrgang Bekanntmachung Wegen Neubaues der Moltkestraße und der Gölhe- straße bleiben dieselben für den Durchgingsfahrver- kehr bis auf Weiteres gespert. Aue, den IS. Juni 1900. Der Rat der Stadt Dr. Kretzschmar. Kühn. Deutschland. 8 Vergiftung einer ganzen Familie durch Mehl? Einer Vergiftung, deren Ursache noch nicht völlig auf geklärt ist, sind in Rostock zwei Menschenleben zum Opfer gefallen. Die Frau des Heizers W Meyer hatte sür ihre Familie eine Mehlsuppe zurechtgemacht. Von der Suppe aßen der Mann, die Frau und die beiden Kinder, ein Sjähriger Knabe und ein 7jähriges Mäd chen. In der Nacht erkrankten Alle an Vergiftungs erscheinungen. Meyer ging am Morgen noch zur Ar beit, mußte ater bald in seine,Wohnung zurückkehlen, da sich sein Zustand sehr verschlimmerte. Im Lause de« Tages nahmen die Erscheinungen höchst bedenkliche Formen an. Drei Aerzte stellten fest, daß es sich um eine bereits stark vorgeschrittene Vergiftung handelte. Die sofort angewandten Gegenmittel hatten bei dem Manne keinen Erfolg mehr; er starb noch im Laufe des Vormittags. Ihm solgle am selben Abend das 7- jährige Töchterchen im Tode. Die Mutter und der Knabe wurden durch die Bemühungen der Aerzte am Leben erhalten und befinden sich aus dem Wege der Besserung Die gerichtliche Sektion der Leichen ist an geordnet und der Rest der vergifteten Mehlsuppe zur chemischen Untersuchung überwiesen worden. Festge- stellt ist bereits, daß eine Schuld dritter Personen weder aus Vorsatz noch aus Fahrlässigkeit in Betracht kommt. 8 Der Raubmörder Gönczi ist am Montag Vor mittag von seinem Vertheidiger benachrichtigt worden, daß das Reichsgericht seine Revision verworfen hat. Er fuhr zusammen, wurde leichenblaß und verlor einen Augenblick die Fassung. Aber in der nächsten Minute war er wieder ruhig und gefaßt und sagte zu seinem Vertheidiger, es sei so am besten. Am Leben liege ihm nichts, und er ziehe len Tod dem lebenslänglichen Aufenthalt im Zuchthause vor. Seiner bisher ge spielten Rolle getreu, betheuerie er auch jetzt seine Unschuld. 8 Ein Festzug von drei Kilometer Länge. So yroß^ wird der Gutenberg-Festzug in Mainz. Er wird auf einer Straßenstrecke von 2K0v Meter ausgestellt und sich im Gange auf 30» Meter verlängern. Der Zug hat 41 Wagen, darunter 23 Prunkwagen. Mitwir kende sind circa .500 Solisten, circa 1500 Statisten, 442 Musiker und 800 Berittene, darunter etwa 100 Chargirte der Hochschulen in Darmstadt, Gießen und Heldelbe» g. 400 dortige Studirende machen den Zug »nit. 8 Aus dein Altenburger und Thüringer Lande, 18. Juni. Ein bedauerlicher Unglücksfall trug sich in Görisberg bei Eisenberg zu. An einem vom Maurer meister Krautze in Petersberg erbauten Hause stürzte plötzlich der Brandgiebel ein und traf drei beim Rich ten beschädigte Zimmerleute aus Hainspitz, die erheb lich an der Seite und am Rückgrate verletzt wurden; einer der Verunglückten schwebt in Lebensgefahr. — Die sechsjährige Tochter des Arbeiters Schlank in Weiduu bei Weißenfels hatte sich beim Barfußqehen durch einen Glasscherben verletzt. Nach einigen Tagen schwoll das Bein an und der Arzt stellte Blutvergif tung fest. Obgltich nun zwei Aerzte operativ eingnf- fen, verstarb das Kind. — Einen schnellen Tod sand der Oberlehrer Professor Plöttner vom Realprogymna. stum in Langensalza. Die beiden unterer. Classen d.-r genannten Schule, denen sich Professor Plöttner an geschlossen, hatten einen Ausflug nach Georgenthal gemacht. Aus diesem Ausflug brach Pros. Plöttner mitten in einem Gespräch zusammen. Ein Gehirn- schlag hatte seinem Leben ein Ende bereitet. Der schleunigst herbeigeholte Arzt konnte nur noch den Tod feststellen. — Die Strafkammmer zu N» urnvurg oer- urtheilte »vegen mehrfacher Beraubung von Güter wagen, aus der Strecke Saatfeld-Weißenfels während der Fahrt verübt, die Bremser Franz Fiohn und Oito Müller aus Weißenfels zu 1'^und 2^/, Jahren Zucht haus und den Bahnarbeiter Otto Augustin aus Burg- werben wegen ä -nlicher auf dem Weißenfelser Güter bahnhose verübter Diebereien zu zwei Jahren Gesäng- niß. — Um den bedrängten Buren zu Hilfe zu kom men, hatten die Musikerlehrlinge Reißland, Noah und Knaust aus Sömmerda bei Erfurt beschlossen, nach Transvaal abzureisen. Das erforderliche Geld stahl Reibland seiner Mutter, indem er ihr einen Betrag von 1000 Mark entwendete. Mit diesem Gelbe fuhren die Ausreißer über Frankfurt a. M. nach San Remo. Hier stellten sich ihnen jedoch Schwierigkeiten in den Weg. Sie besannen sich daher eines Besseren und zogen wieder heim gen Sömmerda. Von den ange brochenen 1000 Mark brachten sie noch 293 Mk. mjt» Gegen Knauft wurde Anklage wegen Hehlerei erhoben. Dieser war in vollem Umfange geständig, io daß die Vernehmung seiner Genossen unnöthig wurde. Da» Urtheil lautete aus zwei Monate Gefängniß. Z Ein schwerer Zusammenstoß auf der elektrischen Ringbahn erfolgte in vergangener Nacht am König»- thor, Berlin. Einer der größten Akkumulatorwagen mit Anhäagewagen raste, angeblich weil die Bremse versagte, die abschüssige Friedensstraße hinunter in den Anhängewagen eines am Königslhor haltenden Zuges, hinein. Der Zusammenstoß war so beftig, daß drei . Wagen sehr beschädigt wurden. Ein furchtbares Hilfe geschrei erhob sich unter den zahlreichen Fahrgästen. Als einigermaßen Ruhe eingerreten war, st-llle sich heraus, daß 13 Personen verletzt waren, die meisten glücklicher Weise nur unbedeutend. 8Berlin, 18. Juni. Eine enlsetzliche Blutthatwurd« heute Vormittag in dem Hause Lübeckerstraße 40(Moa- - Vit) verübt. Dort wuhnt seit 1. April die frühere RiiteigutSbesitzerin Wirtwe Gagel mit ihrem 31jähr. Soyn Adolf, der bei den städtischen Gaswerken als Schreiber und Bote beschäftigt ist. Dies.r hatte seit vier Jahren ein Verhältniß mit der in demselben Hause wohnenden 25jährigen Aufwärterin Helene Kurz weg; seiner Absicht, die Geliebte zu heirathen, setzte die Mutter Gagcl'S Widerstand entgegen, obwohl aus dem Ve'hältniß ein jetzt 2^/zjährtger Knabe her vorgegangen ist. In Folge der vielen Zerwürfnisse trug sich Adolf Gagel mit Selbstmordgedanken. Sonn tag Nachmittag bat er die Geliebte, ihm für die Nacht den Knaben zu überlassen, da eS die letzte Nacht sei, die er leben werde. Die Mutter schlug ihm jedoch diese Bitte ab. Heute früh aber fand er Gelegenheit, den Knaben an sich zu reißen, stürmte mit ihm in seine Wohnung und schloß sich dort ein. Die Mutter des Kindes schlug Lärm und die herbeieilenden Nach barn, die das Kind schreien hörten, brachen die Thür mit Gewalt auf. Als sie zu Gagel eindrangen, war die furchtbare That bereits geschehen. Gagel hatte dein Kinde die Kehle durchschnitten. Verblutet lag der Kleine auf dem Bette; ein herbeigeetlter Arzt konnte ihn nicht mehr retten. Der Mörder lag blutüberströmt auf dem Fußboden; er hatte sich mit einem Messer einen tiefen Schnitt in den Hals beige bracht. Der Arzt stellte fest, daß er noch lebte, legte ihm einen Nothverband an und überließ ihn der Po- lizei, die ihn als Gefangenen nach der Charitee brachte, Netoynter H-etmrrt. Kriminalroman von William Michelson. b „Ich möchte wissen," mnrinelte Dacre, „ob er etwas mit dieser Angelegenheit zu thun hat. Wo könnte ich diesen vlenkinsop finden?" fügte er laut hinzu. „Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben," er widerte die Wirtin. „Er pflegte sonst sehr regelmäßig zu kommen, doch jetzt habe ich ihn schon seit länger als einer Woche nicht gesehen." „Seltsam, sehr seltsam," dachte Dacre den Kopf schüt telnd., „Ich möchte diesen Blenkinsop sehr gern sprechen. Ist e» nicht wahrscheinlich," bemerkte er laut, „daß er wie der einmal herkommt?" „Gewohnheit wird zur zweiten Natur," antwortete bi« Frau, und daraufhin möchte ich annehmen, daß er je den Augenblick eintreten kann. Er pflegte sich fast immer in den Abendstunden einzustellen." „Ah, dann werde ich heute abend wieder Herkommen, auf die Möglichkeit hin, ihm hier zu begegnen. Solche Zufälle ereignen sich in Wirklichkeit so gut wie in Roma nen. Wa» haben St« mir noch über Herrn Widson mttzu- „Vor ungefähr zwei oder drei Wochen besuchte ihn ein sehr hochgewachsener Herr, der einen Hellen Ueberzieher trug, unter dem ich einen Gesellschaftsanzug bemerkte. Auf dem Kopf hatte er einen weichen Filzhut." „Er ist es," sagt« sich der Detektive. „Fahren Sie fort, liebe Frau Wortley." ^r ging in daß Zimmer meines Mieter» und schloß die Thür hinter sich. Melange sie miteinander sprachen, weiß ich nicht. Ich saß hier in diesem Zimmer und hörte, daß ihre Stimmen immer lauter und zorniger klangen, und daß sie immer heftiger aneinander gerieten, und so stand ich auf und begab mich in den Flur, um die Herren su bitten, nicht solchen Lärm zu machen. Plötzlich öffnet« Wtdson die Thür und der Herr im Hellen Ueberrock stürzte hdrav». Sie ist mein» rief Wtdson iw polterndem Ton und Sie können nichts dagegen thun. Ich kann Sie töten, er- widerte der andere, die Hand aus der Thürklinke, und wenn Sie da» Mädchen heiraten, bringe ich Sie um, und müßte «S auf offener Straße sein." „Ah!" sagte Dacre mit einem tiefen Atemzug. „Und dann?" „Dann schlug er die Thür zu und Herr Widson kehrte lachend in sein Zimmer zurück." „Aeußerte er sich in irgend einer Weise über die statt- gehabte Scene?" „Nein, er bemerkte nur, daß er durch einen Verrückten belästigt worden sei." „Und wie war der Name de» Fremden?" „Da» kann ich Ihnen nicht sagen, denn Herr Widson nannte ihn mir nicht. Er war sehr groß und hatte einen blonden Schnurrbart." Dacre war züfriedengestellt. „Da» ist der Mensch," sagte er sich, „der in die Droschke stieg und Widson ermordete, darin ist kein Zweifel! Wid son und er waren Nebenbuhler um die Hand der Erbin." „Was denken Sie davon?" fragte Frau Wortley neu gierig. „Ich denke," erwiderte Dacre, die Augen fest auf sie ge richtet, „daß eine Fraubei diesem Verbrechen imSpieleist? Al» Dacre da» Hau» der*Witwe Wortley verließ, blieb kein Zweifel darüber in ihm zurück, wer den Mord began- gen hatte. Der Fremde in dem Hellen Ueberzieher hatte Widson gedroht, er werde ihn ermorden, und müsse e» auf offener Straße geschehen. Diese letzten Worte waren besonder» bedeutsam, und er hatte seine Drohung entschie den auch ausgeführt. Wa» der Detektive jetzt zu thun hatte, war, zu erkun den, wer denn der Fremde in dem bellen Ueberzieher war und wo er wohnte, und wenn er diese Thatsachen her- auSgefnnden haben würde, sich über sein Thun und Trei ben in der Nacht de» Morde» zu vergewissern. Die Witwe hatte ihn beschrieben, wußte aber seinen Namen nicht, und ihre sehr unbestimmt« Beschreibung wa« auf Dutzende von jungen Leuten in Melbourne anwendbar. ES gab unrein: Person, die nach Dacre» Ansicht, den Namen des Frem den im Hellen Ueberzieher nennen konnte, und das »vor Blenkinsop, der vertraute Freund de» Ermordeten. Nach den Mitteilungen der Zimmervermieterin waren die Be ziehungen der beiden Männer derartige, daß e» mehr.al- wahrscheinlich war, Widson werde Blenkinsop alles wa» zwischen ihm und seinem zornigen Gast vorgefallen war, erzählt haben. Blenkinsop» Kenntnis von dein Lebe» und den Gewohnheiten seines verstorbenen Freunde» mußten ihn überdies in den Stand setzen, zu errate», für wen Widson» Tod ein Gelvinn gewesen sein würde, nnd die Frage zu beantworten, wie die Erbin heiße, die der Ver storbene sich gerühmt hatte, demnächst zu heirate». Wg» dem Detektive befremdlich erschien, war, daß Blenkinsop von dem tragischen Ende seines Freunde» nicht» wissen sollte, obwohl die Zeitungen sich eingehend mit dieser An gelegenheit beschäftigt und eine sehr genaue Beschreibung von oer Persönlichkeit de» Verstorbenen gebracht hatten. Die einzige Möglichkeit für Dacre, sich Blenkinsop» unge wöhnliche» Schweigen zu erklären, war, daß jener nicht in der Stadt war und weder Zeitungen zu Gesicht bekam- men, noch jemand über den Mord sprechen gehört hatte. War die» 4>er Fall, so konnte er entweder noch anfunab sehbare Zeit wegbleiben, oder schon in wenigen Tage» wiederkommen. Unter allen Umständen lohnte e« der Mühe, am Abend Nach St. Kilda zu gehen, um nachznfragen, ob Blenkinsop etwa in die Stadt zurückgekehrt sei und bei seinem Freunde vorgesprochen habe. Auf diese schwache Möglichkeit hin schlug Dacre, nachdem er sein Abendessen verzehrt hatte, von neuem den Weg Nach Nortfield-Pilla ein. Frau wortley öffnete ihm die Thür und führte ihn schweigend in ein ziemlich behaglich eingerichtete» Zim mer. Darre erriet sofort, daß er sich in dem früher von Wtdson bewohnten Gemach befinde. Er hielt eine rasch« Umschau in drm Zimmer, und nach dem wa» «r erblickte, bildete er sich «in Urteil über den verstorben«,.