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Der sächsische Erzähler : 09.07.1925
- Erscheinungsdatum
- 1925-07-09
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Urheberrechtsschutz 1.0
- Nutzungshinweis
- Freier Zugang - Rechte vorbehalten 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id1735715891-192507097
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id1735715891-19250709
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-1735715891-19250709
- Sammlungen
- LDP: Zeitungen
- Zeitungen
- Saxonica
- Bemerkung
- vorlagebedingter Textverlust
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Der sächsische Erzähler
-
Jahr
1925
-
Monat
1925-07
- Tag 1925-07-09
-
Monat
1925-07
-
Jahr
1925
- Titel
- Der sächsische Erzähler : 09.07.1925
- Autor
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Aus dem Gerichtssaal. Der MordprozeK Angerstein. Bei der weiteren Vernehmung Angersteins vor dem Limburger Schwurgericht kam man nach Erledigung der Unterschlagungsfälle aus di« verhängnisvolle Nacht vom Sonnabend zum Sonntag, die Mordnacht, Au sprechen. Angeklagter: Ich möchte hier noch etwas tagen. Als ich am Freitag in das Schlafzimmer meiner Grau kam, war diese damit beschäftigt, etwas aus dem Wege zu räumen, nachdem sie es mit einem Band zusam mengebunden hatte. Es war ein Heft, und darin ringe- .wickelt ihr letzter Wunsch. Ich habe die Sachen nach her im Wäscheschrank gefunden und gelesen. Vorsitzender: Ich werde bei dieser Gelegenheit gleich den Brief zur Vorlesung bringen. Der Brief lautet: Letzte Worte an meinen geliebten Mann. Die wenigen Tage, die ich noch bei Dir zu ver bringen habe, sind gezählt: Oh, entsetzliches Los, daß ich von Dir, Du geliebter Mann, und von der Mutter und von der Schwester scheiden muh, da ich noch nie an das unsagbare Unglück gedacht habe, Euch zu verlassen und so jung zu sterben. Vergiß mich nicht, geliebter Mann, und wenn Du wieder heiratest, so nimm nur eine Frau, die Dich ebenso lieb'hat wie ich. Kaufe mir ein Grab an einem stillen Plätzchen und für Dich eins daneben. Gibt es für mich denn keine Hilfe mehr? Aber ich habe ja den Tod schon lange durchkostet. Behalte lieb Deine Dir bis in den Tod treue Käthe." Angeklagter: Meine Frau hatte mir schon 1921 Hainen ähnlichen Brief geschrieben. Sie könne mir das nicht sein, was eine gesunde Frau ihrem Manne sein muß und wolse sich das Leben nehmen. Da wir damals beide krank Ans Sachse«. Lelpckg, 8. Juli. Di« Anlosalle al, gul« Einnahme quelle. Bei einer Versammlung des Interessenverbander deutscher Kraftfahrer wurde jetzt festgestellt, daß eine kleine Gemeinde bet Leipzig an einem Meßsonntag nicht weniger al» 40ö Automobile abgestoppt und mit Strafmandaten be langt hatte. Die Gemeinde hatte sich dadurch eine sehr gute Einnahmequelle erschlossen. Der Interessenverband hat nunmehr angeregt, daß die Einnahmen aus solchen Straf mandaten nicht in die Gemeindekasse fließen, sondern dem Ministerium zur Verbesserung der Straßen zur Verfügung stehen sollen. zimmer den verschlafenen Mungo aus seinem Korbe holte. Nun ging es durch die offene Saaltür vorsichtig auf die Veranda. Richtig, da lag linker Hand eine bräunlich-grüne Schlange, kaum ein Meter lang, aber ziemlich dick, und suchte langsam kriechend zu entkommen. Ich schlug sie mit einem dünnen Rohrstock, so daß sie sich krümmte. Jetzt merkte mein Mungo, was los war, und ohne Besinnen sprang er auf sie los, zerbiß ihr den Kopf und fraß auch Kopf und Hals auf der Stelle auf. Dann wurde er aber zu Bett gebracht. Gefährlicher sah der Kampf aus, den er eines Vormit tags auf dem Rückwege von einem Spaziergang bestand. Wir schritten auf einem niedrigen Damm dahin, der Mungo drei Schritte vor mir. Plötzlich flitzt er link? die grasige Böschung hinab, und ich sehe, wie sich eine dunkelfarbige, dünne, ziemlich lange Schlange in Kampfstellung aufrichtet. Der Mungo mit gesträubtem Haar darauf los, die Schlange beißt zu, der Mungo zuckt zurück, um sie dann blitzschnell beim Kopf zu packen und mit ihr unter dichtem Gestrüpp zu verschwinden. Vergebens locke und pfeife ich, nach reichlich fünf Minuten kommt er, die Lippen leckend, hervor und geht mit mir heim. Die Wut, mit der die Schlange sich vertei digte, läßt darauf schließen, daß es eine der hundert giftigen Arten war, mit denen Indien — neben etwa 20 ungiftigen — gesegnet ist. Jedenfalls hat ihr Biß seine Haut nicht verletzt, denn er blieb gesund und munter. Daß aber Schlangengift dem Mungo innerlich nicht schadet, selbst in größter Menge genossen, das kann ich be zeugen, weil ich gesehen habe, wie er eine Cobra fraß. Der Mungo mochte damals acht Monate alt sein, war also noch nicht ganz ausgewachsen. Die Cobru war 1,20 Meter lang, ein kräftiges Exemplar; ihr Biß hätte den stärksten Mann in einer Stunde getötet. Leider konnte sie aber nicht mehr beißen, denn sie war bereits erschlagen und wurde mir von meinen Leuten gebracht. Der Mungo befand sich im Hause und ahnte nichts von der Sache. Ich legte die Schlange auf die dritte Stufe der Freitreppe, und zwar lang ausgestreckt in den Winkel der Stufen, so daß sie von dem, der von oben die Treppe herabkam, nicht gesehen werden konnte. Nun ging ich hinein, rief den Mungo und schritt mit ihm die Treppe hinab. Schon war mein Freund mit zierlichem Satz drei bis vier Stufen hinabgeeilt, als er den bösen Feind be merkte. Sich zurückwenden, die Schlange oben am Halse vacken und mit ihr di« Treppe hinab in den Garten rennen, das geschah schneller, als unsere Augen dem Vorgang folgen konnten. Im Eifer des Laufes trat er aber mehrfach auf das nachschleppende dicke Tier, so daß es ihm aus der Schnauze fiel. Er hatte sich wohl mit der Beute ins Gebüsch schlagen wollen, verzichtete aber jetzt darauf, zum Teil wohl unter dem Eindruck meines freundlichen Zuspruchs, und be gann auf freiem Rasen mit seiner Mahlzeit. Und nun waren wir — es hatten sich viele Zuschauer eingefunden — Zeugen, wie er zuerst den Kopf der fürchterlichen Gift- chlange samt Giftzähnen und Giftdrüsen gemächlich zerkaute und auffraß, ohne das Geringste fallen zu lassen oder wieder -erauszugeben, und dann den Hals und ein Stück des Rumpfes! Dann war er gesättigt — es war 11 Uhr, und er hatte vorher reichlich gefrühstückt — und trug nun den Rest der Schlange ins Gebüsch, wo er ihn für die nächste Mahlzeit verscharrte. Daß der Mungo von einer so mit töd- tchem Gift geladenen Schlange ausgerechnet den Kopf zu- erst frißt, ist nur dadurch zu rrklären, daß ihm dieser giftige Köpf ganz besonders aut schmeckt. Denn bei anderen Eieren bevorzugte «r ander« Körperteile. Ich neige daher der Mei nung zu, daß Mungos, di« oft Gelegenheit haben, Tist- chlangen zu fressen, schließlich auch gegen den Biß giftiger Schlangen immun werden. Mein treuer Freund nahm ein traurige» Ende. Er wurde von einer umherziehenden Zigeunerkaste erschlagen, in Lehm aebacken und verspeist, wie es bei uns die Zigeuner Der Mungo schlief in einem großen Deckelkorb, der in meinem Schlafzimmer stand. Gegen halb sechs Uhr, wenn der Tag graute, hob er von innen den Deckel empor, schlüpfte heraus, sprang auf die Fensterbank und von da nach kurzer Umschau ins Freie, um zu jagen. Wenn ich dann gegen sieben Uhr am Frühstückstisch saß, kam er die Freitreppe zur Veranda herauf und ließ sich — als Nachtisch auf sein Frosch- oder Schlangenfrühstück — ein Schälchen Milch und ein Stück Banane schmecken. Diese Streifzüge wiederholten sich des Tages mehrere Male. Pünktlich um Sonnenunter gang kroch er in seinen Korb und schlief bis zum Morgen. Der Park war vier Hektar groß, enthielt ein Wäldchen von Kokospalmen, eine Bananenpflanzung, große Grasplätze mit Bäumen aller Art und viel Gebüsch, einen großen Teich mit Fischen und Schildkröten, mehrere Wasserlöcher, Grä ben, Brunnen, Termitenhügel und außer den Hauptgebäu den mehrere kleinere Gebäude und Gelasse, Stallungen, Wagenschuppen, Mauern, Haufen von Bausteinen und Holz, kurz, eine Unmenge von Schlupfwinkeln für das tausend fältige kriechende und krabbelnde Getier, das in Indien die Gärten belebt. Also für den Mungo ein wahres Iagdpara- dies, das auch von wilden Mungos, Schakalen, Pülmenmar- dern und anderen Raubtieren täglich besucht wurde. Wie viel Arten von Schlangen — giftigen und ungiftigen — das vernachlässigte Grundstück beherbergte, habe ich nicht festge stellt; sicher war es ein Dutzend, wahrscheinlich aber mehr. Zweimal habe ich abends eine Schlange im Hause gefunden, denen der Mungo dann den Garaus machte. Einmal, es dämmerte bereite, ließ sich eine braune Peitschenschlange, fingerdünn, aber mindestens anderhalb Meter lang, ein sel tenes Tier, von einem Baume herab und enteilte mit sol cher Schnelligkeit durch das Gras ins Dickicht, daß ich sie mit dem Rohrstock, den man immer bei sich führt, nicht mehr er reichen konnte. Die schreckliche Cobra (Brillenschlange), die mit Vorliebe die Nähe menschlicher Wohnungen aufsucht und im Kulturlands Indiens viel häufiger ist als im Dschun gel, war aus meinem Park angeblich ausgerottet, nachdem ein Jahr zuvor das Söhnchen eines eingeborenen Verwal ters im Schlafe von einer Cobra getötet worden war; trotz dem wurde ein halbe» Jahr nach meinem Einzug eine Cobra gesunden und erschlagen, die der Mungo dann verspeiste. Das erste gefährliche Abenteuer, dessen Zeuge ich war, hatte der damals drei Monate alte Mungo mit einem sieb zehn Zentimeter langen schwarzen Skorpion zu bestehen, dessen Giftblase den Umfang einer dicken Erbse hatte, und dessen Stich ein Kind hätte töten können. Das ekle Gewürm war vom Gärtner ausgegraben worden, der ihm oberhalb der Giftblase einen Bindfaden um den Schwanz gelegt hatte. An dieser Fessel tobte es nun umher, ging voll Wut jedem Gegner zu Leibe, packte ihn mit seinen furchtbaren Scheren und versuchte, den Schwanz zum Stilb zu erheben, woran ch es aber durch Anziehen des Bindfadens verhinderte. Zwei kleinere gelbe Hausskorpione wurden mit Stumpf und Stiel aufgesresien. Als ich das Scheusal mit dem Mungo zufammenbrachte, ging es ohne Besinnen wütend auf d«n Mungo los und versuchte ihn zu packen. Mein Mungo aber — wich, die Haare sträubend, schleunigst zurück, von seinem Instinkt gewarnt. Das wiederholt« sich zehnmal. Erst als der Skorpion zum elften Male heranmarschierte, ging der Mungo wütend zum Angriff üb«r, d«n ich jedoch verhin derte, um das selten große Exemplar von Skorpion zu ret ten, das heute noch mit anderem Getier in meinem Arbeits zimmer zu sehen ist. Daß «nd mit welcher Leidenschaft der Mungo Schlangen frißt, habe ich fünfmal beobachten kön nen. Zweimal, wie gesagt, in meinem Hause zu später Abendstunde. De» einen Falles erinnere ich mich besonders deutlich. Wir saßen zu zweien — es mochte halb neun Uhr sein — beim Abendbrot, al» aus der Veranda «in klatschen de» Geräusch erscholl, wie wenn eine Schlange auf den Steinsuhboden herabfiele. Rasch wurde der Boy gerufen, der die Lampe nahm, währen- ich im anstoßenden Schlaf- NH oben meine Schwiegermutter schreien, und das verfetzt« mich in große Erregung. La bin ich htnaufgelaufen und habe sie erschlagen. Vorsitzender: Warum waren Sie denn in Er regung? -Angeklagter: Ich war sehr zornig auf meine Schwiegermutter. E» waren ckllerhand Kleinigkeiten vorgekommen, die mich jedesmal in große Wut versetzten. Wie sie nun da oben schrie, bin ich furchtbar wütend gewor den, da ich mich erinnerte, was sie meiner Frau alle« an getan hatte. -—Vorsitzender: Hat denn Ihre Schmie- germutter ihre eigene Tochter schlecht behandelt? — An geklagter: Eigentlich nicht. Aber meine Frau hatte auf ihr Geheiß lange nichts anderes essen dürfen als Hafer schleim und Reissuppe. Wenn diese durch die Schwieger mutter verbrannt waren, so hatte meine Frau überhaupt nichts zu essen und mußte hungern. (Der Angeklagte weint dabesi) Vorsitzender: Aber wegen einer verbrannten Schleimsuppe erschlägt man doch nicht einen Menschen. — Angeklagter: Gewiß nicht. Ich habe auch keinen wirk lichen Grund gehabt. Früher hatte ich meine Schwieger mutter schon einmal, auch wegen einer verbrannten Speise, im Jähzorn mit der Peitsche geschlagen. Meine Frau war damals wegen ihrer Mutter aus dem Haus gelaufen. Ich hatte damals die Absicht, wenn meine Frau nicht zurück kehrte, meine Schwiegermutter und mich selbst zu erschießen. Die weiteren Morde. Angerstein schildert weiter die Tötung des Dienstmäd chens Minna Stoll: Als ich die Schwiegermutter er schlagen hatte, stand das Dienstmädchen plötzlich vor mir. Offenbar hatte sie die Hilferufe gehört. Mich erfaßte große Erregung. Ich hob das Beil, sie flüchtete, ich lief ihr die Treppe hinauf nach und an der Speichertür habe ich sie im Rücken gefaßt und mit dem Beil auf den Kopf geschlagen. Dann bin ich in die Küche gegangen und habe das Beil ab gewaschen und bin zuerst ins Schlafzimmer zurückgeaangen und habe nochmals auf die Schwiegermutter eingeschlagen. Vorsitzender: Warum haben Sie das getan? — Angeklagter: Ich war in starker Erregund. — Vor sitzender: Sie sollen auf Ihre Frau eingeschlagen haben. — Angeklagter: Das Fenster flog plötzlich auf, und da hatte ich die Empfindung, als ob meine Frau nochmals er wacht wäre. — Sachverständiger: Hat die Mutter noch gestöhnt, als Sie noch einmal auf sie einschlugen? — Angeklagter: Ja, die Leichen waren alle so unruhig. Dann habe ich das Beil gesäubert, habe mich in der Küche auf einen Klotz gesetzt und bin vor Ermattung eingeschlafen. Als ich erwachte, war es schummrig, der Hausdiener kam, ich schickte ihn weg. Ebenso einen Mann, der kam, um Asche Mein Mungo, der Schlangenfresser. Don Dr. A. Gesmund. Der Mungo ist keineswegs das einzige Tier, das Schlangen frißt. Marder, Iltis und Wiesel, auch Füchse und selbst Katzen verschmähen einen Schlangenbraten nicht, und der Zaunigel soll ein besonders guter Schlangenvertil ger sein. Viele Vögel, wie Bussarde, Krähen und Elstern, gehen den Schlangen zu Leibe. Daß der Storch feinen Jun gen Schlangen zuträgt, kann man überall beobachten, wo Störche nisten. Ob unser Haushuhn Schlangen frißt, ver mag ich nicht zu sagen; daß es Ringelnatter und Kreuzotter mutig angreift, habe ich selbst gesehen, aber der Kampf mit der Kreuzotter wurde gestört und abgebrochen, während die Ringelnatter nur getötet, aber nicht gefressen wurde. Anders der Mungo, der kleinere indische Vetter des ägyptischen Ichneumons. Er ist Schlangenfresser von Be ruf und aus Leidenschaft. Das habe ich an dem zahmen Mungo erfahren, der fast ein Jahr lang mein Hausgenosse war und von dem ich erzählen will. Als ich ihn für acht Anna, das sind etwa siebzig Pfen nige, kaufte, war er sechs Wochen alt und einschließlich des zehn Zentimeter langen Schwanzes zweiundzwanzig Zenti meter lang, also noch lange nicht so groß wie eine mäßige Ratte. Sein langgestreckter Körper war bis zur Schwanz spitze mit langem, weichem grauen Haar bedeckt, das er in Augenblicken der Gefahr oder der Erregung nach allen Sei ten hin sträubte, so daß er wie eine Walze aussah und den doppelten Umfang zu gewinnen schien. Dieses Sträuben des Haares war, wie ich später oft beobachtete, sein Schutz mittel gegen den Biß giftiger Schlangen. Denn wenn eine von ihm überrumpelte Schlange noch Zeit fand, einen Biß gegen ihn zu führen, dann biß sie, durch den Augenschein getäuscht, zu kurz, sie biß in das Haar, ohne die Haut zu erreichen; bevor sie aber zu einem zweiten Biß ausholen konnte, hatte er ihr mit den nadelscharfen Zähnen seiner langen, spitz zulaufenden Schnauze bereits den Hals durch bissen. Mein Mungo hatte die besten Anlagen zu einem Haus tier. Während ein anderer Europäer, der in derselben Stadt wohnte, von einem noch kleineren Mungo so heftig in die Hand gebissen wurde, daß er die Zähmungsversuche ausgab, war mein Mungo vom ersten Tage an die Sanftmut und Liebenswürdigkeit selbst und wurde bald so zutraulich und anjchlußbedürstig wie ein Hund. In wenigen Wochen war er hausrein, nie hat er jemand gebissen, nie jemand die Zähne gezeigt. Mit Vorliebe lag er auf meinem Schoß oder kroch in meinem Aermel hinauf, bis er oben aus der Weste wieder hervorkam und sich die Welt von oben be schaute. Er hörte auf meinen Ruf und folgte mir nicht nur in den Park, sondern auf einsamen Wegen auch in Flur und Feld hinaus. Er scharrte und wühlte nicht, er zerriß nicht, wie jung« Hunde tun, Schuhzeug oder Teppiche. Nur das Naschen war ihm nicht abzugewöhnen. Wenn der Boy den gedeckten Tisch einen Augenblick allein ließ, sprang mein Mungo hinaus und holte sich ein Stück Fleisch oder eine Ba nane; auch wenn man schon bei Tisch saß, mußte er durch einen Klaps, später durch energischen Zuruf in Schranken gehalten werden. Wenn er jemand kommen hörte, lief er auf die Freitreppe, machte Männchen wie ein Hase und spähte wie ein Hase mit seinen kleinen gelben Augen in den Park hinaus. Er spielte gern, sprang mit unglaublicher Be hendigkeit über Tisch und Schränke und entfaltete dabei große Grazie. Dor Hunden hatte er kein« Furcht, foppte sie vielmehr und ließ sich nie von ihnen erwischen. Die blo ßen Füße der Eingeborenen machten ihm viel Vergnügen, ebenso di« Zipfel ihrer losen Gewänder. Kam er dem Boy zu nabe, so schob dieser ihn kurzerhand zur Seite; erschienen ober vornehme Hindus zu Besuch, jo mußte man jeiner Drei stigkeit steuern und mehr al» einmal zog «in gelehrter Herr jeine Füße auf den Stuhl, bis ich da» Der davonjagte. «waren, wollten wir zusammen aus s 'waren sa«r schon im Wasser, al« Ufer eine Stimme ertönte, und zwar Stromes*. Und da kamen Mir ach kedrten ins Leben zurück. Vorsitzender: Erzählen Sie nun möglichst im Zusammenhang da« Weiter«. Angeklagter: Un Uhr abends bin ich zu Bett gegaimen. ' Uhr bin ich aufgeschreckt. Meine Frau hatte «inen Herzan fall erlitten und hatte Erbrechen. Ich wollte rasch zum Arzt gehen; die Frau ließ es aber nicht zu. Ich holte die Schwiegermutter, stand selbst auf und ging ins Nebenzim mer. Später ging meine Schwiegermutter wieder schlafen und ich setzte mich an das Bett meiner Frau. Meine Frau und meine Schwiegermutter hatten von einem Briefe au» Wetzlar gesprochen, der von einer bösen Krankheit meines Schwagers berichtete und mich noch viel mehr aufregte. Ich habe dann mit meiner Frau über diesen Brief gesprochen, wobei sich die Aufregung noch skigerte. Die ganzen Vor gänge, die Todesahnungen meiner Frau, der Brief und der Gedanke an meine eigene Tuberku lose steigerten meine Aufregung in unge heurer Weise. Nachdem meine Frau mir einmal ge sagt hatte, daß sie in derselben Stunde sterben wollte, in der ich stürbe, beschloß ich, mit meiner Frau aus dem Leben zu scheiden. Lin angeblicher Selbstmordversuch. Vorsitzender: Hat Ihre Frau an diesem Entschluß mitgewirkt? — Angeklagter: Nein. Ich bin dann in das Nebenzimmer gegangen, um den Revolver zu holen, den ich dort in einem kleinen Schränkchen aufgehoben hatte. Als ich zu dem Bett meiner Frau zurückkam und annahm, daß sie noch in der Ohnmacht liege, in der ich sie verlassen hatte, war sie plötzlich wach geworden, und als sie den Re volver erblickte, ergriff sie meine Hand und entwand mir ihn. Dann sank sie wieder in Ohnmacht. Ich stürzte dann ins Zimmer zurück und habe dort den Hirschfänger gesehen. In diesem Augenblick sah sie mich an und während ich glaubte, daß sie schon tot fei, habe ich zugestochen. Da habe ich Blut gesehen, und dann weiß ich nicht mehr, was ge schehen ist. — Vorsitzender: Hat Ihre Frau noch etwas gesagt? — Angeklagter: Nein, beim Stechen nicht; aber vorher, als ich den Revolver in der Hand hatte, sagte ie „Sein eigenes Weib, Vater vergib ihm." Als meine 5rau tot war, bin ich in mein Bureau gelaufen, wo noch zwei Revolver waren, und wollte mich erschießen. Aber beide Revolver versagten. Dann bin ich in den Keller ge laufen, um irgendein Instrument zu finden, mit dem ich mich töten könnte. Im Keller fand ich das Beil und wollte <>ly imune iyn weg. ^oen,v e,„en »,<> mir die Hand abhacken. In dem Augenblick hörte ich plötz- labzuholen. Dann ging ich auf die Toilette, ich mußte mich dem Leben gehen. Wir plötzlich vom anderen ' da,Lted-jenseits des ... ieove zur Vernunft und tedrten inr LEbsn zurüit. Vorsitzender: Erzählen Sie nun möglichst im Zusammenhang da« Weitere. Angeklagter: Um 10 Uhr abends bin ich zu Bett^gegai^en. Zwischen 12 und 1 rau hatte «inen Herzan- "ich wollte rasch zum cht zu. Ich holte die
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