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Oft denk’ ich, sie sind nur ausgegangen! Bald werden sie wieder nach Hause gelangen. Der Tag ist schön! O sei nicht bang! Sie machen nur einen weiten Gang. Jawohl! Sie sind nur ausgegangen Und werden jetzt nach Hause gelangen! O sei nicht bang! Der Tag ist schön, Sie machen nur den Gang zu jenen Höh’n. Sie sind uns nur vorausgegangen Und werden nicht wieder nach Haus verlangen. Wir holen sie ein auf jenen Höhn Im Sonnenschein! Der Tag ist schön! In diesem Wetter, in diesem Braus, Nie hätt’ ich gesendet die Kinder hinaus; Man hat sie hinausgetragen, Ich durfte nichts dazu sagen. In diesem Wetter, in diesem Saus, Nie hätt’ ich gelassen die Kinder hinaus, Ich fürchtete, sie erkranken; Das sind nun eitle Gedanken. In diesem Wetter, in diesem Graus, Nie hätt’ ich gelassen die Kinder hinaus; Ich sorgte, sie stürben morgen: Das ist nun nicht zu besorgen. In diesem Wetter, in diesem Braus, Sie ruhn als wie in der Mutter Haus, Von keinem Sturm erschrecket, Von Gottes Hand bedecket. Rückert. Variationen über ein eigenes Thema (Adur, Op. 4) von Georg Szül. (Zum 1. Male. Szell geb. 1897 ’ n Wien, zurzeit in Straßburg [Els.]) Fünf Lieder mit Klavierbegleitung von Erich J. Wolff, vorgetragen von Fräulein Gerhardt. (Wolff geb. 1874 in Wien, gest. 1913 in in New York.) a) Ich bin eine Harfe. Ich bin eine Harfe mit goldenen Saiten Auf einsamem Gipfel über die Fluren erhöht. Du laß deine Finger leis’ und sanft darübergleiten — Und Melodien werden aufraunen und aufrauschen, Wie nie noch Menschen hörten. Das wird ein heilig Klingen über den Landen sein. Ich bin eine Harfe mit goldenen Saiten Auf einsamem Gipfel über die Fluren erhöht Und harre deiner, o Priesterin! Daß meine Geheimnisse aus mir brechen Und meine Tiefen zu reden beginnen Und wie ein Mantel meine Töne um dich fallen, Ein Purpurmantel der Unsterblichkeit. Morgenstern. b) Knabe und Veilchen. (Knabe:) Blühe, blühe, liebes Veilchen, Das so lieblich roch, Blühe noch ein Weilchen, Werde schöner noch. Weißt du, was ich denke, Liebchen, zum Geschenke Pflück’ ich, Veilchen, dich, Veilchen, freue dich. (V eilchen:) Brich mich, brich mich stilles Veilchen, Bin die Liebste dein, Und in einem Weilchen Werd’ ich schöner noch! Weißt du, was ich denke, Wenn ich lieblich schwenke Meinen Duft um dich? Knabe, liebe mich! (Aus »Des Knaben Wunderhorn«.)