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b) Michaeliskirchplatz von Hans Pfitzner. Abend Schwärmer zogen um die Linden, Von den Kähnen sangen Schifferknechte, Hob sich manchmal, in bewegten Winden Deines Haares eine lose Flechte. O, wie selig dir die Wangen glühten, Wenn mein Arm den deinen zärtlich drückte. Und ich lächelnd von versagten Blüten Im Vorbeigehn dir die schönste pflückte, War die Welt so still und heilig, Lucie. Und die Burschen über’m Wasser sangen, Von Sankt Michael die Glocken klangen Und wir lächelten und schwiegen, Lucie. Carl Busse. c) Hast du von den Fischerkindern von Hans Pfitzner. Hast du von den Fischerkindern Das alte Märchen vernommen, Die auf dem schwanken Kahne allein Ins Meer geschwommen? Sie pflückten sich Wasserrosen Und sangen der Lieder viele; Sie herzten und küßten einander Im süßen Wechselspiele. Sie haben den Strand verloren, Als sich der Tag entschwungen. Sie kehrten nimmer wieder. Ihr Name ist verklungen. Und weißt du: wir sind die Kinder, Die Maid du, ich der Knabe, Das Meer ist uns’re Liebe, Die wird uns wohl zum Grabe! Wolfgang Müller von Königswinter. d) Fußreise von Hugo Wolf (1860—1903). Am frisch geschnitt’nen Wanderstab, Wenn ich in der Frühe So durch die Wälder ziehe, Hügel auf und ab: Dann, wie’s Vöglein im Laube Singet und sich rührt, Oder wie die goldene Traube, Wonnegeister spürt In der ersten Morgensonne: So fühlt auch mein alter lieber Adam Herbst- und Frühlingsfieber, Gottbeherzte, Nie verscherzte Erstlings-Paradieseswonne. e) Der Tambour Wenn meine Mutter hexen könnt’, Da müßt sie mit dem Regiment Nach Frankreich überall mit hin, Und wär’ die Marketenderin. Im Lager wohl um Mitternacht Wenn niemand auf ist als die Wacht, Und alles schnarchet, Roß und Mann, Vor meiner Trommel säß’ ich dann. Also bist du nicht so schlimm, O, alter Adam, Wie die strengen Lehrer sagen: Liebst und lobst du immer doch, Singst und preisest immer noch, Wie an ewig neuen Schöpfungstagen Deinen lieben Schöpfer und Erhalter! Möcht’ es dieser geben! Und mein ganzes Leben Wär’ im leichten Wanderschweiße Eine solche Morgenreise! Mörike. von Hugo Wolf. Die Trommel müßt’ eine Schüssel sein, Ein warmes Sauerkraut darein, Die Schlegel Messer und Gabel, Eine lange Wurst mein Sabel. Mein Tschako wär’ mein Humpen gut, Den füllt’ ich mit Burgunderblut, Und weil es mir am Lichte fehlt, Da scheint der Mond in mein Gezeit. Scheint er auch auf Französisch herein, Mir fällt doch meine Liebste ein; Ach weh! jetzt hat der Spaß ein End’! Wenn nur meine Mutter hexen könnt’. Mörike.