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Auerthal Heilung Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Jelle-Klöfterlein, Meder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, BoÄau und die umliegenden Ortschaften. Erickelni FreUagtu «»»«tag», «donuemeät-prei» i«cl. der 3 werlbvvllen Beilagen vierteliährli-b mit Bringerlvhn 1 Mik. 4^ Pk. durch di« Post t M. ik Pf. Mit L illustrirten Ueiölättern: Deutsches Aamilienvlatt, Hute Heister, Zettspiegel. e-e>.uuwmina>-l ÄisdLkieiir: «Mil Hegemeister in Au - (Erzgebirge). Redaktion u. Erpedition: Au«, Marktftraße. Inserat«! die einipallige E»rpu»zeile ist Pf., Petitsatz ivicd nacb Petitzeilen, Nonpareille satz nach dieser berechnet. Bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Poslanilallen und Landdriesträger nehmen Bestellungen «n. No. 140. Sonnabend, den 26. November 1893. —_ 6' JahMng. Zum Todtenfeste. A. Einst wirft die Hand voll Erde Der Freund ins stille Grab; Ls rollen Staub und Asche Bei Thränen tief hinab. Der Htauve spricht: Du schlummerst Nicht ewig in der Gruft, Am Auferstehungsmorgen Jehova dich dann ruft. Hinfliehen schnell die Freuden, Auch Leiden geh'» vorbei. Fühlst du die Sand des Todes, Dein Heiland bleibt dir treu. Die «Liebe greift hinüber, Sie schlingt ein heilig's Band Um dich und fromme Seelen )m ew'gen Heimatland. Das Auge heb' nach oben! Du schaust der Sterne j)racht; Vas Abendrot dort sinket Hinab in düstre Nacht. Die «Hoffnung, dein Begleiter In Trübsal, Glück und Ruhm Trägt dich auf Geistes Schwingen In das Elysium. H. B. Zum Todtenfeste. Was UN« dcS Schicksals Hand entrissen, Wa« uns verließ am Lebensrand An diesem Tage knüpft sich wieder Dec Liebe und der Freundschaft Band. ES legt in unsre frohe Rechte Sich leise eine Geisterhand; Es landen vielbeweinte Schatten An unsrer Seele stillem Strand. Der letzte Sonntag im Kirchenjahr gilt dem Andenken der thruren Tobten und wohl Niemand ist so arm, daß er nicht im Stande wäre, den Hügel, der sein Liebstes birgt, mit Blumen zu schmücken. Durch die Feier de» weihevollen TodtensonntageS zeigt sich der Gedanke: „Ehre die Todten, dann ehrst du dich selbst, pflanze das Grün der Hoffnung, die lebenden Blumen auf die Stätte de» Vergehen-I" Und dieser Gedanke wird an diesem Tage zur weitgehensten Bcthätigung. Die Großstadt, deren Be völkerung ihrer Jrnligiösität wegen verschrieen ist, sie zeigt in den Straßen, die nach den Kirchhöfen führen nur ein einziges Band Kranz- und Blumen tragender Menschen und manche Mutter mag die letzten Groschen ihren verstorbenen Liebling dort draußen opfern, um ei nen wenn auch einfachen Kranz auf sein Grab zu legen, als Symbol und Beweis ihrer unveränderlichen Liebe. Schakespeare, der einer oer besten Kenner des mensch lichen Seelenleben« gewesen sein mag, weiß die Blumen in der vollsten Bedeutung zu schätzen und in „Cymbe- line" ruft der Freund dem Freunde zu: „ ... ich schmücke dir die Gruft, Sv lang ich hier bin und der Gommer währt, Mit schönen Blumen; fehlen soll dir nicht Die Primel, die so vlcich ist wie dein Antlitz. Die Hyacynthe, blau wie deine Adern, Die Hagrose, deren süßer Dust Doch deines Mundes Hauch nicht übertraf u. s. «- So greift man an diesem Tage gern nach jenem un- verwelklichen Gnaphalie» und Immortellen, welche mit ihren strohdürren Blumen nicht schwinden und «erblaffen auch die Aster kommt ihrer späten und la,gen Blühezeit halber viel zur Geltung. Aber dies alles ist daS Wenigste. Hauptsache ist und bleibt, daß die kleinste, noch so unscheinbarste Gabe dargebracht dem Andenken der verstorbenen Lieben, vom Herzen komme, dann schmückt sie daS Grab und ehrt den Geber. — Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den ST November- — Gras Hartenau ist gestorben, wie er gelebt hat, ^Nachdruck verboten. IseuiLl'eton. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. Ich spreche jedem Menschen nicht allein daS Recht, son dern auch die Pflicht zu, sich zu geben, wie er denkt, und zu reden, was er für recht hält. Mag der Tyrann, wel chen wir fälschlich als den guten Ton bezeichnen, auch je des Hervortreten der Eigenart eine- Menschen verdammen, mir ist «in solches doch ungleich lieber, als das Sichunter- ordnen deS Einzelnen unter die allgemeine Schablone, unter der mit der Zeit der Charakter erstickt und welche aus den von Gott al» selbstständig denkende Wesen ge schaffenen Mensche» dressirte Puppen macht." „Ich bin jedesmal erfreut," versetzte der Doktor, „wenn ich einen Menschen finde, welcher derartiges nicht allein denkt, sondern auch den Muth hat, es auSzusprechen und ich sehe schon, daß Frieda nicht fehlgegriffen hat, al» sie eine gewisse Uebereinstimmung zwischen un« annahm. Un ser geistige- Leben unterliegt der Mode kaum minder al ber Schnitt unserer Kleidung, und hier wie dort ist sie «ine Macht, der man sich nicht entziehen kann, ohne als in Original verschrieen zu «erden; da« aber ist nach der heutigen Auffassung so ziemlich da- Schlimmste, «a-einem Menschen pajsiren kann, denn jeder Lasse glaubt sich be rechtigt, seinen Spott an einem solchen von der Gesell schaft gleichsam Geächteten auszulassen. ES gehört deshalb in der Thal Murh dazu, heute der Narrheit de« grsßen Haufens entgegen zu treten, während man umgekehrt die größten Narrheiten begehen kann, ohne deshalb getadelt zu werden. Wir leben aber e-nmal in einer Zeit des Schein-; statt nach dem Kern Wird nur nach der Schale geurtheilt und deshalb macht nicht mehr der Charakter den Mann, sondern der Schein und der Erfolg, und der größte Lump wird geachtet, wenn er über beide« verfügt. Ich darf wohl annehmen, daß Sie auch den Anfang deS Gespräche zwischen mir und meiner Base gehört haben. Derjenige, um den e« sich dabei handelte, liefert einen Beweis für meine Behauptung. Frieda ist nämlich schon seit zwei Jahren mit dem Bruder Ihres Kollegen Langen heim, welcher gleichfalls Ingenieur ist, verlobt. Langen heim ist ein prächtiger Kerl, tüchtig und fleißig. Seine einzige Schwäche, wenn man es so nennen kann, ist eine fast übergroße Bescheidenheit, welche ihn verhindert, sich und seine Leistungen zur Geltung zu bringen. Er ist dabei in hohem Grade gutmüthig und eine offene Natur, welche von allen Menschen stets nur da» Beste denkt. Man hat ihn deshalb vielfach mißbraucht und Andere ha ben Lohn von dem geerntet, wa« er gethan hat. Da alle» sind keine Eigenschaften, welche geeignet waren, ihn dem Kommerzienrath zu empfehlen, der denn auch, als er die Verlobung erfuhr, alle ihm zu Gebote stehenden Mit tel in Bewegung gesetzt hat, um dem jungen Menschen zu schaben und ihn bei Seite zu schieben, was ihm leider bei nur zu vielen Gelegenheiten auch geglückt ist. Anstatt froh zu sein, daß sein« Tochter einen braven Mann be kommt, welcher alle Eigenschaften besitzt, um eine Frau glücklich zu machen, hat mein Onkel e« sich nun einmal in den Kvpf gesetzt, daß Frieda einen Mann nach seinem Sinn heirathen soll, da- heißt einen Geldmann. Wie der zukünftige Schwiegersohn sonst beschaffen ist, da« scheint ihm völlig gleichgültig zu sein; »en» derzeaige, welchen er allerdings ohne Erfolg in den Vorschlag gebracht hgt, ist, soweit ich ihn kenne, nichts weniger als empfehlen«- werth. Glücklicherweise besitzt Zrieda binreichende Festig keit, um allen seinen Bemühungen, sie unter dje Haube zu bringen, den nöthigen Widcistand entgegensetzen zu können. Sie wird entweder ihren Willen Durchsetzen oder gar nicht heirathen." Das Hinzutreten einiger der anderen Gäste gab dem Gespräche eine andere Richtung. Bald darauf ging man zu Tische und da hier bunte Reihe gemacht wurde und der Doktor an einen anderen Theil der langen Tafel ver schlagen wurde, so fanden die beiden neuen Bekannten während des Abend» keine Gelegenheit mehr, ihre begon nene Unterhaltung fortzusetzen. Felden sehnte lebhaft den Augenblick berbei, an wel chem es ihm gestattet sein würde, die Äesellichast zu vep. lassen und war deshalb erfreut, als der Doktor, früher al« er selbst an den Heimgang gedacht Halle, ihn aussuchte und den Vorschlag machte, unbemerkt mit ihm nach Hause zu gehen. Felden erklärte sich sogleich hierzu bereit und beide traten den Heimweg an. Al- sie ihre Wohnung ercei t hatten und vor der Thür de» Doktors anlangten, reichte Felben diesem dis Hand und sprach den Wunsch an-, das man sich »ach dem heutigen Abend häufiger sehen werde. »Sie kommen meinem Wunsche zuvor," sprach her Doktor; „doch ich denke, e» ist noch früh genug am Abepd, um unsere kaum angesponnene Bekanntschaft in aller Ruhe bet einer Eigarre und einer Lasse schwarzen Kaffes fester zu knüpfen. Wenn Sie noch io, wie ich e» d>n, zum Plaudern aufgelegt sind, so treten Sie bei mir ein. Hie finden meine Stube zur Aufnahme eine» Gaste» bereit,; denn es ist meine Gewohnheit, nach solchen Abenden noch einig« Zeit für mich zu sein."