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für die Stadt Aue und Billigste Tageszeitung im Erzgebirge. Lagevlatt «rfchetat Sttgluh Nachmittags, außer an S ^> .. ssttntagen. — Preis pro Monat srei ins HauS SV Psg-, abgeholt 15 Pfg. — Mil der Sonntagsbeilage: „Der Zeitspirgel" Bei der Post abgeholt ti^o Bierteljahr 1 Mk. — Durch den Briefträger 1.40 Mark. "Nr 128 V<« mi s «tz t»» Deutschland. tz Berlin, 2. Juni. Aus Könitz wird gemeldet, daß bei den Unruhen am Donnerstag der Hauptmann Haffe, sowie der Stabsarzt und der Polizeikommiffar Bloch von Steinwürfen getroffen und reicht verletzt wurden. Landrat v. Zedlitz, der vei der Bevölkerung sehr beliebt ist, brachte gestern Abend die Ansamm lungen dadurch zum Auseinandergehen, daß, nachdem er eine Welle mit den Offizieren geplausert hatte, er sich auf seinem Pscrde hoch auflichtete, den Hut lüftete und mit den Worten sich an die Menge wandte: „Meine Herrschaften, ich schlage vor, nach Hause zu gehen. Gute Nacht!- Unter lebhaftem Bravo! zer streute sich hierauf die Menge. 8 Herne, 2. Juni. Der Steiger Doht wurde er mordet aufgrfunden; wahrscheinlich liegt ein Racheakt vor. Es ist dies seit kurzer Zeit bereits der dritte Mord. 8 Berlin, 4. Juni. Eine Erkrankung im Kaiser- Alexanderregiment halte ziemlichen Umfang angenom men, ist jedoch bereits wieder in der Abnahme begrif fen. 110 Mann liegen darnieder, davon 20 schwer. Die Krankheit trägt einen bösartigen Charakter und dürfte infolge Genusses schlechten Trinkwassers entstan den sein. 8 Am Schluß eines längeren Artikels über die trostlosen Verhältnisse, die bezüglich der Rechtschreibung in Deutschland bestehen, schreibt die „Köln Zeitung": „Wie wir zuverlässig erfahren, ,st auch unser Reichs kanzler Fürst Hohenlohe von der Unhaltbarkeit der jetzigen Rechtschreibung-Verhältnisse durchdrungen und bringt der Frage die lebhafteste persönliche Teilnahme entgegen. Gr soll auch entschlossen sein, eine Einigung au* diesem Gebiete anzubahnen — angesichts seines hohen Alters ein nicht hoch genug anzuerkeunender, wahrhaft heroischer Entschluß. Und so dürfen wir hoffen — die Bereitwilligkeit ist zweifellos aus allen Seiten in hohem Maße vorhanden —, daß wir bei Lebzeiten unseres ehrwürdigen Kanzlers zu einer Eini gung auch in dieser so hochwichtigen Bolkssrage ge langen, und daß de.i deutschen Reiche in absehbarer Zeit an Stelle der „Putikamerschen und der sonstigen Schulschreibungen eine für ganz Deutschland geltende Hohenlohesche Rechtschreibung bescheert werden wird. 8 Die Strafkammer des Landgerichts Greifswald verurteilte den Rittergutsbesitzer Becke' und den Rc- v«an,«ertlich« Redakteur: «ruft Kunk», Aue sErzge r^ Redaktion u. Expedition: Aue, Marktstraße. Donnerstag, 7. Ium 1900 idokteur Stechert wegen Beleidigung des Stralsunder Regierungspräsidenten Scheller, begangen durch einen die Beurlaubung des Landrats Osterroth behandeln den Zeitungsartikel, ersteren zu 4 Wochen Gefängnis, letzteren zu 300 Mark Geldstrafe. 8 Zeitz In einem Gehölz nahe bei Breitenbach ereignete sich ein schwerer Unglücksfall. Der Direktor Bieger von der Werkzeugfabrik von Otto Kneisel hier, hatte sich am 28. v. M. nachmittags auf den Anstand begeben, um einen Rehbock zu schießen. In der 5. Stunde vernahm er nun in dem Unterholze Geräusch und wähnend, ein Rehbock nähere sich seinem Stand punkte, wartete er im Jagdeiser nicht ab, bis der Back aus dem Unterholze heraus ins Freie trat, sondern schoß sofort in das Gebüsch Hinei, . Die Folgen die ses Uebere'fers waren furchtbar. Start des Rehbockes hatte er einen seiner Treiber Namens Fichtler getrof fen und zwar so unglücklich in den Hals, daß derselbe sofoit todt war. Das Schicksal des so schnell auS dem Leben Gerufenen ist um so tragischer, als derselbe in nächster Woche Hochzeit halten wollt- Der übereifrige Schütze hat sich sofort selbst der Behörde gestellt, ist aber vorläufig auf freiem Fuß belassen worden. tz Frankfurt a. M., 2. Juni. Die „Frkf. Ztg." meldet aus Budapest: Infolge des Einsturzes der griechisch- katholischen Kirche in Tergovestah in Südungarn wur den 30 Arbeiter verschüttet; bis jetzt sind 5 Leichen und zahlreiche Schwerverletzte gefunden worden. 8 Aus dem Altenburger u. Thüringer Lande, I.Juni- Daß manche Vögel nur wenig Scheu vor der Eisen bahn haben, ist bekannt, ist es doch schon öfter vor-- gekommen, daß Rotschwänzchen unter in der Fahrt be findlichen Wagen ihre Jungen ausgebrütet haben. E'n ähnlicher interessanter Fall ist jetzt auch auf dem Ronne burger Bahnhof zu beobachten, wo eine Haubenleiche ihr Nest an das meistbesahrene Gleis gebaut hat und daselbst gegenwärtig brütet. Fährt ein Zug über diese Stelle hinweg, so duckt sich die Lerche etwas zummmen, verläßt aber ihr Nest nicht. Nur bei Annäherung von Personen fliegt sie heraus, Vor Ku zem hatte man wegen schlechten Wetters das Nest an einem geschützte r Platz untergebracht. Frau Lerche erkannte aber das Wohlgemeinte der That nicht an und blieb dem Nest- fern. Erst als man dasselbe wieder an seinem alten Ort brachte, nahm sie das Brutgeschäft wieder auf.— In Triebes siel der Handarbeiter Franz Lippold in Folge eines Anfalles von Epilepsie sc unglücklich, daß er einen ^chädelbruch erlitt, wodurch der Tod eintrat. Der Verunglückte hinterläßt eine Frau und ein drei- Umgevuniz. Inserat, n« eiMpaltige Petitzelle 10 Pf«., «u.tltche Anserate die CorpuS-Zeile SS Psg., Reklamen . pro Zeile 20 Psg. Bei 4 maliger «ufnahm. 2ii»/o Rabatt. — Bei größeren Inserat« ,. mehrmaliger Aufnahme wird entspreä ent höher« Rabatt gewährt. Alle Postanstalten ,nd LandbrieftrSger nehmen Bestellnngen an. IZTJahrgäng Jähriges Kind. Ein Unfall ereignete sich im Hof theater zu Weimar während der Probe zuin zweiten Teil des „Faust". Beim Aufmarsch einer Anzahl Sta tisten brach das die Leute tragende erhöhte Gerüst zu- sammen und 11 Personen stürzten au- beträchtlicher Höhe auf die Bühne herab. Drei Personen erlitten Verletzungen. Mangelhafter Auflau der Stellagen soll die Ursache des Zusammenbruchs sein. 8 Gera, 1. Jun«. Eia tödtlicher Unfall ereignet« sich heute in der Nähe der Station Köstritz, Eisenbahn Leipzig-Gera, dadurch, daß ein polnische- Eisenbahn arbeiter von einem Person uzuge überfahren und ge- tödtet wurde. Der Arbeiter war hinter einem Güter zug über das Gleis gegangen und wurde von dem von der anderen Seite kommenden Personenzug e saßt und ihm Kopf und Beine abgefahren. Ausland. 8 Wien, 2. Juni. In Pilsen wurden gestern drei Studenten der Prager Arminia von Polizisten ange« halten und ausgefordert, Band und Mütze , bzulegen' und, als sie diesem Begehren nicht nachkamen, für ver haftet erklärt und aus die Polizeiwache gebracht. 8 Budapest, 2. Juni. In der vergangenen Nacht ging h'er ein furchtbarer Wolkenbruch nieder; das Wal ser drang bis in die Wohnungen. Mehrere Personen ertranken; darunter zu ei Kinder. Ein Mann wurde vom Blitz erschlagen. 8 Ueber eine „Vergnügungsreise zur WeltauSstel- luW", die eine große englische Fabrik für ihre Arbei ter veranstalktt hat, berichtet der Pariser Korrespondent - der „Voff. Ztg.", indem er das Unternehmen nicht mit Unrecht als eine neue Folteeart bezeichnet, die sich den Daumschrauben und spanischen Stiefeln ebenbürtig an die Seite stellt: Die Brüder Leve. in Port Sunlight verfielen auf den großmütigen Gedanken, ihren ,1700 Arbeitern und Arbeiterinnen eine Freude zu bereiten und ihnen die Pariser Weltausstellung zu zeigen Da stellten sie nun so an: Freitag früh mit Tagesanbruch bestiegen die 1700 Spritzsahrer eine Anzahl Sonder züge und fuhren den ganzen Tag von Port Sunlight in Nordengland bis nach Dover, wo sie spät A'endS ankamen. Sie wurden sofort in zwei Sonderdampfcrn eingeschifft, kamen um 3 Uhr Morgens in Calais .und am Sonnabend früh gegen 8 Uhr hier an. Nach einer Abfütterung mit je 2 Eiern, kaltem Aufschnitt und Thee oder Kaffee wurden sie zwei Stunden lang in der Ausstellung umhergeschleist, hierauf andere zwei Stunden in Kremsern durch die Hauptstraßen von Pa? HeLchkat Roman von Max von Weißenthurn. St „Man hielt ihn wirklich für den tadellosen Bieder mann, welcher ein Recht habe, den Stab zu brechen über menschliche Schwächen, denen er selbst immer fern geblie ben. Um sich über die Sachlage zu orientieren, um einen rückhaltslosen Einblick in dieselbe zu erlangen, war er selbst beim Oberst-Auditor Laut gewesen, hatte er, ver mutlich durch ihn, in Erfahrung gebracht, welche Aus sage ich gemacht, und wohl in innerster Seele über die Schwäche gelacht, die mich zu demselben veranlaßt. Wel cher Art immer die Fehler meine» Vater» gewesen sein mögen, Mangel an klarem Verstand hat nie zu denselben gehört, und ich hege heute noch die Ueberzeugung, die mir damals tnnewohnte, daß er mich stet» klar durchschaut und die Beweggründe meiner Handlungsweise immer ge- kann» hat, er mißbrauchte nieine Schwäche damals schon zu seinen eigenen und selbstsüchtigen Zwecken. Da» Ur teil über Dich wurde gefällt, und unmittelbar darauf ver ließen wir den Schauplatz der tragischen Ereignisse. Ich war zu jener Zeit krank und elend; ich sah auch übel au» and war in so trostloser, gedrückter Stimmung, daß mein Bater wohl zu dem Schluffe kommen mußte, ich könne ihm In keiner Weise nützlich sein. Diesem Umstande verdanke ich die Thatsache, daß er sich freiwillig und leicht von mir trennte, daß « erklärte, in Homburg und Monte Carlo beim Spiel sein Glück versuchen zu wollen, wobei ich ihm nur «ine lästige Fessel wäre. Die Trennung war somit seinerseits nicht nur eine freiwillige, sondern auch eine erwünschte, die mich in die Lage versetzte, wenigsten» wäh rend der Dauer Deiner Haft unserem Kinde eine gute Mutter «»srin nnd so teilweise zu sühnen, wa» ich ver- brachen. Al» aber die Stunde nahte, in der Du der Frei heit wtedergegeben werden solltest, da gebrach e» mir an Mut, Dir zu begegnen, von einem Manne, den ich ge- liebt, hätte ich vielleicht Verzeihung erhofft, von Dir nicht. Ych sagt, mir, daß, wenn endlich voll, Wahrheit zwischen un» bestehe, Du mir die charakterlose Schwäche, die ich «n den Tag gelegt, die Thatsache, daß ich Dich bisher nie geliebt, nimmer werdest verzeihen können. Ich beschloß zur Richterin an mir selbst zu werde», und die erste Buße, die ich mir auferlegte, war jene der Trennung von mei- nem Kinde. Außerdem war der Groll darüber, daß Du mich für schuldig gehalten, in meiner Seele nicht erloschen und ich fand, daß der Zweifel, den ich in dieser Hinsicht durch mein Schreiben in Deine Seele werfen wollte, auch Dir eine gerechte Strafe sei für eine vorschnell gefaßte, ungünstige Meinung. Der Zufall fügte e», daß geradezu jener Zeit mein Vater, der Jahr und Tag nicht» von sich hatte hö ren lassen, in Monaco nicht unbedenklich erkrankte und mich zu sich beschied. Ich reiste ab, Rosa der Obsorge Frau Wolter» überlassend, und erst zwei Jahre später kehrte ich mit meinem Bater nach Wien zurück. In den fashiouablen Spielsälen, in denen er sich Jahre hindurch, vom Glücke bald nach aufwärt» getragen, bald hinabgedrückt, bewegt hatte, war e» ihm nach und nach gelungen, sich tausend Fineffen de» Spiele», sich jene Allüren de» internationa len Aristokraten anzugewöhuen, deren er bedurfte, um in Wien mit Geschick seine Rolle durchzuführen. Ich, die ich alle Brücken hinter mir abgebrochen, ich, die ich, weil ich Dich nicht geliebt hatte, mich unwert fand, an Deiner Seite zu leben, ich wurde zum willenlosen Werkzeug in seiner Hand, um so willenloser, al» er bet jeder Gelegen heit die falsche Aussage, die ich gemacht, gegen mich in» Treffen führte; er wußte sehr genau, daß die Erkeuntni» meine» eigenen Unwerte» mich entwaffnete, so oft ich mich auflehuen wollte gegen seine barbarische Tyrannei. Mein Bater hatte «»zweckmäßig gefunden, seine wie meine Iden tität iin Sande verlaufen zu lassen; auf welche Weise er sich Papiere verschafft, die ihn al» den russischen Grafen Dietoff kennzeichneten, ist mir heute noch unklar, That sache aber blet^ daß er dieselben besaß. Ob ich nun wollte oder nicht, ich Wßte die Rolle seiner Nichte übernehme»; in den Kreisen, tN denen wir lebten, liefen wir nur seh« ... ... geringe Gefahr, mit Leuten zusammenznkoulnlen, die un früher gekannt. Ueberdie» thgt mein Bgter seinnnögiich- ste», um sich selbst ein veränderte» Aussehe» z» geb«», u»d mit mir wär im Laufe der Jahre de»» doch eine so bedeutende Wandlung vorgegangen, daß an ein Erkennen Nicht gut zu denken gewesen wäre. Der Salon Dictvsi wurde, dank der Geschicklichkeit meine» Vater», der nun aber immer al» mekn Oheim galt, zu einer Wiener Sve- cialität. Kunstinäcene und Kunstkritiker begegneten sich in demselben, weil gute Musik getrieben wurde; daß diese nur der Deckmantel sei, unter den« man deut Hazardspiele huldigte, wußten nur diejenigen, die de» Spiele» wegen kamen, und mein Bater besaß eine eigene Geschicklichkeit, heransznfinde», wer die» sei." Wieder machte Adelheid eine längere Panse: mit we sentlich gemildertem GesichtSausdrncke blickte Kurt von Wel» zn ihr hinab. Gefehlt, ja, gefehlt hätte sie schwer, aber doch nicht ganz in dem Sinne, in welchen» er e» ge meint. Schwäche, Mangel an Liebe und «in Nebermaß dieser Empfindung, da» war ihr Unrecht gewesen, aber eine Diebin, eine gemeine Verbrecherin, sie war e» nicht. Jetzt, wo er einsah, daß er in einer Hinsicht zu schxoff ge urteilt, bestand immerhin die Möglichkeit, zu , glauben, daß er sie auch in anderer Beziehung z» hart verdammt habe, daß sie auch seinem Freunde gegenüber nicht schlecht, picht mit Vorbedacht schlecht hatte sein wollen. „In dieser Umgebung," fuhr Kurt nach einer Panse fort, „lernte ich Oskar.von Hochfeld reichen; sintndert e» Dich, daß er in meinen Angen bald Mu, weiße» Raben stürbe, welcher hoch über den Krähe^ dHinflog?" ' „Für die menschliche Empfindung kä'mi -e-' keinen Ta del, kann e» keine Vorwürfe geben, mir den ÄnSdruck der fistfühle, die un» bewegen, soll man beherrsche» letpen, »nd da» habe ich in dieser Richtung immer und rechtschaf fen aethan. Ich habe mein Gefühl verborgen, ich hab' e« sorgfältig in innerster Seele verschlossen, und ich kann >>icht dafür, daß die Stimme der Sympathie im Hexzen Dein,» Freunde» «in Echo gefunden." 77,IS*