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Staatssekretär vr. voa Breiteabach wurde zum Bizeprälidentcu des Ltaatsminlfteriums ernannt. Hosphot. N. Berscheid, Berlin. <Mit Text.) Veilage zum Sächsischen KrzäHLer" Beüag von Friedrich May, Bischofswerda. Die Kehrseite der Medaille. Ein Blatt aus der brandenburgischen Geschichte. Bon M. v. Bucholtz. (Fortsetzung.> (Nachdruck verboten.) berhard von Danckelmann saß seiner Tochter beim Mit tagsmahl gegenüber. Er trug bequeme Hauskleidung, hatte eine Decke über die Knie gezogen und an seiner ganzen Haltung —er, der sonst so stramm und auf- i recht im Stuhl zu sitzen Pflegte und das Anlehnen ver schmähte — war heute lässig in den Sitz zurückgesunken — er kannte man, daß er sich nicht wohl fühlte. Ein plötzlich auf tretendes Fieber hatte ihn gestern überkommen, so daß, was er selbst am unangenehmsten empfand, fein Vortrag beim aller gnädigsten Herrn hatte ausfallen müssen. Allein unmöglich war es ihm gewesen, seine Pflicht zu erfüllen; Körper und Geist hat ten gleicherweise versagt. Rose hatte dem Vater eine kräftige Suppe vorgesetzt, die indessen den Beifall des Kranken nicht zu finden schien. „Appetit ist leider noch immer nicht vorhanden", sagte sie und schaute auf den zur Hälfte geleerten Teller. „Nein, mein Kind," meinte Danckel mann , „allein, das laß deine wenigste Sorge sein, der findet sich schon allgemach wieder ein. Vor allem bin ich froh, daß ich die mir ganz ungewohnte Mattigkeit überwunden habe." „Wodurch in aller Welt, mögt Ihr Euch das Fieber zugezogen haben?" fragte Rose. „So viel ich auch darüber nachdenke und nach einer Ursache suche, ich kann sie nicht finden. Plötzlich, wie der Dieb in der Nacht ist das übel gekommen." „So wird es auch ebenso schnell wieder vergehen." „Das walte Gott, mein Vater. Möch tet Ihr nur ein wenig mehr Rücksicht auf Euern Körper nehmen und nicht täglich bis spät in die Nacht hinein über Euerm Schreibtisch sitzen. Die anstrengende Ar beit muß Euch schaden." „Ich bin an Arbeit gewöhnt," erwi derte Danckelmann ruhig, „sie greift mich sicher nicht an. Was auf mir lastet, sind Sorgen anderer Art." „Und welcher Art sind diese, mein Va ter?" fragte Rose, zu ihrem Gegenüber aufblickend. „Mein Himmel, ich bitte Euch, sprecht Euch doch endlich einmal aus. Be reits seit längerer Zeit fühle ich, daß et was auf Erich lastet. Warum vertraut Ihr Euch nicht mir an, mir, Eurem einzigen Kinde? Meint Ihr, ich hätte kein Verständnis für Euch, meine Mädchenaugen seien zu kurzsichtig, um die Schwere der politi schen Sorgen zu erkennen? Glaubt das nicht, ich fühle mich Euch innig verbunden. Meine Liebe kommt Euerm Verständ nis entgegen." Danckelmann lächelte. „Wie beredt du bist, Kind", scherzte er. „Ich sollte mich freuen, Ivie klug und verständig du sprichst." „Vater!" flehte Rose. „Ist das das Ganze, was Ihr mir zu ent gegnen habt?. Wahrlich, ein Scherzwort ist hier nicht an: Platze." „Ach," meinte Danckelmann mit einem halben Seufzer, „du solltest froh sein, nichts von meinen Sorgen zu wissen." „Wer ich bin nicht froh, ich möchte wissen, was Euch quält' Jst's Euer verantwortungsvolles Amt?" Der Hausherr machte eine abwehrende Handbewegung. „Was weißt du davon?" „Nichts," rief sie eifrig, „und eben das quält mich! Ich weiß nichts von allen Sachen, mit denen Euer Geist beschäftigt ist, und doch möchte ich Euch gern zur Seite stehen, würde Euch gern ein wenig, ein ganz klein wenig von Nutzen sein!" Da reichte ihr der Oberpräsident in plötzlicher Gefühlsauf wallung die Hand. „Kleine, du ahnst ja gar nicht, was du sagst! Wie sollten deine schwachen Schultern mir die Bürde des Amtes tragen helfen! Unmöglich, ganz unmöglich! Der Kurfürst hat mir eine hohe Stellung gegeben, nun, wer hoch steht," fuhr er langsamer fort, „ist eben allen sichtbar und muß es sich gefallen lassen, daß die Augen vieler auf ihm ruhen, und daß die Kritik sich jeder seiner Handlungen bemächtigt. Neider und Feinde sind mir nicht erspart geblieben, und sie sind es, die mir jetzt mein Leben vergällen." „Letzteres erscheint mir nur allzu glaublich," entgegnete Rose, „das nämlich, daß Ihr Feinde habt. In aller Widerwärtigkeit aber stützt Euch das Vertrauen unseres gnädigsten Herrn. Wie überaus gütig hat er sich noch vor wenigen Wochen auf dem Fest des österreichischen Gesandten Euch gegenüber erwiesen, Euch vor allen hat er ins Gespräch gezogen und..." Danckelmann unterbrach sie, er war sehr ernst. „Dies alles kann ich nicht leug nen", sagte er. „Mein, Friedrich ist doch nur ein Mensch, und Menschen sind von ihrer Umgebung abhängig. In der Nähe des Kurfürsten aber weilen, wie ich wohl weiß, meine Feinde, und dieser kann sich ihrer Einflüsse nicht entziehen. Das darf ich ihm nicht einmal zum Borwurf machen, es ist ja allzu menschlich! Als ich neulich ein Werk des englischen Dichters Shake speare las — du weißt, wie ich ihn liebe," schaltete er ein, — „da fand ich einen Satz, der überraschend auf die hiesigen Verhält nisse paßte. Ich habe mir die Worte wohl gemerkt. Hör einmal zu: Solch Gleisnervolk Ragt ost, gleich Ratten, heil'ge Band' entzwei, Zu fest verknüpft zum Bösen; schmeichelt jeder Laune, Die auflebt in dem Busen seines Herrn, Trägt Ol ins Feuer, zum Kaltsinn Schnee, ver neint, Bejaht und dreht den Hals wie Wetterhähne, Nach jedem Wind und Luftzug seiner Obern ... „Ja, ja, er verstand die Menschen, der große Brite", setzte der Sprecher gedankenvoll hinzu. Rose hatte schweigend, mit großen, weitgeöffneten Augen zugehört. „Jetzt fange ich an zu begreifen, was auf Euch lastet, mein Vater", sagte sie. „Sollte sich Eure Stellung ändern, täte es mir leid — Euretwegen." „Und um dich nicht, meine Rose?" fragte der Oberpräsident nach einer kurzen Pause. Sie sah rasch auf. „Ich habe, offen gesagt, noch nie darüber nachgedacht, was eigentlich aus mir werden foll", entgegnete sie-