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Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezirk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Dies Blatt enthält die amffichen Bekanntmachungen der Amsthaupt- Mannschaft, der Schulinspektlon und de« Harqttzollamt» zu Bautzen, des Amtsgericht», de» Finanzamtes und de» Ttadtrat» zu DischofswerdL Unabhängige Zeitung fvr alle Stünde in Stadt und Land. DtchtesteDerbreitung inallenBolksschichten Beilagen: Sonntag--Untechaltm^sblatt und Smrdwirtschastliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt 18. - Druck und Verlag von Friedrich May G. m.dH. in Bischofswerda. FernsprecherRr. 414und 44S Fretta-, de« 2. Oktober 1925 Nr. 230 »olitlscher Hinsicht weiter -'M zu ten. Stn solcher Gr ünd den Leitern der alffch und materiell etwa der in Aussicht genommene Sicherheitsparr, oer zwar «hlreuye stMMMe und postttfth« Klauseln bringen wird, der ober auf der anderen Seite erst nach immer Zeit der Ueberwindun- aeaenieitiaer Soatmunaen auf «ine wirtlich dauerhaft« Tschitscherin in Berlin. Berlin, 1. Oktober. (Bon unserem Berliner Vertreter.) Anwesenheit des russischen Außenministers Tschitscherin wiederholt kleinere Reibereien gegeben, aber solche unver meidlichen Zwischenfälle konnten trotz der vielfachen lieber- treibungen und Aufbauschungen nichts an der Tatsache ändern, daß Deutschland weder bewußt noch unbewußt jemals eine rußlandfeindliche Politik teilen konnte, und daß umgekehrt Rußland es irgendwie unternehmen würden sich einer gegen Deutschland gerichteten Politik anzu schließen. England und Frankreich haben des öfteren den Versuch gemacht, Deutschland gegen Rußland oder umgekehrt Ruß land gegen Deutschland auszuspielen. Man erinnert sich noch der Umstände, die die damalige deutsche Reichsregie rung zur Zeit der Konferenz von Genua veranlaßt hatte, sofort den Rapallo-Vertrag abzuschließen und die deutsch russischen Beziehungen zu festigen. Bekanntlich war damals Deutschland die erste europäische Großmacht, die die offen« de jure Anerkennung Sowjet-Rußlands ausgesprochen und damit der russischen Sowjet-Republik einen unvergäng lichen Dienst geleistet hat. Heute ist es kein Geheimnis mehr, daß wenige Tage vor dem Rapallo-Vertrag von französi scher Seite ein offizielles Angebot an die russische Sowjet- Republik ergangen war, das, wenn Moskau sich darauf eingelassen hätte, für Deutschland ein schwerer Schlag be deutet haben würde. Die französische Regierung suchte da- mAp den Moskauer Staatsmännern klar zu machen, daß es mit französischer Hilfe gelingen könnte, ganz erhebliche Reparationsansprüche an Deutschland durchzchetzen und daß Frankreich im Falle der Anerkennung der alten Aaren schulden durch die russische Sowjet-Republik bereit fein sein würde, die Garantie für die Einhaltung der russischen Reparationsansprüche an Deutschland zu übernehmen. Deutschland wäre also in die äußerst schwierig« Situation geraten, auch noch Reparationen an Rußland zahlen zu müssen. Auf Anregung der Moskauer Diplomatie ist dann der Rapallovertrag zustande gekommen. Durch diesen Ver trag verzichteten beide Länder auf gegenseitige Repara tion»- oder Entschädigungsansprüche, so daß damit der französisch« Plan endgültig ins Scheitern gebracht wurde und auf alle Zukunft hinaus kein« Aussicht mehr auf Ver wirklichung hat. Dieser kleine geschichtliche Rückblick war unbedingt not wendig, mn die große Bedeutung des gegenwärtigen per- sönlichen Besuches des russischen Außenministers Tschitsche rin würdigen zu könne«. Die ganze dewsche Außenpolitik würde ihren Sinn verlieren, wenn di« Abmachungen ' Stcherheitspakte» und der Eintritt Deutschland» in Völkerbund dazu führen könnte» Die . , .... „ in Berlin kann al» ein Ereignis von großer politischer Be deutung angesprochen werden, denn sie fällt in eine Zeit schwierigster und verantwortungsvollster Entscheidungen. Sowohl die Außenpolitik Deutschlands als auch die der ihm befreundeten Sowjet-Republik steht an einem Wende punkt, wo die ganze europäische Konstellation zu einer Um gruppierung der Kräfte und zu einer Anpassung des jewei ligen politischen Kurses an die grundlegenden Reformen der Zukunft erfordern. Wir erfahren aus sehr zuverlässiger Quelle, daß die Unterhaltungen, die Tschitscherin mit den Ahrenden deutschen Staatsmännern führen wird, sich in der Haupffache nur auf einen gegenseitigen Meinungsaus tausch beschränken werden und daß man von vornherein da raus verzichtet, irgendwelche festumrissenen ZukOlftspläne zu erörtern. Der Weg, den die deutsche Politik in den nächsten Jahren gehen wird, ist klar genug vorgezeichnet, um ein für allemal «in Lbweichen von der eingeschlagenen Linie aus dem Bereich der Erwägungen heraus zu streichen. An der Situation, wie sie sich jetzt vor der Eröffnung der Sicherheitskonferenz in Locarno darstellt, kack» der Besuch des russischen Außenministers ebensowenig ändern wie etwa die mißglückte Auseinandersetzung über die Kriegs- chuldfraae, die bei der Größe der zur Behandlung stehen- >en Problem« doch nur eine nebensächliche Rolle spielen kann. Die Bedeutung der bevorstehenden Zusammenkunft Tschitscherins mit dem Reichskanzler Dr. Luther und Reichsaußenministrr vr. Stresemann liegt einzig und allein darin, daß die Vertreter der beiderseitigen Regierungen demonstrativ dartun werden, daß weder Deutschland gegen, Rußland noch Rußland gegen Deutschland ausgespielt wer- den kann. Die bevorstehenden internationalen Ab machungen sollen an den bisherigen Beziehungen zwischen den beiden Ländern, nichts ändern, sondern man will nach Lagesschau. * Die deutsche Delegation zur Pakttouferenz in Locarno wird am Freitag abend S Uhr von Berlin abreffen. * Zu Ehren des russisches Außenminister« Tschitscherin, der am Mittwoch in Berlin eingetroffen ist, veranstaltete der Reichsaußenmiuister eia Esse«, zu dem eine größer« Zahl Persönlichkeiten geladen war. Der Refereuteveulwurs eine, Reichvschulgesehe» wird wahrscheinlich noch einige Aeuderuagea erfahren, bevor er dem Reichskabinett vorgelegt wird. Nach den neuesten Meldungen aus Syrien haben die ia einer dreitägigen Schlacht bei Sueida eine n. Die Drusen haben die Zitadelle die Stadt in Brand gesteckt. Der polnische MalpeqwSfideut Grabski hat sich ange sichts der kritischen Wirtschaftslage Polens für eine Dirk schtfftsverstäudiguag mit Deutschland ausgesprochen. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden di« Leser Aus- sührliche» an anderer Stell«. Aranzosen ia schwere Nieder! von Sueida ze Deutschland auf lange Zeit hinaus in zwei feindliche Teile gespalten geblieben. Hindenburg hat an Stelle einseitiger . Porteipolitit den Seist wahrer Volksgemeinschaft verkün det, weshalb seine Wahl gerade von denen so erbittert be kämpft wurde, denen nichts widerwilliger ist als nationaler Ausgleich und innere Versöhnung. Unter dem Deckmantel geheuchelter Verehrung und angeblicher Sorge um den Feldmarschall hatte man das deutsche Volk von seiner Wahl abzuschrecken versucht. Aber das für diesen Zweck erfun dene Märchen von dem hilflosen Greis ist inzwischen völlig verstummt. Reichspräsident Hindenburg steht nicht nur vor den Augen seines Boltes, sondern vor der ganzen Welt achtunggebietend da, wie ihn mit unverhohlenem Mißver gnügen der deutschfeindliche Amsterdamer „Telegraas" ein- mol zeichnete: „Der alt« Feldmarschall wie ein eckiger, unbeweglicher Fels unter der Schar der Parlamentarier . . . Jeder er staunt über die natürliche Kraft, die von ihm ausströmt, an dem die Zeit spurlos vorübergegangen zu sein scheint. Allein schon die äußere Erscheinung erweckt den Eindruck einer un endlichen Sicherheit und Ruhe." Wie oft hat man im Lager der Gegner seiner Wahl prophezeit, daß Hindenburg in di« Abhängigkeit irgend einer politischen Clique geraten müßte! Eine Unterstellung, die doppelt verletzend einem Manne gegenüber ist, der sich M einem langen, erfüWeichtt« Lebe« Ms gegen seine Um- gebtmg durchgesetzt hat, und dessen Männesstolz jedes Der- leugnen seiner Ueberzeugung fremd ist. Ein halbes Jahr seiner Amtsführung hat genügt, um seine starke Selbstän digkeit auch auf politischem Gebiet offenbar werden zu las sen, und die Eingeweihten wissen, daß er allen seinen Amts handlungen, selbst den scheinbar unbedeutenden, seinen per sönlichen Stempel aufdrückt. Heute ist auch nicht mehr der geringste Zweifel daran erlaubt, daß Reichspräsident Hindenburg seines hohen Iu Hin-en-vr-s Geburislag. Jedes Volt hat Sitte instinktive Treffsicherheit in der Wahl seiner Helden, wobei ihm mehr noch als geschichtliche Großtaten Charakter- Md Seelenstärke maßgebend sind. Der Sieger von Tannenberg, der wie ein Symbol deutscher Größe aus gewaltigen Tagen in die Gegenwart hineinragt, ist nicht nur durch seine unsterblichen Leistungen im Welt kriege zum volkstümlichsten Deutschen geworden, sondern ebensosehr durch die hoheitsoolle Würde Md schlichte Ge diegenheit seiner Persönlichkeit, in deren Züge Weisheit, Güte und Sorgen um das Vaterland ihre Linien gezogen haben und in denen sich bestes deutsches Wesen verkörpert. Hindenburg, dem Volksheros» schlagen am 2. Oktober, an dem er sein 78. Lebensjahr vollendet, die Herzen seines Volkes in Dankbarkeit und Liebe entgegen. Nach den schweren Jahren des Krieges, in denen er das deutsche Volk in Waffen so ost zu strahlenden Siegen geführt hat, würde kein billig Denkender es ihm verargt ha ben, wenn er die Bürde seines Amtes niedergelegt hätte. Aber für den in der harten Schule der Pflichterfüllung ge stählten Feldherrn gab es kein bequemes Zurückziehen. Inmitten revolutionärer Wirren hielt er auf seinem Posten aus, um seinem Volk in den furchtbaren Stunden des Zu sammenbruchs ein Vorbild mannhafter Vaterlandsliebe zu sein. Ihm war bewußt, allein noch die Autorität zu haben, um dem Chaos vorzubeugen. So ragte seine unantastbare Persönlichkeit in ruhiger Festigkeit über dem wüsten no vemberlichen Treiben, für das die Faustworte gelten: „Sie streiten sich» so heißsts, um Freiheitsrechte; Genau beseh'», sind's Knechte gegen Knechte." Als dann nach Jahren wachsender Konsolidierung der Reichsblock vor der Aufgabe stand, einen Kandidaten für das Amt des Reichspräsidenten aufzustellen, der eine über parteiliche Führung der Geschäfte Md ein« politische Ent wicklung garantiert, die uns aus dem Uebermaß unseres parteipolitischen Betriebes herauszuheben vermöchte, fiel die Wahl schließlich mit zwingender Notwendigkeit auf Hin denburg. Und wieder war dem Feldmarschall der Gedanke an eine Flucht aus der Verantwortung fremd, al, der Ruf des Vaterlandes in die Behaglichkeit und den Frieden sei nes Heims nach Hannover drang. Nicht Ehrgeiz Md Machthunger haben ihn geleitet, sondern das ihn auszeich nende tiefe Pflichtgefühl, dem er bei Antritt seine« hohen Amtes ergreifenden Ausdruck in jenen schlichten Kundge bungen verliehen hat, die in ihrem persönlichen Stil so wohltuend^ abstechen gegen da» hohle Pathos politischer Routiniers. Die Wahl Hindenburg» war ein Bekenntnis unsere» Volkes zu deutschem Wesen und deutscher Geschichte, «ine Tat nationaler Selbstachtung und bereit» erste Erfüllung der Programmworte Hindenburg,: »Durch Selbstachtung zur Achtung der Welt." Hindenburg will nicht einer Partei oder einer Partei gruppe angehören, sondern dem ganzen deutschen Volke: „Da» Reicksoberhaupt verkörpert den Eiahettswillen der Nation." Ihm kommt e» dabei nicht auf di« Farrn, sondern auf den Geist an, im Sinn« jene« fruchtbaren Staatagedan- ken«, den Paul de Lagarde einmal treffend so formulierte: -Del Staaten wie bet Körpern gilt e» nicht, den augenblick lichen Zustand zu ko sondern die leben, die Kräfte, die dienen." Sieg der Parte 80. IahrsmßW Amtes streng in den verfassungsmäßigen Grenzen waltet. Aber wenn er auch weit davon entfernt ist, «ine Aenderuug in den Grundsätzen der Weimarer Verfassung herbeifvhreu zu wollen, so war seine Wahl gleichwohl ein bedeutungs voller Wechsel. Das parteipolitische System der verhältni»- und Listenwahl hat den Einfluß der Persönlichkeit nur zu sehr zurücktreten lasten, das politische Leben schablonipert. Hindenburgs Wahl bedeutete den Sieg der PersönlMeit über die Zahl, des Staatsgedankens über die Parteipolttik. Deshalb hört der Chor der Parteifanatiker nicht auf, mißtönend in unsere Ohren zu gellen, und Hönisch weist er darauf hin, daß manche Hoffnungen auf „den Rester" Hindenburg enttäuscht worden wären. Als ob es dem Reichspräsidenten verfassungsmäßig überhaupt möglich wäre, grundlegende Aenderungen der auswärtigen Md inneren Politik von sich aus durchzusetzen. Das, war Hin denburg als Reichspräsident seinem Volke zu leisten ver mag und leistet, liegt auf einem ganz anderen Gebiet. Je weniger es uns Deutschen möglich ist, auf dem We ge staatlicher Machtpvlitik unser Haus auszubauen, destck mehr mästen wir es durch nationale Geschlossenheit im I»-- nern festigen. Hierbei ist uns Hindenburg Führer und He"" fer zugleich. Sein Beispiel selbstloser Hingabe an das v terland macht schlummernde nationale Kräfte lebendig, er lehrt uns, daß auch ein besiegter Staat Würde kann Das Gedächtnis seiner großen Geschichte ist di« Kraftquelle eines Volkes. Wer vermöchte so wie der seiner Persönlichkeit und seiner Leistung fest im Alten war-^ zelne Feldmarschall, versöhnend die Brücke zum NeueM herüberzuschlagen, das haltlos ist ohne die lebendige Ler-* bindung mit unserer großen nationalen Bergangenheitt' Hindenburg bleibt uns der getreue Eckarr, der. uns in dü-; sterer Gegenwart den Glauben an eine bester« Zukunft' nicht verlieren läßt.