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Auerthal -Zeitung. Lokalblatt sür Aue, Arierhammer, Jelle «löfterlein, Nieder, u. Oberpsannenftiel, Lauter, Bockau, Bern-bach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Ein. MU 2 Mustrirten Aeivtättern: Jnsnat« » a.««ia«b. Deutsches AamittenbLatt, Hute Heister, S-itspieget. di. ./.o^ kiel 3 wertbvollsn Bsilaaen vltrtsljährlich ' ^El Wiederholungen hoher Rabatt. mit Bringerlohn 1 LV Pf. Verantwortlicher Redakteur: Emil Hegemeister in Aue (Erzgebirge). «lle Postanftalten und Landbriesträger durch dk Post 1 «. S» Pf. ««dakrion u. Erpedi.ldn - ««., M-rktstr-ße. "^""n Bestellungen au. No. 63. Mittwoch, den 31. Mai 1893. 6. Jahrgang. Gestellungen aus di« DW" Auerthcrl'-ZeiLung "MU <N». SSS dir Zeitungsprelslist«) für Monat Juni 1893 werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern de» Blattes, sowie den Landbriefträgern jederzeit gern angenommen. Spedition der „Zuerthat-Aeitung," L!m»U UsUvmvlater. Zur Reichstagswahl in Sachsen. Keine frühere Reich-tagSwahl hat in Sachsen so ver worrene Parteiverhältnisse gesunden, als die bevorstehende. Die innere Festigkeit der Konservativen ist auch in Sach sen stark erschüttert. Die eine Richtung begünstigt eine auSgcsprochene Schutzzoll-Gesetzgebung und den „Bund d.r Landwirte", die andere will die Interessen der Landwirt schaft gleichfalls wahren, geht aber keineswegs soweit al» die Herren von Frege und von Friesen und steht selbst den Handelsverträgen nicht unsympathisch gegenüber. Es sind dir- namentlich die konservativen Großgewerbetreiben- drn. Auch Herr vr. Giese, der Vertreter unsere» Kreises gehörte zu der letzteren Richtung und verlor durch sein Eintreten für die Handelsverträge die Aussichten auf Wie derwahl. Eine dritte Richtung hat sich au» den Handwerksmeistern gebildet, die früher treue und eifrige Anhänger der Kon servativen waren. Diese klringewerblichen Kreise sind kei neswegs extrem antisemitisch aber sie haben vielfach da» Vertrauen zu den bisherigen konservativen Abgeordneten verloren, weil tir Handwerkergejetzgebuig nicht von der Stell« gekommen ist, und sind unschlüssig, vb sie bei ei ner Wahl den Konservativen ihr« Glimme geben oder sie den Antisemiten zuwenden sollen. Die sächsischen Antise miten selbst haben sich in der Hauptsache von den Kon servativen abgezweigt, deren Gegner sie heut« in vielen Dingen sind. Sie unterscheiden sich wieder in deutsch soziale und antisemitische Volktp-rteiler, die jedoch schon aus einer Versammlung in Berlin im Jahre 1891 die sächsischen Vezirkt geteilt haben und bei den Wahlen sich nicht bekämpfen. Den Nationallibrralen mangelt e» in Sachsen allerding» nicht an innerer Einigkeit und Über einstimmung der Anschauungen; an Rührigkeit und Schlag fertigkeit der Partei stehen sie hinter anderen zurück. Auf der vorjährigen Hauptversammlung de« „Nationallibera len Verein» sür da» Königreich Sachsen" wurde aller dings angeregt, mehr als bisher für die Heranziehung red nerischer Kräfte zu sorgen, aber von einem eifrigen öffent lichen Eintreten für nationalliberale Anschauungen hat man auch seitdem in Sachsen nur wenig empfunden. Die nationallibera'.e Partei wird alle ihre Kraft zusammenneh men müssen, um ihre alte Stellung zu behaupten; den Konservativen und Freisinnigen ergeht e» ähnlich. Auch sie haben trotz aller guten Vorsätze seit 1891 in den meisten Kreisen nicht», in anderen nur wenig gethan. „Mächtig siegesbewußt", wie rin Arbeiterblatt schreibt, sehen dagegen dir Sozialdemokraten der Wahl entgegen. Während die anderen Parteien noch weitläufige Vorbera tungen über Kandidaten, Organisation und Agitation pfle gen, haben die Sozialdemokraten in Sachsen schon längst alle» geregelt. Die Kandidatensiste ist ausgestellt, dir Wahlorganisation bereit» in lebhafte Bewegung gesetzt. Wir wollen durch die Masse unserer Wähler „der herr- 'schenden Gesellschaft Schrecken «„flößen", schreibt da» „Dresdner Ardeiterblatt". Zwischen Nationallibrralen r nd Konservativen «erden angestcht» drohend« sozialdemo kratischer Wahlsiege di« trennenden politischen Unterschiede in der Wahlbewegung meisten» zurücktreten. Fast überall, wo in sächsischen Wahlkreisen diese Parteien einflußreich sind, ist e» bereits jetzt zu einer Verständigung über ge meinsame Kandidaten gekommen. Die Antisemiten schei nen jedoch mehrfach selbständig auch in solchen Wahlkrei sen vorgehen zu wollen, wo die Gefahr eines sozialdemo kratischen Siege» bei der Zersplitterung der Parteien nahe liegt. Die Freisinnigen wollen selbst in sozialdemokratisch gefährdeten Wahlkreisen mit anderen Parteien kein« Ge meinschaft Haden dagegen werden die sächsischen Fortschritt ler und die ihnen verwandte Richtung der gemäßigten sächsischen Liberalen, welche vor einigen Jahren sich be reits von Richter trennten, überall dort, wo ein Sieg de» äußersten politischen Radikalismus droht, mit den Konser vativen und Nationalliberalen stimmen. Das ist in großen Zügen die Lage in Sachsen. L» trennen un» nur roch zwei Wochen von der Entschei» düng. Höchste Zeit ist e» darum, daß straffer Zug in die Organisation kommt. Politische Nachrichten. Deutsch!»«». Berlin, den 29. Mai, I Menn 2 eine gute und 3 eine Mittelernte bedeutet, dann giebt der Saatenstand im deutschen Reiche folgende Aussichten: Winterweizen 2,6 Sommerweizen 2,9 Sommerspelz 2,4 Winterroggcn 3,2 Sommerroggen 2,9 Sommergerste 2,9 Hafer 3 Kartoff-ln 2,8 Klee 2,7 Wiesen 3,9 — Das Handelrkammergesetz bestimmt, daß zur Theil» nähme an der Wahl der Mitglieder der Handelskammern diejenigen Kaufleute und Gesellschaften berechtigt sind, welche al» Inhaber einer Firma in dem für den Bezirk der Handelskammer geführte» Handelsregister eingetragen stehen. Jedoch kann mit Genehmigung des HandelSmini- ster» sür einzelne Handelskammern nach Anhörung »er Betheiligten bestimmt werden, daß da» Wahlrecht außer« dem durch die Veranlagung in einer bestimmten Klass« oder zu einem bestimmten Satze der Gewerbesteuer vom Handel bedingt sein soll. Dem Vernehmen nach hat nun der preußische Handel-Minister durch d'e Verwaltungsbe hörden darüber Erkundigungen einzieben lassen, wie da» Wahlrecht zu den Handelskammern mit Rücksicht auf die Bestimmungen de» neuen am 1. April d. Js. in Kraft getretenen Gewerbesteuergesetze» zu regeln sei. Nach der Ansicht de» HandelSminister» würden die bestehenden Ver hältnisse am wenigsten geändert, wenn da» Wahlrecht von der Veranlagung zu den neuen Gewerdesteuerklassen I, II und HI abhängig gemacht würde, eventuell, wenn die» ge wünscht würde, unter einer Beschränkung der in Klasse HI Befindlichen. — Wie sehr große VerkchrSunternehmungen über ihr engere» Anlagebereich hinaus aus die Entwicklung de» Ver kehr» rinwirken, zeigt sich u. A. in dem Umstande, daß sNachdruck verboten^. Keuilleton. Eine Spionengeschichte. Au» d. Erinnerungen eine» deutsch-lothringischen Beamten. (Schluß.) Ich hatte den Herrn bis dahin kaum «ahrgenommen, erst jetzt wandt« ich ihm meine volle Aufmerksamkeit zu. Er schien sich in sehr heftiger Erregung zu befinden, — da wurde durch seinen GesichtSauSdruck und die Lebhaftigkeit seiner Bewegungcn, die allerdings völlig unmotivirt er schienen, dargelhan. Allem Anscheine nach war er im höch sten Grade ans un» — ich meine die junge Dame und mich, denn sonst befand sich ni mand im Koupee — er bost. Allem Anscheine nach hatte er nicht üble Lust, un- da durch die That merken zu lasten, aber die Rirsenjungfrau schien ihm einigen Respekt einzuflößen. Ich konnte mir nicht erklären, wodurch wir den Unwillen unsere« Reise gefährten erregt haben könnten, machte mir auch wenig Kopfschmerzen deswegen und setzte die Unterhaltong mit meiner drei Zentner schweren Lcquisttion fort. Al- der Zug in den Bahnhof von konlü Lloussou einsuhr- sprang der Herr hastig au» den Wagen, ich s,h, wie « mit dem Station-beamten lebhaft sprach und mit der Han» aus unser Koupee deutete. Der Stationtbeamte schien ihn beschwichtigen zu wollen, der klein« heißblütig« Mann wurde aber immer erregter und stürzte endlich in da» Telegraphen - Büreau. In demselben Augenblick dampf te unser Zug ab. In kurzer Zeit erreichten wir di« französisch« Grenz station. Zu unser« Erstaunen herrschte aus de« Bahn hof eine lebhafte Bewegung; mehrere Polizeibeamte waren van einer aufgeregten Menschenmenge umringt, und Alle schienen mit großer Spannung auf dir Ankunft unsere» Zu>,e» gewartet zu haben. Gehr bald wurde ich innr, daß di« Neugier der Menge mir und meiner Begleiterin galt. Der Zug hatte kaum gehalten, al» mehrere Polizisten auf unser Koupee zuge stürzt kamen, die Thür öffneten und un- für verhaftet er klärten. Man schien e» besonder» auf meine neue Freun din, die Riesetidame, abgesehen zu haben, denn ihr wandte sich die allgemeine, etwa- unheimliche Aufmerksamkeit zu. Der Ehef der Polizek, ein etwa» beleibter Herr mit glat- tem, behäbigen Gesicht — e- war, wie ich bald erfuhr, Herr Schnäbele — forderte un» auf, ihm zu einem bereit stehenden Wagen zu folgen. Unser Protest half nicht», wir mußten seinem Gebot Folge leisten. Al» wir im wagen saßen und ich meine neue Bekannt« fragend ansah, wurde ich durch di« plötzliche Veränderung ihre« GesichtSauSdruck» beunruhigt. So schien von einem heftigen Unwohlsein befallen worden zu sein und stöhnte leis« vor sich hin. Lag in der That An« begründete An klage gegen sie vor und hatte di« unerwartete Entdeckung einer Schuld, di« sie auf sich geladrn, in so ausfälliger Weise auf st« eingewirkt? Der un» begleitende Kommst- sariu» schien meine Bestürzung bemerkt zu haben, denn er warf wir einen höhnischen Seitenblick zu. wir wurden in sein Bureau geführt. Sr forderte un» in höflicher weise auf, Platz zu nehmen, und wandt« sich dann mit außerordentlichem Behagen an meine Kunstgenosstn. Meine Wenigkeit schien ihm wenig Interest« einzuflößen. „Nun, «rin Herr Offizier," sprach er sie an, „wollen Sie die Güte Haden, mir Ausführliches über Ihre verhält- niste mitzutheilen. Ich will im Vorau» bemerken, daß e» zwecklos wäre, mich in irgend einer Weise täuschen zu wollen, ich bin auf da» Genaueste unterrichtet. Zunächst — welcher Waffengattung gehören Sie an und in wessen Auftrag handeln Sie?" Ich sah, daß mein« Freundin aufrichtig erstaunt war. „Herr Kommissar," entgegnete sie, „ich verstehe Sie nicht." „Bitte, mein Herr," sagte di« Potizeideamte, versuchen Sie doch nicht länger, diese Täuschung aufrecht zu erhal ten, die Ihnen sehr bald nachgewiesen werden wird." , »Ich verstehe Sie in der That nicht," ries die Riesin, „für »a» halten Sie mich denn eigentlich? „Für da», wa» Sie wirklich find," entgegnet« Schnäbele, „für einen verkleideten preußischen Ossizier " Ich «ar entsetzt. Man hielt uns nämlich für Spione, und welche Unannehmlichkeiten diese Annahme für un» ha ben mußte, war mir sofort klar. Ich unterlaste die ausführliche Schilderung de» nun fol genden peinlichen Verhör» und will nur bemerken, daß Herr Schnäbele von der Meinung, e» mit preußischen Spionen zu thun zu habe», absolut nicht abzubringen war, und ebensowenig wollte er sich sagen lasten, daß meine LeidenSgesährtin thatsächlich weiblichen Geschlecht« sei. Wir wurden, da da» Verhör resultatlo» verlief, in Hast gebracht. Am folgenden Tage sollte eine körperliche Unter suchung der Riesin stattfinden. , Ich wurde am nächsten Morgen allein zu Schnäbele geführt, Er sah sehr gedrückt und niedergeschlagen au». „Ihr Freund — oder vielmehr Ihre Freundin," sagte er, hat sich glänzend gerechtfertigt. Sie ist in der Thal weiblichen Geschlechts," * „E< ist also nachgewiesen?" „Ja, auf die bündigste weis«/ entgegnete-Ochnäbele. „Es ist in diesn Nacht etwa» Besonderes «sugetreten.