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Der sächsische Erzähler : 03.09.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-09-03
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192509038
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19250903
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19250903
- Sammlungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-09
- Tag 1925-09-03
-
Monat
1925-09
-
Jahr
1925
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 03.09.1925
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der Konsequenzen wegen abgelehnt. V» besteht aber Aussicht, daß anderweit« Mittel für derartige Zwecke zur Verfügung gestellt werden. Der Gemeinderat von Sohland suchte erneut um Bewilligung einer größeren Beihilse zum Unterhaltungsaufwand des SohlSnoer Waldtheaters nach. Während sich der vorjährige Fehlbetrag auf 400 Mark stellte, sind infolge mehrerer verregneter Spieltage bis Mitte Juli d. I. bereits 000 Defizit aufgelaufen, trotzdem die Ge meinde 250 Mark Zuschuß leistet. Herr Bürgermeister Dr. Kühn sprach sich gegen die Bewilligung einer Beihilfe aus. Der schlechte Gesuch zeige, daß sür den Betrieb des Waldtheaters kein hinreichen- W»s Bedürfnis vorliege. Dem vorhandenen Bedürfnis werde be reits durch Bautzen, Zittau und Löbau Rechnung getragen. Die ungünstige Bahnverbindung schließe außerdem einen größeren Be such aus. Herr Bürgermeister Seidel- Kirschau führte das Defi zit in erster Linie aus die verregnete» Sonntag zurück und stellte den Antrag, der Gemeinde Sohland nahczulegen, zunächst mit den Nachbargemeinden wegen einer Stützung des Waldtheaters zu ver handeln. Evcntl. könnte sich dann der Bezirk bereitsindcn lassen, einen kleineren Teil beizutragen. Dem Antrag wurde zugestimmt, die Beschlußfassung über das Gesuch ausgesetzt. Genehmigte vrtsgesehc. Genehmigt wurden die Ortsgesetze über die Entschädigung der Bürgermeister zu Taschendors und Arnsdorf, der 1. Nachtrag, zur Gemcindeversassuna von Großdubrau, die Grundcrwerbssteuer ordnung von Milkel, Malschwitz, Ebendörsel und Großdubrau, die Zuwachssteucrordnungen der Gemeinde» Naundorf, Neschwitz und Doberschau, sowie das Ortsgesetz über die Anstcllnngsverhältnisse der Gemcindebeamten in Schmöll n. Landverkäufen der Gemeinden N i c d c r p u tz k a u, Sohland und Wehrsdors für Wohnungsbauten und Heimstätten wurde zugestimmt. Ueber die Bedingungen der Kreditanstalt Sächsischer Gemein den bei der Gewährung von Auslandsdarlehcn berichtete eingehend Herr Regierungsrat Berger. Man nahm davon Kenntnis, daß der artige Darlehen nur sür werbende Betriebe bewilligt werden. Fer ner muß die Beschaffung derart dringend fein, daß die Heranziehung inländischen Kapitals nicht abgcwartet werden kann und weiterhin darf der Satz zur Verzinsung und Tilgung eine gewisse Grenze nicht überschreiten. Die Ucbernahmc einer selbstschuldnerischen Bürgschaft der Ge meinde Demitz-Thumitz sür die Landcskulturrcnte einiger Heimstätter wurde genehmigt, ebenso die Ausnahme eines Darlehns der Gemeinde Sohland bei der Landcskulturrentcnbank für das Aiersamilienhaus der gemeinnützigen Baugenossenschaft Sohland. Konzessionen und sonstige Genehmigungen. Genehmigt wurden die Gesuche der Firmen Ernst Docke in Schmölln und Max Zenker in Neukirch wegen Aufstellung von je 4 Stcinspaltmaschinen. Bezüglich der Errichtung einer Firnissiedcrci durch Otto Kittan sn Wehrsdorf wurde beschlossen, eine Ncuausschreitnmg anzu- »rdnen, da die bereits erteilte Erlaubnis infolge Fristüberschreitung gegenstandslos geworden ist. Der Minna Auguste verehel. Vohls geb. Günter in Ober- neukirch wurde der seit über einem Jahrhundert bestehende Kleinhandel init Branntwein genehmigt, das Gesuch Adolf Mildners in Schirgiswalde wegen Erweiterung der Schankkonzession aus ein neues Vereinszimmer im Obergeschoß mangels Bedürfnisses jedoch abgelehnt. Punkt 22, Gesuch der Uniformierten Schützengcscllschaft Wil t h e n Kriegen Erteilung der Schankerlaubnis sür die Schützcnhalle wird kMin erledigt, daß die Genehmigung von Fall zu Fall erteilt werden soll. Die Eingabe des Gastwirts Gloge wurde zwecks wei terer Klärung der Sachlage abgesetzt. Der Betrieb einer Stcinbruchskantine mit Ausschank im Stein bruch von Otto Forke auf Flur Zockau wurde genehmigt. Punkt 25, Ausschank von Bier in der Fabrikkantinc der Bu diffa-Fahrradwerke in Stiebitz wurde in die nichtösicntliche Sitzung verwiesen, das Gesuch für den 14jährigcn 'Alfred Gärtner in Arns dorf um Erlaubnis zur Mitwirkung bei öffentlichen Tanzmusiken wurde abgesetzt. Abgelehnt wurde die Stiftung eines Ehrenpreises zu der in Bautzen stattfindenden Gartenbau-Ausstellung. Der Verpflegsatz der Verpflegstation Rothnaußlitz wurde ab 1. September von 25 auf 40 .Z erhöht. Die Wahl des Wirtschaftsbesitzcrs Hartstein in Klix zum Bür germeister-Stellvertreter, die init 4 : 3 Stimmen erfolgt war, wurde Das Zigarrenhaus zum Elefanten. Humoreske von Adolf Thiele. (Nachdruck verboten.) Die Ladentür ging. Der Zigarrcnhändler Erich Treu auge unterbrach die düsteren Betrachtungen, mit denen er seine Zeit auszusüllcn pflegte, glättete mit einem unsichtbaren Bügeleisen die Falten in seinem Gesicht und trat aus dem kleinen Verschlag in den Laden hinaus. Der Herr, der das aus dem Laden und sonst nichts be stehende „Zigarrenhaus" aufsuchte, kaufte ein paar Zigarren und ersuchte" dann — das war der Kern der Sache — um das Adreßbuch. Nach drcivicrtel Stunde ging die Tür abermals. Wie der erschien die mimische Veränderung in den Zügen des Ladeninhabcrs. Aber verlorene Liebesmühe — ein Junge holte eine Briesmarkc. Später erschien noch ein Mann mit Fußdecken. Zwar wären warme Füße ein Ausgleich gewesen gegenüber dem heißen Kopf, an dem der Rauchwarenhändler infolge seiner Finanznöte laborierte, aber dies Geschäft erheischte Barzah lung, und das war Trcuauges schwache Seite. Uebellounig wurde daher der wandelnde Fußwärmcr abgescrtigt. Trcuauge vertiefte sich wieder in das Buch, das er seit einiger Zcit'mit Eifer studierte: die Konkursordnung. Wenn er die Seiten umwandtc, so klang dies wie dos Flügclrau- schen eines riesigen Geiers, der über dem Hause schwebte. Bald kam Frau Trcuauge, die ihren Gatten hie und da in der Tätigkeit des Nichtvcrkaufens oblöste. Die Ehe ist bekanntlich ein Bund, durch den Mann und Weib das Recht erhalten, einander zeitlebens ihr Leid zu klagen. So auch hier und heute wieder. Die Klagelieder Jeremiae muteten an wie die Vorträge eines Salonhumori sten gegenüber den Tönen, die das Ehepaar.onstimmte. Da standen sic nun beide in dem wunderlichen Laden. Der war auch wirklich sonderbar: ein hoher Raum mit einer mächtigen Tür; eine Ecke war in einen kleinen Verschlag umgcwandelt, und in diesem Sonderraum befand sich ein kleines Pult mit den paar Büchern, in denen so viele Schul den und keine Außenstände verzeichnet waren; und dann i >e aus füns Büchern bestehende Bibliothek: dem Adreßbuch, dem Kalender, dem Reiseonkel, der Konkursordnung und der „Kunst, reich zu werden". Gerade hatte Frau Treuaugc die Erklärung ihres Mannes entgegengenoinmcn, daß nun doch wohl nichts übrig bleiben werde, als „umzukippen", und sie hatte einen betrüb ten Blick auf die zahllosen Zigarrenkisten geworfen, die die hohen Regale bis oben füllten. Wenn plötzlich ein Erdstoß gekommen wäre und beide Gatten unter den Massen von Kisten verschüttet hätte, so würde dies dos Wohlbefinden der Begrabenen nicht im min- bestätigt, ebenso die Dahl de» Dirtschaftsbesttzers Winkler zum Bürgermeister in Oberförstchen. Zugestimmt wurde dem Hundesteuer-Nachtrag der Gemeinde Litten und der Aushebung der kostenlosen Totenbestattung in Sornßig. Die Gemeinde Taute waldc beabsichtigt den Verkauf von 6,2 bezw. 8,5 Ar Land an die Siedler Hölzel und Becker zum Preise von 340 -4t bezw. 322 -4t. Dem Verkauf wurde zuge stimmt. Ebenso der Ausnahme eines Darlehns von 3400 -4t durch die Gemeinde Jrgersdorf zum Kleinwohnungsbau und ferner ein Genieindesteuernachtrag von Sornßig bezüglich der Grunderwerbs- steuer. Die Gemeinde Sohland, der jüngst die Ausnahme eines Dar- lehns von 200 000 -4t genehmigt wurde, beabsichtigt die Einrichtung eines Kontokorrentverkehrs bei der Landständischen Bank und sür diesen Zweck die Bestellung einer Sicherungshypothek in Höhe von 33 000 -4t. Nach Aussprache, in der Bedenken gegen die Einrich tung eines derartigen Verkehrs geltend gemacht wurden, wurde der Gemeinde anheim gegeben, die Sache in einer anderen Form an den Bezirksausschuß heranzubringen. Zu einer kurzen Aussprache führte ferner die Beschwerde gegen zwei Mitglieder der van de» Gemeindeverordnetcn zu Särchen als Lerbandsmitglicdcr für den Gemeindeverband Klix gewählten Ab geordneten. Die Beschwerde richtete sich dagegen, daß sie in der Vcrbandsversannnlung für eine Auswechselung der Eiscndraht- Slarkstramleitung in eine Kupserleitung zugestinnnt haben, obwohl sie nach einem Beschluß der Gemeindeverordneten gegen die Aus wechselung stimmen sollten. Die ganze Angelegenheit hat ihren Hintergrund in den Bestrebungen der Abnehmer wegen eines Ver kaufs der ganzen Anlage an die Olba, wovon sie einen günstigeren Strompreis erwarten, während die Vcrbandslcitung sich sür eine Instandsetzung der Leitung einsetzt. Die Beschwerde wurde abgc- miesen, da die Auseinandersetzung mit den Abgeordneten lediglich eine Angelegenheit der Beteiligten sei. Zum Schluß wurde noch der Gemeinde Großwclka die Auf nahme eines Darlehns zum Ball einer Wasserversorgungsanlage ge nehmigt und ebenso der Errichtung einer elektrischen Krasthammcr- anlage der Firma Hermann Klippel in Sohland bedingungsweise zugcstiltzlnt. Außerhalb der Tagesordnung fragte Herr Tränkncr- Bischosswcrda (Soz.) an, ob das Gebäude der Amtshanpt- ninnnschaft staatlich sei, was bejaht wurde. Befremden müsse es dann, daß zum Deutschen Tage am Sonntag aus einer nach dem Bahnhos zu gelegenen Wohnung schwarz-weiß-rot geflaggt worden sei. Der Herr Amtshauptmann erklärte hierzu, die Amtshaupt- mannschast als solche habe nicht geflaggt. Es sei ihm auch vom Hcrausstccken einer Flagge nichts bekannt. Herr Richter- Wilthen (Soz.) verwies auf die Unterstützung von Fortbildungsschülern aus Mitteln der Jugcndpflegestiftnng bei Schulwanderungen, Besichtigung von Ausstellungen usw. und fragte, warum diese Gepflogenheit unterbrochen worden sei. Der Herr Amtshauptmann erklärte, daß von den Gemeinden, Kranken kassen usw. zahlreiche Beschwerden ciugclnusen seien, weil inan sich in der Annahme befand, daß hierzu Bezirksinittcl verwendet wür den. Das sei jedoch nicht der Fall, es handle sich hier um Stistungs- iniltel. Da man damals vor der Ernte stand und die Landwirtschaft fürchtete, daß ihr Arbeitskräfte entzogen würden, habe man die Sache einstweilen abgcstoppt. Die Frage solle in der nächsten Aus schußsitzung behandelt werden. Herr Wehle wies darauf hin, daß der betr. Ausfchuhbeschluß seinerzeit einstimmig gefaßt worden sei und sprach sich sür Wicdcrgcwährung der Beihilfen aus. Herr v. Boxberg betonte, daß es eigentlich noch wichtigere als diese Aufgaben gebe. Die Erträge der Getreidezwangswirtschast, aus der die Stiftung errichtet wurde, seien keineswegs lediglich von den Aermstcn ausgebracht. Er kenne Bezirke, in denen diese Erträge der Landwirtschaft teilweise wieder zugesührt oder zur Erledigung von Aufgaben verwendet wurden, über welche die Landwirtschaft be funden habe. Damit hatte die öffentliche Sitzung nachmittags !42 Uhr ihr Ende gefunden. Nach der Mittagspause trat der Ausschuß zu einer nichtöffentlichen Sitzung zusammen. Aus Sachsen. Zu den Herbstriranövern im Erzgebirge Wie schon mitgeteilt, werden in der Zeit vom 24. bis 29. September die sämtlichen Truppen des Bczirkskomman- dcsten gestört haben. Kant hätte sicherlich seine Bemerkung, daß es in der Welt keinen leeren Raum gebe, unterdrückt, wenn er in das Innere dieser Kisten gesehen hätte. Mit bedrücktem Gemüt össnete die arme Frau die große Ladentür, gleichsam um frische Luft zu schöpfen. Gleich darauf erschraken die beiden Gatten. Die hohe Tür verdunkelte sich völlig, und mit bedächtigem Schritte spa zierte ein Elefant lzcrein. Die tödlich erschrockene Frau öff nete den Mund init einem grellen Schrei so weit, daß ihr Gebiß heraussiel. Auch Treuaugc erschrak, doch faßte er sich. „Reiß aus!", rief er seiner Frau zu, und beide sprangen in den Verschlag und von hier aus durch die Hintertür auf den Hausflur. Wie war nur so etwas möglich? Nun, als der große Zirkus Clibusti, der in der Stadt Vorstellungen geben wollte, seine vierbeinigen Künstler von der Bahn abmarschicrcn ließ, bekam plötzlich der dickhäutige Mustafa Freiheitsgelüste und lief davon. Als er die Straße heruntcrgetrollt und bei dem Zigarenloden angekommcn war, hatte sich plötzlich die große Tür geöffnet, und Mustafa war instinktiv cingctreten. Der grelle Schrei der Frau und der Umstand, daß der Ele fant init seiner Sohle auf das scharfe Gebiß trat, machten ihn ärgerlich; er fing daher an, alles im Laden, was nicht niet- und nagelfest war, zu zertrümmern. Er schob/den Ladentisch bei Seite, warf mit dem Rüssel die Regale um und zertrampelte die Kisten. Es war ein fürchterliches, wüstes Durcheinander. Schließlich aber hatte Mustafa ausgetobt und stand nun ruhig und geduldig da. Diesen günstigen StimMungsum- schwüng benutzten die Wärter. Mit Mohrrüben lockten sie den Dickhäuter aus dem Laden heraus. Das zahlreiche Pub likum wich erschrocken zurück, aber Mustafa war wieder ganz friedlich; er ließ sich, als hätte mm garnichts seine Laune gestört, zum Zirkus zurückführen. Jetzt hätte man ober Treuaugc sehen sollen Dem Haus besitzer, der von Mustafas Höllenspektakel herbeigelockt wurde, ries er zu: „Gehen Sic nicht hinein! Ich bin ein rui nierter Mann! Meine Vorräte, meine großen Vorräte, alles hin! Mein blühendes Geschäft ruiniert!^ Jeder, der es hören oder nicht hören wollte, bekam mit stets neuen Varianten diese Worte der Klage zu hören. Den Einwand, daß ihm der Zirkusbesitzer hoch alles ersetzen müsse, beantwortete er mit der Lamentation: „Aber meinen gestörten Betrieb, mein ruiniertes Geschäft ersetzt er nicht!" Seine tiefe Niedergeschlagenheit hinderte ihn allerdings nicht, sich von einem in der Stadt ansässigen Grossisten eiligst Zigarren und Zigaretten zu besorgen und diese im Hausflur zu verkaufen. Alles, was Beine und die Fähigkeit besaß, Zigarren in Asche zu verwandeln, kam herzugelaufen, alles mußt« die do» IV aus Sachsen und der Provinz Sachsen, verstärkt durch drei preußische Kavallerie-Regimenter die Herbst» Manöver im Erzgebirge abhalten. Am 24. und 25. Sep tember wird der Befehlshaber der Division Exzellenz Müller eine durchgehende Uebung in der Gegend von Wol kenstein leiten, während am 26. September der Infanterie führer IV Generalmajor von Brandenstein eine Uebung nördlich Olbernhau leiten wird. Am Sonntag, den 27. September, haben die Truppen Ruhetag und am 28. und 29. September wird der Oberbefehlshaber des Gruppen kommandos I Generalleutnant Exzellenz von Loßberg eine durchgehende Uebung südlich Freibergs leiten. Bon dem Ausstellungsplatz der Landwirtschaft. Landesausstellung in der Vorstadt Reick. Seit einiger Zeit herrscht in Dresdens Vorstadt Reick reges Leben. Zwischen den Anlagen der Gasanstalt, dem Bahnhos Reick und der Winterbergstraße erheben sich ans den Feldern, aus denen noch vor kurzer Zeit da« Getreide wogte, hinter den langen Bretter planken die mächtigen Zeltbautcn der Landwirtschaftlichen Landes ausstellung, die am 4. September d. I., 8 Uhr vorm., dem öffent lichen Verkehr übergeben werden soll. Wer einen Blick in diesen Platz werfen kann, wird erstaunt sein über die Großartigkeit dessen, was dort nach ^jähriger Vorarbeit in kurzer Zeit in die Tat um gesetzt wurde. Erst mußten die Gas-, Wasser- und elektrischen Zuleitungen verlegt werden, dann galt es, die Straßenzüge, die Plätze, die Grundrisse der Hallen und der einzelnen Stände zu ver messen und abzustecken. Hier handelt es sich um viele Hunderte von einzelnen Ständen in den verschiedensten Ausmaßen, von 1000 bis herunter zu 1 Quadratmeter. Jedes Plätzchen muß ausgenutzt werden. Da ist genaueste Arbeit nötig. Nun wachsen die Ge rüste der Zelte aus der Halle, die teilweise länger als 100 Meter sind und am nächsten Tage spannt sich das feste, aber lichtdurchläs- sige Zeltdach darüber. Jetzt werden die Tische, die Rück- und Sei tenwände angebracht und mit Rupfen bespannt, die Krippen, die Stand- und Schlagbäume, sowie Standnummern befestigt, die Käsige sür die Schweine, Schafe, Ziegen und das Geflügel zusam mengesetzt, die Aquarien für die Fische aufgestellt und hundert und aber hundert Vorrichtungen, die bis ins kleinste überlegt und durch dacht sein müssen, von fleißigen Händen ausgeführt. Einige tausend Groß- und Kleintiere aller Art wollen eine Woche auf dem Platze leben; mehrere hundert Firmen wollen mit einigen Tausenden von Ausstellungsgegenständen ein wohlgeordnetes Heim oorfinden, wenn sie wenige Tage vor der Eröffnung einziehen. Die weitere Sorge gilt dem Besucher der Ausstellung. Auch er will gut empfangen werden. Er will seinen Eintritt entrichten, aber schnell und schmerzlos, deshalb ist für den erwarteten Massen- bestich Vorkehrung für schnellste Kassenabsertigung zu treffen. Er will sich mühelos zurechtfinden und fordert übersichtlichste Anord nung und Bezeichnung aller Wege, Straßen, Plätze und Hallen, bis zum einzelnen Wege, Straßen, Plätze und Hallen, bis zum einzelnen Stand herab. Er will den großen Reit- und Fahrtturnic- ren zusehen, dem Vorfllhren der preisgekrönten Tiere und verlangt deshalb gute und bequeme Tribünen. Er will Musik hören, tele phonieren, depeschieren, seine Post und seine Garderobe abgcben können, er will Zeitungen haben, Essen, Trinken, Auskünfte aller Art und noch vieles mehr. Und sür all das ist vorzusorgen, vor- zudenkcn, das alles muß in wenigen Tagen eingerichtet werden. — Er ist nicht uninteressant, der Blick hinter die Bretter, die dort in Reick den Platz umspannen. Dresden, 2. September/ Sonntagsruhe bei der Reichs post? Die Reichspostvcrwaltung will, wie aus Berlin ge meldet wird, den Gedanken der Einführung einer Sonn tagsruhe im Briefbestellgeschäst erneut erwägen und zu diesem Zwecke Verhandlungen mit den Handelskammern einleiten. Dresden, 2. Septeinber. Warnung vor einem Schwind ler. Ein Unbekannter, angeblich Kretzschmar, etwa 50 Jahre alt, inseriert in hiesigen Tageszeitungen und bietet unter Chifsre eine Schuhreparaturwerkstatt zum Kaufe an. Wenn sich jemand auf das Inserat meldet, tritt der Unbe kannte mit den Kauflustigen in Verbindung und fordert wunderliche Mär aus Treuauges eigenem Munde hören und einen entsetzten Blick auf die Trümmerstätte werfen. Diese Wüstenei hütete Treuaugc wie seinen Augapfel. Sofort wandte er sich auch an einen wortgewandten Rechtsanwalt, um den Zirkusbesitzer haftbar zu machen. Der Inhaber dieses mit viel Kapital fundierten Unter nehmens war heilfroh, daß sein Mustafa nicht größeres Un heil angerichtet hatte. Er war zwar an den Widerstand von Elefanten, Löwen und Eisbären gewöhnt, aber den gewalt samen Sturmattacken eines Treuauge und seines rede gewandten Rechtsanwalts war er denn doch nicht gewachsen. So zahlte er denn eine recht schön nach oben abgerundete Entschädigungssumme, äußerlich unwirsch, aber froh, daß Mu stafa nicht einige Brustkästen, Schädeldecken und andere zuin rationellen Betriebs nötige Teile eingedrückt, sondern nur an Zigarrenkisten sein Mütchen gekühlt hatte. Treuauge zeigte sich, daß muß ihm der Neid lassen — reell: er befriedigte seine Gläubiger. Obendrein teilte er ihnen mit der Ungezwungenheit des rentabel arbeitenden Ge schäftsmannes mit, daß sich infolge des Unfalls — siehe bei liegende Zeitungsnummer — sein Geschäft kolossal gehoben habe. Sein Kredit hob sich dadurch bis zu den Sternen. Treuauge, der jetzt täglich mehr verkaufte als sonst in vierzehn Tagen, hätte sich und seine Frau am liebsten in Vierhänder verwandelt, da die üblichen zwei Hände nicht mehr gut ausrcichtcn. Da indessen eine solche Umwandlung, die Darwins Forschungen aus den Kopf gestellt hätte, nicht zu erzielen war, sprang das Ehepaar wie zwei Eichhörnchen in der Trommel. Eines Abends sagte Treuauge, vollständig ermattet, wenn das so weiter geht, bin ich bald entweder Rentier oder eine schöne Leiche. Ein besonders gutes Geschäft machte Trcuauge noch beim nächsten Jahrmarkt, als zahlreiche Auswärtige herbei strömten. Später flaute der Umsatz ab, aber trotzoem blieb eine ganze Anzahl Kunden dem kulanten Zigarrenhändler treu. Treuaugc ließ außen am Lade» einen großen Dickhäuter anmalcn, der Zigarrenkisten zerstampft, und nannte sein Geschäft „Das Zigarrenhans zum Elefanten". Er war wirk lich berechtigt, einst, als er die Geschichte vom Elefanten zum achthundertdreiundneunzigsten Male erzählt hatte, hinzuzu setzen: „Seitdem geht mir's recht gut!" Die Konkursordnung war ihm völlig entbehrlich gewor den, und er wollte das Buch loswerden. Er verbrannte es jedoch nicht und warf cs auch nicht in den Strom; nein, er wählte einen sicheren Weg: er verlieh das Buch an einen guten Freund; nun war er ganz sicher, es niemals wieder- »useh-n.
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