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Allerthal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Airerhammer, Aelle-KlSfterlein, Nieder- u. Oberpfannenftiel, Lauter, Bockau und die umliegenden Ortschaften. Erscheint Sreitags u »-«»tck«». MdannementSprei» lncl. der 3 werihvollen Beilagen vierteljLhrlich mit Brinaerlohn 1 Ml. TV Ms. durch di« Post 1 M» Ml Gf. Mit 3 issvstrirten AeiSlätteru: Deutsches Aamittenblatt, Hute Heister, Zeitspiegek. Berantwortllcher Redakteur: G»U chegemetfte» in >«« (Erzgedirge). Redaktion u. Erpedition: M«e, Marktstrast«. Inserate die einspaltige CorpuSzeil« IO Pf., di« volle Seit« 30, '/, S. IS, '/« St. S Rk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanftalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. 6. Jahrgang. Mittwoch, dm 1. November 1893. No. 129. Bestellungen aus die HM- Auerthak-Ieitung "Mst <N». 66S der Leitungepreielift«) für Monat November n. Dezember werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus» trügern des Blattes, soivie den Landbriesträgern jederzeit gern angenommen. Hrpedition der „ Kuerthal-Zeitung," Lmell Zum Reformationsfeste. Noch heute, nach S7S Jahren, wird heftig zwischen Pro» testanlen und Katholiken darüber grstrillen, ob die Reformation eine Verbesserung, eine Klärung der Lehrsätze herdeigeführt habe oder nicht. Eine Umgestaltung vollzog sich dadurch aber ganz bestimmt, und uicht zum Schaden der Gesellschaft. Der katholische EleruS war zur damaligen Zeit nicht nur der Beherrscher der Seelen, sondern auch der des Besitze» und die Allmacht de» „Stellvertreter» Gotte» auf Erden* war eine fast unbeschränkt«. TetzelS Ablaßhandel («ine wahre Geldschwindlerei) halte unter dec deutschen Be völkerung tiefen Mißmulh hervorgeruseu u iü der Zündstoff der ReveUton gegen derartige Vorgänge war maffeuyasl in den Herze« vorhanden. Wenn durch Luther'» Anschlag der VS Thesen an die Schloßkirche zu Wittenoerg der proteftirende Gedanke zuerst greifbare Gestalt annahm, jo darf man trotz dem nicht glauben, daß dir Reformation ohne Luther nicht gekommen wäre; o ja! Viele Anzeichen kündeten schon seit lange da- Herannahen einer neuen Epoche de» Menschen» leben« an, d,e Erfindung der Buchdruckerkunst, die Erweiterung der Weltanschauung durch überseeische Entdeckungen, da» Auf leben der Künste und Wissenschaften, alle- drängte dazu, eine« Umschwung der religiösen Grundideen onzubahnrn. Di« Vorarbeiter der Reformation waren sehr besähigt« Köpfe und eia Wicliffe und Johann Hnß bleiben von unserer Re formation unzertrennlich. Demnach ist da» Eine nie außer Acht zu lassen. Es waren die eigensten und unveräußerlichsten Interessen de« frommen Gemüthes, die sich geltend machten und zu den ganzen veräußerlichten kircheuweseu in Opposition za treten wagten. Luther allein wär« da» Werk wohl kaum geluagrn, ihm standrn grwandt« und mit großrm Talent au»gtftattrt« Männer zur Leite, u. a. PH. Melanchton, ein Mann von großer dialrktrischer Gewandheit und überzeugender Bered« samke t. Semen Reben jauchzte da» Volk zu, denn er ver stand «».^ sich an die Seele de» Volke« zu wenden, zu spre chen von dem, wa» dem Volk nicht nur geistig, sondern auch leiblich Roth that, deshalb sein großer Erfolg. Durch die Reformation brach ein freier Geistetmorgea an, der wenigst««» in Etwa» dem kirchliche» Unwesen der damaligen Zeit steuerte. Zur Steuerfrage. Wenn sich unsere Finanzmänner weniger Mühe gäben wäre e« besser. Da quälen sie sich heute mit Statistiken über die Tabakindustrie herum und prüfen, wie sie die jetzige Steuer in eine Fabrikatstmer umwandrln können. Morgen fassen sie di« Brauereien in» Auge, übermorgen erregen die Nnzeigenteile der Zeitungen ihr Wohlgefallen. Baid grasen sie am Neckar, bald grafen sie am Rhein und freuen sich der rebenschweren Stöcke. Dazwilchenhtn- rin schauen sie, wie man au» dem Papiere der Quittun gen Gold machen könne. Äut> Vergleichen mit dem Aus land, suchen sie dann wibrr neue Opfer hervor. Wer weiß, über welche Industriellen binnen kurzem da» steuer schwere Gewitter Heraufziehen wird, da» jetzt schon besorg ten Tadaksabrckenten, mißmutig«» Winzern, murrenden Bauern, mißtrauische» Zeitung-Verlegern so schwül macht? So wird eine Industrie nach der andern beunruhigt we gen der ILO Millionen, die für» Heer aufzubringen find. Die aulbrechende Panik und die Ungewißheit lähmen den Unternehmungsgeist und verschlingen.«ehr, al- jene Mil lionen auSmachen. „Er nimmt die größten Leichtigkeiten mit den größten Schwierigkeiten" — diese heitere Kritik der Technik «ine» affektierten Klavierspieler- paßt trefflich auch auf den steuer» juchenden Miquel. Da versichert Eaprivi ausdrücklich, daß die Kosten nur auf starke Schultern gewälzt werden sollen. Die Tabaksteuer wird deshalb auch so zuzuschneiden ver sucht, daß die reichen Leute am meisten getroffen «erden. Auch da» Schwergewicht der etwaigen Biersteuer soll auf die Großbetrieb« gelegt werden. Die gefüllten Geldbeutel will man also treffen, aber um an diese» Ziel zu gelan gen, wandelt man auf weiten Umwegen über die blühen den Fluren einzelner Industrien und tritt sie nieder. Warum nicht aus gradem, glatten an« Ziel, Miquel? E> höhe die Einkommensteuer für alle Leute, die mehr al« 10000 oder 12000 Mark jährliches Einkommen haben. Dann sind alle getroffen, die du väterlich an« Herz schlie ßen wolltest: die reichen Tabakhändler und Zigarrenfabri kanten, die Zeitung-verleger und Brauer, sowie alle Leute, die «S dazu haben, Wein zu trinken. Auch die reichen Börsen-Spekulanten hängen dann mit an der Strippe, wenn ihnen auch noch eine Ertrasteuer aufzuzählen wäre — der Moral wegen, die sich gegen da« Spekulieren und Reichwerben ohne Arbeit empört. Nicht aber betroffen sind die verarmenden Winzer, sowie die mühseligen und beladenen Zigarrenmacher und die kleinen Brauer. Die Last ist aus viele Schultern verteilt, alle Industrien tragen bei und nicht bloß die drei oder vier jetzt alt Schlacht opfer auserkorenen Gewerbe. Kein Industrieller mehr fühlt da» Schwert de« Damokle» über sich hängen, tn allen Stätten de» Gewerbpeiße» kann ungehemmt die Maschine sausen. Kein Kontrolleur wird gebraucht, kein Apparat, der wieder zu einem Zehntel verschlingt, «a« aufgebracht ist. Auch der Sozialvemokratie «erden nicht neue Bataillon« zugesührt. Da» Bild liegt so verlockend nahe und ist auch k«in leerer Schemen; warum greift man nicht nach ihm? Diese Steuer braucht nicht einmal al« direkt« Reichssteuer angesehen zu werden, dann «au kann sie durch die Bundesstaaten mit kassieren und dann «n» Reich abliesern lassen. Was diese« Verfahren entgegen steht, können höchsten- bürokratische Bedenken sein »»äh rend sich gegen Tabak-, Bier-, Branntwein- und Anzei gensteuer Tausende bedrohter Existenzen «ehren. Wa» wiegt schwerer? Politische Nachrichten. Deutschland. Berlin, den SO. October. — Ein« Petition an de» Reichstag ist dir ultima ra- Üo aller derer» denen die Gesetzgebungs-Maschine nicht Flachdruck »verbeten. JeuMeLon. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. Sie find nun schon eine Reihe von Wochen Mitbe wohnerin von Schloß Hardenau," fuhr er fort, „und werden während dieser Zeit hinreichend Gelegenheit gehabt haben, di« Menschen und Verhältnisse hier kennen zu lernen. Daß Ihnen dabei manche», wa» Sie hier ge- sunden haben, wenig zusagt, kann ich mir denken, und daß Sie sich so viel al» möglich in sich selbst zurückjiehen, ist ja nur zu natürlich, und ich selbst würde r- unter den obwaltenden Berhättniffen in Ihrer Lage ebenso machen. Dennoch geht die Bitte, welche ich an Sie richten wollte, gerade dahin, daß Sie für die Folgezeit au» Ihrer Zu rückhaltung hervortteien und so viel al« irgend möglich mit Klothilde zu verkehren suchen." „So gern ich Ihnen auch sonst jeden Wunsch erfüllen Würde,- versetzte Gerda, „so bedauere ich doch, in diesem Falle dazu außer Stande zu sein ; denn ich habe Grund -u der Annahme, daß dem gnädigen Fräulein wenig mit einem solchen Umgang gedient sein würde, dessen Zweck ich dkShalb auch nicht zu erkennen vermag.„ „Der Zweck, den ich dabei i« Auge habe," versetzte Felde», „ist der, daß ich durch einen näheren verkehr zwischen Ihnen und Klothilde dem ungünstigen Einfluß, welchen mein« zukknftige Echw.egermutter aus dies« auLub», entgeg,nzmo»rken hoffe." „Ich bin Ihnen für die gute Meinung, welche Sie von mir zu haben icheinen, sehr verbunden, fürchte aber, daß sie mich und meine» etwaigen Einfluß auf da» gnädige Fräulein wohl etwa- überschätzen." „Ich glaube da» Gegenlheil. Ihr Einfluß auf Leonor« ist ungeachtet der erst kurzen Zeit Ihre» Hiersein- ein überaus günstiger, — selbst di« Baronin erkennt da» an. Warum sollte r» bei Klothilde ander« sein, di« leider zu lange schon in unrechten Händen gewesen ist. Ich weiß, daß Sie mir mit der Erfüllung meiner Bitte ein nicht ge ringes persönliche- Opfer bringen, indem Sie die Zeit ihrer Freiheit, Ihre schönen Sparziergänge in Wald nnd 'Felo, mit der Gesellschaft der Baronin vertauschen, welch« Sie nun einmal mit in den Kauf nehmen müssen. Ich möchte Sie hierbei au da» erinnert», wa» Sie mir noch jüngst über Ihre Auffassung de» Leben» gesagt haben; baß dasselbe für jeden Menschen die Verpflichtung in sich schließe, mit ganzer Kraft seinen Mitmenschen zu dienen. Hier ist Ihnen Gelegenheit gegeben, da« zu thu«, und zwar müssen Sie e» hier selbst auf di« Gefahr hin thun, daß Ihr Opfer von derjenigen, welcher e« gilt, anfang»! vielleicht widerwillig ausgenommen wird. Bon dem Dienst, den Sie mir damit erweisen, «,ll ich hier nicht reden,! denn ich hab« ja eigentlich gar nicht da» Recht, »inen solchen von Ihnen zu beanspruchen. Da» Gefühl, zur Erziehung einer an sich edlen, avrr durch ungünstige äußer» Einflüsse in ihrer gesunden Entwickelung gehemmten Na- tur beitragen zu helfen, muß Sie, soweit ich Ihr« Den- kungtart zu kennen glaub«, für da« von Ihnen verlangt« Opfer entschädigen." Gerd» suchte vergeben- nach einer Antwort. Sie hatte, al» Aelden von Klothilden- edler Natur sprach, da« ihrige darüber gedacht, ohne r« ,u»zusprechen. Felden mußt« völ lig blind sein, und st« bedauerte jetzt fast, daß sie ihn gehindert halte, zu der Rosenlaube zu gehen, u« dort jene edle Natur kennen zu lernen, ehe e« für ihn zu spät war. Zu ihrer Freu« wurde sie durch di« Rückkehr der Kinder einer Antwort überhoben und Felde», welcher Gerd»'« Schweigen al» Zustimmung zu betrachten schien, lenktr da» Gespräch nun auf einen anderen Gegenstand über. Erst al- man sich trennt« und er Gerda zum Abschiede die Hand reichte, kam er daraus zürück, indem er ihr leis« zuflüsterte: „E- bleibt bei unserer Verabredung." Ein sonniger Herbstnachmittag hatte Gerd« mit ihrer Schülerin einmal wieoer «eit hinaus tn den Wald gelockt. Bald hier, bald dort hatte eine au» dem Gebüsch hervor leuchtende Blume Beide von dem Wege ab in die »ildniß geführt, bi« endlich der herannahende Abend sie zur Heim kehr mahnte. Man wählte nun, um keine Zeit zu ver lieren, den geradesten Weg. Dieser wurde dort, wo di« Gebiete von Felden und Hardenau sich berührten, von einem zwar nicht sehr tiefen, aber breiten Bach« gekreuzt, und al« man denselben erreicht hatte, zeigt« sich daß der .Steg fehle. Der Weg wurde nur sehr selten von Jemandem benutzt und so mochte weder der Baron noch Felden, denen der Steg gemeinschaftlich gehörte, daran gedacht Haden, da« beim lrtzten Gewitterregen «eggeschwemmte alt« Brett durch «in neue« ersetzen zu lassen. Da» Aussuchen de« nächsten über den Vach führenden Stege» würde mit einem Umweg von etwa einer Viertel- stunde verbunden gewesen sein. Leonor« «achte de-halb den Vorschlag, zu versuchen, ob man nicht mit Hülfe »er zahlreichen am Rande de« Bache« liegenden großen Stein« einen Nothwrg Herstellen könne. Dieser Vorschlag fand Gerda'» Beifall und Leide legten, um kein« Zett zu ver lieren, sogleich Hand an da« Werk. Während st« eifrig beschäftig waren bk schwere« thril-