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b) Trauerstille. O wie öde, sonder Freudenschall, Schweigen nun Paläste mir, wie Hütten, Flur und Hain, so munter einst durch schritten, Und der Wonnesitz am Wasserfall! Todeshauch verwehte deinen Hall, Melodie der Liebesred’ und Bitten, Welche mir in Ohr und Seele glitten, Wie der Flötenton der Nachtigall. Leere Hoffnung! Nach der Abendröte Meines Lebens einst im Ulmenhain Süß in Schlaf von dir gelullt zu sein. Aber nun, o milde Liebesflöte, ■Wecke mich beim letzten Morgenschein Lieblich, statt der schmetternden Trompete. Bürger. c) Hast du von den Fischerkindern. Hast du von den Fischerkindern Das alte Märchen vernommen, Die auf dem schwanken Kahne allein Ins Meer geschwommen ? Sie haben den Strand verloren Als sich der Tag entschwungen. Sie kehrten nimmer wieder, Ihr Name ist verklungen. Sie pflückten sich Wasserrosen Und sangen der Lieder viele; Sie herzten und küßten einander In süßem Wechselspiele. Und weißt du: wir sind die Kinder, Die Maid du, ich der Knabe, Das Meer ist unsre Liebe, Die wird uns wohl zum Grabe! Müller von Königswinter. d) Studentenfahrt. Die Jäger ziehn in grünen Wald Und Reiter blitzend übers Feld, Studenten durch die ganze Welt, Soweit der blaue Himmel wallt. Der Frühling ist der Freudensaal, Viel tausend Vöglein spielen auf. Da schallt’s den Wald bergab, bergauf: Grüß’ dich mein Schatz viel tausendmal! Querüber übers Wasser glatt Laß werben deine Äugelein, Und der dir wohlgefallen hat, Der soll dein lieber Buhle sein! Durch Nacht und Nebel schleich’ ich sacht, Kein Lichtlein brennt, kalt weht der Wind. Riegl’ auf bei stiller Nacht, Weil wir so jung beisammen sind! Viel rüst’ge Burschen ritterlich, Die fahren in des Stromes Mitt’; Wie wilde auch sie stellen sich, Trau’ mir mein Kind und fürcht’ dich nit! Ade nun, Kind, und nicht geweint! Schon gehen Stimmen, da und dort, Hoch überm Wald Aurora scheint — — Und die Studenten reisen fort. Eichendorff. e) Mailied. Wie herrlich leuchtet mir die Natur! Wie lacht die Sonne; wie lacht die Flur! Es dringen Blüten aus jedem Zweig Und tausend Stimmen Ais dem Gesträuch, Und Freud’ und Wonne aus jeder Brust. O Erd’, o Sonne! O Glück, o Lust! O Lieb, o Liebe! so golden schön, Wie Morgenwolken auf jenen Höh’n! Du segnest herrlich das frische Feld, Im Blütendampfe die volle Welt. O Mädchen, wie lieb’ ich dich! Wie blinkt dein Auge! wie liebst du mich! So liebt die Lerche Gesang und Luft Und Morgenblumen den Himmelsduft, Wie ich dich liebe mit warmem Blut, Die du mir Jugend und Freud’ und Mut Zu neuen Liedern und Tänzen gibst. Sei ewig glücklich, wie du mich liebst! Goethe.