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Aukchal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, Zelle-Klösterlein, Nieder- u. Oberpfannenstiel, Lauter, Bockau, Bernsbach und die urrrliegenden.Ortschafterr. Erlcbeiiu «U«wo«», Krettags u. »-««tag». Mbonnementspreis iticl. der 3 wertbvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 NU. 2V Pf. durch die Post 1 Pi. 28 Pf. Mt 3 issustrirten ZLeiölättern: Deutsches Aa mitten blatt, Hute Heister, Aeitspieget. Verantwortlicher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Ai»«, Marktstraße. Inserate die einspaltige Eorpuszeile 1V Pf», die volle Seite 30, >/r S. 20, >/« St. 6 Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriesträger nehmen Bestellungen an. No. 115. Freitag, den 29. September 1893. 6. Jahrgang. Bekanntmachung. Am 30. September laufenden Jahres werden 1„ die Ablösungs-Rente« für den III. Termin 1893, sowie S., die Einkommensteuer für den II. Termin 1893 mit Zuschlag zur Handels» und Gewerbekammer und am 1. Oktober diese- Jahres werden die Brandveeficherungsbeiträge für den II. Termin 1893 (nach Höhe von 1>/, Pfg. für 1 Beitragseinheit) illlig. Zur Vermeidung des Mahn, und bez. Zwangsvollstreckungs-Verfahren- sind diese Abgaben, und z.^ar die Ablösungsreute« am Fälligkeitstag»', den 30. dieses Monats, die Einkommensteuer spätestens am 21. Oktober lausenden Jahres und die Brandkassenbeiträge längstens bis zum 8. Oktober an unsere Stadtsteuer-Einnahme abzuführen. Aue, am 23. September 1893. Der HlcrLH der Stadt. Or. Kretz sch mar. Krch. Bestellungen auf di« IE" Auerthat-Aeitung "WU (No. 665 der Leitung-Preisliste) für das 4. Quartal 1893 werben in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus» träger» de» Blattes, sowie den Landbriesträgern jederzeit gern angenommen. Hrpedition der „ Auerts-at-Aeitrlng," Nordamerikanische Colonisation. Am 16. Sept, ist ein weites, den Cherokesen „auf ewig" zugewiesrne» Gebiet den Weißen ausgeliefert worden. Lange vor Tagesanbruch versammelten sich Tausende von Menschen auf der Santa Ftz-Station, wo Eisenbahnzüge vereit standen, um die Männer, Frauen und Kinder auf- zunehmen, die sich in dem versprochenen Lanve eine neue Heimat zu gründen hoffen. Fünfzehntausend Menschen versuchten in dem Zuge, der zuerst abgehen sollte, Platz zu finden, allein da der Zug nur sür 2000 Personen Raum halte, so setzten sich viele auf die Dächer der Wa gen. Zm ganzen dürften 150000 Personen an der 600 Kilometer langen Eisenbahnlinie Karten ;ur Fahrt nach dem gelobten Lande genommen haben. Die Regierung hatte nur 2S0 Soldaten zur Aufrechterhaltung der Ord nung aufgedoten, allein trotzdem versuchte niemand vor dem angrsetzten Termin in das Gebiet einzubrechen. Punkt 12 Uhr mittag- verkündete ein Kanonenschuß, welcher aus der Milte der Bundessoldaten abgegeben wurde, oie Eiöfs- nung des Gebiets und weitere Schüsse längs der Linie trugen die Kunde weiter. Sofort stürzte die harrende Menge vorwärts, die einen zu Pferde, dteanoern in leich ten und schweren Wagen — alle aber peitschten ihre Pferde erbarmungslos, um sie zur größten Elle anzuspor- nen. Nicht wenige ab-r eilten zu Fuß in das eröffnete Ge biet. Die Eisenbahnzüge, die gestern Abend und heute Morgen hier eintrafen, waren bis zum Aeußersten gefüllt — die Leute standen auf den Plattformen und saßen auf den Dächern und als die Züge in Perry in Kansas an langten, stiegen die Leute aus den Wagensenitern heraus, um in den E^erokee Strip zu eilen. Sobald die ange henden Unsteter am Landbüro eintrafen, legten ^i .' sofort Beschlag auf das zunächst liegende Land und nach allen Richtungen wurden neue Städte abgesteckt. Um 2 Uhr nachmittags waren 20000 Männer, Frauen und Kinder von einem Dutzend Nationalitäten an der Stelle versam melt, wo eine große Stadt entstehen soll. Die lange traurige Geschichte der Ausrottung der nord amerikanischen Indianer durch die .Bleichgesichter" hat hierdurch eine Seite mehr zu verzeichnen. Ei» weiter Be zirk des indianischen Gebietes im Norden von Texas ist wiederum den weißen Ansiedlern geöffnet worden. Es handelt sich um einen Länderstrich von 6 Millionen Acker im nordwestlichen Winkel des Jndianerterritoriums. Im Jahre 1891 fand die letzte Vertreibung der Rothäute aus ihrem eigenen Gebiete statt. Im Jahre 1892 hatten die bereits auf 2000000 Köpfe verringerten Indianer ziemlich ruhige Tage, aber 1893 soll eS um so schlimmer für sie werden. Die im Territorium lebenden Chirokesen, Semni- olen und andere Stämme haben von oen Usern des At lantischen Ozeans an um jeden Fuß ihres Gebietes ge statten, bis sie mr Jahre 1830 alle zusammen gefangen und in das Jndianerterrilonum gebracht wurden, wo sie ein Vaterland haben sollten. Aber der Iankee hält sein Versprechen nicht. Dabei sind die Chirokesen nicht — wie O»kel Sam sich gewöhnlich ansdrückt — „eine Hand voll Leute, welebc ohne jeden Nutzen weite, durch Gatt zur Ernährung einer zahneichen Bevölkerung bestimmte Länder besitzendieje Indianer gegoren ;u den wenigen Stämmen, welche eine stets wachsend« Bevölkerung von Ackerbauern haben, sie sind bereits so „zivilisiert", daß sie früher schwarze Sklaven besaßen und am Sezeisionükriege sich stark beteiligten. Mit den um sie herum wohnenden Stämmen bilden sie eine Art Konföderation nach dem Muster der großen nordamcrikanischen Union. Ein Par lament, welches ein offizielles Blatt zum Organe hat, re gelt ihre inneren Ange egenheiten. Wenn die Weißen sich das Recht erwerben wollten, sich auf ihrem Territo rium anzusiedeln, so müssen sie eine Indianerin heiraten oder sich naturalisieren lassen. Es ist also durchaus kein Bedürfnis vorhanden, diese Indianer zu verdrängen, sie passen sich »ach und nach den Sitten der Weißen an; aber alles dieses kann sie nicht gegen das Recht des Stärkeren schützen. In diesen Tagen werden die nahezu 200000 Weißen, welch« bisher di« Grenzen des mit nei dischen Blicken betrachteten Landes belagerten, ein großes Wettrennen veranstalten, um so schnell als möglich in die besten Striche deS neuen Landes zu gelangen und von den üppigsten Plätzen Besitz zu nehmen. Nur ein ganz sNachdrmk verboten.) Jeuill'eton. Die Gouvernante. Roman von Rudolf Scipio. Fortsetzung. Am dritten Tage wurde die Todte auf dem mit tiefen, Schnee bedeckten Friedhöfe in die stille Gruft gesenkt. Der Kapellmeister war der Einzige, der sie dorthin begleitete, denn e» wa- ja Niemand in der großen Stadt, der an dem Schicksal der Armen, die hier nach langem Kampfe mit den Stürmen des Lebens Ruhe fand, Antheil genom men hätte. Sie durfte jetzt ruhig schlafen, denn der Ka pellmeister welcher ihr die erste Hand voll Erde aus den Sarg warf, gelobte sich dabei, hinfort an dem verwaisten Kinde Vaterstelle zu vertreten. Weit ab von jeder größeren VerkehrSstraße, inmitten einer stillen, grünen Berg- und Waldwildniß liegen Schloß und Dorf Felde». Wir et« König unter seinen Vasallen, so steht der Burg berg da. Vornehm von allen sich absondernd, erhebt er sich steil aus der Mitt« eines von hohen Waldbergen um gebenen Lhalrt. Ein runder Thurm krönte die Seite desselben, dessen aus dem Gestein de» Berge» errichtete mächtige dunkle Maste mit diesem ein« zu sein scheint. Heut« liegt der alte Thurm allein da auf seiner Höhe. DI« Burg, welche vormal» den engen Raum aus der Spitz« de» Berge» mit ihm lheilte, ist unter den Stürmen einer wilden Zeit in Trümmern gesunken. Da- im Geschmack de» siebzehnten Jahrhundert» errichtete neu« Herrrnhan» ist eine Stufe weiter hinab gelegt und steht mit bemalten Bergfried nur noch durch die an dessen Fuß sich anleh- nende „Rentei" in Verbindung. Das Bild, welches sich dem Beschauer von der Höhe des Burgberges darbietet, ist ein friedliches und heiteres. Ueberall in den benachbarten Schluchten und Thälern gewahrt man emsiges Leben, läng» dem munter dahin rauschenden Gebirgsbache lugen die dunklen Dächer und Schlote von klappernden Hammerwerken durch das frische Grün; weiter hinaus, wo daS Thal sich weitet, sendet eine Eisenhütte ihre dunklen Rauchwolken empor, und daß e» ihr nicht an dem nöthigen Brande fehle, dafür sorgen alle die zahlreichen Meiler, deren blaue Rauchwölkchen sich weiter hinaus über den Wipfeln des Forstes kräuseln. Hämmer, Hütte und Meiler bilden zugleich die Vorbe dingung sür bas Bestehen de» Dörfchens oder der „Frei heit" Felde», welche sich drunten am Fuße des Burgber ge» an beiden Ufern des Bache» dahinzieht. Es ist ein Geschlecht von Cyklopen, welches sich im Lause der Zeit hier heranbildet und fern von der Welt ein« urwüchsige, kräftige Eigenart sich geschaffen und erhalten hat. Da- bunte, geschäftige Treiben, welche» seit Jahrhun derten schon dieses entlegene Thal erfüllt, hat indessen noch nicht, wie da» an so manchen unserer modernen Jn- dustriestätten der Fall ist, die Ursprünglichkeit und Frische desselben zu vermindern vermocht. Alle jene dunklen Dä cher und rauchigen Hütten in ihrer malerischen Einfach heit erscheinen mit den sie umgebenden Bergen und Wäldern al» von der Natur selbst geschaffen. Ueberall zwischen die schwarzen Dächer drängt sich wieder der Wald, und di« Gnomen und Kobolde, welche in Hütte und Hammer zwischen Erz und Gestein ihr Wesen trei ben, halten mit den lustigen Wald- und Wassergeistern de» Thale» gute Nachbarschaft und Helsen gemeinsam mit diesen den geheimnißvollen Zauber spinnen, der hier über Allem ruht. Während so ringsumher, wohin das Auge blickt, frisches, fröhliches Leben kreist, schaut der alte Thurm, der daS Alles am bequemsten und besten sehen kann, recht mür risch und finster von seiner Höhe hernieder. Wer indessen den Kummer des alten grauen Gesellen errathen hätte, der so manches Jahrhundert lang schon das Thal bewacht, Geschlecht auf Geschlecht hat kommen und gehen sehen und etwas von der Kunst versteht, durch die Mauern zu blicken, das würde es ihm am Ende nicht übel nehmen, daß ihm manches, was er da beobachtet, nicht gefallen will. Nicht di« dort längst dem rauschenden Hammerbache zwischen Obstbänmen und hochrankenden Bohnenfeloern her vorlugenden Hütten der Arbeiter sinv es, wa- ihm die Laune verdirbt; denn dort geht es auch heute noch nicht anders zu, als er von Alters her gewohnt ist. Nach wie vor herrschen dort neben harter Arbeit Friede und Genüg samkeit, und eine muntere Scharr kräftiger pausbäckiger Buben mit blauen und schwarzen Augen, blonden und dunklen Köpfen, die sich mit frohem Jubelgeschrei drüben auf der Hammerwiese balgen, bieten auch sür die Zukunft jener Cyklopen-Kolonne eine beruhigende Bürgschaft. Anders im Herrenhause. Dort ist es gegen früher ein sam und still geworden. Der gnädige Herr, ehemals ein so lustiger Offizier, wie nur einer beim Regiment« «ar, sitzt, seit er sein einzige» Kind durch grausame Härte aus dem Vaterhause getrieben und «S dann verflucht und ver stoßen hat, einsam in seinem weiten Schlosse und härmt sich im Stillen, während ein naher Verwandter, ein Herr von Binnichts und Habenichts, der di« eigentliche Ursache des Bruches zwischen Vater und Tochter gewesen ist und sich schon jetzt al» lachender Erbe in da» warme^N«st ge-