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f) Die Sonne scheidet hinter dem Gebirge. In alle Täler steigt der Abend nieder Mit seinen Schatten, die voll Kühlung sind. O sieh! Wie eine Silberbarke schwebt Der Mond am blauen Himmelsee herauf. Ich spüre eines feinen Windes Wehn Hinter den dunklen Fichten! Der Bach singt voller Wohllaut durch das Dunkel. Die Blumen blassen im Dämmerschein. Die Erde atmet voll von Ruh’ und Schlaf. Alle Sehnsucht will nun träumen, Die müden Menschen gehn heimwärts. Um im Schlaf vergessnes Glück Und Jugend neu zu lernen! Die Vögel hocken still in ihren Zweigen. Die Welt schläft ein! Es wehet kühl im Schatten meiner Fichten. Ich stehe hier und harre meines Freundes; Ich harre sein zum letzten Lebewohl. Ich sehne mich, o Freund, an deiner Seite Die Schönheit dieses Abends zu genießen. Wo bleibst du? Du läßt mich lang allein! (Alt.) Ich wandle auf und nieder mit meiner Laute Auf Wegen, die von weichem Grase schwellen. O Schönheit! O ewigen Liebens — Lebens — trunkne Welt. Er stieg vom Pferd und reichte ihm den Trunk Des Abschieds dar. Er fragte ihn, wohin. Er führe, und auch, warum es müßte sein. Er sprach, seine Stimme war umflort: Du, mein Freund, Mir war auf dieser Welt das Glück nicht hold! Wohin ich geh’? Ich geh’, ich wandre in die Berge. Ich suche Ruhe für mein einsam Herz. Ich wandle nach der Heimat! Meiner Stätte. Ich werde niemals in die Ferne schweifen Still ist mein Herz und harret seiner Stunde ! Die liebe Erde allüberall blüht auf im Lenz und grünt Aufs neu! Allüberall und ewig blauen licht die Fernen! Ewig . . . Ewig . . . Wang-Wei, 8. Jahrhundert.) (Nach Mong-Kao-Jen und Der Abschied. ZWEITER TEIL. Tod und Verklärung. Tondichtung für großes Orchester (Op. 24) von Richard Strauss. »In der ärmlich kleinen Kammer, Matt vom Lichtstumpf nur erhellt, Liegt der Kranke auf dem Lager. — Eben hat er mit dem Tod Wild verzweifelnd noch gerungen. Nun sank er erschöpft in Schlaf, Und der Wanduhr leises Ticken Nur vernimmst du im Gemach, Dessen grauenvolle Stille Todesnähe ahnen läßt. Um des Kranken bleiche Züge Spielt ein Lächeln wehmutsvoll. Träumt er an des Lebens Grenze Von der Kindheit goldner Zeit? Doch nicht lange gönnt der Tod Seinem Opfer Schlaf und Träume. Grausam rüttelt er ihn auf Und beginnt den Kampf aufs neue. Lebenstrieb und Todesmacht! Welch entsetzensvolles Ringen! — Keiner trägt den Sieg davon, Und noch einmal wird es stille! Kampfesmüd’ zurückgesunken, Schlaflos, wie im Fieberwahn, Sieht der Kranke nun sein Leben, Zug um Zug und Bild um Bild, Inn’rem Aug’ vorüberschweben. Erst der Kindheit Morgenrot, Hold in reiner Unschuld leuchtend, Dann des Jünglings keck’res Spiel — Kräfte übend und erprobend — Bis er reift zum Männerkampf, Der um höchste Lebensgüter Nun mit heißer Lust entbrennt. — Was ihm je verklärt erschien, Noch verklärter zu gestalten, Dies allein der hohe Drang, Der durchs Leben ihn geleitet. Kalt und höhnend setzt die Welt Schrank’ auf Schranke seinem Drängen. Glaubt er sich dem Ziele nah, Donnert ihm ein »Halt« entgegen. »Mach’ die Schranke dir zur Staffel! Immer höher noch hinan!«