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Der sächsische Erzähler : 05.08.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-08-05
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192508059
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19250805
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19250805
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-08
- Tag 1925-08-05
-
Monat
1925-08
-
Jahr
1925
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 05.08.1925
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Der Abschluß der DoUdebatte. Annahme der Vorlage Milke nächster Woche. Der Aeltestenrat des Reichstages ist gestern nachmittag abermals zu einer Beratung zusammengetreten, um die wei tere Geschäftslage zu besprechen. E handelt sich bei dieser Beratung nicht etwa um die weitere Untersuchung der durch die Kommunisten am vergangenen Sonnabend veranlaßten Zwischenfälle. Der Aeltestenrat wird nur kurz die von der kommunistischen Fraktion und von den Abgeordneten Ja- dasch und Höllein eingegangenen Beschwerden nachprüfen, Infolge der schwachen Besetzung des Hauses mußten die Abstimmungen zunächst verschoben werden. Erst in der fünften Nachmittagsstunde kam man zu den Abstimmungen, die hintereinander vorgenommen wurden und zum größten Teil namentlich waren. Zuerst wurde das Kapitel Ver kehrssteuer in der Ausschußfassung angenommen, ebenso )ann im wesentlichen die Grunderwcrbssteuer. Die Umsatz teuer wurde auf Antrag der Regierungsparteien auf 1>l Prozent herabgesetzt, die Luxussteuer auf 7)4 Prozent, die weitergehenden Anträge der Linken abgelehnt. Ebenso wurden die Ausschußanträge zur Erweiterung der Vorlage angenommen, insbesondere die Bestimmung, wonach die Länder und Gemeinden keine Beherber gungssteuer mehr erheben dürfen. In der sechsten Abendstunde begann die Aussprache über die B i e* - u n d T a b a k ste u e r. Die Abstimmung wurde auf Dienstag verschoben und das Haus vertagte sich kurz nach 9 Uhr. Entwicklung schroff abb Erziehungsresultate an einem Affen. Bon Wilhelm Müller-Hermsdors. (Nachdruck verboten.) Vor kurzer Zett speist« ich bet einem brasilianischen Kaufmann. Da, Gespräch kam aus den wohlerzogenen Schimpansen de» ordert, da die Hauptaufgabe der 'al ¬ ler von der Endstation der Bahn nach ihrem eigentlichen Bestim- mungsort'zu befördern. Besonders zur/Beförderung von Milch, Gemüse und anderen leicht verderblichen Gütern oder solchen, die so schnell wie möglich abgeliefert werden müssen, werden Lastauto mobile verwendet. Fast alle Milch, die zum Beispiel in Cincin nati verkauft wird, wird mit Hilfe von Lastautomobilen in die Stadt gebracht. Das schnelle Wachstum und die Ausdehnung der Beförderung durch Automobile hat zu vielen Problemen geführt, von denen das schlimmste die Verkehrssicherheit auf den Straßen ist. Betrachtet man die Zahl der Luxus- und Lastautomobile, die heute auf den Straßen fahren, so ist im Vergleich dazu die Zahl der verletzten oder getöteten Personen gering, aber immer noch zu groß, und viele Staaten bemühen sich, die Zahl der von Automobilen ver legten und getüteten Personen herabzusetzen, obgleich die Zahl der Motorwagen zugenommen hat. Vier Dinge sind notwendig, um Unfälle zu verhüten. Erstens, Gesetze zur Regelung des Verkehrs. Diese haben jetzt alle Staa ten. Zweitens, Erziehung durch die Schule, indem die Kinder auf die Gefahr des Spielens in der Straße aufmerksam gemacht wer- den und geeignete Plätze angelegt werden, wo die Kinder ohne Gefahr spielen können. Drittens, Erziehung zum vorsichtigen Fahren von all denen, die Automobile und Lastwagen lenken, und vor allem strengeBestrafunaenwegen leichtsinnigenFahrens. vier tens, Untersuchung jener Plätze, wo sich die meisten Unfälle ereig- nen. Dadurch ist öfters bewiesen worden, daß der Umbau von Straßenkreuzungen, Vermehrung der Verkehrspolizei an gewissen Orten und einige andere einfach« Abhilfe weiter« Unfälle verhütet haben folge des Automobils an zentral gelegenen Orten große Schulen vorhanden, zu denen die Kinder von nah und fern kommen. Die zentral gelegene Schule, die von vielen Farmern unterhalten wird, ist in der Lage, sich ein großes und bequemes Schulgebäude und so viele Lehrer zu leisten, als Kinder verschiedener Stufen unterrich tet werden. Die Farmer benutzen mehr Automobile als irgendeine andere Menschenklasse in Amerika. In den Staaten mit überwiegend landwirtschaftlicher Bevölkerung, wie Iowa, Süd-Dakota und Ne braska, besitzt jede fünfte Person ein Automobil. Ein Drittel aller Automobile in den Vereinigten Staaten befinden sich in den land wirtschaftlichen Gebieten. Im vergangenen Jahre wurden mehr als 1000 Millionen Tonnen Frachten aller Art mit Lastautomobilen befördert. Dies ist nahezu so viel als die Frachtbeförderung aitf den Eisen bahnen. Aber die meiste dieser Fracht wurde sowohl mit Automo bilen als auch mit der Bahn befördert. ' ' Lastautomobile darin besteht, die Fracht, die an Orten ohne Bah, Verbindung verladen wird, nach Bahnstationen zu bringen od> der Endstation der Bahn nach ihrem eigentlichen Best' gsort 'zu befördern. Besonders zur/Beförderung von M ' ad anderen leicht verderblichen Gütern oder ' ' , . .. . . > Wie Umsatzsteuer vor hem Reichstag. Mit der Umsatzsteuer haste« so seine Bewandtnis. Jede Regierung erklärt, seit Jahr und Lag, daß sie unentbebrilch sei, um die Ebbe in der Staatskasse zu beschwören. Jeder Wirtschaftsvertreter fordert dagegen ihre restlose Beseitk- aung. Die Regierungsparteien, die gleichfalls auf Ab schaffung der Steuer drängen, haben sich diesmal mit der Herabsetzung auf 1 )4 Prozent begnügt, wie gesagt nicht etwa deshalb, weil sie diese Steuer besonder« schön fänden, sondern weil bei der gegenwärtigen Loge der Wirt schaft schlechterdings ein Ersatz für den Ertrag der Steuer nicht zu finden ist. Für die Opposition bedeutet dieser Tatbestand nur eine angenehme Gelegenheit, zu agitieren. Das Aus maß der Entrüstung und der Unsachlichkeit bei den ver schiedenen Trägern Vieser Agitation kann man heute zahlen- mäßig feststellen. Es geht zu wie auf einem Pferdemarkt in Litauen. Die Regierungsparteien wollen 1)4 Prozent beibehalten, die Demokraten wünschen Ermäßigung auf 1 Prozent, die Sozialdemokraten ab 1. April 1926 )4 Proz., wobei Lebensmittel umsatzsteuerfrei sein sollen, während die Kommunisten überhaupt jede Umsatzsteuer ablehnen. Unter diesen Umständen kann die Debatte zu keinen erheblichen Ergebnissen führen. Man Hilst sich also mit historischen Reminiszenzen, die sogar die wenigen noch im Saal befind lichen Abgeordneten zum Lache» reizen. Ausgerechnet Kom munist Rosenberg preist den Kaiser Augustus als das Urbild eines Mannes ,der lediglich das Volkswohl im Auge gehabt habe. Zweifellos recht schmeichelhaft für den Kaiser Augustus, offenbar muß ein Monarch erst zweitausend Jahre tot sein, um aus kommunistischen Munde Lob ernten zu können. Der Sozialdemokrat Braun ist jedoch noch unbe lehrbarer. Er legt dar, daß Kaiser August ja die erste Um satzsteuer eingeführt habe. Man sieht, daß man nie auslcrnt und daß man selbst im Reichstage zuweilen seine historischen Kenntnisse erweitern kann. Keine Verringerung -er Besatzungs- Armee? Berlin, 4. August. (Drahtb.) wie der „TSgl. Rund- chau" milgeleilt wird, Hal der kommandierende Generql des ranzösischen 33. Armeekorps in Bonn bei der Skadtverwal- lung in Trier 116 neue offizierrwohnungen, darunker vier ür Generäle, angeforderk. Das Blakt befürchtet, daß die Franzosen in Trier diejenigen ihrer Truppen des besetzten Gebietes unlerbringen wollen, falls England nach der Räu mung des Kölner Brückenkopfes einen anderen Besatzung» abschnikl übernimmt. Frankreich auch vor einem Krieg in Syrien? Paris, 3. August. Englische Blätter berichten von Zwischenfällen in Syrien. Nach einer Meldung der „Times" ollen in Druse militärische Operationen vor sich gehen. Eine Fliegerbombe hatte 18 Aufständische, als sie gerade zwei Kamile befrachteten, getötet. Es sei daher von den Aufstän dischen ein Angriff gegen die Zitadelle von Sueida unter nommen worden, die schwere Verluste dabei erlitten hätten. Auf französischer Seite seien fünf Mann leicht verletzt worden. Die Agentur Havas erklärt dazu, daß es sich hier um örtliche Ereignisse handele, die sich am 20. Juli abgespielt Herrn Vanneck, eines kreolischen Gentleman, der ihn im Walde gefangen. Alle priesen das ausgezeichnete Tier und erzählten so wunderbare Dinge von seinen Talenten, daß ich einige Unglüubig- keit an den Tag.legte. Mein Wirt lächelte und sagte, ich sei nicht der erste, der an diese Resultate tierischer Erziehung nicht habe glaubten wollen, bis er sie mit eigenen Äugen gesehen. Er schlug mir deshalb vor, Herrn Vanneck in seiner Gesellschaft zu besuchen. Ich gab mit Freuden meine Einwilligung und wir machten uns an, solgenden Tage aus den Weg. Das Haus des Kreolen lag an der Straße nach Olinda, ungefähr eine Viertelstunde vor der Stadt. Wir ritten an prachtvollen Kaktushecken hin, die von Bananen- und Palnienbäumen überschattet waren, und erblickten endlich eine reizende Villa. Ein Neger empfing uns am Eingang und führte uns nach dem Empfangszimmer, worauf er sich beeilte, seinem Herrn unsere Ankunst zu melden. Das erste, was uns in die Augen siel, war der Affe, der auf einem Stuhle saß und mit großem Eifer nähte. Höchlichst erstaunt beobachtete ich ihn aufmerksam, während er, ohne von uns die geringste Notiz zu nehmen, ruhig an seiner Arbeit blieb. Die Türe ging auf und Herr Vanneck wurde auf einem Lehnstuhl hereingefahren. Obgleich seine Füße lohn, waren, schien er doch heiter und glücklich; er bewillkommnete uns aufs freundlichste. Der Affe nähte emsig fort. Ich rief unwill- kürlich: „Wie wunderbar!" Denn er nähte ganz und gar wie ein ge- schickter Schneider. Er mechte ein paar gestreifte Hosen, deren Enge darauf deutete, daß sie für ihn selbst bestimmt waren. Nun erschien ein Neger, welcher Madame Jasmin meldete, die Herr Vanneck als seine Nachbarin vorstellte. Madame Jasmin war von ihrer kleinen Tochter, einem Mädchen von zwölf Jahren, be gleitet, das augenblicklich auf den Affen zueilte, ihn als seinen alten Freund begrüßte und mit ihm zu plaudern begann. Jack sah verstohlen nach seinem Herrn; da Vannecks Blicke jedoch sehr finster waren, nähte er emsig fort. Plötzlich riß sein Faden; er steckte das Ende in sein Maul, feuchtete es mit den Lippen an, drehte es mit der linken Pfote und fädelte die Nadel wieder «in. Herr Banneck wandte sich nach ihm um und sagte nun in demsel- ben raschen Ton, in dem er mit uns gesprochen: „Jack, lege deine Arbeit weg und reinige den Boden." Jack ging nach dem anstoßenden Zimmer und kam unverzüg lich wieder, einen Besen in der Pfote und fegte nun wie ein geübtes Stubenmädchen den Boden und die Lambris ab. Ich konnte jetzt seine ganze Gestalt sehen, da er immer aufrecht und nicht auf vier Händen ging. Er war ungefähr drei Fuß hoch, hielt sich aber etwas geblickt. Er trug leinene Pantalons, ein farbiges Hemd, eine Jacke und ein rotes Halstuch. Auf «inen zweiten Wink seine» Herrn ging Jack fort und holte mehrere Gläser Limonade auf einem Brett. Zuerst präsentiette er Madame Jasmin und ihrer Tochter, dann uns, ggnz wie ein wohlerzogener Bedienter. Al» ich mein Glas geleert, eilte er, es miv. abzunehmen und wieder auf da» Brett zu stellen. Herr Bonneck nah« sein« Uhr heraus und zeigte sie dem Affen: es war gerade drei Uhr. Jack ging hinaus und bracht« seinem Herrn eine Tafle Bouillon. Van- neck bemerkte, der Affe verstehe zwar die Bewegung der Uhr nicht, er wisse jedoch genau, was es zu bedeuten habe, wenn der Zeiger auf drei Uhr deute, nämlich, daß der Herr sein Gabelfrühstück wolle. Zeige man ihm die Uhr zu einer anderen Zeit, so hole er auch die Fleischbrühe nicht, während er, wenn däei Uhr »orüder sei. Das Automobil in U. S. A. < Von wilh. Müller-Hermsdorf. (Nachdruck verboten) In den Vereinigten Staaten werden jährlich für mehr als anderthalb Billionen Dollars Luxus- und Lastautomobile verkauft. Dieser Betrag übersteigt die Ausgabe für Baumwollwaren, Mehl, Möbel, Schuhe oder für irgendeinen anderen Gegenstand mit Aus nahme von Fleisch, Eisen und Stahl. Die Fleischindusttic ist die größte amerikanische Industrie. An zweiter Stelle steht die Eisen- ünd Stahlindustrie, an dritter die Automobilindustrie. Die Automobilindustrie ist so umfangreich, daß sie erheblich in andere Geschäftszweige hinübergreift. Die Industrie der Motor fahrzeuge verbraucht 22 Proz. des Aluminiums, nahezu 12 Proz. des Kupfers und 40 Prozent des Tafelglases, das in den Vereinig ten Staaten erzeugt wird; dazu kommen noch 80 Prozent der Welterzeugnisse an Gummi. Die Zahl der in der Automobilindu strie beschäftigten Personen wird auf 2 431400 Erwerbstätige ge schätzt. Davon sind 256 000 in den Automobilfabriken tätig. 250 000 sind mit der Herstellung von Zubehörteilen für Automo- bile beschäftigt und 236000 arbeiten in Garagen. Der Rest be- steht aus Verkäufern, Chauffeuren und Angestellten in Industrien, welche die Äutomobilfabriken mit Material versorgen. D«e Entwicklung der Automobilindusttie hat zu einer großen Verschiebung der Bevölkerung in den Vereinigten Staaten geführt. Vor 10 Jahren lebten die meisten Leute an oder in der Nähe der Haupilinien der Eisenbahnen. Heute wohnen sie in entlegenen Gegenden, die durch den Verkehr mit Motorwagen erreicht wer den. Achtundzwanzia elektrische Eisenbahnen benutzen Motor- wagenverkehr im Anschluß an ihren Dampfoerkehr. Maryland hat neunzig Motorbuslinien. Sechsundzwanzig kleinere Bahnen be treiben aus ihren Schienenstrüngen Motorbusse. In der Umgebung von New Pott entstehen die Wohnhäuser immer weiter von der Stadt weg, und die Registrierung von Automobilen in den Vor orten nimmt stetig zu. Familien, die in der Stadt hohe Mieten zahlten, können sich weit draußen in den Dororten ein Hau» kau fen und durch diese Wohnungsveränderung genügend ersparen, um sich ein Automobil zu leisten. Man erwartet, daß das Anhatten dieser Stodtslucht im Verlause der nächsten fünf Jahre zu einem Sinken der Mieten in den Städten sühren wird, weil sich dann in den überfüllten Stadtteilen die Leute nicht mehr so sehr um die Wohnungen reißen werden. Dar Automobil hat im Landleben Amerikas eine große Der- öndcruna bewirkt. Der Farmer von heute hat alle Vorteile eines verhältnismäßig freien Lebens und fast alle Vorteile de» Stadtbe wohners; denn dos Automobil ermöglicht es ihm, di« seiner Farm nahegelegen«! Städte so ost als er e» wünscht, zu besuchen. Er kann seine Geschäfte bester erledigen, aus seiner Farm umherkab- ren oder von dort zum Markt und wieder zurück. Er kann zur Stadt fahren, um Theater und Vorträge zu besuchen und andere Zerstreuung zu genießen. In bezug auf die Erziehung sein« «in- der ist die Lage viel besser als sie zur Zeit seiner Eltern oder Groh- eitern war. Früher mußten die Kinder von der Farm zu Nein«, Landschulen gehen, die nur wenige Schüler und nur einen Ährer hatten, weil die Entfernungen auf dem Land« zu groß waren, al» daß di« Kinder vieler Farmen sich trefft» konnten. Heut« sind in- wird dann ad»r auch kukz In eine Erörterung darüber kitt« treten, wie und bi» zu welchem Zeitpunkt sich die Urbeiten des Reichstages weiter beschleunigen lassen. Die Regte- rung-parteien haben nach deN Zwischenfällen vom Sonn abend nicht mehr die Absicht, den Kommunisten jede Freiheit zu gestatten Und Mehrere Stunden von jeder Sitzung nur mit kommunistischen Obstruktionsreden hinbringen zu lassen. Man hält daran fest, daß außer den Steuergesetzen zum mindesten noch die Zollvorlaae vor den Ferien erledigt wer. den muß, wird aber im Aeltestenrat den Demokraten und Sozialdemokraten Vorschläge machen, die die Verhandlungen so beschleunigen, daß spätestens Mitte der nächsten W//;e die Zollvorlage angenommen ist. Weitere GirrfchrSnkung der inter alliierten UeberrrrachungskommMon. Berlin, 4. August. (Drahtm.) Die interalliierte Ueber- wachungskommission ist.zum 1. August neuerlich um 30 Os- siziere vermindert worden, so daß ihr derzeitiger Bestand rund 70 Offiziere beträgt. Ursprünglich betrug die Zgbl der Offiziere über 300. Im Laufe der Zeit wurde diese Zah, immer weiter' abgebaut. Die jüngste Verminderung ist darauf zurückzuführen, daß eine Reihe von Distriktskommis- sionen im Reich vollständig aufgelöst wurden, da die Bol- schafterkonferenz ihre Aufgabe als erfüllt angesehen hat. In Kreisen der Ueberwachungskommifsion wird ver sichert, daß den noch hier befindlichen Offneren für den Herbst von ihren Regierungen eine andere Verwendung in Aussicht gestellt Ist, woraus heroorgeht, daß auch die alliier ten Regierungen sich darüber einig sind, die Kommission im Herbste aus Deutschland verschwinden zu lassen. Eine Be tätigung dieser Tatsache ist auch darin zu sehen, daß der am 31. Dezember 1925 ablaufende Mketskontrakt für das Hotel Bellevue, in dem die Kommission bekanntlich untergebracht st, nicht verlängert wurde. Der Chef der interalliierten Kommission, General Walch, hat sich dieser Tage nach Paris begeben, um dort über seine Berliner Besprechungen, über die Abrüstungsnote, Bericht zu erstatten. dieser aller «raft'g-g-n -ine solch. b-! steht keinerlei Ausficht darauf, den Gang der Ereignisse aufzuhalten. Auffallend ist die Tatsache, daß der Führer de» linken Zentrums, der frühere Reichskanzler Dr. Wirth, schon seit mehreren Tagen nicht mehr an den Reichstags- fitzungen teilnimmt und wiederholt gesonderte Besprechun gen der Arbeiterkreise seiner Partei einberief, um gegen die Politik der Fraktionsmehrheit energisch vorzugehen. Dem Einfluß Dr. Wirths dürfte es übrigens auch zuzuschreiben sein, wenn neuerdings die Christlichen Gewerkschaften als Segenwertung für die Schutzzölle die Befreiung der Lebens- mittel von der Umsatzsteuer verlangt haben. Diese Forde rung hat gewisse parlamentarische Schwierigkeiten hervorgc- rufen, die aber wahrscheinlich auf dem Kompromißwege wie der beseitigt werden können. Immerhin ist es nicht uninte ressant, daß die gewerkschaftliche Richtung im Zentrum neuerdings eine sehr rührige Tätigkeit entfaltet, um auf die Entscheidungen der Zentrumsvorstände einen wesentlichen Druck auszuüben. Da aber die Fraktionsmehrheit mehr denn je geneigt ist, in der innerpolitischen Entwicklung klare Entscheidungen herbeizuführen und auf jeden Fall neue Regierungskrisen zu vereiteln, werden die Arbeiterkreise der Partei zum Nachgeben gezwungen sein. Daß hierbei zwi schen den einzelnen Richtungen im Zentrum gewisse Mei- nnngsverschiedenheiten fortbestehen bleiben werden, ist un vermeidbar, aber die gegenwärtigen Führer des Zentrums glauben durch eine geschickte Politik ernstere Konflikte ver meiden zu können. Im Zentrum gibt es gegenwärtig drei Strömungen, unter denen die von Stegerwald geführte Gruppe der Befürworter einer rein bürgerlichsten Politik zur Zeit den größten Einfluß besitzt. Die Richtung Marx ist nach der Niederlage bei der Reichspräsidentenwahl stark in den Hin tergrund getreten, zumal Marx selbst das Bestreben zeigt, vorläufig den Wortführern des rechten Flügels keinerlei Hemmungen in den Weg zu legen. Bleibt also nur noch der linkeKFlügel um Dr. Wirth, der in der Reichstagsfraktion und in den Parteivorständen nicht genügend Einfluß hat, um seinen Willen zur Geltung zu bringen. Hierbei muß in Bettacht gezogen werden, daß das süddeutsche Zentrum, namentlich das in Württemberg, darauf dringt, eine Wie derannäherung an die Bayerische Volkspartei zu vollziehen. Das Ziel dieser Zentrumskreise geht sogar dahin, im Reichs tag eine Arbeitsgemeinschaft zwischen den beiden Fraktionen herbeizuführen, so daß dadurch die Zentrumsfraktion an nähernd soviel Stimmen erhalten würde wie die Deutsch nationalen, die mit ihren 110 Mandaten die stärkste der Regierungsparteien darstellt. Die demokratische Linke im Reichstag verfolgt die Vor gänge im Zentrum mit wachsender Beunruhigung und sucht neuerdings die Zentrumspolitiker dadurch zu beunruhigen, daß sie eine schroffe antitterikale Politik ankündigt. Einige Linksblätter beginnen bereits mit einer zentrumsfeindlichen Propaganda, indem sie von einem Bündnis zwischen monar chistischen Reaktionären und klerikalen Intriganten sprechen. Besonders die Sozialdemokratie will jetzt den Versuch machen, die schwierige soziale Lage der westdeutschen Arbei terschaft dazu zu benutzen, um gegen das Zentrum Stim mung zu machen und die Zentrumsarbeiterschaft zur Linken herüberzuziehen. Unter solchen Umständen gibt es aller- dchgs auch gemäßigte Zentrumsführer, die entschieden davor warnen, die Beziehungen zu den Weimarer Parteien abzu brechen. Ob diese Warnungen jedoch an der Haltung der Fraktionsmehrheit etwas ändern können, muß gegenwärtig stark bezweifelt werden.
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