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Ionen, zu Fer^ Neues aus aller Wett. — Eine furchtbare Tragödie. Aus Preßburg wird be richtet: In Sommerein wurde das Gutsbesitzersehepaar Dener durch einen Unglückefall seiner drei Söhne beraubt. Diese gerieten beim Baden in einxn Stromwirbel und er tranken. Der Beamte Josef Sarkany, der zu Hilfe eilte, fand gleichfalls den Tod in den Wellen. Der Slteste der ertrunke nen Brüder war ein bekannter Sportsmann, der zweite ein Leutnant, her jüngste ein 14jähriger Gymnasiast. Al» die Eltern ihre Söhne in einem Wagen vom Baden abholen wollten, wurde ihnen von Landleuten Mitteilung über das entsetzliche Unglück. Am Ufer lagen die Kleider ihrer Söhne. — Das Abenteuer eines Lalifornlers in Vertin. Auf der Berliner Straßenbahn wurde am vergangenen Freitag ein Großkaufmann aus Kalifornien bestohlen. Auf dem Leipziger Platz bemerkte er plötzlich, daß ihm die Brieftasche mit wertvollen Papieren, einem Kreditbrief der Bank von Los Angelos über 10000 Dollar, 260 Dollar in Scheinen, einem französischen 100-Frankenschein, etwas englischem Geld und zwei Schiffskarten 1. Klasse nach Amerika gestohlen worden war. In der Aufregung rief er: „Man hat mir mein Taschentuch gestohlen!" Er wollte Taschenbuch sagen und meinte die Brieftasche. Die Verständigung mit dem Schaff ner war nicht ganz leicht, und inzwischen war der Dieb vom Wagen verschwunden. Jnzwi chen ist es gelungen, die Schul digen, mehrere aus Budapest zugereiste Personen, zu Fer- kaften. — Ungeheure Hitze in Amerika. Eine außergewöhn liche Hitzewelle an der Ostküste und im Westen der Vereinig ten Staaten fordert zahlreiche Opfer an Menschenleben und verursacht erheblichen Materialschaden. Die Meldungen aus verschiedenen Staaten ergeben, daß insgesamt 27 Personen am Dienstag und Mittwoch an Hitzschlägen erlegen sind. Die Temperatur stieg allenthalben über 90, teilweise bis über 100 Grad Fahrenheit mit folgenden heftigen Gewitterstür men. Allein in Sioux City wurde ein Ernteschaden von 100 000 Dollar angerichtet. — Gewaltigen Schaden richtete ferner ein Wirbelsturm an, der über die Staaten Iowa und Nebraska dahinbrauste. Da die Verbindungen mit den vom Sturm l)eimgesuchten Orten unterbrochen sind, ist es noch nicht möglich, näheres über die entstandenen Schäden mitzu teilen. Auch die Zahl der Toten und Verwundeten ist noch nicht festgestellt. — Telephon zwischen Flieger und Erde. Auf dem Flugplatz in Dayton in den Vereinigten Staaten starteten kürzlich zwei mit drahtloser Telephonie augerüstete Flug zeuge. Es gelang, eine gut verständliche Gesprächsverbin dung zwischen den beiden Flugzeugen herzustellen. Die Un- Aus dem Gerichtssaal. * welche Gefahren es hat, Falschgeld, das einem anae- dreht worden, welterzugeben, mußte zu seinem Leidwesen der Kaufmann Sohn erfahren. Vielfach herrscht ja die Ge wohnheit, das falsche Geld, das man irgendrpo erhalten hat, einfach weiterzugeben. Dabei bedenkt man aber nicht, daß man sich hierdurch des Münzverbrechens schuldig macht. Jeder wird bestraft, der falsches Geld, nachdem er es als falsch erkannt hat, in den Verkehr bringt. Sohn hatte vier falsche Markstücke — wie er angab, beim Wechseln auf dem Autoomnibus — erhalten und nun versucht, dieses Falschgeld beim Einkäufen loszuwerden. Dabei war er ab- aefaßt worden und wurde unter Anklage gestellt. Der Staatsanwalt beantragte gegen den bisher unbestraften An geklagten I1/2 Jahr Gefängnis und 3 Jahre Ehrverlust, Dem Verteidiger gelang es jedoch, das Gericht davon zu überzeu gen, daß es sich hier um einen Akt von Unüberlegtheit han delte, so daß der Angeklagte mit einer Geldstrafe von 300 </tl davon kam. Dieses Urteil wurde von der Strafkammer des Landgerichts H Berlin bestätigt. äblassen und massenhaft auftreten. Die Staupen fressen nur Uichenblätter und verschonen andere Bäume. (Wie kürzlich kn der „Zittauer Morgen-Zeitung" zu lesen war, ist diese Klage leider auch in der hiesigen Gegend zu beobachten.) ikchmebeW- S. Juni. Da» wettiubundesfchießen findet tzpm 2—0. August in Schneeberg statt. Ts wird auf Feld, »and freihand, Stand aufgelegt, Pistolenscheibe, Lorenz, scheibe und Kleinkaliber geschossen. Es stehen eine große An- »ahl von Preisen in Aussicht, unter anderem hat die Bunder- leitung 8000 Reichsmark bar zur Versügung gestellt, die Vchützengesellschaft Schneeberg 4000 Reichsmark. Bad Elfter, 8. Juni. SO. Geburtstag. Die zweitälteste Einwohnerin von Bad Elster, Frau Margarete verw. Hey- tnann, konnte im Kreise ihrer Kinder und Enkel ihren SO. Geburtstag feiern. Aussig a. E., 5. Juni. Ein Radfahrer vom Vlih gelötet. Dor 19jährige Arbeiter Haschek aus Neu-Wernsdorf wurde von einem Gewitter überrascht, als er sein Fahrrad einen Berg hinaufschob. Der Blitz schlug in das Rad und tötete Haschek auf der Stelle. terhattun- wurde durch die Station de» Flugplätze» mitge hört. Nach dem glänzend gelungenen Versuch sollen für da» Sommermanöver mehrere Flugzeuge mit drahtloser Tele phonie versehen werden. , — Ungeheure Zahl der amerikaaischeu Motorfahrzeuge. Eine neue Zählung der Motorfahrzeuge in den Vereinigten Staaten ergab die gewaltige Zahl von 17,5 Millionen. Die hieraus erzielten Steuern mit 225 Millionen ermöglichten «ine hervorragende Instandhaltung der Straßen. 184 Mil- liönen Dollar wurden sür Landstrabenarbeit verwendet. Prozentual hallen die Lastautos am stärksten zugenommen. Man rechnet heute in den Bereinigten Staaten auf 67 Per sonen ein Lastauto, auf 7 Personen ein Personen-Auto. — Da» größte Schwimmbassin der Welt lst kürzlich in San Francisco fertiggestellt und eröffnet worden. Es ist über 300 Meter lang und 30, stellenweise 45 Meter breit. 10000 Menschen können gleichzeitig darin dem Schwimm sport obliegen. Die Wassermenge, die notwendig ist, um das Becken zu füllen, beläuft sich auf 30 Millionen Liter. Das Wasser wird aus dem Ozean entnommen, aber nicht aus den, Küstenwasser, sondern aus einer Entfernung von mehreren Kilometern und aus einer Tiefe von nahezu 70 Metern. Die Kosten für die Anlage des Bassins haben sich auf nicht viel weniger als 100000 Dollar belaufen. — Eine sagenhafte Stadl gefunden. Ein englischer Kaufmann, Wulfstan, der um das Jahr 900 eine Handels- reise nach der preußischen Ostseeküste unternahm, weiß von einer großen Handelsstadt zu berichten, die an der Danziger Bucht gelegen haben soll. Er nennt sie „Truso." Man hat dieser Ueberlieferung, die sich in der von König Alfred dem Großen verfaßten Bearbeitung des Orosius findet, in der Hauptsache bisher nur Sagenwert zugesprochen. Nunmehr hat Professor Ewert-Königsberg nicht weit von Elbing an den Trunzer Bergen in großer Tiefe eigenartige Ruinen vor gefunden, die auf eine größere Stadt schließen lassen. Man vermutet, daß man damit die Ruinen des alten Truso ent deckt hat. Eine systematische Ausgrabung soll im Laufe die ses Sommers erfolgen. — Begründete Furcht. Der amerikanische Botschafter in Buenos Aires mußte von seinem Amt zurücktreten, da seine Frau sich weigerte, mit ihm Seereisen zu unternehmen, da sie bisher stets vom Unglück verfolgt wurde. Sie war eine der Ueberlebenden der „Lusitania," dann fuhr sie auf einem Dampfer, auf dem der Kessel explodierte, wobei fünf Mann der Besatzung von einem Eisberg eingeschlossen wurden. Hinter der Düne im Geäst hing die Sonne wie eine gol dene Spinne. Und sie fing alles ein in das flirrende Strah lennetz, — den Wald mit seinen singenden Vögeln, die tief sinnigen Wacholdermänner hinter der Düne, wehende Strandhaferhalme und die einsame Fischerkate im grünen Mooshut dazu. Auch Reinhold Hufenried ließ sich von der goldenen Spinne einfangen. Er stand auf dem Dünen kamm. Ein Abendlied kam waldher, engelchargleich. Als die letzten Töne verebbten, trugen alle Dinge einen violetten Hauch. Ueber den bleiernen Wassern glitzerte der Abendstern. Reinhold Hufenried ging auf dem schmalen Fußsteig dorfwärts. Die Katen saßen schläfrig an der rasengrünen Straße. Aus ein paar Schornsteinen kringelte blauer Rauch. An einer Straßenkreuzung lag das Haus des Gemeindevor stehers. Ein grünbekränzter Kasten hing daran. Und ein Zettel darin: Hochzeitsleute In einem anderen Glaskasten waren Bekanntmachungen. Er las im HalbdunkcUallerhand wichtig genommene Unwichtigkeiten. „Gefunden ein Ehe ring, gezeichnet R. H. — Dsr rechtmäßige Eigentümer er hält ihn zurück, wenn er sich genügend ausweisen kann." „Hm, — R. H. — wie merkwürdig." Reinhold Hufenried ging weiter die Straße hinunter zu dem kleinen Fischerhaus, in dem er Wohnung genommen hatte. Nach dem Abendessen saß er mit den: alten Fischer unter der mächtigen Linde. „Es sind fünfundzwanzig Jahre her. Die Linde ist kaum anders geworden. Das Meer auch nicht; aber — wiri" Der Fischer, der nachdenklich an seinem Pfeifenrohr sog, richtete sein wetterbraunes Gesicht auf Reinhold Hufenried: „Lieber Herr, ich kann mich nicht entsinnen; es sind zu viele, die da kommen und gehen/' „Ich wäre gern öfter gekommen, aber " „Aber? — Hat es Ihnen denn hier nicht gefallen?" „So über alle Maßen schön waren die Wochen vor fünf undzwanzig Jahren, so unendlich reich! Aber weil ich die große Leere hier gefunden hätte in den Sommern danach, darum mochte ich nicht mehr kommen." „Ich weiß, nicht, was Sie meinen. Herr." „Dann werde ich Ihnen eine kurze herbe Geschichte er zählen. — Sehen Sie, ein fröhliches Weib haben und gesunde Kinder — ist das nicht alles?" Der Fischer nickte zustimmend und blies eine große blaue Wolke unter den Lindenschirm. Reinhold Hufenried senkte den Kopf und schwieg. „Sie wollten mir eine Geschichte erzählen," sagte nach einer Weile der Fischer. Und Reinhold Hufenried sprach: „Ihr Leben hat sich er füllt, das meine nicht. Das Mädchen, das ich damals hier kennen lernte, durfte ich nicht beiraten. Unrentable Partie, sagte mein Vater. Die Geschäftsinteressen vertrügen es nicht, ein gänzlich mittelloses Mädchen zu heiraten. Das Wort, das die Mutter für mein Herz einlegte, wog nicht schwer genug. Es gab einen Kampf zwischen dem Vater und mir. Ich unterlag. Dafür wurde der Firmenname erwei tert; und Sohn — wurde angehängt. — Passable Partie, flüsterte der Vater eines Tages und führte die Tochter eines zu gewinnenden Aktionärs in unser Haus ein. Da habe ich ihn traurig angesehen und verneinend den Kopf benagt; denn in meinem Herzen stand ein anderer Name. Wir haben damals trotz allem ein geheimes Fest gehabt und sind dann auseinander gegangen, weil wir es mußten, — mit einem gezeichneten Ringlein trotz allem. Und dieses Symbol sollte in den Stunden einsamer Feste an ihrer wie an meiner Hand sein. Im Sommer darauf erhielt ich aus einem Krankenhause der rumänischen Hauptstadt einen Brief mit fremden Schriftzügen: Fräulein Christel Brockhusen ist an Malaria hoffnungslos erkrankt. — Weiter nichts. Sie wird gestorben sein. Für mich lebt sie als meint ewig« Braut. Meine Eltern sind lange tot. Die Firma Hufen ried und Sohn ist auch ohne das Kuppelkavital nicht einge gangen; aber mit mir wird das Hau» Hufenried erlöschen. Run willen Sie um di« L«ere meines Lebens, nicht wahr?" Der Fischer hatte aufmerksam zugehört, sog an seinem Pfeifenrohr, sah seinem Gast voll ins Gesicht und sagte dann mit Bedacht: „Herr, man soll niemals dem Leben zürnen. Meine selige Muttter schon sagte: es hat alles so sein sollen und war immer so glücklich in all ihrem Mißgeschick." „Es hat alles — so sein sollen," wiederholte Reinhold Hufenried tonlos und bot dem Fischer eine gute Nacht. Am Vormittag des anderen Tages sah Reinhold Hufen ried dem Spiel der Kinder zu. „Der Glückspilz ist Prinz!" rief die Schwester. Reinhold Hufenried schüttelte den Kopf über den schreienden Widersinn, aus elternlosen Kindern Glückspilze und Prinzen zu machen. Einen Vers mit dem Kehrreim: „Glückspilz, 's blinkt ein Ringelein, Glückspilz, wann wird Hochzeit sein?" sang die Runde nach einer bekannten Melodie. Als das Spiel zu Ende war, trat Reinhold Hufenried an die Schwester heran: „Ich kenne weder das Spiel, noch das Lied. Woher haben Sie das?" „Wir haben alles aus uns," sagte die Schwester lachend. „Komm her, Glückspilz!" rief sie. „Der hat hier in der vorigen Woche einen Ehering gefunden beim Schanzenschau- feln. Und da haben wir ihn Glückspilz getauft und Spiel- verse dazu gedichtet." „Ist das der R. H. gezeichnete Ring, der bei dem Ge meindevorsteher liegt?" „Ganz recht, der Eigentümer muß nicht mehr am Ort sein, sonst hätte er den Jubiläumsring wohl schon abgeholt." „Jubiläumsring?" „Ja, SUberjubiläum. Hinter den Buchstaben ist zu lesen: 19. 9. 00." Reinhold Hufenrieds Augen wurden weit. Eine Blässe fiel jäh in sein Gesicht. Er zog stumm seinen Hut und schwankte über die Düne . . . „Herr Gemeindevorsteher, der gefundene Ring ist mein Eigentum." „Können Sie sich ausweisen?" Er legte seinen Personalausweis vor. Der Gemeinde vorsteher suchte in der Kurliste. „Sie sind ledig?" > / „Allerdings!" „Merkwürdig, höchst merkwürdig. Fünfundzwanzig Jahre . . . verlobt?" „Sie dürfen meinen Angaben Glauben schenken; aber vielleicht beweist es Ihnen mein eigener Ring," indem er ihn dem Gemeindevorsteher reichte. Der rückte die Brille zurecht und las laut: „C. B. 19. 9. 00. Ja, mehr kann man nicht verlangen," und er gab ihn Reinhold Hufenried zurück. „Aber noch eins: wie heißt die Dame, mit der Sie verlobt sind?" „Meine Braut war Christel Brockhusen." >< ' ' „War?" Reinhold Hufenried nickte. Die Lippen lagen fest auf einander. „Sie lebt nicht mehr? — Erlauben Sie." Er kramte in einem Schubfach des Schreibtisches, tastete mit dem Finger die Kolonnen in einem dicken Buch ab. — „Bitte ..." Er schob das Buch Hufenried hin. Ein Zittern befiel seinen Körper, als er den Namen seiner Braut in der Kurliste las. „Mein . . . Gott ... im ... im vorigen Sommer?" Der Gemeindevorsteher nickte. Hufenried sank in einen altmodischen Sessel und saß lange mit geschlossenen Augen da, schwer atmend. Als der lange mit geschloffenen Augen da, schwer atmend. Als der Gemeindevorsteher ihn etwas fragte, fagte er: „Der Alte, bei dem ich wohne, nird Ihnen alles sagen." Ehe die Sonne zur Rüste ging, schrieb Reinhold Hufen ried einen langen Brief . . . Nach einigen Tagen standen zwei Menschen auf der Düne, Hand in Hand. Am Strande spielten Kinder. Rein hold Hufenried suchte den Glückspilz. Ehristel Brockhusen fuhr streichelnd über fein Haar : „Schwester, würden Sie ihn hergeben? — Er soll ein Hufenried werden." Der Ring. Skizze von FranzMahlke. (Nachdruck verboten) Die Badegäste benutzten fast ausnahmslos den breiten Promenadenweg, der von der Ortschaft zum Strande führte. Reinhold Hufenried wählte einen abseitigen Fußsteig. Der Dünensand mahlte unter seinen Schuhen. Er betrat den Dünenkamm und ließ die Äugen über die sanfte Bläue der leichtbewegten See gleiten. „Fünfundzwanzig Jahre —" kam es im Selbstgespräch von seinen Lippen. Sein Blick tastete den Strand ab. Die Badehäuser lagen ein Stück ost wärts. Eine unendliche Zahl von Strandkörben umlagerte sie. Burgwälle hier und da, von Kindern aufgeworfen. Lustige Fähnlein an schwankenden Stangen. Am Fuß der Düne, auf der er stand, ruhten halbbekleidete Knaben im Sande. Ein Strandkorb war in der Nähe. Ehe er den Dünenhang hinunterging, tat er einen hörbaren Atemzug. Er ging um die Kindergruppe herum. Eine Dame in Schwesterntracht neigte sich übtzr ein Buch, sah kurz auf und erwiderte seinen Gruß. Reinhold Hufenried ging einen kur zen Steinwurf weit und setzte sich in den Sand. Seine grauen Augen tasteten den Meereshorizont ab. Weiße Segel standen in der weiten Wasserwüste wie müde gewor- ' „ - ' > fernen Damp- in kurzer gedrungener Fahnenschaft, der ein üuch entfaltete. Es war wie überall an der grauen Auge Segel standen i ... dene Schmetterlinge. Der Schornstein eines fers wirkte wie ein ' dunkelwolkiges Tuch entfaltete. — See; und doch — anders. Er hatte in den letzten drei Jahr zehnten die Küste kennen gelernt wie kaum einer. Das kleine Seebad aber, in dem ein Mädchen vor fünfundzwanzig Jahren sein Schicksal wurde, hatte er gemieden. Und darum war es anders hier. Er streckte sich rücklings in den Dünen sand, schloß die Äugen und warf die Arme seitwärts aus. Ist es nicht manchmal, als sitzen Engel auf allen Uhrenzeigern und jubilieren — jubilieren! — Und Tage kommen, deren Sekundenschritte sind wie Keulenschläge. Lus Jauchzen und Weinen rundet sich unser aller Lebenstag. Um Reinhold Hufenrieds festgeschlossene Lippen war ein kaum spürbares Muskelspiel, als er so hinträumend im Sande lag. Schmerzhaftes Aufzucken rettete sich in fried- sames Lächeln, — ein seltsames Widerspiel der Seele. Die Lippen lösten sich langsam, wie wenn ein Wallfahrer etwas Heiliges schaut. Und dann kam der Wanderwind von der Düne ganz leise und und nahm einer heimlich erblühten Blume gleich einen Namen von seinen Lippen: Christel. Ein Kinderlachen flog auf. Die Schwester klatschte in die Hände, und die Knaben umringten sie. Sie gab einige kurze Anweisungen. Dann liefen die Knaben zu einer offe nen Halle an der Düne und schlüpften in ihre Badekleidung. Reinhold Hufenried beobachtete das lustige Treiben in der eingegrenzten Wasserfläche. Er ging bis auf den festgespül ten Strand, um dem Schemspiel des Jungvolks zuzusehen. Nach einiger Zeit rief eine Trillerpfeise die Badenden her aus. Sie tollten in die Halle zurück. Reinhold Hufenried richtete eine Frage an die Schwester. „Es sind alles elternlose Kinder. Unser Heim liegt zehn Minuten weit im Walde." „Und die Kinder sind jahraus, jahrein bei Ihnen?" ' „Ja, wir wollen ihnen das Elternhaus ersetzen, beschei dener gesagt, ihnen ein Stück Heimat bereiten." „Wie viele sind es?" „Sechsundoierzig Knaben, zweiundsünfzig Mädchen." „Wie ich sehe, in strenger Trennung. Das bedingen wohl die Verhältnisse in diesem Hause?" „Sie wollen mit dieser Bemerkung wohl den ungleich höheren Wert des Elternhauses gegenüoerstellen?" „Man soll sich nicht täuschen über die Tatsache, daß ein Helm kein vollwertiger Ersatz für das Elternhaus fein kann; aber unendlich ist der Segen, den Äe streuen." „Wir verschenken das Herz." „Und Höheres gibt es nicht," entgegnete Reinhold Hufenried. Sie reichte ihm die Hand und ging zu den Knaben, die H«"' "un Heiwwe" ,""-dn«t satten.