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7. Jahrgang. Mittwoch, den 31. Januar 1894. Rv. 43. Mit S iss«ftrirten AeibLLttem: 'Deutsches Jamitienökatt, Hüte A-kster, Jeitfpieget. ErsLeiNI V»«»w-»», SrRtND» u «-»»tag», «»»nnementtproi» in«l. der 3 werihvollen Beilagen vier^lidhrlich mit Bringerlahn 1 Mir. 20Pf. durch die Post 1 tR« 25 Pf. »eranlwortlicher Redakteur: ««tl -«»«noister in Au« (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Aw«, Marktstraße. Inserat« di« einspaltige Corpuszeile 1V Pf., Petitsatz wird narb Petitzeilen, Nonpareille satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriestriiger nehmen Bestellungen an. Auechal -Mmg. Lokalblatt für Rue, «luerhammer, JeUeMSfterlei«, Rieder- «. Oberpfunncnftiel, Kauter «Kd die umliegenden Ortschaften. Königliche Zn-uftrieschule zu Plauen i/B. Avtheilung für Musterzelchnen. Unterricht im Zeichnen und Musterentwerfen »für "die hauptsächlichsten Zweige der TerM-Jttdustrie/sowie auch Im pMischen Masch'nensticken, Weben, katroniren und Mu- istervttgrößern für Stickerei. UnterkichtSdauer 4'/, Jahr. Abtheilung für Trauen. Arbeiten. Unterricht in weiblichen Handarbeiten im Allgemeinen. Ausbildung von Direktricen ^uud Arbeiterinnen für Weißwaaren -Consektion: Unterricht i« Kunststicken rHoh'isaum- und Durchbrucharbeiten, Franchen-Knüpfen, jcur-Arbeiien, Arabische Stickerei, Radel-Malerei, Gold- und Silberstickerei, Applikation u»w.Elfenbein, sowie alle übrigen Arten von Stickereien. Das Stechen und Uebertragen der Muster auf den Stoff. Unterricht im Klridermachen: Schnittzetchnen nach neuester Methode, Stoss berechnung. „ im Pühmachtn: Garniren von Hüten und Hauben, Herstellen von eleganten Schleifen, Aufsätzen, Fichus u. s. w. (Die Theilnahme am Unterrichte in den einzelnen Fächern kann jederzeit erfolgen. Das Schulgeld beträgt vierteljährlich 15,00 Mark.) Dauer ndes vollen Unterrichts IV,—2 Jahr. Abtheilung für Fabrikanten. Unterricht im Zeichnen (Skizziren), praktischen Maschinen-Sticken und Weben. UnlerrichtSdauer 1 Jahr für ;»de Abtheilung. Beginn des neuen Cursus am 2. April 1894. Anmeldungen sind im Bureau der Anstall bis zum 15. Februar d. Js. zu bewirken. Nähere Auskunft wird jederzeit durch die Direktion ertheilt. Plauen i. B., am 18. Januar 1894. Die Direktion. Prof. R. Hofmann, Direktor. Bestellungen aus die HE" Auertyat-Ieitung "Wst (No. 66b der Zeitung-Preisliste) für Februar und März 1894 werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus» trägem d»S Blattes, sowie den Landbriesträgern jederzeit gern angenommen. Erpedition der „ Kirerthat-Aeitung," ZSweU Bismarcks Triumphzug. Berlin vor der Ankunft. Die Hoffnung, den Fürsten Bismarck zu sehen, und di« Freude, ihn begrüßen zu können, hatte viele Tausende an den Weg vom Lehrter Bahnhof zum Schlöffe geführt. Die meisten Ptivathäuser der Linden hatten Flaggen schmuck angelegt. Vom kgl. Schlöffe wehte die gelbe Kai ser- und rote Königsstandarte. Auf Befehl des Kaiser- Hatten die StaatSgebLude Flaggenschmuck angelegt. Die Litt»«« boten mit der sich von Minute zu Minute verdich tenden Menge, unter welche sich zahlreiche Offiziere mischten, einen festlichen Anblick. Kurz nach 12'/, Uhr fuhr, von 'lebhaftem Hurrarufen begrüßt, der Bruder de» Kaiser- Prinz Heinrich, im offenen Wagen dem Lehrter Bahn- Hof zu. Die Ankunft des Fürsten erfolgte wenige Minuten nach 1 Uhr. Als der Fürst len Salonwagen »erlassen hatte, wurde er vom Prinzen Hein rich herzlichst bewillkommnet. Nach Begrüßung der übri gen zum Empfange erschienenen Persönlichkeiten schritt der Altreichskanzler wieoer auf Prinz Heinrich zn, weicher ihm den Atm bot und ihn zu dem vor dem Bahnhose be reit stehenden geschlossenen Galawagen geleitete. Bor dem Bahnhofe waren viele Tausende von Menschen angefam- melt. Als Fürst Bismarck sichtbar wurde, »Hoven sich brausende Harra- und Hochrufe. Der Fürst nahm an der Seite des Prinzen Heinrich Platz. Eine Eskorte von je einem Zug Kürassiere vor und hinter dem Wagen gelei tete ventetben durch da» Brandenburger Thor und durch die Straße Unter den Linden. Hier erwartete ihn seit Stunden schon eine zahlreiche Menge, die besonders aus den wohlhabenden Klassen gestellt wurde, während Arbei ter fast völlig fehlten, l'/r Uhr sah man hier vom Bran- drnburger Thore her die Garbe -heraniprengen, die den Kgl. Galawagen eskortierten. Urber den Reitweg sprengte in Carrtcre «nie Abteilung berittener Schutzleute. Brau fendt» Hurrahrufrn pflanzte sich vom Brandenburger Thor wie ein Sturmwind fort. Nun kam der stattliche Zug immer näher, aber nun mußte sich leider die patriotisch gestimmte Menge davon überzeugen, daß Fürst Bismarck «S v-rgezogen hatte, in der geschloffenen Galakutfche Platz zu nehmen, sodaß nur sehr wenige und nur die in der vordersten Reihe links stehenden Zuschauer sein Angesicht erblicken konnten. Man hatte den Prinzen Heinrich im offenen Wagen zum Bahnhof fahren sehen und begeisterte Danke-rufe hatten ihn begleitet. So hoffte man, der Fürst werde auch im offenen Wagen einfahren. Da herrliche Wetter schien die- auch zu gestatten, obwohl die Sonne, die am Vormittage so hell und warm geschienen hatte, schon zwei Stunden vorher hinter dunstigem Ge wölk verschwunden war. Fürst Btsmrrck aber scheint sehr vor Erkältungen gehütet werden zu müsse», und man , würdigte diese Sorge seiner Umgebung vollständig. Da man aber in dem kurzen Augenblick, in dem sein ,Wagen vorbeisuhr, der begeisterte,i Fieude nicht Genüge ^hun konnte, brachte noch nachträglich bald hier bald da 'jemand au« der Menge «in Hoch aus den Fürsten au», da« sich weithin forlpflanzte. AlS der Zug sich vem Schlosse lhähert», verließen Prinz Heinrich und Fürst Bismarck die Galakutfche und schrit ten die Front der Ehrenkvmpagnie de» 2. Garderegi ment» ab, welche mit Musik und Fahne erschienen war. Dann defilierte die Ehrenkompagnie und die begleitenden Kürrassiere, worauf Prinz Heinrich den Fürsten in die sür ihn bestimmten Gemächer führte. Empfangbei dem Kaiser. Hier empfing der Kaiser, umgeben von sämmtlichen Her ren de» Hauptquartier- und den KabinettchesS, den Für sten Bismarck, der sichtlich erregt von der großartigen Huldigung de» Volke- und von der Bedeutung de» Au genblicks war, mit herzlicher Umarmung. Tiefe Bewegung fprä ste sich in de« Fürsten Antlitz au». In seinen Au- kgen schimmerten Thränen. Wenige Augenblicke später er- k schien gleichfalls zur Begrüßung die Kaiserin mit ihren t ältesten Kindern. Um llhr sand bei den Majestäten Frühstückstafel «statt, an der nur der Kaiser, die Kaiserin und Fürst BiS- jmarck tetlnahmen. Nach dkm Frühstück hatte der Kaiser (Siachdrsick «erboten.) JeuMeLon. Der Prinz. Humoreske von E. Malstatt. I. Da« Städtchen Altheim, »eit und breit berühmt durch sein« Fabriken baumwollener Gchlasmützen, liegt sieden «Meilen von der fürstlichen Residenzstadt L. in einem reizen- chen Thale. -In-der Hauptstraße de» Städtchens nimmt ein Hau untere Aufmerksamkeit in Anspruch. Dasselbe trägt über der HauSthür die von Wind und Wetter bereit» haldver- wischte Ausschrisi: „Gasthof zum weisen Salomon,* sowie -ein in Oelsarben kunstvoll au-grführte» Kontersei diese» Monarchen, welche- einem Kartenkinig täuschend ähnlich fi«ht. 'Da« Han« mit dem schönen erkerartigen Vorbau »acht einen iso anheimelnden Eindruck, daß wir un« nicht versagen können, «tnzutreten. Ein geräumige» Gastzimmer mit dunklem Holzgetäfel -und so tiefen Fensternischen, daß rin spekulativer Berliner H-u««irth au« ihnen eine Wohnung für eine Grbetlerfa- 'Milie Herstellen könnte, empfängt un«. Da der Tag sich seine« Ende neigt, haben sich bereit« an dem Stammtisch- dir Honoratioren deSGtädtchen» versammelt und dt«kutiren über Politik, städtische« Schützensist, Hundesteuer und «a« dergleichen wichtige Ling« noch «ehr sind. Der Herr Bürgermeister hat sich namentlich de« Thema« über die Be- steuerung der Hunde aller Raren, insonderheit der Pudel. Hunde «it eine« der Sache würdigen Eis« bemächtigt. Er stellte die Behauptung auf, daß die Besteuerung dieser unnützen Thtere, deren größte« Vergnügen darin bestände, zu fressen und ehrsamen Leuten in die Wade zu beißen, immer noch nicht hoch genug sei. Dabei wirft er recht finstere Blicke auf einen jungen Mann, der an tiNem Seitentisch- cher. sitzt und mit ZeitungSlesen beschäftigt ist, bei den Reden de- Bürgermeisters aber malitiös lächelt und dabei zärtlich ein prächtige- Exemplar der gescholtenen Vierfüßler streichelt. „Weshalb haben Die eigentlich ditsen Widerwillen gegen Hunde, Herr Bürgermeister?" fragte der dünne Geometer Winkler. Der Bürgermeister schaute verlesen vor sich hin und schwieg. „Das will ich Ihnen erzählen," sagte darauf der al» Spottvogel bekannte Kaufmann Trockenmaller, „noch vor drei Jahren besaß der Herr Bürgermeister selbst einen Hund, der ihm anfang« große Freude, später aber schrecklichen Aerger gemacht ha», und zwar letzteren bet Gelegenheit de« Schützenfeste». Der Herr Bürgermeister hielt die Red« und war eben dabei, «in über den Ursprung de- Feste» han delnde» Kapitel au» seinem großen Werk«, der Geschichte von Althei«, vorzulesen. al« va» unvernünftige Lier sich durch die Menge «rängt« und, den seierlichen Moment nicht achtend, mit freudigem G.belle an seinem Gebieter in die Höhe sprang und da-ti dessen weiße Weste mit ganz un- fefttägige« Koth« bespritzt«. Der H«rr Bürgermeister hatte natürlich ob dteser unerhörten Frechheit den Faden seiner Rtde verloren, und da- versammelte Volk brach in ein ganz respektlos«» Gelächter an«. Der Hund aber fiel dem rächenden Arm« der OrtSobrigkeit zum Opfer; der arme Phylax, der so manche Nacht Hau« und Hof getreu bewacht Phhlax mußt« stoben." „Ja, man war damals so taktlos, über da- Malheur zu lachen," sagte tief entrüstet der Bürgermeister; „aber ich finde e» noch taktloser» daß Sie, Herr Trockenmüller, diese alte Geschichte wieder auswärmen." Aber ich bitte Sie, Herr Bürgermeister," versetzte der dicke Kaufmann mit ganz unschuldiger Miene, „ich wollte ja nur Herrn Winkler gefällig sein; die Absicht, Sie zu kränken, lag mir ganz fern." „War Phplax ein Pudelhund? fragte jetzt der vorher erwähnte junge Mann, indem er die Zeitung weglegte und sich zu den übrigen Herren an den Tisch setzte. Die Frage klang ganz harmlos, aber dec Kaufmann Trockenmüller lächelte bo-hast, als er erwidert«: „Ja, ein echter Pudel, in Farbe und Größe dem Ihri gen täuschend ähnlich." „Meine Herren," sagt« der Bürgermeister, dunkelroth vor Aerger, „wenn Sie dieses Thema nicht aufgeben, sehe ich «ich genöthigt, Ihre sehr ehrenwerthe Gesellschaft zu ver lassen." Der ängstliche Geometer Winkler rückte unruhig auf seinem Stuhl« hin und her. Er dacht« mit Herzklopfen daran, daß der ganze Unmuty de» regierenden Bürger meister» sich gegen ihn wenden könne, weil er durch seine Frag« die unselige Unterhaltung heraufbeschworen. Er suchte daher dem Gespräche «ine andere Richtung zu geben und fragte: „Sie beschäftigen sich auch mit literarische« Arbeiten, Herr Bürgermeister?" »Ich habe eine „Geschichte der Stadt Altheim" geschrie ben," erwiderte dieser in wieder zurückgekehrter guter Laune; denn e» schmeichelte nicht wenig seiner Eitelkeit, wenn von seinem Werk« gesprochen wurde. „Wo nur der Posthalter bleibt?" sagt« der dick« Tro« ckenmüsler, wahrscheinlich, »eil er dem Bürgermeister den