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Auechal -Zeitung. Lokalblatt für Aue, Auerhammer, ZelleKlöfterlein, Meder- u. Oberpfannenftiel, Lauter, Bockau, Bernsbach, Beyerfeld und die umliegenden Ortschaften. Erscheint «tttwoch», Freitags u. «»««tag». Udonnementspreis incl. der 3 wertbvollen Beilagen vierteljährlich mit Bringerlohn 1 Mk. SV Pf. durch die Post 1 M. 28 Pf. Mt 3 issustrirten Aeiölättern: Deutsches Aamittenöfatt, Hute Heister, Zeitspiegel. Verantwortlicher Redakteur: «Mil Hegemeister in « ue (Erzgebirge). Redaktion u. Expedition: Au«, Marktstraße. Inserate die einspaltige Eorpuszeile IV Pf., die volle Seite 30, >/- S. 20, >/« St.» Mk. bei Wiederholungen hoher Rabatt. Alle Postanstalten und Landbriefträger nehmen Bestellungen an. 6. Jahrgang. Sonntag, den 28. Mai 1893. No. 62. Bekanntmachung. Wegen Herstellung von Hauptschleuße» in dem Marktgäßche» wird das Letztere vom Montag de» 29. ds». Mts. an für den Fuß- und Fährverkehr bis ans Weiteres gesperrt. Aue, am 25. Mai 1893. Der Hicrth der Stadt. I. V. Bochmann. Wegen Legung einer Wasserleitung wird der Eommunicationsweg von Auerhammer nach Zschorlau vom Drechslcr'schen Gasthofe ab für den Fährverkehr bis auf Weiteres gesperrt und letzterer auf die Straße Zschorlau-Aue bez. Schneeberg-Aue verwiesen. Die Sperrung des von der Kohlenbrücke in Auerhammer nach Bockau führenden Wege» ist aufgehoben. Schwarzenberg, am 25. Mai 1893. Königliche Amtshauptmarmschast. Frhr. v. Wirsing. Bekanntmachung. Herr Fleischer Louis Emil Mühlig in Bockau beabsichtigt auf dem an der Bockauerstraße gelegenen Grundstücke Nr. 103 k des Flurbuches für Aue ein Schlachthaus zum Betriebe der Kleinviehschlächterei zu erbauen. In Gemäßheit § 17 der Reichsgcwerbeordnung vom 21. Juni 1869 wird die« hierdurch mit der Aufforderung zur öffentlichen Kenntniß gebracht, etwaige Einwendungen gegen die beabsichtigte Gewerbsanlage binnen 14 Tagen hier anzubringen. Die Frist nimmt ihren Anfang mit Ablauf des Tages, von welchem die diese Bekanntmachung enthaltende Nummer des Erzgeb. Vfd. ausgegeben worden, und ist für alle Einwendungen, welche nicht auf Privatrechtstiteln beruhen, ausschließend. Aue, am 24. Mai 1893. Der HlcrLb der Stadt. J.B.r Bochmann. Die Sparkaffe der Stadt Aue ist jeden Wocheulag von 8—12 Uhr Bormittags und 2—6 Uhr Nachmittags geöffnet unv verzinst die Einlagen mit 3>/, Prozent. Bestellungen aus die DW- Auertyat'-Deitung (No. 665 der Zeitungspreisliste) für Monat Juni 18S3 werden in der Expedition (Aue, Marktstraße), von den Aus trägern des Blattes, sowie den Landbriefträgern jederzeit gern angenommen. Hrpedttion der „AuertHal-Aeitung," Soldatenleben in Westindien. Die Unruhen auf Hayti und die Kämpfe der Truppen des Präsidenten Hippolyt mit den Insurgenten haben das Interesse weiter Kreise wieder einmal auf die Zustände in Westindien und Centralamerika hingclenkt. Sonst schenkt man in Nordamerika wie in Europa, abgesehen von Ex- pcrteuren und Schiffsrhedern die mit jenen Kleinstaaten geschäftlich zu thun haben, den dortigen Verhältnissen we- >,ig Alifm-rksanikcit. G az besonders mangelhaft ist ma? aber über die politijctzen und militärischen Institutionen dieser Republiken unterrichtet. Die militätischen Zustände in jenen Staaten spotten jeder Beschreibung und wahr heitsgetreue Schilderungen über die westindische und cen tralamerikanische Solbeska sind tatsächlich Humoresken. Zn FriedenSzeite» führen die Soldaten dieser Republi ken und besonders der Republik Hayti meist ein beschauli ches Dasein, denn in Hayti steht schon an der Spitze von 10 Mann rin „General". Derselbe reitet auf einem eige nen Klepper seinen Leuten voran. Die Uniform solcher Generale ist stets eine reine Phantasie-Uniform. Der eine trägt auf dem Kopse einen Dreimaster, der andere einen Tschako oder eine Pickelhaube. Die meisten haben im Gürtel Revolver und Pistolen und um die Hüsten bunte Schärpen geleat. Bei einigen schlingt sich sogar über die Brust ein breites farbiges Band. Hin und wieder trägt ein solcher berittener General ein Seitengewehr, das frü her einem europäischen oder nordamerikanischen Infante risten gehört hat. Musik besitzt jede« Regiment, wenn es auch nur aus einem Dutzend Mann besteht. Eine einheitliche Bewaffnung und Uniformierung der Truppen kennt man nicht. Der eine Soldat hat einen Hinterlader, der andere ein Percnssionsgewehr. Ein Sol dat trägt das Gewehr beim Marsche unter den Arm, der andere über der Schulter. Ein Soldat marschirt in Schu hen, der zweite in Stiefeln, der dritte darsuß. Die Sol daten sind Neger, Mischlinge, Weiße. In Kriegszeiten, bei Ausständen, Putschen blüht dec Weizen der Generäle. Bezahlt ihnen auch die Negierung ke», Gage, so erhalten sie doch von den Kaufleuten, deren Eigenthum sie schützen sollen, bisweilen bedeutende Be träge. Kommen solche Generäle mit ihren Truppen in Feindesland, so erpressen sie von den dortigen Kaufleuten auch hin und wieder erkleckliche Summen. Diese Solda ten ertragen in Kriegszeiten ost schwere Strapazen, be gnügen sich dabei mit der kümmerlichsten Nahrung. Bei großen und anhaltenden Märschen ist oft nicht ein Tro pfen Wasser auszutreiben. Ist Friede geschlossen oder die Ruhe hergestellt, so schrumpfen die Regimenter auf ein Minimum zusammen. Die Regierung behändigt vielleicht einem befonders ver dienten „General" einige Dutzend Orden, die derselbe nach Gutdünken verlaust. Mancher General quittirt dann (Nachdruck ver'roten). Ileuilleton. Eine Spionengeschichte. Aus den Erinnerungen eiues deutsch-lothringischen Beamten. Alle Welt unterhielt sich noch über den „Fall Schnäbele", al- ich eine- Abends mit meinem Schulfreunde Eduard Pavel in einem Cafö an der Esplanade in Metz saß und im Laufe des Gespräche» das Ereigniß berührte. „Bon diesem Schnäbele kann ich Dir auch eine amüsante Ge schichte erzählen," sagte Pavel, der erst einige Wochen zu vor aus Frankreich gekommen war. Ich nahm die An kündigung mit Vergnügen entgegen, denn Pavel, der sich seit Jahren in der Welt Herumgetrieben und den ich ganz zufällig in der Hauptstadt Lothringens, wo er sich vorüber gehend aushielt, getroffen, hatte in der Thal gar Mancher lei erlebt. Ich will gleich bemerken, daß ich später Gele- genhei hatte, dir kleine Geschichte, die er mir mittheilte und al» einen Fall Schnäbele bezeichnete, auf ihre Richtigkeit hin zu prüfen, wobei Pavel sich al» ein wahrheitsliebender Mann erwies. Ich lasse ihn die kleine Episode au« sei nem Leben selbst vortragen: Ich war in Nancy in ein Keuper de« nach Metz fah renden Zuge» gestiegen und hatte e» mir nach Möglichkeit bequem gemacht, als mein Blick aus eine mir gegenüber sitzende Dame fiel. Wie elrktristirt fuhr ich empor. Zum Kuckuk — wo hatte ich denn nur meine Augen gehabt, daß mir dieses Wunder von einem Menschenkind nicht sogleich ausgefallen war! Ich versuchte, meine Erregung zu verbergen, lehnte mich in die Ecke zurück und betrachtete mit stillem Entzük- ken das herrliche Geschöpf. Nach meiner Schätzung wog es mindesten» drei Centn«. Und dabei war dieses reizende Wesen keineswegs plump und schwerfällig, sondern von so ebenmäßigen und grazi ösen Formen, wie man sie bei einer jugendlichen Riesin nur finden kann. Die Dame war nicht auffällig gekleidet, aber ich konnte doch an einem unbestimmten Etwas in ihrem Aeußeren erkennen, daß sie meinem Stande an gehörte. Es war sofort der Beschluß in mir gereift, diese« Klei nod an mich zu fesseln- Wenn sie überhaupt frei und zu gewinnen war, so mußte es mir gelingen. Seit Monaten hatte ich mich nach einem solchen Wesen gesehnt, seit Mo naten hatte ich Umschau gehalten und nicht« gefunden. Jetzt bet mir der Zufall mehr, als ich in meinen kühnsten Träumen erhofft hatte, und diese günstige Gelegenheit wollte ich mir nicht entschlüpfen lassen. Ich beugte mich zu ihr hinüber und sagte: Mein Fräu lein, empfangen Sie den Ausdruck meiner unbegrenzten Bewunderung! Diese kolossalen Körperformen, diese« enorme Gewicht. Gin pommerscher Kürassier ist ein Wai senkind gegen Sie!" Sie lächelte geschmeichelt und sagt«: „Es ist immer er freulich, Anerkennung zu finden, besonders aber, wenn sie von einem Manne von Fach kommt." Ich hatte französisch gesprochen; au» ihrer in derselben Sprache gegebenen Antwort konnte ich unschwer erkennen, daß sie eine deutsche Landsmännin war. Ich setzte daher die Unterhaltung in dem geliebten heimathlichen Idiom fort. x'„Si« gehören zu uns?" sagt« ich. „Eie sehen, wie entzückt ich bin, daß der Zufall mich mit einer so vorzüg lichen Genossin zusammengeführt hat. Sind Sie auch elek' irisch?" „Gewiß," entgegnete sie, „es war da« früh« meine Spezialität, aber nachdem ich schwerer und kräftiger ge worden bin, habe ich von der Sache Abstand genommen und mich hauptsächlich mit Zentnergewichtrn beschäftigt. Ich habe jetzt einen ganz neuen Tric und hoff«, viel Geld damit zu verdienen." „Darf man wissen, um was es sich handelt?" fragte ich gespannt. „Warum nicht? Ich habe mir eine Konone anfertigen lassen, kostümire mich al» Germania, lüge schwebend aus zwei Stühlen und lasse die Kanone von meiner Brust herab abseuern. Während die» geschieht, schwinge ich mit beiden Händen die deutschen Fahnen . . ! „Entzückend," sagte ich, „ganz entzückend! diese Piece paßt vorzüglich in mein Programm." „Was haben Sie denn besonders?" fragte sie mich. »Ich köpfe," gab ich wahrheitsgemäß zur Antwort, „» ist das die Glanz-Nummer meiner Leistungen. In Nancy habe ich während der ganzen Dauer der Messe geköpft, ich verbrauchte eine Unmenge von Blut, und man jauchzte mir den tollsten Beifall zn. Hätte man «eine Nationa lität gekannt, so wäre mir der Verfall und da» Geld frei lich spärlicher zugefloffrn . . . Aber gestatten Sie eine Frage, mein Fräulein — find sie noch zu habe»?' „Mit Vergnügen," gab sie zu meiner lebhaften Freude zur Antwort; und ich muß gestehen, Sie gefallen mir recht gut. Wenn Sie also aus mich reflektiren . . " kGewiß," sagte ich lebhaft, „auf eine drei Zentner schwere Germania mit einer Kanon« «flektir« ich allem»!. Sie paffen gerade jetzt in mein Program, da ich mit Bou langer etwa- vorhade . ." Ich wurde einigermaßen erschreckt durch einen Rippen-