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5- Iphis kommt herbei. Iphis. Soeben vernahm ich den bittren Grund all’ eures Jammers. Meines Vaters Schwur ist von Gott im Himmel erhört: Jephtha ist Sieger, Israel ist frei. Für soviel Glück, wie klein doch ist der Preis Nur eines armen Lebens! O Herr, nimm gnädig an Dein Dankesopfer, und Dein Segen sei Stets mit meinem Volke, den Freunden und dem teuren Vater! (Arie.) Heil sei euch! des Lebens Glück Wie so gern laß ich’s zurück. Ohne Klagen, ohne Harm Sink’ ich in des Todes Arm. Jephtha. Tiefer und tiefer nur durchbohrst du, Kind, Deines Vaters wundes Herz und hemmst Auf starrer Zunge mir den Schreckensspruch. O laßt mich flüstern ihn in den wilden Sturm, In grause Wüsten, daß keines Menschen Ohr Davor erbebe! — Doch, hab’ ich’s nicht gelobt? Und kann ich hoffen, daß Gott Jehova schläft. Wie Kamos und die hohlen Götzen? Weh, nein! Er nahm den Eid und hielt den Bund — Nun muß auch ich. Das ist’s, was folternd mir Mit tausendfält’ger Qual das Herz zerreißt, Mich martert bis zum Wahnsinn! — Grauenvoll! Die einz’ge Tochter! Dies teure Kind! Durch mich geopfert! — Ja, so ward’s gelobt, Und Gilead besiegte seinen Feind — Darum, beim Morgenrot Ich kann nicht mehr. Chor. Wie hart, wie dunkel, Herr, ist Dein Beschluß, Wie tief verborgen unserm Blick! Unser Glück kehrt sich in Klagen, Unser Sieg sich in Verzagen, Wie dem Tage folgt die Nacht. Kein sichres Glück, kein dauernd Heil Wird uns auf Erden hier zuteil. Doch glaubt und in Ergebung sprecht: Was Gott uns tut, ist recht. Dritter Akt. I. Die Erfüllung des Gelübdes. Jephtha. Birg dein verhaßtes Licht, o Sonn’, in Nacht Und Dunkel, tief wie nur des Vaters Schmerz — Des Vaters, der geweiht sein einzig Kind Zum Opfertod für Schlachtenglück und Sieg. (Arie.) Tragt sie, Engel, sanft empor Zu den azurnen Höhn, Herrlich dort mit euch zu stehn, Dort mit euch im ew’gen Reich. Iphis. Ihr heil’gen Priester, die nie die Hand befleckt Mit Menschenblut: was steht ihr so entsetzt Und zaudert, zu vollziehn des Vaters Willen? Dem Ruf des Herrn gehorche ich in Demut und Ergebung (Arie.) Leb’ wohl du klarer Quell im Hain, Du Wald und blumenreiches Feld! Leb’ wohl unruhig Haus der Welt, Von kurzer Lust und langer Pein. Bessren Welten eil’ ich zu, Jenem Reich der Lieb’ und Ruh’. Chor der Priester. Bange Furcht und heil’ge Scheu Beugt uns. Herr, vor dir zu knie’n • Gilt Dir des Gesetzes Sinn? Oder Eidespflicht und Treu? Herr, nimm unser Elend wahr Und mach’ uns Deinen Willen klar. Sinfonie. Ein Engel. Hört, Jephtha und all’ ihr Priester: laßt ab Vom grausen Werk! — Kein Schwur entkräftet je Des Herrn Gesetz; — und nicht durch solche Tat Erfüllet ihr des Eidgelübdes Sinn. — Dein Kind, o Jephtha, weihe sich hinfort Dem Herrn und diene als reine Jungfrau ihm für immer; Denn sie ist nicht bestimmt zum Opfertier, Das niedersinkt, zu bluten am Altäre. — Des Himmels Herrscher verkündet so durch mich Den Sinn des frommen Eides und lobt deine Treue. (Der Engel entschwebt.) 2. Lobpreisung Gottes. Jephtha. (Arioso.) Auf ewig sei gelobt Dein heil’ger Name, Herr Gott von Israel! Chor. Dank sei Dir und ew’ger Preis, Der es stets am besten weiß! Deine Gnad’ ist immer neu, Ewig standhaft, ewig treu.