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«ach Wunsch läuft. E« -lebt viele solcher Mißvergnügter und Besserwisser, denn in den IS Tagen der letzten Som mersitzung sind nicht wentger al» k»236 Petitionen ringe- laufen. — Die preußischen Gtaattdienstsendungen werden von der Post in Zukunft portofrei befördert. Preußen zahlt dafür 6 Millionen Mark jährlich an die Post. — Dir vrandenburgisehe Prvvinzialsynode, die sich be reit» für Verschärfung de» die Religionen schützenden K 16« de» Strafgesetzbuch« aussprach, will ferner Ken Sonn tag vom Fortbildung«unterrichte befreit, dir Religion«stun- den an den höheren Schule« vermehrt und die konfir- mirrie Jugend gesetzlich zum Besuch« der kirchlichen Unter redungen angehalten wissen. — Die ,Lib. Lorr." verbreitet mit der vorläufig noch unbestätigten Nachricht Schrecken, daß die Tabaksteuer 108 Millionen aufbringen soll«. — Die Beratungen der Fi nanzminister «einbauender deutscher Staaten in Berlin sind beendet und sollen zur Einigung über die Weinsteuer geführt haben. tFall» der Reich-tag diese Steuern ad- lehnt, werden die Einzelstaaten die Lasten auf ihre Schul tern nehmen müssen. Preußen wird dann die Einkom mensteuer um ein Drittel erhöhen. — Der Kampf «egen der Getretdezölle wird im Reichs tage nach seinem Wiederzusammentritt sofort entbrennen. Mit Rumänien ist ein neuer Handelsvertrag abgeschlos sen worden, und dieser bedarf noch der Genehmigung de» Reichstage». Rumänien hat Deutschland günstige Tarife gestellt, da aber eine Hand di« andere wäscht, so hat auch Deutschland nachgegeben und den Eingangszoll auf rumä nische- Getreide von 5 auf 3V, Mark herabgesetzt. Diese Herabsetzung nun wird der Funke sein, der im Reichs tage in ein Pulverfaß fallen wird. Die Bauernbündler und ihr Anhang kommen voll Ingrimm geladen: nicht heradsetzen, sondern erhöhen möchten sie den Tetreidrzoll! die schlech'e Rentabilität des Landbaue» hat sie seit langem schon in die übelste Stimmung versetzt, nun kann man sich im voraus einen Begriff machen, wie ihre Reden aus fallen «erden, wenn der Reichskanzler im Reichstage auftrelrn und die Mitteilung von der Herabsetzung des Getreidezolle» für Rumänien machen wird. Dem Reichs kanzler stehen üble Lage bevor. — Vom Fürsten Bismarck erzählt dir Münchener All gemeine Zeitung, bekannt ich eine» der Organe des Alt- zum andern hinau«gehen. Aus dem Parteitage in Köln wurde erklärt, daß dir sozialdemokratische Partei noch viel mehr Zeitungen gründen «erd«, wenn e< ihr nicht an Redakteuren fehle, vr. Schönlank erklärt«: „Ich hab« gesucht, «eine Freunde haben gesucht, wir habe« Nie mand gefunden. Zu diese« Poste» gehören nicht allein litterarisch, Kenntnisse, dazu gehört ein Politiker, dazu ge hört rin Charakter/ — Abermals sind in Berlin eine Anzahl Finanzmt- nister zusammengrtreten, kenn, «ährend Labak- und Vör- senfteuer feststehen, ist man noch nicht über die weinsteuer einig. — Wenn Fürst Bismarck auch körperlich noch der Erholung bedarf, so ist er doch geistig frisch und an seinem Aibeit-tische tu Friedrich-ruh mit Lesen und Schreiben wieder regelmäßig beschäftigt. Die Arbeit an seinen Memoiren war bereits längere Zeit vor seiner Eikrankung abgeschlossen, lieber ihr fernere« Schicksal find bt«her noch keine Bestim mungen getroffen worden. Was den Umfang dieser Denk würdigkeiten betrifft, so erfährt mau, daß fie etwa 2 stark« Bände füllen werden und in der Hauptsache de« Zweck ver folgen, eine Rechtfertigung der BiSmarck'schen Politik zu geben. Sie find vielmehr ein von großen Gedanken ge tragener Rechenschaftsbericht über die Geschäftsführung de» Fürsten in dem wichtigsten Abschnitt der deutschen Geschichte unsere» Jahrhundert», al- daß fie neue und überraschend« Ausschlüsse über die großen Begebenheiten und die Wende, punkte von 1861 und 70 böten. Auch dürste sich bei ihrer Veröffentlichung zeigen, daß über di« Vorgänge bei der Ent lassung de» Kanzler» bereit» hier und da in Broschüren bi» ins Einzelne zutreffende Mitteilungen gegeben worden find. — In Kaffel hat da» Bankhau» Pfeiffer L Hartdegen falliert. Die beiden Inhaber find flüchtig. Die Passiva sollen bedeutend sein; der Fall erregt große» Aufsehen. Der „FrankfurterZeitung" zufolge betragen di« Schulden 4 Mil lionen Mark. Jtalte». Die Handel-unterbilanz in Italien beträgt in den neun abgelaufenen Monaten diese» Jahre« 208 Millio nen, di« Einfuhr betrug S2>/, Millionen mehr, die Aut- fuhr 6 Millionen weniger al- im Vorjahr«. Sizilien. Avellan einen Blumenstrauß überreichen mußte. An Ge schenken bekam Avellan in Lyon: 12 herrliche Seiden- und Sammetkleider, 8 ebensolche Banner und 2600 seidene Taschentücher mit aufgedruckten Bildern und Sprüchen für seine Matrosen. Einige der russischen Offizier« konn ten nicht mit Avellan abreisrn, da sie «egen Uebermü- dnng erkrankt und hier verpflegt werden muhten. Der offiziöse „TempS" widmet den Russen einen recht nüchternen Nachruf. Er schreibt, weniger glatt, al« der Austausch von Liebenswürdigkeiten, entwickelte sich derje nige der Waren zwischen Frankreich und Rußtand. Frankreich habe im vorigen Jahre nm für 12 Millionen Waren nach Rußland au«-, dagegen von dort sür 160 der einberufen werden. — Preußen spart. Ein Teil der Eisenbahnbeamten be zieht eine sogenannt« Stellenzulage, die je nach der ver schiedenen Besoldung verschieden hoch bemessen ist und für solche Personen gewährt wird, deren Posten besondere An strengungen oder Gefahren in sich schließen. Die Höhe solcher Sonderbezüg« beläuft sich sür mittlere Beamte im merhin auf mehrere hundert Mark jährlich. Diese Stel lenzulagen sollen nun vom 1. April an gänzlich in Fort fall kommen. E» verlautet nichts davon, daß die betref fenden Beamten anderweitig entschädigt werden sollen. — Die Sozialdemokratie hat klarer als olle Parteien erkannt, daß die Wahlen nur durch die Presse gemacht werden und nicht durch schöne Reden, die 4 Wochen vor der Wahl gehalten werden und zu einem Ohre hinein-, Reichskanzler» —, daß er die Ernennung des General» In Sizilien nimmt die sozialistische Bewegung unter den v. Bronsart zum Kriegsminister al» „eine Leistung ersten Soldaten großen Umfang an. In Palermo wurden zwei N >nge», vor welcher er seine Kompliment mache", bezeich- Unteroffiziere wegen naher Beziehungen zu den soziali- net habe. ftischen Vereinen degradiert und nach Capri deportiert. — Auf Caprivi scheint der Karlsbader-Sprudel „ver- , , stimmend" gewirkt zu haben. Der früher sehr nachsich- Frankreich. tige Kanzler hat zur Zeit nicht weniger denn fünf Per- Die Lyoner Rufsenfeste standen an Prunk und Ueber- sonen der Presse wegen Beleidigung verklagen und eine maß nicht hinter den Parisern zurück. Neu war «ine verhaften taffen. , Nummer: Bei dem Festmahle im Gtadthause wurde näm- — Der Reichstag wird wahrscheinlich zum 1ö. Novem- lich rin Wickelkind im Kinderwagen hereingefahren, da» Millionen eingeführt. Der jetzt bestehende Handelsver trag gewähre keine Vorteil«. E« ist derselbe, den Rußland un« Deutfchen aufhängen «ächt«. Aus Sachsen und Umgegend. — Leider gilt nicht auch in Sachsen da« Gesetz per ehrenfesten Farmer de» freien Staate» Main«, daß vpn recht-wegen der Mann wiedergeprügelt wird, der sein« Frau schlägt. Böttchermeister Seidler in Lindenau, dfr, al« er »acht» 2 Uhr betrunken heimkehrte, sein« Frau mit einem Brecheisen niederschlug und fie dann ohnmäch tig und blutend liegen ließ, kommt nur auf drei Monate hinter Schloß und Riegel. — Ein Wagen der deutschen Straßenbahn-Gesellschaft in Dresden hat auf der Biktoriaftraße eine Frau über fahren und getötet. — Der sozialdemokratisch« Redakteur Trognitz in Zwik- kau wurde «egen Beleidigung durch die Presse zu b Mo naten Gefängnis verurteilt. — Leipzig, 23. Oktbr. Heute Nachmittag S Uhr wurde da» im nahen BorSdorf mit einem Kostenauswande von 110000 Mk. errichtete Frauenheim seierlichst ringe«,iht. Die Anstalt ist bestimmt, gefallene Mädchen und Frauen so lange auszunehmen und ihnen Beschäftigung zu geben, bi» ste Arbeit und Verdienst gefunden haben. Der Ge danke ist überau» zündend hier eingefallen, und in kurzer Zeit wurden 70000 Mk. gesammelt, den Rest wird rverk- thätige Christenliebe hoffentlich ebenfalls noch zusammen bringen. — Di« neue AndreaSkirche wird, wie nunmehr bestimmt feststeht, am 3. Dezember d. I. seierlichst einge- «eiht «erden. — Zu dem au» der Strafanstalt Zeitz entlassenen Arbeiter K. gesellte sich rin junger Mann, welcher ihn mit nach hier lockte, da er sich eine Barschast von 3S Mk. merken ließ. An einem einsamen Ort« zwischen Gohlis und Eutritzsch schlug der Begleiter plötz lich auf den Entlassenen mit einem schweren Stein lo», bi- er blutend zusammenbrach. Hinzukommende Personen vertrieben den Unhold, ehe er seinen Raub vollständig au-sühren konnte. K. kam ins Krankenhaus. Leipzig, den 21. Oktober. Heute Mittag stürzt« der obere Teil der 42 Meter hohen Dampfesse in der Wachs tuchfabrik von A. Schumann in Reudnitz zusammen — S Arbeiter wurden glücklicherweise nur leicht durch herab fallende Steine verletzt. Der Schaden ist recht erheblich, da mehrere Dächer durchgeschlagen wurden. Uebrigen» «ar auch di« erste Esse des genannten Etablissement» vor kurzer Zeit bereit» zusammengestürzt. — 7 der soeben in Sachse» eingestellten Rekruten kön nen weder lesen noch schreiben. Im ganzen Rei ch« befanden sich 680 Rekruten, die nicht im geringsten von de» Gedanken» Blässe angekränkelt waren. — Döbeln, 10. Oktb. In der Angst vor den Droh ungen seine» arbeitSicheuen, lüderlichen Vater» stürzte sich gestern nachmittag das 4 Jahre alte Kind de» Handar beiter» Fred» Haupt aus dem Fenster der im ersten Stock gelegenen Mahnung. Da» bedauernswerte Kind mußt« in» Krankenhaus gebracht werden, der rohe Vater aber wurde verhaftet. — Am Mntwoch abend entstand in einem Hause auf dem Topsmarkte in Plauen i. V. Feuer, welche» mit sol cher Schnelligkeit um sich griff, baß binnen kurzer Zeit fünf Wohnhäuser und einige Hintergebäude eingeäschert wurden. Ueber 40 Familien, von denen verschiedene nicht- von ihrer Habe gerettet Haden, sind obdachlos. — Im Wurzener Stadtpark soll ein Teich angelegt werden, dec mit Grotten und verschiedenen Anlagen ver sehen werden und 7000 Mk. kosten soll. Durch eine Lotterie soll Geld geschafft werden. weise ziemlich tief und fest in der Erde steckenden Steine an Ort und Stell« zu schaffen, wurden sie plötzlich durch Felden» großen Hund erschreckt, welcher in mächtigen Sä tzen herbeigecannt kam und di« beiden Mädchen mit freu digem Gebell begrüßte. Im nächsten Augenblick trat auch sein Herr au» dem Gebüsch. Obgleich die beiden Mädchen beim Erblicken des Hun de» die Arbeit eingestellt hatten, so ließen deren von der Erde beschmutzten Hände, wie die umherliegenden Steine doch leicht erkennen, wa» sie bezweckt hotten, und Felben schien sich über die Arbeit höchst zu belustigen. „Da ich mir selbst die Schule an Ihrem Mißgeschick beimessen muß," sprach er, „indem ich längst sür eine Erneuerung de» Stege- hätte Sorge tragen sollen, so ist'e» nicht mehr als billig, daß ich ihre Arbeit vollende." Sein Gewehr an einen Baum lehnens trat er hierauf in das Wasser und hatte in wenigen Minuten die Brücke vollendet, welche er dann, um die Probe sür ihre Brauch barkeit zu machen, zuerst überschritt. Ihm folgte Leonore, welche flüchtig wie eine Bachstelze herüdersprang. Wenngleich Gerda hinsichtlich einiger, gerade in der Mitt« de« Bache- liegender Steine, die sich unter Felren« Füßen sichtlich bewegt hatten, keine«weg» ganz beruhigigt «ar, so mochte ste doch ihre Besorgnis nicht laut werden lasten, um nicht dadurch dem Freiherr« vielleicht ueu« Mühe zu wachen. Vorsichtig jeden Stein mit den Fußspitzen prüfend, schritt sie vorwärt« und hatte glücklich die Milte erreicht, al» der dort liegende und noch wenig über da» hier etwa «inen Fuß tiefe Master hervorragende Stein unter ihr zu wan ken begann. Mit einem unwillkürlich «»»gestoßenen leisen Angstruf« rat sie rasch zurück und hatte dabei nun auch den dort liegenden Stein au» seiner Lag? gestoßen, so daß auch dieser bedenklich schwankte und sich schon in» nächsten Augenblick wohl ganz zur Seit« geneigt haben würde, wenn nicht Felden noch rechtzeitig herbeigesprungen wäre und Gerda in seinen Armen ausgefangrn hätte. Einem natürlichen Antrieb folgend, schlang diese wie hülsesuchend ihre Arme um seinen Nacken und hielt sich so fest, bi» er sie nach einigen Augenblicken wohlbehalten am Ufer aus die Erde niedergleiten ließ. Gerda stammelt« verwirrt einige Worte de» DankeS und schritt dann schnell die steile Uferbischuug hinan. Erst hier bemerkte ste, daß Felde« von dem sie geglaubt hatte, daß sein Weg ihn gleichfalls nach Hardenau führe, nicht mehr neben ihr war, sondern sich bereits lvieter jen seits des Bache» aus dem Rückwege nach seinem Schlöffe befand. Betroffen sah fie dem Davonschreitenden nach, der ohne Gruß von ihr gegangen war und jetzt mit einer Eile da- hinschritt, al- ob er nicht schnell genug au» ihrer Nähe hätte kommen können. Sie konnte kaum darüber in Zweifel sein, daß irgend etwa» den Freiherrn verletzt ha ben müsse, und sie machte sich, «ährend bei der Erinnerung an den eben erlebten Unfall «ine dunkle Blutwelle sich über ihr Gesicht ergoß, lebhafte Vorwürfe darüber, daß ste sich nicht bester beherrscht habe, l Während sie selbst nicht« sehnlicher wünschte, al« da eben Erlebte ungeschehen zu machen und die Erinnerung daran au» ihrem Getächtniß bannen zu können, fand Leonore den Spaß köstlich und trieb durch ihre in Harm» loser Weise gegebene Schilderung teffelben Gerd» vor Scham dir Lhränen in die Augen. Wenn e« noch jeder Andere grwesen, so würde ihr, da ste sich keine« Unrecht» bewußt und nur dem Eindruck« de» Augenblick» -«folgt »ar, «eniger daran gelegen haben; aber »»»gerade Felden e« gewesen war, der Mann, den sie von Allen, die st« kannte, am höchsten achtete und verehrte — sie hätte bei dem Gedanken in den Boden versinken mögen. Tief verstimmt langte sie auf dem Schlöffe an und würde sich am liebsten unter irgend einem Vorwand« auf ihr Zimmer zurückgezogen haben, wenn ste nicht gefürchtet hätte, daß dann Leonore beim Thee den Vorfall zur Sprache bringen werde. Sie schwebte während de» ganzen Abend« in fortwäh render geheimer Angst, daß diese in ihrer Unbefangenheit dennoch plaudern werde, und wenn fie auch da« Urthetl der Baronin geringer achtete, als dasjenige Felden», so würde ihr doch eine Erwähnung des Vorfalls überaus pein lich gewcsen sein. Zu ihrer Freude verlief der Abend, ohne daß da-, Wa ste befürchtete, eingetreten wäre und sie athmete erleichtert auf, al« sie endlich, nachdem Leonore zu Bett gegangen war, ihr stille» Zimmer aufsuchen konnte. Gerda hatte vollkommen richtig geschlossen, al« ste Fel den» seltsame« Benehmen auf Rechnung des Vorfall- am Bache gesetzt batte. Nun halte ste sich insofern dabei ge irrt, al« die Beweggründe, welche ibn bei seinem plötzli chen Abschiede geleitet hatten, andere waren, al« dl« von ihr angenommenen. Felden hatte nicht im Entferntesten daran gedacht, Ger da'» Benehmen einer Kritik zu unterziehen. Er hatte, wenn man überhaupt die Geistesthitigkeit, welche ihn in jenem Augenblick« erfüllte, al« er st« so plötzlich und ohne Abschied, in fast unhöflicher Weise stehen ließ, al« Denken bezeichnen wollte, »eniger an Gei da al« an sich selbst gedacht. Ein eigentliche» Denken «ar aber auch diese« nicht gewesen, vielmehr war da», wa» ihn in jenem Au genblick erfüllte, nur da» dunkle Gefühl eine» Unrecht» ge wesen. (F. ft)