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MMMLrMer Aifchofsweröaer Einzige Tageszeitung im Amtsgerichtsbezlrk Bischofswerda und den angrenzenden Gebieten Vies Blatt enthält die amtlichen Bekanntmachungen der Amtshaupt- Mannschaft, der Schulinspektton und des Hauptzollamts zu Bautzen, des Amtsgerichts, des Finanzamtes und des Stadtrats zu Bischofswerda. dcrgeAWWT» Unabhängige Zeitung für alle Stättdein Stadt und Land. DichtefteVerbreitung inallenVolksschichten Beilagen: Sonntags-Unterhaltungsblatt und Landwirtschaftliche Beilage Geschäftsstelle Bischofswerda, Altmarkt IS. — Druck und Verlag da Buchdruckeret Friedrich May G.m.b.H. in Bischofswerda. Fernfpr-RvA Ersch«tn»ng»wetse: Jeden Werktag abend» für den folgend. Tag. B«zug»pr«1» ,ür die Zett eine» halben Monat»: Frei ins Hau« halbmonatlich Mk. 1.20, beim Abholen tn der Geschäftsstelle wöchentlich SO Pfg. Einzelnummer 15 Pfg. — Alle Postanstalten, sowie unsere Zeitungsausträger und die Geschäftsstelle nehmen sederzett Bestellungen entgegen. 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In einer Besprechung mit dem Reichswirtschaflsmini- sterium erklärten sich die Vertreter der Spitzenorganisationen (.es Handwerks bereit, am Preisabbau mitzuwirken. * Nachdem die Schlichtungsverhandlungen gescheitert sind, erhöht die deutsche Reichsbahngesellschaft von sich aus zum 1. September die Löhne in einer großen Zahl von Orten und Wirtschaftsgebieten. Die Juristenkonferenz in London, die am-Montag be ginnen sollte, ist wegen der Teilnahme eines italienischen Sachverständigen auf Dienstag vertagt worden. * Die Drusen haben die mit 700 Mann besetzte franzö sische Garnison Sueida eingenommen. Eine Versammlung der S. P. D. in Plauen fordert die sosor.ige Einberufung des Sächsischen Landtages, um über die Ämnesticfrage und die sofortige Landtagsauflösung Beschluß zu fassen. Infolge wilder Ausstände haben die Arbeitgeber der sächsischen Zigarrenindustrie die Aussperrung der Arbeiter zum 12. September beschlossen. Betroffen werden etwa 15 000 Arbeiter in Sachsen, Anhalt und einigen Teilen Thü ringens. Zu den mit * bezeichneten Meldungen finden die Leser Aus- führlichcs an anderer Stelle. »! » »!II! Frankreichs Verhandlungen mit seinen Gläubigern. Kann Deutschland zahlen und liefern, was der Dawes- Plan von ihm fordert? Nicht wir werfen die Frage auf, denn wir wissen zu gut, daß die alliierten Mächte nervös werden und bösen Willen wittern, wenn der Frage von deutscher Seite zu gründlich nachgegangen und an dem Wahn gerüttelt wird, als könne Deutschland in vier Jahren wenigstens 2>L Milliarden Goldmark jährlich an die ehe maligen Kriegsgegner abgeben. Diese heikle Frage hat sich aus Anlaß der Verhandlungen gestellt, die Caillaux in Lon don führt, und sie wird bei den bevorstehenden Verhand lungen Frankreichs mit den Bereinigten Staaten wieder oustauchen. Das hängt so zusammen: Der jetzige englische Ministerpräsident Baldwin hat vor zwei Jahren, als er Schatzsekretär im Kabinett Bonar Laws war, ein Schulden abkommen mit den Vereinigten Staaten getroffen, das Eng land zu erheblichen Iahreszahlungen verpflichtet. Das war zu einer Zeit, wo die englischen Staatsmänner eine regere Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten erstrebten und zu diesem Zwecke alles wegräumen wollten, was störend auf die Beziehungen zwischen London und Washington wirkte. Es gibt in England genug Leute, die Baldwin da rum gram sind, denn sie finden, er habe zu schnell und zu reichlich gegeben und die englische Wirtschaft zu stark belastet. Die deutschen Zahlungen aus dem Dawes- Plan decken bei weitem nicht die Summe, die England jedes Jahr an die Vereinigten Staaten abführen muß. Den Rest sollen — so verlangt es Baldwin, und der Borwurf, zu weich gegen die Vereinigten Staaten gewesen zu sein, macht ihn jetzt entschieden — Frankreich und die andern Schuldner staaten aufbringon. Und da entsteht nun die Frage: Wie groß ist dieser Rest?, oder: Wieviel wird Deutschland in den sogenannten Normaljahren zahlen? Das englische Schatz amt rechnet mit 200 Millionen Goldmark-, Caillaux prote stiert dagegen und rechnet mit 300 Millionen Goldmark. Frankreich ist setzt in der Lage, in der lange Jahre Deutschland war. England und die Vereinigten Staaten verlangen von ihm Barzahlungen, denn die Englän der muffen auch Barzahlungen nach Washington schicken; und auch von Frankreich wollen die Vereinigten Staaten keine Waren, sondern bare Zahlungsmittel. Ts ist nun interessant zu sehen, wie die Franzosen gegen diese Goldzad- lungen jetzt genau dieselben Gründe anführen, die wir früher geltend machten und die uns als List und Heim tücke ausgelegt worden waren. Der Temps, der einst über den bösen Willen Deutschland» zeterte und den Zusammen bruch der deutschen Währung mit Vorliebe als betrügerischen Bankrott bezeichnete, schreibt jetzt, daß man Frankreich, wenn nicht dem französischen Franken der letzt» Halt genom men werden sollte, ein langes Moratorium bewilligen müsse, Mittwoch, den 2. September 1925. und er denkt dabei gewiß an ein v i e l l ä n g e r e s als das jenige, das Deutschland gewährt worden ist. Wir wollen einmal annehmen, daß die englische Regierung und das Staatsdepartement in Washington innerhalb der unerschüt terlichen Richtlinien, die sie für ihre Forderungen aufgestellt haben, besonders günstige Bedingungen an Frankreich ge währen. Dann hat Frankreich ungefähr so viel zu zahlen, wie es von Deutschland in Geld oder Waren nach dem Dawes-Plan erhalten müßte. Der Temps nennt diese Summe — wohlgemerkt, es ist nicht die ganze Dawes-Zah lung, sondern nur der französische Anteil — „uno sommo globale kormiclablo" (eine furchtbare Gesamtsumme). Auf französischer Seite wird bestritten, ob es überhaupt möglich sei, eine solche Sumftie aufzubringen. Deshalb ist angeregt worden, Caillaux möge in alle Verträge eine Stelle hinein bringen, die eine Nachprüfung der französischen Leistungs fähigkeit zuläßt, wenn nach dem Moratorium die Zahlung fällig wird. Die Franzosen, die den Mut haben, den Dingen in die Augen zu schauen, sehen ein: ihr Land wird nichts von Deutschland erhalten. Was es bekommt — wie viel oder wie wenig es auch sei —, muß es den anderen Ländern geben. Das, wofür angeblich die deutschen Zahlungen sein sollen — neben Wiederaufbau Pensionen und andere Renten — muß es aus eigener Tasche bezahlen. Das ist das Ende hoch fahrender Hoffnungen, das Ende des künstlich genährten Wahns, daß Deutschland alles bezahlen werde. Jetzt heißt es: „1'^IloirmNno no paiera. rien" (Deutschland bezahlt nichts). Wer Paris kennt, weiß, daß dort schon lange ein unterirdi sches Grollen gegen die Amerikaner herrscht, die angeblich den „Kameradschaftsgeist des Krieges" vergessen haben. Jetzt macht sich der Groll auch Luft in den Zeitungen, man nehme, welche man auch wolle. Der vorsichtige Temps schreibt, nachdem er festgestellt hat, daß die Franzosen aus dem gewonnenen Kriege nichts Heimbringen: „Es kann nicht sein, daß unsere Gläubiger nicht die Ungerechtigkeit merken, zu denen ihre Forderungen führen." Der tempera mentvollere Gustave Töry spricht im Oeuvre von einem amerikanischen Betragen „clixns äu Lb^locck" (eines Shy- locks würdig). Wir haben uns auch lange zu beklagen ge habt über einen Shylock, und man hat uns dort, wo man sich jetzt dieser Shakespcareschen Figur erinnert, nicht hören wollen. Aber wir sind nicht schadenfroh. Wir wünschten nur, daß man in Frankreich die Schuldigen nicht so weit suchte. Diejenigen, die es verursacht haben, daß die Fran zosen nichts vom deutschen Geld erhalten und sich allein in ihren traurigen Finanzen helfen müssen, sitzen mitten unter ihnen. Abbruch der deutsch-russischen Handetsveriragsverhandlungen? Die seit Monaten im Gange befindlichen Wirtschafts verhandlungen zwischen Deutschland und Sowjet-Rußland haben plötzlich durch ein ganz unverständliches Verhalten der russischen Sowjetregierung eine überaus peinliche und in ihrer ganzen Tragweite noch nicht zu übersehende Wendung genommen: Der Abbruch der Verhandlungen steht unmit telbar bevor, wenn nicht in letzter Stunde von russischer Seite eingelenkt wird. Noch vor wenigen Tagen schien es, als seien die Verhandlungen an ihrem günstigen Abschluß angelangt, und als sei die Unterzeichnung des deutsch-russi schen Abkommens eine unmittelbar bevorstehende Tatsache. Im letzten Augenblick hat jedoch die russische Sowjet-Regie rung einer Reihe bereits in Aussicht gestellter Zugeständnisse zurückgezogen und neue Forderungen gestellt, die in einem früheren Stadium der Verhandlungen von deutscher Seite als unannehmbar zurückgewiesen worden waren. Welche Gründe die Moskauer Regierung zu einem solchen Vorgehen bestimmt haben, kann natürlich van deutscher Seite aus nicht übersehen werden, aber es dürste wohl kein Zweifel daran bestehen, daß hier lediglich rein politische Erwägungen für die Rusten den Ausschlag gegeben haben. Deutscherseits ist man schon bei früheren wirtschaftlichen Verhandlungen mit der Sowjetregierung an derartige Ueberraschungen gewöhnt worden, denn die Moskauer Diplomatie versteht es, immer im letzten Augenblick ganz überraschende Manöver zu insze nieren. Es ist kein Geheimnis, daß sich Rußland seit einiger Zeit um di« französische Freundschaft bewirbt und daß in den politischen Beziehungen zwischen Berlin und Moskau seit Beginn der Erörterungen über den Sicherheitspakt an dauernde störende Einflüsse am Werke sind. Das russische Mißtrauen, Deutschland könne sich einer westeuropäi schen Mächtegruppierung gegen Rußland anschliehen, hat 8«. Jahrgang dazu geführt, daß Moskau systematisch die deutsche Außen politik beunruhigt, um den Gang der Ereignisse auszuhatten. Bei früheren Anlässen scheint die englische Diplomatie auf die Haltung der Sowjet-Regierung einen nicht geringen Einfluß ausgeübt zu haben, denn England hat schon von jeher befürchtet, daß es Deutschland gelingen könne, seine Position in Osteuropa zurückzugewinnen. Die Engländer haben aber diesmal kein unmittelbares Interesse daran, die deutsch-russischen Wirtschaftsverhandlungen zu stören, da es sich um einen Fragenkomplex gehandelt hat, der mit den eng« lichen Bestrebungen kaum kollidiert. Lediglich ein einziger Umstand könnte darauf schließen lassen, daß Moskau aus irgendwelche Einflüsterungen von englischer Sette einge gangen ist: die neuerliche Weigerung, Deutschland für die in Asien gelegenen russischen Wirtschaftsgebiete die Meistbe günstigungsklausel zuzugestehen. Würde Rußland diese Weigerung aufrecht erhalten, so wär« dies ein schwerer Schlag für die deutschen Wirtschastsinteressen, da dann Amerika, England und Japan den Handel mit dem asiatischen Rußland allein beherrschen würden. Hier liegt sogar die Vermutung nahe, daß die bolschewistische Regierung im Hin blick auf die Wendung der Dinge in China ihre Handlungs freiheit aufrecht erhalten will, um insbesondere ein aemem- sames Vorgehen mit Japan zu ermöglichen, und daß daher nicht einmal eine Beeinflussung von englischer Seite vorliegt. Die deutschen Unterhändler befinden sich noch immer in Moskau. Wie man hört, hat die Reichsregierung «zwi schen neue Instruktionen nach Atoskau abgehen lassen, so daß vielleicht innerhalb der nächsten zwei bis drei Tag« eine Entscheidung nach der einen oder der anderen Seite hin fal len wird. Sollten die deutsch-russischen Verhandlungen in letzter Stunde scheitern, so würde dies zweifellos, wie von maßgebender deutscher Regierungsstelle ausdrücklich ver sichert wird, auch gewisse politische Rückwirkungen aus das Verhältnis mit Rußland haben müssen. Die Moskauer Staatsmänner müssen sich daher von vornherein vollkommen klar darüber sein, daß sie di« deutsche Regierung in der schwersten Weise brüskieren, wenn sie es jetzt auf einen ergebnislosen Abbruch der Wirtschaftsverhandlungen mit Deutschland ankommen lassen. Neue Erfolge -er Drusen. Sueida gefallen. — Die französische Besatzung gefangen. Paris, 31. August. Wie die Chicago Tribüne aus Jeru salem meldet, sind dort Nachrichten eingetrvffen, denen zu folge Sueida, das seit vierzehn Tagen von den Drusen be lagert worden war, am Sonnabend abend gefallen ist. Die französische Garnison habe sich bis zum letzten Augenblick gegen die zahlenmäßig überlegenen Drusen verteidigt, schließ lich hatte es ihr an Munition und Wasser gefehlt und sie wäre so einem neuerlichen Angriffe unterlegen. Die Ileber- lebenden wurden gefangen genommen. Sie hatten vorher die Geschütze der Festung unbrauchbar gemacht. Weiter haben die Drusen bei Ll Gazhal einen heftigen Angriff gegen die Franzosen unternommen, aber mit Hilfe von Tank», die ihnen schwere Verluste zugefügt hätten, zu rückgeschlagen worden. Die Eisenbahn Dera—Damaskus ist in der Hand der Franzosen. Die Garnison hat aus 700 Mann bestanden, in der Hauptsache algerische Truppen. Die Verproviantierung der Garnison mit Wasser und Lebensmitteln hat in der letzten Zett nur mit Hilfe von Flugzeugen geschehen können. An hiesiger amtlicher Stelle liegt bisher eine Bestätigung dieser Nachricht nicht vor. Sueida liegt am Westabhang des Haurangebiraes unae- ähr auf gleicher Höhe mit dem See Genezareth in Pala tina, von dem es 90 Kilometer östlich entfernt ist. Die Ent« ernung von Sueida nach Damaskus beträgt etwa 100 Kilo meter in der Luftlinie. Meuternde franröstfche Truppen» Paris, 31. August. L'Avenir bespricht ausführlich die Lage in Syrien. Die amtlichen Stellen, so sagt das Blatt, hätten die seit einiger Zeit umlaufenden Gerüchte, wonach Vie nach Syrien entsandten algerischen Bataillone bei ihrer Landung gemeutert hätten, bisher nicht in Abrede gestellt. Di« Algerier mußten kurzer Hand wieder eingeschifft wer den. Das Blatt fordert nicht nur ein Verfahren gegen den Generalresidenten, der mit seiner Kolonne bei Ezraa geschla gen wurde und dadurch di« ernste Situation verschuldet